Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-160926/2/Kof/He

Linz, 07.11.2005

 

 

 

VwSen-160926/2/Kof/He Linz, am 7. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn Ing. JM vertreten durch N R OEG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 4.10.2005 VerkR96-1992-2005, wegen Übertretung des GGBG, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 45 Abs.1 Z3 iVm §§ 31 Abs.1, 31 Abs.2 und 32 Abs.2 VStG.

§§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis - auszugsweise - wie folgt erlassen:

"Sie haben es als die zur selbstständigen Vertretung nach außen (§ 9 Abs. 1 VStG) berufene und somit verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der Firma D...., etabliert in Z....., SK (PLZ) B....., zu verantworten, dass diese in ihrer Eigenschaft als Beförderer des gefährlichen Gutes:

UN 3265 ÄTZENDER SAURER ORGANISCHER FLÜSSIGER STOFF, n.a.g., Klasse 8, VG II, 10 Fässer, Versandstücke, Bruttomasse 2331 kg

UN 1263 FARBE, Klasse 3, VG III, Sondervorschrift 640 E, 1 Metall-IBC, 6 Feinstblechkanister, 4 Dosen, Versandstücke, Bruttomasse 1295 kg

UN 2801 FARBSTOFF, FLÜSSIG, ÄTZEND, n.a.g., Klasse 8, VG III, 1 Kunststoff-IBC, Versandstücke, Bruttomasse 1250 kg

am 21.03.2005 um 15.50 Uhr mit der Beförderungseinheit, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug, Kennz..... (SK) und dem Sattelanhänger, Kennz........(SK) mit einer Gesamtmasse von mehr als 3,5 t im Gemeindegebiet Leopoldschlag, Land Oberösterreich, Grenzkontrollstelle Wullowitz, auf der Mühlviertler Straße B 310 auf Höhe Strkm 55,250 in Fahrtrichtung Tschechien befördern hat lassen und es unterlassen hat, sich im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) durch Sichtprüfung zu vergewissern, dass das Fahrzeug und die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweist, weil die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung nicht eingehalten wurden, da einzelne Teile der Ladung mit gefährlichen Gütern nicht so verstaut oder durch geeignete Mittel (zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen usw.) gesichert war, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nicht nur geringfügig hätten verändern können. (Unterabschnitt 7.5.7.1 ADR).

Der Metall-IBC, beladen mit dem gefährlichen Gut UN 1263 und ein Kunststofffass mit dem Inhalt UN 3265 waren mit einem Zurrgurt miteinander verbunden.

Die beiden Versandstücke waren hinten fahrerseitig auf der Ladefläche verladen. Zur hinteren Bordwand war ein Freiraum von 70 cm, zur beifahrerseitigen Bordwand war ein Freiraum von 120 cm. Die Versandstücke waren nicht entsprechend den Vorschriften des ADR gegen Verrutschen gesichert.

Weiters waren die sechs Feinstblechkanister und die vier Dosen (UN 1263) lose hinten auf der beifahrerseitigen Ladefläche ohne entsprechende Sicherung nach den Vorschriften des ADR verladen.

Fünf Fässer (UN 3265) verladen auf zwei Paletten waren nur mit einer dünnen Folie gesichert. Foliensicherung entspricht nicht einer Ladungssicherung im Sinne der ADR-Vorschriften.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 13 Abs. 1 a Z. 3 GGBG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 726 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

72,60 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/........) beträgt daher 798,60 Euro.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 20.10.2005 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

Tatzeit war der 21. März 2005.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3 leg.cit.) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist - da es sich im vorliegenden Fall nicht um Landes- oder Gemeindeabgaben handelt - sechs Monate.

 

Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen; Rechtsprechung des VwGH, zitiert in Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, Seite 1441.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Eine Verfolgungshandlung muss gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten - also nicht bloß zur Ermittlung des noch unbekannten Täters - gerichtet sein; siehe die in Hauer-Leukauf, aaO, Seite 1459 zitierte VwGH-Judikatur.

 

Der im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltene Bescheid der belangte Behörde vom 29.4.2005, VerkR96-1344-2005 betreffend die Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten ist nicht gegen eine individuell bestimmte Person ergangen, sodass sich es sich bei diesem Bescheid nicht um eine Verfolgungshandlung
iSd § 32 Abs.2 VStG handelt.

 

In der "Aufforderung zu Rechtfertigung" vom 14.6.2005, VerkR96-1992-2005 wurde zwar die Tathandlung ausführlich umschrieben.

Es fehlen jedoch die Angabe von Tatzeit und Tatort!

 

Eine zwar inhaltlich umschriebene, jedoch mangels Anführung eines Tatzeitpunktes zeitlich unlimitiert vorgeworfene Übertretung genügt nicht den Anforderungen, die an die Konkretisierung einer Verfolgungshandlung zu stellen sind;

VwGH vom 23.7.2004, 2004/02/0106.

 

Eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG setzt ua grundsätzlich die Nennung des Tatortes voraus;

VwGH vom 31.1.2005, 2003/03/0019.

 

Da in der "Aufforderung zur Rechtfertigung" - wie dargelegt - weder Tatzeit noch Tatort angeführt sind, handelt es sich dabei um keine taugliche Verfolgungshandlung.

 

Das Straferkenntnis der belangte Behörde beinhaltet zwar Tatzeit, Tatort sowie die ausführliche Tathandlung.

Dieses Straferkenntnis wurde jedoch erst am 4. Oktober 2005 - dies ist mehr als sechs Monate nach der Tat und damit außerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung - zur Post gegeben, sodass das erstinstanzliche Straferkenntnis ebenfalls keine taugliche Verfolgungshandlung darstellt.

 

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass innerhalb der sechsmonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung keine Verfolgungshandlung, welche sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente - Tatzeit, Tatort und Tathandlung - bezogen hat, vorgenommen wurde.

 

Somit ist gem. §31 Abs.1 VStG die Verfolgung des Bw unzulässig.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kofler

Beschlagwortung:

§§ 31 Abs.1, 31 Abs.2, 32 Abs.2 VStG

Verfolgungshandlung, Verfolgungsverjährung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum