Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161005/2/Fra/Bb

Linz, 10.02.2006

 

 

 

VwSen-161005/2/Fra/Bb Linz, am 10. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der NB vom 21.9.2005 gegen den Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 22.8.2005, Zl. VerkR96-8052-2004, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Einspruch der Berufungswerberin (Bw) gegen die Strafverfügung vom 24.9.2004, Zl. VerkR96-8052-2004, als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

2. Über die dagegen eingebrachte Berufung vom 21.9.2005 - zur Post gegeben am 22.9.2005 - hat die belangte Behörde eine Berufungsvorentscheidung erlassen und die Berufung als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 24.11.2005 hat die Bw der belangten Behörde nunmehr mitgeteilt, dass sie von ihrem Widerspruch bezüglich der Berufungsvorentscheidung Gebrauch mache und dieser ausdrücklich widerspreche.

Dieses Schreiben der Bw ist als rechtzeitig eingebrachter Vorlageantrag iSd § 64a Abs.2 AVG iVm § 24 VStG zu werten.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat den Vorlageantrag samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 63 Abs.5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

 

Gemäß § 64a Abs.3 AVG tritt mit Einlangen des Vorlageantrages die Berufungsvorentscheidung außer Kraft. Die Behörde hat die Parteien vom Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung zu verständigen. Verspätete oder unzulässige Vorlageanträge sind von ihr zurückzuweisen.

 

Diese Bestimmungen sind auf Grund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

 

Mit dem Einlangen des rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages tritt somit die Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde außer Kraft. Damit liegt keine dem Rechtsbestand angehörende Entscheidung über die Berufung mehr vor, und die Kompetenz zur Entscheidung über die eingebrachte Berufung geht auf die Berufungsbehörde über.

Sache dieser Berufungsentscheidung ist der Zurückweisungsbescheid vom 22.8.2005.

 

Wie der Aktenlage zu entnehmen ist, wurde der gegenständliche Zurückweisungsbescheid vom 22.8.2005 entsprechend der Zustellungsurkunde der Deutschen Post am 6.9.2005 an der Adresse zugestellt. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Post nicht um persönliche Zustellung an die Bw ersucht. Der gegenständliche Bescheid wurde am 6.9.2005 an einen Dritten (laut Angaben der Bw ihrer Freundin) ausgefolgt. Dies zeigt sich durch die Unterschrift auf dem Zustellnachweis des Zurückweisungsbescheides. Es ist eindeutig, dass diese Unterschrift nicht mit den übrigen im Akt befindlichen und von der Bw unterzeichneten Zustellnachweisen deckungsgleich ist.

 

Mit Schriftsatz vom 21.9.2005 hat die Bw gegen den angesprochenen Zurückweisungsbescheid Berufung erhoben. Sie bringt ua vor, dass die Zustellung des an sie ergangenen Bescheides vom 22.8.2005 nicht zu ihren eigenen Handen erfolgt sei. Sie habe sich zum Zustellzeitpunkt nicht in Deutschland befunden, sondern sei von 28.8.2005 bis 11.9.2005 in Frankreich auf Urlaub gewesen. Dieses Vorbringen bekräftigt sie mit der Vorlage einer Reservierungsbestätigung. Das Schriftstück sei von ihrer Freundin entgegengenommen worden. Die Bw macht weiters geltend, sogar noch länger in Frankreich gewesen zu sein, zumal sie nach dem angesprochenen Club-Urlaub noch bei ihrer Schwester in T verweilt sei. Sowohl Ihre Schwester als auch die angesprochene Freundin könnten an Eides statt bezeugen, dass sie erst nach dem 6.9.2005 zurückgekommen sei.

 

Mit diesem Vorbringen zeigt die Bw eine Rechtswidrigkeit hinsichtlich der Zustellung des angefochtenen Bescheides auf.

 

Gemäß § 11 Abs.1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Im Wesentlichen bedeutet dies, dass Zustellungen grundsätzlich nach den Vorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, vorzunehmen sind.

 

Gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art. 10 des genannten Vertrages geregelt.

 

Gemäß dessen Art. 10 Abs. 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art. 1 Abs.1 (somit auch im hier vorliegenden österreichischen Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und '"Rückschein" zu versenden.

 

Für die Zustellung durch die Post sind die Bestimmungen der §§ 181 ff dZPO maßgeblich. § 181 dZPO sieht die Möglichkeit vor, dass das zuzustellende Schriftstück, wenn der Adressat nicht in seiner Wohnung angetroffen wird, im Wege der Ersatzzustellung zugestellt werden kann.

