Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160924/5/Zo/Da

Linz, 14.02.2006

 

 

 

VwSen-160924/5/Zo/Da Linz, am 14. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des H D, geb. , W, vom 17.10.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 4.10.2005, Zl. VerkR96-2392-1-2005, wegen mehrerer Übertretungen des GGBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6.2.2006 und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, als Beförderer eines Gefahrgutes insgesamt 4 Übertretungen des GGBG sowie als Zulassungsbesitzer der Beförderungseinheit mit dem Kennzeichen LI- eine weitere Übertretung des GGBG am 25.4.2005 um 7.30 Uhr auf der B310 bei Strkm 55,250 begangen zu haben. Beim gegenständlichen Gefahrguttransport wurden 6 Kanister Farbzubehörstoff, UN 1263, Gefahrgut der Klasse 3, VG III, Sondervorschrift 640E, mit einer Bruttomasse von 40 kg transportiert. Dem Berufungswerber wurde konkret vorgeworfen, dass die Ladung nicht ausreichend gesichert gewesen sei, die Beförderungseinheit nicht mit einem tragbaren Feuerlöschgerät ausgerüstet gewesen sei, kein Beförderungspapier mitgeführt worden sei und das Fahrzeug überladen worden sei. Die Erstinstanz hat deshalb 4 Geldstrafen in Höhe von jeweils 726 Euro sowie eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro und entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 297,60 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbrachte, dass er bei seiner Einvernahme bei der Erstinstanz nicht klar genug zum Ausdruck gebracht habe, dass der Fahrer als Mitarbeiter seiner Firma das gegenständliche Material am Zielort verarbeitet hatte. Der gegenständliche Transport würde seiner Meinung nach daher unter die Handwerkerbefreiung des ADR fallen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6.2.2006, bei welcher der Berufungswerber zum Sachverhalt befragt wurde. Der Vertreter der Erstinstanz hat an der Verhandlung entschuldigt nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Am 25.4.2005 um 7.30 Uhr lenkte Herr H F den LKW mit dem Kennzeichen LI- auf der B310 zur Grenzkontrollstelle Wullowitz. Bei einer Fahrzeugkontrolle wurde festgestellt, dass er 6 Kanister Gefahrgut der Klasse 3 mit einer Bruttomasse von 40 kg, UN 1236 Farbzubehörstoffe, VG III, Sondervorschrift 640E transportierte. Es handelte sich um 2 Kanister zu 10 Liter Verdünnung und 4 Kanister zu 5 kg Härter. Diese waren im hinteren Teil des Fahrgastraumes ungesichert geladen. Der gegenständliche Klein-LKW war nicht mit einem 2 kg Feuerlöscher ausgerüstet und der Fahrzeuglenker führte kein Beförderungspapier mit. Weiters wurde das höchstzulässige Gesamtgewicht des LKW um 340 kg überschritten.

 

Der Fahrzeuglenker ist bei der D R und M Ges.mbH. mit Sitz in W beschäftigt. Er hatte den Auftrag, mit diesem Gefahrgut in die Tschechei nach Mydlovari zu fahren. Dort befindet sich eine Fertigungsstelle des tschechischen Unternehmens D P a M s.r.o. Bei dieser Fertigungsstelle wurde ein Rohrgerüst hergestellt, welches letztlich in die Steiermark zur Papierfabrik P transportiert und dort montiert wurde.

 

Insgesamt handelte es sich um einen Auftrag der Z P AG an die D R und M GmbH bezüglich der Konstruktion und Montage einer sogenannten "Strippungsanlage". Entsprechend der vom Berufungswerber bei der mündlichen Verhandlung vorgelegten Rechnung wurde der Auftrag tatsächlich von der D R und M GmbH in W abgewickelt. Der Berufungswerber konnte nachvollziehbar erklären, dass es sich bei der Fertigungsstelle in Tschechien zwar um ein eigenständiges Unternehmen handelt, der konkrete Arbeitsauftrag, nämlich die Konstruktion des Rohrgerüstes aber vom Unternehmen des Berufungswerbers in W abgewickelt wurde, wobei lediglich die Erzeugung des Rohrgerüstes selbst am Standort des tschechischen Unternehmens erfolgte. Das gesamte Material für diese Arbeiten wurde - so wie auch die gegenständlichen Gefahrgüter - in Österreich eingekauft und zur Fertigungsstelle in die Tschechei produziert. Der Lenker des konkreten Gefahrguttransportes, Herr F, hatte den Auftrag, mit diesen Farbzubehörstoffen zur Fertigungsstelle zu fahren und dort das bereits fertige Gerüst zu lackieren.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Unterabschnitt 1.1.3.1 lit.c ADR gelten die Vorschriften des ADR nicht für Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durchgeführt werden, wie Lieferungen für Baustellen im Hoch- und Tiefbau, oder im Zusammenhang mit Messungen, Reparatur- und Wartungsarbeiten, in Mengen, die 450 Liter je Verpackung und die Höchstmengen gemäß Unterabschnitt 1.1.3.6. nicht überschreiten. Beförderungen, die von solchen Unternehmen zu ihrer internen oder externen Versorgung durchgeführt werden, fallen jedoch nicht unter diese Ausnahmeregelung. Es sind Maßnahmen zu treffen, die unter normalen Beförderungsbedingungen ein Freiwerden des Inhalts verhindern. Diese Freistellungen gelten nicht für die Klasse 7.

 

5.2. Der Berufungswerber hat selbst eingeräumt, dass er im gesamten erstinstanzlichen Verfahren, auch bei seiner persönlichen Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, nicht auf die Bestimmungen der Handwerkerbefreiung hingewiesen hat. Er konnte dies nachvollziehbar damit erklären, dass ihm bis zum gegenständlichen Vorfall gar nicht bewusst war, dass derartige Transporte gefahrgutrechtlichen Bestimmungen unterliegen könnten. Erst nach seiner Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat er sich u.a. bei der Wirtschaftskammer hinsichtlich der Bestimmungen des GGBG erkundigt und erst dann erfahren, dass für ihn die Ausnahmeregelungen des "Handwerkerprivilegs" in Frage kommen.

 

Wie bereits dargestellt wurde, erfolgte der konkrete Transport durch einen Arbeitnehmer der D R und M GmbH. Es handelte sich nicht bloß um einen Transport an die D P a M s.r.o. sondern der Lenker des Transportes hatte den Auftrag, an der Lieferadresse an der Konstruktion des Rohrgerüstes mitzuarbeiten. Diese Konstruktion des Rohrgerüstes, welche letztlich auf Rechnung des Unternehmers des Berufungswerbers erfolgte, gehört zweifellos zur Haupttätigkeit seines Unternehmens. Die in Unterabschnitt 1.1.3.1. lit.c angeführten Höchstgrenzen sind bei weitem nicht erreicht. Es sind zusammengefasst alle Voraussetzungen des "Handwerkerprivilegs" nach Unterabschnitt 1.1.3.1. lit.c ADR erfüllt, weshalb der gegenständliche Transport von den Vorschriften des ADR freigestellt ist. Letztlich handelte es sich um einen klassischen Transport einer geringen Menge von Gefahrgut durch einen Handwerker an seine Arbeitsstelle. Es sind daher sämtliche Bestimmungen des ADR nicht anzuwenden, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat. Es konnte daher seiner Berufung stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden. Es ist aber nochmals darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerber diesen Sachverhalt erstmals in der Berufung geltend gemacht hat, weshalb die Erstinstanz die "Handwerkerbefreiung" bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigen konnte.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

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