Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161030/6/Ki/Da

Linz, 17.01.2006

 

 

 

VwSen-161030/6/Ki/Da Linz, am 17. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IV. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Beisitzer Mag. Zöbl, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des W S, E, A, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. B G, L, S, vom 30.11.2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15.11.2005, VerkR96-9841-2005 Ga, wegen einer Übertretung des FSG nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17.1.2006 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte (primäre) Freiheitsstrafe ersatzlos behoben wird. Bezüglich der verhängten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe wird das Straferkenntnis bestätigt.

 

  1. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wird auf 200 Euro herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 15.11.2005, VerkR96-9841-2005 Ga, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 23.8.2005 um 13.35 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von V auf der B 1 Wiener Straße bei Strkm. 243.200 gelenkt, obwohl er nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Lenkberechtigung war, da ihm diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.2.2005, Zl. VerkR21-64-2005, entzogen wurde. Er habe dadurch §§ 1 Abs.3 FSG iVm 37 Abs.4 Z1 FSG verletzt. Gemäß § 37 Abs.1 Z1 FSG wurde eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Tagen verhängt, zusätzlich wurde gemäß § 37 Abs.2 FSG eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen angeordnet.

 

Gemäß § 64 VStG wurde überdies ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

Bezüglich der Strafbemessung führte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land in der Begründung des Straferkenntnisses aus, dass die verhängte Geldstrafe schuld- und unrechtsangemessen erscheine, wobei besonders erschwerend die Tatsache gewirkt habe, dass gegen den Berufungswerber bereits vier einschlägige Vormerkungen bezüglich Fahren ohne Lenkberechtigung aufscheinen würden. Eine zuletzt verhängte Geldstrafe von 1.500 Euro habe ihn wiederum nicht davon abhalten können, neuerlich ein Kraftfahrzeug ohne Lenkberechtigung zu lenken. Es sei daher notwendig, um ihn hinkünftig von der neuerlichen Begehung einer solchen Verwaltungsübertretung abzuhalten, eine Primärarreststrafe von 14 Tagen zu verhängen. Ein strafmildernder Umstand habe nicht festgestellt werden können, die verhängte Geldstrafe erscheine schuld- und unrechtsangemessen, auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse sei Bedacht genommen worden.

 

I.2. Herr S hat gegen das Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 30.10.2005 Berufung erhoben mit dem Antrag um Aufhebung der primären Freiheitsstrafe oder Umwandlung der primären Freiheitsstrafe in eine bloße Geldstrafe.

 

In der Begründung wird ausgeführt, dass ihm ursprünglich die Lenkberechtigung zunächst lediglich auf die Dauer von 3 Monaten ab 13.3.2003 bis einschließlich 13.6.2003 entzogen worden sei, da er ein Kraftfahrzeug mit einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Es sei jedoch auch eine begleitende Maßnahme bzw. eine Nachschulung angeordnet worden, diese Nachschulung habe er mangels entsprechender Rechtskenntnis bzw. der Information, dass diese jedenfalls innerhalb von 18 Monaten vorgelegt werden muss und er ansonsten den Führerschein neu machen muss, sowie auch wegen damaliger großer psychischer Belastungen im Zusammenhang mit einer erforderlichen Bankenumschuldung bei der landwirtschaftlichen Liegenschaft, erst am 10.3.2005 beendet und die Kursbesuchsbestätigung verspätet am 14.3.2005 der BH Wels-Land überreicht.

 

Er habe als Landwirt Kreditraten in der Höhe von ca. 2.000,-- halbjährlich und zusätzlich in der Höhe von monatlich ca. 207,-- Euro an Kreditrückzahlungen zu leisten und zudem auch die Ausgedingeverpflichtungen laut dem Übergabevertrag zu Gunsten seiner Eltern zu erfüllen und die landwirtschaftlichen Felder zu bestellen und ständig ca. 60 Schweine zu versorgen. Seine Mutter habe ihn seit einigen Monaten als PKW-Chauffeurin unterstützt. Bekannte Landwirte würden ihn als Lenker der landwirtschaftlichen Kraftfahrzeuge bei der Bestellung der Felder unterstützen, solange er keine Lenkberechtigung wieder erworben habe.

 

Bezüglich Freiheitsstrafe wurde ausgeführt, dass die Verhängung von primären Freiheitsstrafen allenfalls nur aus Gründen der Spezialprävention zulässig wäre und es solle die Verhängung von Freiheitsstrafen im Verwaltungsstrafverfahren soweit wie möglich weitgehend vermieden werden.

 

Dem Berufungswerber sei zwischenzeitlich - insbesondere im Zusammenhang mit einem früheren Verfahren sowie der damit zusammenhängenden Beratungen durch den ausgewiesenen Verteidiger - die Schwere der Übertretung nach dem FSG auch bewusst geworden und er versichere, dass er bis zur neuerlichen Erlangung der Lenkberechtigung keinen PKW oder dergleichen mehr lenken werde.

 

Es sei zwar richtig, dass das Lenken von KFZ ohne die entsprechende Lenkberechtigung zu den schwerwiegendsten Übertretungen des FSG zähle, im gegenständlichen Einzelfall sei jedoch zumindest bei der Strafbemessung jedenfalls entsprechend zu berücksichtigen, dass einerseits überhaupt keine nachteiligen Folgen für andere Personen, keine konkrete Gefährdung des Lebens anderer Personen aufgetreten sei und auch kein technisch mangelhaftes Fahrzeug verwendet worden wäre. Weiters wird argumentiert, in faktischer Hinsicht wäre er zum Lenken eines PKW grundsätzlich weder unfähig noch ungeeignet gewesen, wenngleich er formal dazu natürlich derzeit nicht berechtigt gewesen sei. Es sei daher auch mildernd zu berücksichtigen, dass er sehr wohl früher eine Ausbildung und eine Fahrprüfung abgelegt und eine Lenkberechtigung besessen und er auch die Nachschulung absolviert habe.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine primäre Freiheitsstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17.1.2006. An dieser Verhandlung nahm der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teil, die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat sich entschuldigt. Der Berufungswerber selbst konnte wegen eines stationären Krankenhausaufenthaltes nicht teilnehmen.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 25.11.2005, VwSen-160895/6/Ki/Da, wurde einer Berufung des Rechtsmittelwerbers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.9.2005, VerkR96-7233-2005 Ga, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 22.11.2005 dahingehend Folge gegeben, dass eine verhängte primäre Freiheitsstrafe behoben wurde. Er wurde in diesem Falle für schuldig befunden, am 20.7.2005 einen PKW gelenkt zu haben, obwohl er nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Lenkberechtigung war.

 

Der Rechtsvertreter erklärte, dass er zum Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung von dem gegenständlichen Vorfall noch nicht Kenntnis erlangt hatte und verwies auf die persönliche Situation des Berufungswerbers bzw. auf den Umstand, dass sich der gegenständliche Vorfall noch vor Erlassung der Berufungsentscheidung vom 25.11.2005 ereignet hat. Zum Vorfallszeitpunkt habe der Berufungswerber das Kraftfahrzeug zwecks Verkauf in eine Werkstätte bringen wollen. Nunmehr habe der Berufungswerber aber eingesehen, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen könne. Es werde daher ersucht, nochmals von der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe Abstand zu nehmen.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Festgestellt wird zunächst, dass sich die Berufung lediglich gegen die primäre Freiheitsstrafe richtet, der Schuldspruch des Straferkenntnisses wurde damit bereits rechtskräftig.

 

Gemäß § 37 Abs.4 Z1 FSG ist für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl die Lenkberechtigung entzogen wurde, eine Mindeststrafe von 726 Euro zu verhängen.

 

Gemäß § 37 Abs.1 FSG beträgt die Höchststrafe 2.180 Euro und ist im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzulegen.

 

Gemäß § 37 Abs.2 FSG kann, wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

 

Im gegenständlichen Falle ist dem Berufungswerber anzulasten, dass gegen ihn, bezogen auf den Tatzeitpunkt, bereits vier einschlägige Vormerkungen bezüglich Fahren ohne Lenkberechtigung aufscheinen, was grundsätzlich den Schluss nahe legen könnte, der Beschuldigte neige konstant zum Ignorieren von rechtlichen Werten bzw. gesetzlichen Vorschriften. Er konnte aber auch in überzeugender Weise darlegen, dass, jedenfalls aus seiner subjektiven Sicht, das inkriminierende Verhalten auf besondere Umstände zurückzuführen war und es zeigte sich der Beschuldigte durchaus reumütig und einsichtig. Glaubhaft hat er versichert, dass er künftighin, solange er keine Lenkberechtigung hat, kein Kraftfahrzeug mehr lenken werde.

 

Die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe stellt einen gravierenden Eingriff in das Recht des Betroffenen auf persönliche Freiheit dar. Es soll diese Strafart nur dann angewendet werden, wenn andere mildere Strafmöglichkeiten erfolglos geblieben sind und überdies eine Geldstrafe zur Erreichung des Strafzweckes ausnahmsweise nicht mehr ausreicht. Als Strafzweck in diesem Sinne sind nur Gründe der Spezialprävention anzusehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass im konkreten Falle, insbesondere in Anbetracht des bereits bei der Berufungsverhandlung am 22.11.2005 festgestellten nunmehr einsichtigen Verhaltens des Berufungswerbers, nicht erwartet werden muss (der verfahrensgegenständliche Vorfall ereignete sich vor Erlassung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19.9.2005), dass er weiterhin Verwaltungsübertretungen der gleichen Art begehen werde, sodass letztlich spezialpräventive Gründe, welche die Verhängung einer Primärfreiheitsstrafe erforderlich machen würden, nicht mehr vorliegen. Es war daher aus diesem Grunde die verhängte primäre Freiheitsstrafe ersatzlos zu beheben.

 

Was hingegen die verhängte Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe anbelangt, so sind die bisherigen Vormerkungen sehr wohl auch zu berücksichtigen und es ist überdies darauf hinzuweisen, dass bei der Straffestsetzung auch generalpräventive Überlegungen zu berücksichtigen sind.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber dargelegten persönlichen Situation die Auffassung, dass die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land bei der Festlegung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe innerhalb des gesetzlich festgelegten Strafrahmens vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation des Berufungswerbers wird daher eine Herabsetzung nicht in Erwägung gezogen.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Fragner

 

 

 

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