Gemäß § 181 Abs.1 dZPO kann die Zustellung in der Wohnung an einen zu der Familie gehörenden Hausgenossen oder an eine in der Familie dienende erwachsene Person erfolgen, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen wird. § 181 Abs.2 dZPO sieht unter den dort genannten Voraussetzungen auch eine Ersatzzustellung an den in demselben Haus wohnenden Hauswirt oder Vermieter vor.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in vergleichbaren Fällen, in denen bei Zustellungen in Deutschland die Ortsabwesenheit eingewendet wurde, unter Bedachtnahme auf die deutsche Rechtslage ausgeführt hat, ist es als ein grundlegendes Erfordernis einer Ersatzzustellung anzusehen, dass der Zustellungsempfänger am Zustellort eine "Wohnung" hat, die er tatsächlich bewohnt, wobei eine vorübergehende Abwesenheit (etwa kurzer Krankenhausaufenthalt oder Ähnliches) unerheblich ist, somit die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht hindert. Demgegenüber ist eine Abwesenheit des Zustellungsempfängers für längere Zeit beachtlich und ist in einem solchen Fall eine an die Wohnung anknüpfende Ersatzzustellung unzulässig.

 

Im gegenständlichen Fall konnte die Bw durch Vorlage eines geeigneten Bescheinigungsmittel, glaubhaft machen, dass sie sich zum Zustellzeitpunkt des Bescheides nicht an der Abgabestelle aufgehalten hat. Die diesbezügliche Bestätigung des "LVCC", in der eine Reservierung von 28.8.2005 - 11.9.2005 bescheinigt wird, erscheint der Berufungsbehörde durchaus glaubhaft und schlüssig. Zumal die Bw zudem angeführt hat, nach dem 11.9.2005 noch einige Zeit bei ihrer Schwester verweilt zu sein, ist jedenfalls von einer längeren Abwesenheit der Zustellempfängerin auszugehen. Die Bw konnte somit nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen. Der genaue Zeitpunkt, an dem die Bw von dem gegen sie erlassenen Bescheid Kenntnis erlangt hat bzw. dieser ihr zugekommen ist, ist nicht bekannt. Die Ersatzzustellung konnte sohin keine rechtmäßige Zustellung bewirken und war nicht zulässig.

Es ist aber davon auszugehen, dass eine Heilung des Zustellmangels eingetreten ist. Da die Bw gegen den Zurückweisungsbescheid Berufung erhoben hat, ist ableitbar, dass ihr der Zurückweisungsbescheid letztlich doch zugekommen ist, sie vom Inhalt des Schriftstückes tatsächlich Kenntnis erlangt hat und der Bescheid ihr gegenüber als erlassen gilt. Im Sinne des § 7 Zustellgesetz ist somit der Zustellmangel als geheilt anzusehen.

Daraus resultiert die rechtzeitige Einbringung der Berufung.

 

Der Berufung ist aber dennoch kein Erfolg beschieden.

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist gemäß § 49 Abs.2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40.

Wird ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs.3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Zuständig hiefür ist die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, Anmerkung 11 zu § 49 VStG).

 

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages, der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

 

Gemäß § 33 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen - um eine solche handelt es sich hier - nicht geändert werden.

 

Die belangte Behörde hat die Bw mit Strafverfügung vom 24.9.2004, Zl. VerkR96-8052-2004, wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 für schuldig befunden und über sie eine Verwaltungsstrafe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) verhängt. Die angesprochene Strafverfügung wurde der Bw laut vorliegendem Verfahrensakt am 7.10.2004 an der Adresse zugestellt. Damit begann die mit zwei Wochen bemessene Einspruchsfrist zu laufen und endete sohin am 21.10.2004.

 

Gegen diese Strafverfügung hat die Bw Einspruch erhoben. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung in dieser Strafverfügung wurde der Einspruch erst am 19.11.2004 - somit verspätet - zur Post gegeben (Datum des Poststempel) und langte dieser am 22.11.2004 bei der belangten Behörde ein.

 

Auf den im Rahmen des Parteiengehörs erfolgten Verspätungsvorhalt vom 30.11.2004 - nachweislich zugestellt am 3.12.2004 - hat sich die Bw zur Frage der verspäteten Einbringung ihres Rechtsmittels nicht geäußert, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis den Einspruch mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.8.2005 gemäß § 49 Abs.1 VStG zu Recht als verspätet eingebracht zurückgewiesen hat.

 

Im Berufungsschriftsatz hat die Bw angeführt, dass ihr damaliger Einspruch deshalb zu spät gekommen sei, da ihr Mann krank gewesen und auch operiert worden sei.

Zu diesem Vorbringen stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist ist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Da diese versäumt wurde, ist der Zurückweisungsbescheid zu Recht ergangen. Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an.

Die Fristversäumnis hat zur Folge, dass die Strafverfügung vom 24.9.2004, Zl. VerkR96-8052-2004, mit dem ungenützten Ablauf der Einspruchsfrist in Rechtskraft erwachsen ist.

 

Aufgrund der Rechtskraft der verspätet beeinspruchten Strafverfügung war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, auf das Sachvorbringen der Bw einzugehen.

 

Da der angefochtene Zurückweisungsbescheid rechtmäßig erlassen wurde, war wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum