Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161052/3/Br/Sta

Linz, 05.01.2006

VwSen-161052/3/Br/Sta Linz, am 5. Jänner 2006

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O K, geb. , O, S, vertreten durch RA Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 21. November 2005, Zl. VerkR96-4781-2005, zu Recht:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - VStG;

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 20 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u.2 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wegen der Übertretungen nach § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 28 Stunden verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 11.05.2005, VerKR96-3524-2005, zugestellt am 13.05.2005, nicht binnen 2 Wochen, das war bis 27.05.2005, der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug zuletzt vor dem 07.04.2005 um 16:15 Uhr in Ried i.I., gegenüber Kirchenplatz 5, im Bereich des Verbotszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt hat oder bekannt gegeben habe wer diese Auskunft erteilen könne.

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

"Die Stadtpolizei 4910 Ried i.I. setzte gegen den Lenker des PKW am 07.04.2005 mit Organstrafverfügung gemäß § 50 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wegen Übertretung nach
§ 24 StVO 1960 eine Geldstrafe von 20,00 Euro fest, weil Ihr KFZ am 07.04.2005, um 16:15 Uhr, in Ried i.I., vor dem Haus Kirchenplatz 5 in einem beschilderten Halte- und Parkverbot abgestellt war.

Da der durch die Organstrafverfügung festgelegte Strafbetrag binnen der nach § 50 Abs. 6 VStG gegebenen Frist von 2 Wochen nicht einbezahlt wurde und dies als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages gilt, wurden Sie von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. als Zulassungsbesitzer des PKW mit Schreiben vom 11.05.2005, VerkR96-3524-2005, gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekannt zu geben, wer das Fahrzeug zuletzt vor dem 07.04.2005, 16:15 Uhr, in Ried i.I., Kirchenplatz 5 im Bereich des Vorschriftzeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt hat.

Da Sie der hs. Behörde diese Auskunft nicht erteilt haben, wurde gegen Sie als Zulassungsbesitzer des PKW wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung eine Strafverfügung (Strafbetrag 100,00 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden) erlassen, gegen die Sie, rechtsfreundlich vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, mit Schriftsatz vom 04.07.2005 rechtzeitig Einspruch erhoben. Weiters ersuchten Sie um Gewährung der Akteneinsicht und Einräumung einer angemessenen Frist ab Akteneinsichtnahme zur Erstattung einer Rechtfertigung.

Nach längerem hin und her bzw. nach einigen Missverständnissen wurden Sie mit hs. Schriftsatz vom 09.08.2005, VerkR96-4781-2005, aufgefordert, sich wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung binnen zwei Wochen zu rechtfertigen. Weiters wurde dem Ersuchen um Akteneinsicht durch Übermittlung einer Aktenkopie entsprochen.

Im darauffolgenden Schriftsatz vom 16.08.2005 rechtfertigten Sie sich zu der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung insofern, als Sie zur selben Geschäftszahl bereits eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.07.2005 betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem OÖ. PGG erhalten hätten. Da die Verwaltungsstrafbehörde den verwaltungsstrafrechtlichen Tatvorwurf nun vom OÖ. PGG auf das KFG umstelle, würden Sie auf Grund der hohen Strafdrohung des KFG nunmehr Auskunft in die Richtung erteilen, dass Sie damals diesen PKW dort selbst abgestellt hätten. Zugleich ersucht Sie um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach § 103 Abs. 2 KFG 1967.

