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des Landes Oberösterreich
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VwSen-150132/2/Kei/La

Linz, 31.07.2001

VwSen-150132/2/Kei/La Linz, am 31. Juli 2001
DVR.0690392
 
E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der A S, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. N N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom 25. April 2000, Zl. VerkR96-5648-1999, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG 1996), zu Recht:
 

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld und im Hinblick auf die Geldstrafe keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Ersatzfreiheitsstrafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt wird.
  2. Die Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden sind, lauten "§ 7 Abs.1 zweiter Satz iVm § 12 Abs.1 Z.2 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, idFd BGBl. I Nr. 158/1998" und die Strafsanktionsnorm lautet "§ 13 Abs.1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996 idFd BGBl. I Nr. 107/1999".
     
    Rechtsgrundlage:
    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a VStG, § 51 Abs. 1 VStG.
     

  3. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 300 S (entspricht 21,80 Euro), zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.
  4.  

Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise):
"Sie haben am 20.06.1999 um 14:25 Uhr mit dem PKW die Westautobahn A 1 im Bereich des Autobahnparkplatzes L-N benützt, ohne die für diese Straßenstrecke erforderliche zeitabhängige Maut zu entrichten.,
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 7 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
 
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §
Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
3.000,00 72 Stunden 13 Abs.1 Bundesstraßen-
finanzierungsgesetz
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
300,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);
Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 3.300,00 (Der Betrag von 3.300,00 Schilling entspricht 239,82 Euro.)"
 
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.
Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor:
"Ich befand mich zum angeblichen Tatzeitpunkt auf der Autobahnraststätte L-N, um mich etwas auszuruhen und etwas zu essen. Als ich nach ca. 1 Stunde aus dem Restaurant zurück zum Auto kam, befand sich an diesem (hinter dem Scheibenwischer) eine Aufforderung der Polizei mich bei der nächsten Dienststelle zu melden. Da ich mir keiner Schuld bewusst war, mich in der Gegend nicht auskannte und nach Hause musste (ich musste am selben Abend noch zur Arbeit) bin ich einfach weitergefahren. Am Grenzübergang fragte ich sicherheitshalber die dortigen Beamten was es mit so einer Aufforderung auf sich haben könnte. Da aber mein Auto in gutem Zustand war und auch sonst nichts auffällig war - auch die Vignette war an der Frontscheibe unten rechts angeklebt - rieten mir diese auch weiterzufahren und abzuwarten. In diesem Zusammenhang wird gestellt der Antrag auf Einvernahme meiner Beifahrer wie folgt: L S, S S, B B, V T, im Rechtshilfeweg zum Beweise obigen Vorbringens. Zum Beweise meines Vorbringens wird vorgelegt die Original-Vignette samt Zusatzblatt, an welchem eingezeichnet ist, wo sich die Vignette befand."
Es wurde u.a. beantragt, dass das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben wird, dass das anhängige Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, dass in eventu eine Ermahnung im Sinne des § 21 VStG ausgesprochen wird und dass in eventu die Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im Sinne des § 20 VStG herabgesetzt wird.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft G vom 7. Juni 2000, Zl. VerkR96-5648-1999, Einsicht genommen.
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
Der Zeuge Gruppeninspektor C S führte im Verfahren vor der belangten Behörde u.a. aus (Niederschrift vom 14. März 2000):
"Grundsätzlich verweise ich auf die Angaben anläßlich der Anzeigeerstattung vom 21.06.1999 sowie meiner Stellungnahme vom 02.03.2000 und erhebe diese zu meiner heutigen Zeugenaussage vor der Behörde. Ich kann nur nochmals angeben, daß ich trotz genauer Betrachtung der gesamten Windschutzscheibe dieses Kraftfahrzeuges weder eine abgelaufene noch eine gültige Autobahnvignette sehen konnte. Ich hatte zu diesem Zwecke auch durch die Seitenscheibe auf die Windschutzscheibe geblickt, da es oft vorkommt, daß die Vignette am oberen Rand der Windschutzscheibe angeklebt wird, wo das Glas zwecks Sonnenblende dunkler gefärbt ist und dort von außen sehr schlecht bis gar nicht erkennbar ist. Doch auch dort konnte ich keine Vignette erkennen."
Der Zeuge Abteilungsinspektor F Z führte im Verfahren vor der belangten Behörde u.a. aus (Niederschrift vom 14. März 2000):
"Ich befand mich damals gemeinsam mit meinem Kollegen GI S im Dienst und kontrollierten wir auf dem Autobahnparkplatz der Raststätte L-N auch die Autobahnvignetten. Am gegenständlichen Fahrzeug konnte auch ich bei genauer Betrachtung der gesamten Windschutzscheibe keine angeklebte Autobahnvignette erkennen, weder eine gültige noch eine ungültige. Ich machte jedoch auch einen Blick durch das Innenfenster, da es doch vorkommt, daß die Vignette am oberen Rand der Windschutzscheibe im Bereich des dunkler eingefärbten Glases angebracht wird und sich damit in der Sonnenblende befindet. Doch auch dort konnte keine Vignette festgestellt werden."
 
Die Bw hat in der Berufung u.a. ausgeführt, dass im Zuge der Ausreise der Bw aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland an der Grenze eine "Vignette an der Frontscheibe unten rechts angeklebt" gewesen sei. Es ist im gegenständlichen Zusammenhang nicht relevant, ob im Zuge der Ausreise der Bw aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland an der Grenze eine Vignette an der Frontscheibe unten rechts angeklebt gewesen ist oder nicht. Deshalb war die Einvernahme der vier in der Berufung angeführten Personen zu diesem Beweisthema (arg. "zum Beweise obigen Vorbringens", siehe die Berufung) nicht erforderlich. Von Relevanz ist im gegenständlichen Zusammenhang ob eine Mautvignette zur Zeit der gegenständlichen Kontrolle im Bereich des Autobahnparkplatzes L-N am Fahrzeug angebracht war oder nicht.
Der Sachverhalt, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z.1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird, wurde durch den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen angenommen auf Grund der vor der belangten Behörde gemachten Aussagen des Gruppeninspektors C S (Niederschrift vom 14. März 2000) und des Abteilungsinspektors F Z (Niederschrift vom 14. März 2000). Diesen Aussagen wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese beiden Aussagen unter Wahrheitspflicht erfolgt sind (siehe die §§ 49 und 50 AVG, 24 VStG).
Der objektive Tatbestand der der Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.
 
Das BStFG in der Fassung des BGBl. I Nr. 107/1999, das zur Zeit der Fällung des gegenständlichen Straferkenntnisses galt, ist für die Bw günstiger als das BStFG in der Fassung, die zur Zeit der der Bw vorgeworfenen Tat galt. Diese Beurteilung stützt sich insbesondere darauf, dass durch das BGBl. I Nr. 107/1999 im Hinblick auf eine Übertretung wegen einer nicht ordnungsgemäß entrichteten zeitabhängigen Maut die Bestimmung des § 21 VStG anwendbar war und die Obergrenze des Strafrahmens für die Geldstrafe niedriger war (Unterschied zu dem zur Zeit der der Bw vorgeworfenen Tat geltenden Recht). Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 1996, Linde Verlag, Seite 746, hingewiesen.
Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat berühren bei Fehlen einer besonderen gegenteiligen Übergangsregelung die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, gemäß § 1 Abs.2 VStG nur hinsichtlich der Strafe die Folge, dass ein etwaiges nunmehr dem Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat .... Daraus folgt, dass in einem solchen Fall als verletzte Vorschrift iSd § 44a lit.b VStG diejenige anzusehen ist, welche vor der Rechtsänderung in Kraft war, jedoch als Strafsanktionsnorm im Sinne des § 44a lit.c VStG bei einem zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz günstigeren Recht für den Täter dieses heranzuziehen ist.
 
Das Verschulden der Bw wird - ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Das Verschulden der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG und die Folgen der Übertretung sind nicht unbedeutend iSd § 21 Abs.1 VStG. Es konnte nicht die Bestimmung des § 21 VStG angewendet werden und es konnte nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.
Durch die belangte Behörde wurde die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 3.000 S verhängt. Es liegt keine Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG kommt zum Tragen. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor. Es überwiegt der eine angeführte Milderungsgrund einen nicht vorhandenen Erschwerungsgrund. Es liegt diesbezüglich aber kein beträchtliches Überwiegen vor. Da nach der Bestimmung des § 20 VStG die Mindeststrafe nur unterschritten werden kann wenn die Erschwerungsgründe die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen (oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist - dies trifft im gegenständlichen Zusammenhang nicht zu) und da im gegenständlichen Zusammenhang der oben angeführte Milderungsgrund einen nicht vorhandenen Erschwerungsgrund zwar überwiegt aber nicht beträchtlich überwiegt, konnte nicht die Bestimmung des § 20 VStG angewendet werden und es konnte nicht die Mindeststrafe unterschritten werden.
Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde durch die belangte Behörde zu hoch bemessen. Sie war durch den Oö. Verwaltungssenat neu festzusetzen.
Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 300 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
 
Dr. Keinberger