Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-160942/2/Bi/Da

Linz, 05.12.2005

 

 

 

VwSen-160942/2/Bi/Da Linz, am 5. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau Dipl.Ing. T O, vom 1. November 2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 17. Oktober 2005, VerkR96-4655-2004, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

zu II.: §§ 65f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 140 Euro (42 Stunden EFS) verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzer des Pkw, Kennzeichen (D), trotz schriftlicher Aufforderung der BH Ried/I., VerkR96-4655-2004, zugestellt am 7. Juni 2004, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 21. Juni 2004, der Behörde darüber Auskunft erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 2. Mai 2004 um 13.39 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 14 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Die Berufungswerberin macht im Wesentlichen geltend, sie habe bereits mitgeteilt, dass es ihr ohne Frontfoto unmöglich sei, den Lenker zu benennen, zumal sie an diesem Tag mit drei ausländischen Kunden unterwegs gewesen sei, die sich beim Fahren abgewechselt hätten. Sie könne auch nicht gegen ihre Kunden eine unbewiesene Beschuldigung aussprechen. Sie sei erstaunt gewesen, dass sie ein Jahr nach dem letzten Schriftwechsel ein Straferkenntnis zugestellt erhalten habe.

Voraussetzung für eine Bestrafung sei zumindest Fahrlässigkeit, die ihr nicht vorzuwerfen sei, zumal die drei Herren über die österreichische Straßenverkehrsordnung informiert gewesen seien. Zur Glaubhaftmachung legte sie eine eidesstattliche Erklärung dahingehend vor und begründet ihre Zweifel an der Richtigkeit des Radarmessergebnisses mit der "bekanntermaßen" bestehenden "Störanfälligkeit" von Radargeräten MUVR 6F "in Einzelfällen". Sie habe angesichts dieser Angelegenheit Anweisung erteilt, jeden Fahrerwechsel während einer Geschäftsreise im Fahrtenbuch mit Standort und Uhrzeit zu dokumentieren. Den Lenker dieses Fahrzeuges könne sie aber nicht nennen und ersuche um Verständnis und, von einer weiteren Verfolgung Abstand zu nehmen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der auf "T O O Import/Export" in Radebeul zugelassene Pkw (D) am 2. Mai 2004, 13.39 Uhr, auf der A8 Innkreisautobahn bei km 68.007, FR Suben, mittels Radargerät MUVR 6F, Nr.697, mit einer Geschwindigkeit von 176 km/h gemessen wurde, obwohl dort die auf österreichischen Autobahnen geltende generelle Geschwindigkeitsbeschränkung auf 130 km/h gilt. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 167 km/h der Anzeige zugrunde gelegt. Eine Anhaltung des Pkw an Ort und Stelle erfolgte nicht.

Mit Schreiben der Erstinstanz vom 1. Juni 2004 wurde die "T O O Import/Export" in Radebeul als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens mitzuteilen, wer dieses Fahrzeug am 2. Mai 2004, 13.39 Uhr, gelenkt habe, wobei als Grund für die Aufforderung angeführt war, dass dem Lenker eine Verwaltungsübertretung insofern zur Last gelegt werde, als er die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 37 km/h auf der A8, Gemeinde Antiesenhofen, bei km 68.007 in Richtung Suben, überschritten habe, wobei die vorgeschriebene Toleranz bereits abgezogen sei. Die Hinweise, dass die Auskunft Namen und Anschrift des Lenkers enthalten müsse und dass die Nichterteilung der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei, waren im Schreiben enthalten. Die Zustellung erfolgte laut Rückschein am 7. Juni 2004.

Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2004 teilte die Berufungswerberin mit, die Benennung eines Lenkers sei ihr nicht möglich, weil sie mit ausländischen Kunden unterwegs gewesen sei und mehrere Personen abwechselnd gefahren seien. Sie ersuchte um Zusendung eines Frontfotos, auf dem der Fahrer zu erkennen sei. Danach werde sie den Lenker bekanntgeben.

Mit Strafverfügung der Erstinstanz vom 2. Juli 2004 wurde der Berufungswerberin eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 zur Last gelegt; dagegen erhob sie fristgerecht Einspruch.

Das ausgearbeitete Radarfoto, auf dem zwar von hinten das Fahrzeug samt Kennzeichen, nicht aber der Lenker erkennbar ist, wurde der Berufungswerberin mit Schreiben der Erstinstanz vom 11. August 2004 übermittelt, jedoch ersuchte sie im Schreiben vom 23. August 2004 erneut um ein Frontfoto und wiederholte ihre bisherigen Argumente; dies ebenso im Schreiben vom 3. September 2004.

Richtig ist, dass nach dem Einlangen dieses Schriftstückes am 7. September 2004 erst ca ein Jahr später am 17. Oktober 2005 das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf das Unternehmen der Berufungswerberin zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem Kraftfahrzeug begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer Kraftfahrzeuge - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall war ausreichend bestimmt und auch leicht verständlich gehalten, zumal das Kennzeichen des auf das Unternehmen der Berufungswerberin zugelassenen Pkw und eine bestimmte Lenkzeit darin enthalten waren. Die "Auskunft" der Berufungswerberin lautete nur dahingehend, dass drei ausländische Kunden als Lenker in Frage kämen, jedoch weder eine Auskunftsperson noch ein konkreter Lenker benannt wurde. Damit hat sie keine Lenkerauskunft im Sinne der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG erteilt. Auch ist eine bestimmte Frist, nach deren Verstreichen dem Zulassungsbesitzer mangelndes Erinnerungsvermögen zugebilligt wird, im Gesetz nicht enthalten, sodass eine Lenkeranfrage auch Monate nach dem die Anfrage auslösenden Vorfallszeitpunkt noch zulässig ist. Zu diesem Zweck verweist das Gesetz auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen - wobei diese Aufzeichnungen nichts mit einem Fahrtenbuch zu tun haben.

Die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft, nämlich zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Anfrage, ist gesetzlich vorgegeben und daher nicht von der Behörde erstreckbar.

Im gegenständlichen Fall stand die Lenkeranfrage mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Erteilung der gewünschten Auskunft war unmissverständlich, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes die Berufungswerberin verpflichtet gewesen wäre, fristgerecht Auskunft zu erteilen, wobei die Postaufgabe innerhalb der zweiwöchigen Frist ausreicht.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass es sich bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist der Berufungswerberin nicht gelungen. Vielmehr muss vom Zulassungsbesitzer (Halter) eines in Österreich gelenkten Kraftfahrzeuges verlangt werden können, dass er sich über die in Österreich für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen führt, wenn er den Pkw so vielen Personen zum Lenken überlässt, dass ihm eine solche Auskunftserteilung ohne Führung von Aufzeichnungen nicht möglich ist. Auf dieser Grundlage war im gegenständlichen Fall zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung, unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung, und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft - zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG - verwirklicht. Es erübrigte sich daher, auf die Zweifel der Berufungswerberin im Hinblick auf die behauptete "Störanfälligkeit" des verwendeten Radargerätes einzugehen; dieses Argument wäre dem tatsächlichen Lenker vorbehalten geblieben.

Das Straferkenntnis ist innerhalb von drei Jahren nach dem Vorfallstag ergangen, daher ist Verjährung nicht eingetreten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus diesem Grund zu der Überzeugung, dass die Berufungswerberin den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe berücksichtigt, obwohl sich aus dem Verfahrensakt keine Vormerkung der Berufungswerberin ersehen lässt, sodass ihr die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als Milderungsgrund zuzubilligen gewesen wäre. Aus diesem Grund war die Strafe herabzusetzen, wobei die als Schätzung zugrundegelegten finanziellen Verhältnisse (1.300 Euro n/m, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) nicht bestritten wurden.

Grundsätzlich ist der Unrechtsgehalt einer Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht als geringfügig anzusehen, zumal durch die Nichterteilung der Lenkerauskunft die Ausforschung und Bestrafung des tatsächlichen Lenkers erschwert bzw wie im gegenständlichen Fall unmöglich gemacht wird. Es entfallen daher Präventivmaßnahmen, die im Sinne des Verkehrssicherheitsdenkens erforderlich gewesen wären, um den tatsächlichen Lenker von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

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