Hierüber hat die Behörde erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Auf Grund des Akteninhaltes ist es offensichtlich, dass Sie als Zulassungsbesitzer die geforderte Auskunft nicht innerhalb der gesetzlich eingeräumten Frist von zwei Wochen erteilt haben. Die Bekanntgabe des Lenkers mit Rechtfertigungsschreiben vom 16.08.2005 erfolgte wesentlich verspätet. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum Sie die nunmehrige Lenkerauskunft vom 16.08.2005 nicht auch bereits auf Grund unserer Lenkerhebung vom 11.05.2005 erteilen hätten können. Nach der einschlägigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 nur einmal (vgl. VwGH vom 25.02.1987, Zl. 85/03/0080, u.a.). Das heißt nichts anders, als dass das Ihnen nunmehr zur Last gelegte Delikt mit dem Verstreichen der Ihnen im Rahmen der Lenkerhebung vom 11.05.2005 eingeräumten verfahrensrechtlichen Frist erfüllt ist. Weiters sei bemerkt, dass die Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzer nicht durch dessen späteres Einstehen für das in Verfolgung gezogene Vergehen ersetzt werden kann (vgl. VwGH vom 25.09.1974, ZVR 1975/96).

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht zu Tage getreten. In diesem Sinne wäre es an Ihnen gelegen, Initiative zu ergreifen und dazulegen, was für Ihre Entlastung spricht. Hiezu hätte es beispielsweise eines konkreten, durch Beweisanträge untermauerten Tatsachenvorbringens bedurft. Ein solches Vorbringen haben Sie jedoch nicht erstattet. Vielmehr erteilten Sie erst in Ihrer Rechtfertigung vom 16.08.2005 die eigentlich schon mit Schreiben der Behörde vom 11.05.2005 gewünschte Lenkerauskunft und gestanden Sie ein, dass der ursprüngliche Tatvorwurf zu Recht bestehe. Hingegen brachten Sie zum nunmehr in Rede stehenden Delikt nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 nichts, insbesondere auch keine Rechtfertigung vor, weshalb Sie an einer fristgerechten Lenkerauskunft - diese wäre bis zum 27.05.2005 zu erteilen gewesen - gehindert waren.

Zu Ihrem sonstigen Rechtfertigungsvorbringen sei bemerkt, dass das die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.07.2005 betreffende, das PGG zum Gegenstand habende Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen war. Die besagte, letztlich nicht zutreffende Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.07.2005 wurde dabei durch einen durch die vielen gegen Sie laufenden Verwaltungsstrafverfahren bedingten Irrtum hervorgerufen und wurde dieser Irrtum in Ihrer anschließenden Rechtfertigung vom 18.07.2005 nicht aufgeklärt. Soweit Sie in Ihrem Rechtfertigungsschreiben mit der hohen Strafdrohung des KFG argumentieren, sei auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach die Auskunftspflicht grundsätzlich nur einmal besteht und der objektive Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG mit fruchtlosem Ablauf der verfahrensrechtlichen Frist besagter Gesetzesbestimmung erfüllt ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die von Ihnen verletzte Verwaltungsvorschrift dient vor allem dazu, dass Übertretungen der Verkehrsvorschriften auch in den Fällen wirkungsvoll geahndet werden können, in denen das Fahrzeug nicht angehalten und daher der Lenker nicht festgestellt werden konnte. Es entspricht - leider - der täglichen Erfahrung, dass die Einhaltung von für die Verkehrssicherheit bedeutenden Bestimmungen ohne wirksame Kontrolle und Bestrafung nicht möglich ist.

§ 103 Abs. 2 KFG 1967 dient daher in erster Linie der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz jener überwiegenden Anzahl von Verkehrsteilnehmern, welche sich vorschriftsmäßig Verhalten.

Im Hinblick auf die im § 134 Abs. 1 KFG 1967 vorgesehene Höchststrafe von 2.180,00 Euro bewegt sich die verhängte Geldstrafe von 100,00 Euro ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens und ist diese - insbesondere bei Berücksichtigung Ihrer vielen verkehrsrechtlichen Vormerkungen - als geringfügig einzustufen. Die Geldstrafe entspricht dabei auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde Ihren eigenen Angaben in anderen Verfahren folgend von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500,00 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgenpflichten ausgeht.

Der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit kommt Ihnen auf Grund zahlreicher rechtskräftiger und noch nicht getilgter Verwaltungsvorstrafen nicht zu. Hingegen ergab eine genauere Einsicht in das bei der Behörde aufliegende Verwaltungsvorstrafenregister, dass Sie zum Zeitpunkt der Begehung der nunmehr in Rede stehenden Straftat bereits eine einschlägige, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Straftat aufweisen. Und zwar wurde über Sie mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 12.08.2003, VerkR96-5558-2003, wegen Verweigerung der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 und § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200,00 Euro verhängt und ist diese Strafverfügung folglich in Rechtskraft erwachsen. Besagte Vorstrafe ist als einschlägig und somit als Erschwerungsgrund im Sinne des § 33 Z. 2 StGB zu berücksichtigen. Sonstige Milderungs- und Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

Der Kostenausspruch ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung wird dem Folgendes entgegen gehalten:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 21.11.2005, VerkR96-4781-2005, erhebe ich nachstehende

B E R U F U N G

An den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Der gegenständliche Tatvorwurf ist nicht berechtigt.

 

Wenn in der Begründung des Straferkenntnisses von einem längeren Hin- und Her bzw. einigen Missverständnissen gesprochen wird, so ist dies zu unterstreichen und festzuhalten, dass die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis trotz allein im letzten halben Jahr abgeführten rund drei Dutzend Verwaltungsstrafverfahren wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach dem PGG, wovon jetzt schon 26 Fälle beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sind, offenkundig immer noch nicht weiß, wie Lenkerauskunftsersuchen nach diesem Landesgesetz zu formulieren sind, die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PGG wird stets mit jener des § 103 Abs. 2 KFG vermengt, teilweise finden sich in den Lenkerauskunftsersuchen Passagen beider gesetzlicher Bestimmungen, teilweise wird in Parkgebührenangelegenheiten überhaupt der Wortlaut des § 103 Abs. 2 KFG bei der Lenkeranfrage herangezogen, wie auch das gegenständliche Verfahren zeigt.

 

Zu dieser Geschäftszahl hat mir die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.07.2005 zur Last gelegt, es als Zulassungsbesitzer des bezeichneten Pkw trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 11.05.2005, VerkR96-3524-2005, unterlassen zu haben, der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug zuletzt vor dem 07.04.2005 um 16.15 Uhr in Ried im Innkreis, Kirchenplatz 5, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann, weswegen eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 1 lit.b PGG vorliegt, wozu ich mich mit Schriftsatz vom 18.07.2005 gerechtfertigt habe.

Wie in allen anderen bislang abgeführten Verfahren wird darin nicht gefragt, wem ich damals den bezeichneten Pkw überlassen habe, sondern wer diesen damals am angeführten Ort abgestellt hat, was im Sinne der ständigen Judikatur des UVS des Landes Oberösterreich und des VwGH unzulässig ist, weil es keineswegs so ist, dass diejenige Person, welcher das Fahrzeug überlassen war, keinesfalls ident mit jener sein muss, welche dieses tatsächlich an einem konkreten Ort abgestellt hat.

Der Inhalt der Verwaltungsstrafakte der Erstbehörde VerkR96-3524-2005 ist somit im gegenständlichen Fall entscheidungswesentlich, weil nach der Rechtsprechung einerseits der genaue Wortlaut des Lenkerauskunftsersuchens dem angewendeten Gesetz entsprechen muss und nur ein einziges Lenkerauskunftsersuchen beantwortet werden muss. Mit dem ersten Lenkerauskunftsersuchen ist nach der Judikatur das Anfragerecht der Behörde konsumiert, ein weiteres Lenkerauskunftsersuchen muss nicht beantwortet werden (vgl. zuletzt UVS des Landes Oberösterreich vom 21.09.2005, VwSen-160807/2/Ki/Jo).

