Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400416/5/Gf/Km

Linz, 25.07.1996

VwSen-400416/5/Gf/Km Linz, am 25. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des H.

A. H., vertreten durch I. E., ..................., ................, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Braunau zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

II. Der Bund (Bezirkshauptmann von Braunau) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 8.520 S zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 4 AVG; § 52 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, ist am 5. Juni 1996 per Flugzeug von der Türkei aus kommend ohne gültigen (sondern mit einem fremden) Reisepaß und ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 6.

Juni 1996, Zl. Sich41-, wurde über den Beschwerdeführer zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung bzw. zur Sicherung der Zurückschiebung die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Wels sofort vollzogen. Begründend wird dazu ausgeführt, daß sich der Beschwerdeführer unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte und nicht polizeilich gemeldet sei, sodaß zu befürchten sei, daß er sich ansonsten dem behördlichen Zugriff zu entziehen versuchen werde.

1.3. Am 14. Juni 1996 hat der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Juli 1996, Zl. 9603381-BAL, abgewiesen.

2.1. Gegen die mit dem oben unter 1.2. angeführten Bescheid verfügte Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, auf § 51 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), gestützte Beschwerde.

Darin wird im wesentlichen begründend ausgeführt, daß die belangte Behörde seit dem Tag der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers nichts unternommen habe, um die Erlassung einer Ausweisung bzw. die Erlangung eines Reisedokumentes in die Wege zu leiten und somit nicht darauf hingewirkt habe, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Außerdem sei die Schubhaft in Wahrheit nicht zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens bzw. der Zurückschiebung, sondern deshalb verhängt worden, um den Abschluß des Asylverfahrens abzuwarten. Schließlich sei es eine notorische Tatsache, daß Abschiebungen in den Irak seit längerer Zeit faktisch nicht mehr durchführbar seien.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der im wesentlichen dargelegt wird, daß der Beschwerdeführer über keinerlei Reisedokumente verfüge und sohin nicht aus eigenem aus Österreich ausreisen könne. Weitere fremdenpolizeiliche Maßnahmen hätten deshalb nicht durchgeführt werden können, weil hiefür erst der Ausgang des Asylverfahrens abgewartet werden müsse, dieses aber bislang in erster Instanz noch nicht erledigt sei.

Daher wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau zu Zl. Sich41-72-1996; da bereits aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt zu klären war, konnte im übrigen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung anzurufen.

Nach § 41 Abs. 1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Gemäß § 48 Abs. 1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

4.2. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift selbst erkennt, ist es dem Beschwerdeführer mangels irgendwelcher persönlicher Reisedokumente nicht möglich, aus eigenem das Bundesgebiet in rechtlich zulässiger Weise zu verlassen.

Es ist sohin offenkundig, daß er zur Rückreise in seinen Heimatstaat - eine "Zurückschiebung", wie sie im Schubhaftbescheid (neben der Ausweisung und Abschiebung) in Aussicht genommen wurde, kommt ohnehin schon deshalb nicht in Betracht, weil dieses Instrumentarium nur bei einer illegalen Einreise aus einem Nachbarstaat, nicht jedoch, wie hier, bei einer Einreise auf dem Luftweg von der Türkei aus zur Anwendung gebracht werden kann (vgl. z.B. VfGH v. 10.

Oktober 1994, B 1382/93) - zumindest eines sog. "Heimreisezertifikates" bedarf.

Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist jedoch nicht erkennbar, daß diese irgendwelche Schritte zur Erlangung desselben unternommen hätte. Auch das Abwarten des Ergebnisses des Asylverfahrens vermag die nunmehr seit der Inschunhaftnahme des Beschwerdeführers schon sieben Wochen (bzw. seit Erlassung des Asylbescheides: dreieinhalb Wochen) währende diesbezügliche völlige Untätigkeit der Behörde nicht zu rechtfertigen.

Da die belangte Behörde somit keine zweckdienlichen Maßnahmen gesetzt hat, um die Dauer der Schubhaft so kurz wie möglich zu halten, erweist sich die Anhaltung des Beschwerdeführers sohin schon im Hinblick auf § 48 Abs. 1 FrG als widerrechtlich, ohne daß es einer weiteren Prüfung des übrigen Beschwerdevorbringens bedurfte.

4.3. Der vorliegenden Schubhaftbeschwerde war somit gemäß § 67c Abs. 4 AVG stattzugeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtswidrig festzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 8.520 S (Schriftsatzaufwand: 8.400 S; Barauslagen: 120 S) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum