Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161006/5/Br/Sta

Linz, 21.12.2005

 

 

 

VwSen-161006/5/Br/Sta Linz, am 21. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A J, geb. , M, S, vertreten durch Dr. G F, Rechtsanwalt, S, S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 2.11.2005, Zl. VerkR96-7507-2005-Ro, nach der am 21.12.2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I. Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; im Strafausspruch jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 181,50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage ermäßigt wird.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

 

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf
18,15 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 1 Abs.3 FSG iVm § 37 Abs.1 FSG eine Geldstrafe in der Höhe von 363 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt, weil er am 2.9.2005 um 13.50 Uhr auf der B147 bei Strkm. 6,900 (im Gemeindegebiet von Lengau Heiligenstadt) den Pkw mit dem Kennzeichen , ohne im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung der Klasse B zu sein, gelenkt habe.

 

 

2. Die Behörde erster Instanz stützte ihren Schuldspruch unter Hinweis auf die Anzeige der Polizeiinspektion Braunau vom 7.10.2005, GZ.: A10000013588/01/2005. Der Berufungswerber wirkte in der Folge am Ermittlungsverfahren nicht mit, indem er die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.10.2005, ihm durch Hinterlegung zugestellt am 21.10.2005, nicht befolgte.

 

 

2.1. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird im Ergebnis auf die im Heimatland erworbene Lenkberechtigung verwiesen. Der Fälschungsvorwurf wird energisch bestritten. Es wurde abschließend die Aktenübermittlung an das Marktgemeindeamt S beantragt.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Der gerichtliche Verfahrensstand wurde seitens der Berufungsbehörde durch eine Anfrage beim BG M erhoben.

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG). Sowohl der Berufungswerber persönlich als auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

4. Der Berufungswerber hat am 2.9.2005 im Zuge einer Verkehrskontrolle einen mangelhaft erscheinenden ausländischen Führerschein aus dem Kosovo vorgewiesen. In der Folge hat sich dieses Dokument als mögliche Fälschung dargestellt.

Diesbezüglich wurde bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis Anzeige erstattet. Gegenwärtig ist diesbezüglich gegen den Berufungswerber ein auf § 223 StGB gestützter Strafantrag beim BG M, AZ. 4 U 136/05 b, gestellt. Dies konnte über Anfrage beim genannten Gericht in Erfahrung gebracht werden.

Der Berufungswerber erklärte im Zuge der Berufungsverhandlung, er habe nach einer entsprechenden Fahrausbildung bei einer Fahrschule den Führerschein legal von der damals im Kosovo zuständigen Behörde in dieser Form ausgestellt erhalten. Er bestreitet jegliche Fälschung oder illegalen Erwerb dieses Dokumentes.

Andererseits zeigte sich der Berufungswerber im vollem Umfang geständig und schuldeinsichtig dahingehend, es in Kenntnis der Rechtslage unterlassen zu haben seine Berechtigung binnen 6 Monaten nach Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich umschreiben zu lassen. Dies begründet er unumwunden mit seinen Geldnöten in Form familiärer Unterhaltsverpflichtungen.

Er ist laut eigenen Angaben seit drei Jahren per ordentlichen Wohnsitz in Österreich gemeldet und auch aufhältig. Zuerst war er in N am W und seit 1.2.2005 ist er in S, M, gemeldet.

Der gut deutsch sprechende Berufungswerber erklärt für den Krankenhausaufenthalt seiner nicht versicherten Mutter aufkommen zu müssen. Ebenfalls habe er für den Unterhalt seiner Ehefrau zu sorgen. Als Hilfsarbeiter verdient er etwa 1.100 Euro. Der Berufungswerber schilderte eindrucksvoll als eines von zehn Kinder bereits im Alter von 13 Jahren neben der Schule einer Arbeit nachgehen haben zu müssen um die prekären Geldprobleme seiner Eltern zu lindern. Er zeigte sich tateinsichtig und erklärte mehrfach die unterbliebene Umschreibung des Führerscheins mit seinen finanziellen Nöten.

Auf Grund der jedenfalls unterbliebenen Umschreibung des Führerscheins kann die offene Frage der möglichen Fälschung auf sich bewenden.

Der Berufungswerber ist und war zum fraglichen Zeitpunkt daher nicht im Besitz einer in Österreich gültigen Lenkberechtigung.