 

Weiters stellt sich im gegenständlichen Fall die Frage, ob in einem Halte- und Parkverbot überhaupt ein Delikt nach dem Parkgebührengesetz begangen werden kann bzw. umgekehrt, ob in einer Kurzparkzone überhaupt ein Halte- und Parkverbot zulässig ist, zumal die markierte Kurzparkzone klarstellt, dass dort das Halten und Parken (gegen Gebühr für eine allenfalls maximale Zeitspanne) zulässig ist, somit die verordnete und kundgemachte Kurzparkzone das Halte- und Parkverbot unter den Einschränkungen, für welche die Kurzparkzone gilt, aufhebt, was sich meines Erachtens aus Gründen der Logik ergibt.

 

In meiner Rechtfertigung vom 16.08.2005 habe ich die mir abverlangte Lenkerauskunft mit der Begründung erteilt, dass der Tatvorwurf von der Erstbehörde nun vom PGG auf das KFG umgestellt wurde, welches eine bedeutend höhere Strafdrohung enthält.

Da diese Lenkerauskunft innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist betreffend das Grunddelikt (07.04.2005) erteilt wurde, habe ich die Behörde in die Lage versetzt, problemlos eine Verfolgungshandlung hinsichtlich des StVO-Deliktes zu setzen und habe ich damit den staatlichen Strafanspruch nicht vereitelt; unter derartigen Umständen eine so empfindliche Geldstrafe in der Höhe von € 100,-- zu verhängen, ist nicht sachgerecht, diese Strafe wurde nur um das Strafen willens verhängt.

In Wahrheit wurde damit die Verfolgung des Grunddeliktes nur etwas verzögert, weitere Nachteile entstanden daraus nicht, eine Geldstrafe von € 100,-- ist völlig überzogen.

 

Zur Höhe der Geldstrafe ist auszuführen, dass ich schon einer Vielzahl von Eingaben in Verfahren betreffend den Verdacht der Übertretung des Parkgebührengesetzes darauf hingewiesen habe, dass es keineswegs stimmt, dass mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 12.08.2003, VerkR96-5558-2003, über mich rechtskräftig eine Geldstrafe von € 200,-- wegen Verweigerung der Lenkerauskunft verhängt wurde, weswegen diese im Rahmen der Strafbemessung nicht als einschlägige Vormerkung in Form eines Straferschwerungsgrundes berücksichtigt werden darf, worauf die Erstbehörde auch in diesem Verfahren wiederum nicht eingeht und somit eine verfehlte Strafbemessung vornimmt.

Diese Vorgehensweise tangiert sogar verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (Gleichheitsrecht), wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 8483 und 8505 ausgesprochen hat.

Gegen die von der Erstbehörde zitierte Strafverfügung habe ich Einspruch erhoben, womit nach § 49 Abs. 2 VStG die Strafverfügung ex lege außer Kraft tritt, eine spätere Zurückziehung des Einspruches ist wirkungslos (Walter-Thienel, Verwaltungsstrafverfahren16, Anm. 7 zu 49 VStG). Diese einschlägige Vormerkung liegt somit nicht vor, weil die Strafverfügung nicht rechtskräftig ist.

Da ich innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist die Lenkerauskunft erteilt habe, erscheint eine bedeutend geringere Geldstrafe, ja auch das Absehen von einer Bestrafung nach § 21 VStG sachgerecht.

 

Die von der Bezirkshauptmannschaft ausgesprochene Bestrafung verletzt mich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK.

 

Danach hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise gehört wird.

 

Der Grundsatz eines fairen Verfahrens ("in billiger Weise") verlangt unter anderem, dass der Betroffene seine Rechte effektiv vertreten kann (VfSlg. 10.291). Ein Beschuldigter darf insbesondere nicht gezwungen werden, Beweise gegen sich selbst zu liefern (VfSlg. 12.454, EGMR vom 25.02.1993 im Fall Funke gegen Frankreich, ÖJZ 1993, 532), er hat das Recht zu schweigen (EGMR vom 08.02.1996 im Fall Murray, ÖJZ 1996, 627 sowie vom 17.12.1996 im Fall Saunders gegen das Vereinigte Königreich, ÖJZ 1998, 32). Auch der Grundsatz der Waffengleichheit ist ein Element des fairen Verfahrens (EGMR-Judikatur in ÖJZ 1994, 105, ÖJZ 1996, 430 und ÖJZ 1997, 475 sowie Mayer, Bundes-Verfassungsrecht3, S. 607).

