Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150131/2/Kei/La

Linz, 30.07.2001

VwSen-150131/2/Kei/La Linz, am 30. Juli 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des E M, A 57/39, 5 S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. Mai 2000, Zl. BauR96-44-2000, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungs-gesetzes 1996 (BStFG 1996), zu Recht:
 

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.
  2.  
  3. Rechtsgrundlage:
    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs. 1 VStG.
     

  4. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 600 S (entspricht 43,60 Euro), zu leisten.
  5.  

Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise):
"Sie haben es als Lenker des LKW mit dem Probefahrtkennzeichen S-V zu verantworten, dass Sie am 31. März 2000 um 01.00 Uhr die mautpflichtige I A in Fahrtrichtung L bis zum Parkplatz A von S kommend benützt haben, ohne eine Mautvignette mitgeführt zu haben.
Sie haben dadurch die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet, obwohl die Benützung der Bundesautobahnen einer zeitabhängigen Maut unterliegt und Lenker von Kraftfahrzeugen, die mautpflichtige Autobahnen ohne Entrichtung dieser Maut benützen, eine Verwaltungsübertretung begehen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 7 Abs 1 iVm § 13 Abs 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 - BStFG 1996,
BGBl 201/1996 idF BGBl I Nr. 107/1999
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §
Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe

von
3.000,-- 33 Stunden 13 Abs 1 BStFG 1996
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 3.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."
 
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.
Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor:
"Ich habe am 31.03.2000 im Auftrag der Firma V Int. C Transport Gmbh, S Str. 67, 5 S, mit deren Kennzeichen S- eine Volvo FH 12 4x2 Sattelzugmaschine überstellt. Das Fahrzeug Volvo FH 12 Sattelzugmaschine hat gemäß Hersteller ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 19.700 kg. (siehe beigefügtes Datenblatt von Volvo). Die Bestimmungen des BStFG 1996 beziehen sich jedoch ausschließlich auf Fahrzeuge bis zu einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 12.000 kg (§ 7 Abs2/3/4). Da das von mir gelenkte Fahrzeug aber beim höchstzulässigen Gesamtgewicht über den im BStFG 1996 als Obergrenze für die Vignettenpflicht eingezogenen 12.000 kg liegt, ist eine Bestrafung gem. § 12d BStFG rechtswidrig. Die im Straferkenntnis verfolgte Argumentation, dass die Herstellerangaben für das höchstzulässige Gesamtgewicht nicht herangezogen werden können kann nicht gefolgt werden, weil das BStFG lediglich auf Gewichtklassen bis 12 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht ausgelegt ist und daher die Gewichtsgrenze von besonderer Bedeutung ist. Das Datenblatt gibt einen Hinweis darauf, für welche Gewichtsbestimmung das Fahrzeug ausgelegt ist.
Da das Gesetz für die Einhebung der Mautgebühr mittels Zeitvignette eine genaue Gewichtsobergrenze eingezogen hat, muss ein Fahrzeug auch so einer Gewichtskategorie zuordenbar sein. Ist dies aufgrund mangelnder Zulassung oder Typisierung nicht möglich, so gilt auch im österreichischen Verwaltungsstrafrecht der Grundsatz 'Im Zweifel für den Beschuldigten'. Nachdem der Beschuldigte im vorliegenden Fall sogar mittels Herstellernachweis belegen konnte, dass das Fahrzeug für ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen ausgelegt ist, ist im Zweifel jedenfalls zu seinen Gunsten zu entscheiden. Die in § 7 Abs. 5 nachträglich eingefügte Bestimmung bezüglich mehrspuriger Fahrzeuge kann den oben dargestellten Zweifel nicht beheben, weil das mögliche höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeuges fern der 12 Tonnen Grenze liegt.
Diese Bestimmung bezieht sich ja nur auf die Zuordnung der unterschiedlichen Gewichtsgrenzen von 3,5 bis 12 Tonnen, um klarzustellen, dass ein Fahrzeug, das innerhalb dieser Grenzen nicht klar zuordenbar ist, eine richtige Bemautung mit einer Vignette bis 3,5 Tonnen erfährt. Die Bestimmung kann aber keine rechtlich relevante Aussage außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes treffen.
Das BStFG verliert seine Gültigkeit ab einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 12 Tonnen. Ist ein Fahrzeug einer höheren Gewichtskategorie zuzuordnen, dann hat das BStFG gar keine Gültigkeit mehr. Die Schließung einer Rechtslücke, über den Geltungsbereich eines Gesetzes hinaus ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Daher ist im vorliegenden Fall, aufgrund des Zweifels (siehe Herstellerangaben) über die mögliche Zuordnung, eine automatische Subsumierung innerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes mittels Generalklausel (jedes mehrspurige Fahrzeug mit Probe oder Überstellungskennzeichen, bei dem kein höchstzulässiges Gesamtgewicht vorliegt) ein verfassungsrechtlich nicht erlaubter Größenschluss.
Das Verwaltungsstrafrecht darf lediglich eine Strafe verhängen, wenn eine eindeutige Zuordnung des Tatbestandes möglich ist, Lückenschließung oder Größenschluss zum Nachteil des Beschuldigten sind aufgrund des verfassungsmäßig gewährleisteten Rechtsstaatlichkeitsprinzips nicht zulässig."
Der Bw beantragte in der Berufung die Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. Juni 2000, Zl. BauR96-44-2000, Einsicht genommen.
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
Aus der Bestimmung des vierten Satzes des § 7 Abs.5 BStFG 1996 ergibt sich, dass ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, das noch nie zum Verkehr zugelassen war und das ein Probefahrtkennzeichen führt, als solches Kraftfahrzeug gilt, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 Tonnen beträgt - dies ohne Rücksicht auf ein tatsächliches Gesamtgewicht dieses Fahrzeuges und ohne Berücksichtigung der Frage, ob das tatsächliche Gesamtgewicht dieses Fahrzeuges mehr als 12 Tonnen oder weniger als 12 Tonnen oder 12 Tonnen beträgt. Dies ist dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des vierten Satzes des § 7 Abs.5 BStFG 1996 zu entnehmen. Aus dem BStFG 1996 ergibt sich nicht, dass die Bestimmung des vierten Satzes des § 7 Abs.5 BStFG 1996 nur im Hinblick auf mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 12 Tonnen zum Tragen kommt.
Das Kraftfahrzeug war im gegenständlichen Zusammenhang noch nie zum Verkehr zugelassen und es hatte ein Probefahrtkennzeichen. Es galt wegen der Bestimmung des vierten Satzes des § 7 Abs.5 BStFG 1996 als ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 Tonnen beträgt.
Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.
Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.
Das Verschulden des Bw wird - ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Das Verschulden des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG und die Folgen der Übertretung sind nicht unbedeutend iSd § 21 Abs.1 VStG . Es konnte nicht die Bestimmung des § 21 VStG angewendet werden und es konnte nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.
Es wurde im gegenständlichen Zusammenhang die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 3.000 S verhängt.
Die Voraussetzungen für eine Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG (Außerordentliche Milderung der Strafe) liegen nicht vor. Es konnte nicht diese Bestimmung angewendet werden und es konnte nicht die Mindeststrafe unterschritten werden.
Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.
 
5. Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, das sind 600 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
 
Dr. Keinberger