Wenngleich die Darstellung des Berufungswerbers betreffend den Fälschungsvorwurf unter Hinweis auf den damals geringen bürotechnischen Standard im Kosovo wegen der dort stattgefundenen kriegerischen Auseinandersetzungen plausibel anmuten und der Berufungswerber einen guten Eindruck hinterließ, ist von hier die Frage, ob es sich bei diesem Dokument allenfalls um ein Falsifikat handelt, nicht zu beurteilen. Sie hat ausschließlich der Beurteilung des zuständigen Strafgerichtes vorbehalten zu bleiben.

Ferner wird im Falle eines allfälligen gerichtlichen Freispruches von der zuständigen Führerscheinbehörde insbesondere noch zu klären sein, ob diese Berechtigung von einer hierzu legitimierten Behörde ausgestellt worden und in Österreich anzuerkennen ist.

Als unstrittig kann das bisherige tadellose Verkehrsverhalten des Berufungswerbers gelten, was zumindest als Indiz für eine Fahrausbildung herhalten könnte.

Anstatt im Sinne des Antrages des Rechtsvertreters mit einer verwaltungs- und verfahrensaufwändigen Aktenversendung das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen, war sogleich eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen. Damit konnte der vom Berufungswerber mit der Aktenübersendung intendierte Zweck wesentlich effizienter erreicht werden.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

5.1. Der § 23 FSG besagt über ausländische Lenkberechtigungen:

"Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen von Anhängern auf Grund einer von einer Vertragspartei des Pariser Übereinkommens über den Verkehr von Kraftfahrzeugen, BGBl. Nr. 304/1930, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982, in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind und der Besitzer der Lenkberechtigung das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Die Behörde hat auf Antrag diese Frist um weitere sechs Monate zu verlängern, wenn sich der Antragsteller nachweislich aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung

nicht länger als ein Jahr in Österreich aufhalten wird. Diese Verlängerung ist zu widerrufen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Das Lenken von Kraftfahrzeugen nach Verstreichen der genannten Fristen stellt eine Übertretung nach § 37 Abs.1 dar."

Die Behörde erster Instanz hat demnach die unstrittige Lenkeigenschaft vom 2.9.2005 um 13.50 Uhr in zutreffender Weise subsumiert und unter Anwendung des § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 115/2004 mit der dort vorgesehenen Mindeststrafe geahndet.

 

 

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

6.1. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne einer Lenkberechtigung ist wohl grundsätzlich als schwerer Verstoß gegen straßenpolizeiliche- bzw. kraftfahrrechtliche Bestimmungen zu werten. Der Gesetzgeber hat diesen Umstand durch Festlegung eines entsprechenden Strafrahmens (gemäß 37 Abs.3 FSG von
363 Euro bis 2.180 Euro) Rechnung getragen.

Der Unrechtsgehalt erscheint jedoch in einem anderen Licht, wenn etwa eine bloß formale Unterlassung zum Verlust der Lenkberechtigung führte, die fachliche Eignung hierfür aber vorliegt.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist hier grundsätzlich zu berücksichtigen, dass kein Erschwerungsgrund sondern überwiegende Milderungsgründe, die Unbescholtenheit, Geständigkeit und Schuldeinsichtigkeit des Berufungswerbers und glaubwürdig nur soziale Umstände zu dieser Übertretung führten. Dies in Form von sehr angespannten Einkommens- und Vermögensverhältnissen und die nachhaltigen Sorgepflichten, galt es entsprechend zu würdigen. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass der Berufungswerber offenkundig nach einer entsprechenden Ausbildung befähigt ist ein Fahrzeug zu lenken. Insgesamt vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat daher die Ansicht, dass die Milderungsgründe doch beträchtlich überwiegen.

Auch mit der Festsetzung der Strafe im untersten Bereich des durch die außerordentliche Strafmilderung gewonnenen Strafrahmens ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates jene Sanktion gesetzt, die aus generalpräventiven Überlegungen im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschriften des Kraftfahr- und Führerscheinrechtes notwendig erscheint.

Auch die Behörde erster Instanz ließ im Rahmen der Berufungsverhandlung erkennen diese Vorgehensweise als sachgerecht zu erachten.

Diesbezüglich ist ebenfalls auf die einschlägige Judikatur der Höchstgerichte hinzuweisen (VwGH 28.5.1993, 93/02/0092, sowie VfSlg. 14973).

Der Verfassungsgerichtshof hob im Rahmen des Gesetzesprüfungsverfahren zum Anwendungsausschluss des § 20 VStG in der StVO hervor, dass die Anwendbarkeit des § 20 VStG es einerseits erlaube etwa auf die besondere Situation von Jugendlichen einzugehen und andererseits eine (erweiterte) Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe vorzunehmen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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