 

Im Urteil vom 03.05.2001 im Fall J B gegen die Schweiz (ÖJZ 2002, 518) spricht der EGMR aus, dass das Recht, sich nicht selbst zu bezichtigen, insbesondere verlangt, dass die Behörden trachten, ihren Fall zu beweisen (den Schuldbeweis zu führen), ohne auf Beweise zurückzugreifen, die durch Zwang oder Druck entgegen den Willen des Beschuldigten erlangt werden.

 

Im Urteil vom 04.10.2005 im Fall William Shannon gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde-Nr. 6563/03 stellt der EGMR (Rz. 41) eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK (Selbstbelastungsverbot) mit der Begründung fest, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an einer Befragung durch die Steuerbehörde und zur Beantwortung der dabei gestellten Fragen dem Selbstbelastungsverbot widerspricht, zumal die Einvernahme im Zusammenhang mit Ereignissen stand, wegen welcher der dortige Beschwerdeführer verfolgt wurde.

 

Vom Urteil des EGMR vom 08.04.2004 im Fall Weh gegen Österreich unterscheidet sich der gegenständliche Sachverhalt entscheidungswesentlich; worauf es bei der Beurteilung der Fragen des Verstoßes gegen ein faires Verfahren (Selbstbezichtigungsverbot) ankommt, wird in diesen Urteilen Weh und Shannon genau dargestellt und treffen diese Gründe, welche im letzteren Fall zur Feststellung der Verletzung des Art. 6 EMRK geführt haben, auf den gegenständlichen Fall genau zu, weswegen es an dieser Stelle der Darstellung eingehender Argumente für das Vorliegen der relevierten Rechtsverletzung, nicht mehr bedarf, der EGMR kommt in den zitierten Fällen zu jenem Ergebnis, welches den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 9950 und 10.394) zum Gleichheitsrecht und Anklageprinzip entspricht. Ich erlaube mir, auf die diesbezüglich eingehenden Ausführungen in den Erkenntnissen des UVS des Landes Oberösterreich vom 18.10.2005, VwSen-160878/2/Br/Bn, hinzuweisen, welche die Richtigkeit meiner Rechtsansicht belegen, ebenso jenes vom 14.10.2005, VwSen-160838/3/Br/Wü und vom 01.12.2005, VwSen-160.987/2/Br/Sta.

 

Wenn der UVS in diesen Erkenntnissen die Frage des Widerspruchs zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechtes (Art. 44 Abs. 3 B-VG) aufwirft, so ist in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis VfSlg. 15.215 hinzuweisen, worin der VfGH seine Zuständigkeit zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung ansieht und eine Verfassungssuspendierung dem demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzip widerspricht, und eine Verfassungssuspendierung nicht zur Disposition des Verfassungsgesetzgebers iSd Art. 44 Abs. 1 B-VG steht.

Die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG verstößt damit neben dem Gleichheitssatz und Art. 6 EMRK auch gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil es diese Bestimmung dem Verfassungsgerichtshof offenkundig unmöglich macht, dessen Einklang mit dem Verfassungsrecht zu überprüfen, weswegen in VfSlg. 11.829 kein Verstoß gegen das Anklageprinzip nach Art. 90 Abs. 2 B-VG festgestellt und ausgeführt wurde, dass die Verfassungsbestimmung des Art. 6 EMRK "lediglich in seiner innerstaatlichen Maßstabsfunktion" anzuwenden ist.

 

In VfSlg. 14.987 stellt der Verfassungsgerichtshof klar, dass in ständiger Judikatur aus dem in Art. 90 Abs. 2 B-VG verankerten Anklageprinzip in seiner materiellen Bedeutung das sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot abgeleitet wird, den Rechtsunterworfenen auch schon im Stadium vor Einleitung eines "gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen" Strafverfahrens durch Androhung (oder Anwendung) rechtlicher Sanktionen dazu zu verhalten, Beweise gegen sich selbst zu liefern (vgl. auch VfSlg. 14.987 und 15.600).

 

Ich stelle somit höflich den

  

A N T R A G ,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 21.11.2005 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

in eventu unter Außerachtlassung der von der Erstbehörde herangezogenen nicht rechtskräftigen Strafverfügung als Erschwerungsgrund und unter Beachtung der von mir innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erteilten Lenkerauskunft die Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen bzw. eine Ermahnung nach § 21 VStG zu verhängen.

M, 13.12.2005 O K"

KammOl/Vws.XXVII. 1322.doc

Dr.P/In

2.1. Im Rahmen einer direkt an den Oö. Verwaltungssenat übermittelten und hier am 29.12.2005 noch vor der Vorlage der Berufung durch die Behörde erster Instanz eingelangten Ergänzung dieser Berufung wird Folgendes ausgeführt:

"Neben dem in der Berufung bereits zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 04.10.2005 im Fall Shannon gegen das Vereinigte Königreich erlaube ich mir auch auf die höchst aktuelle Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 25.10.2005 in den Fällen Gerard O´Halloran und Idris R. Francis gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerdenummern 15.809 und 25.624/02 zu verweisen.

 

Zum Argument der englischen Regierung, wonach das Recht, zu schweigen und sich nicht selbst belasten zu müssen, kein absolutes sei, ist auf die Ausführungen des EGMR im Urteil vom 17.12.1996 im Fall Saunders gegen das Vereinigte Königreich hinzuweisen, in welchem es der Gerichtshof nicht für notwendig hält, zu entscheiden, ob dieses Recht ein absolutes ist, weil er das Argument der englischen Regierung nicht akzeptiert, die Komplexität von Betrugshandlungen im Bereich von Wirtschaftsgesellschaften und das vitale öffentliche Interesse an der Ermittlung solcher Betrügereien und die Bestrafung der dafür Verantwortlichen könnte derart signifikante Abweichungen von den Grundsätzen eines fairen Verfahrens rechtfertigen. Die Allgemeinen Erfordernisse der Fairness, wie sie in Art. 6 enthalten sind, einschließlich des Rechtes, sich nicht selbst beschuldigten zu müssen, sind auf Strafverfahren hinsichtlich aller Typen strafbarer Handlungen ohne Unterscheidung von den einfachsten bis hin zu den meisten komplexen anzuwenden.

 

Es wäre unerträglich anzunehmen, dass sich ein Verdächtiger, Beschuldigter bzw. Angeklagter in einem Strafprozess nach der StPO selbst beschuldigen bzw. ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens ablegen muss, obwohl die Straftaten im Sinne des StGB mit wenigen Ausnahmen Vorsatzdelikte sind und deren Unrechtsgehalt in den allermeisten Fällen bedeutend höher ist als jener einer Verwaltungsübertretung.

Nichts anderes kann für das Verwaltungsstrafrecht gelten, welches ebenfalls eine strafrechtliche Anklage iSd Art. 6 EMRK darstellt (vgl. EGMR vom 20.12.2001 im Fall Erwin Baischer gegen Österreich, u.a.), eine Differenzierung zwischen diesen beiden Verfahrensarten ist unzulässig, weil jeweils eine "strafrechtliche Anklage" iSd Art. 6 EMRK vorliegt und daher die Verfahrensgarantien dieser Verfassungsbestimmung jedenfalls zur Anwendung kommen, für eine lediglich "innerstaatliche Maßstabsfunktion"  des Art. 6 EMRK bleibt kein Raum (Art. 1 und 15 EMRK).

 

Die Rechtsmittelanträge bleiben aufrecht."

2.1.1. Beigefügt finden sich dieser Berufungsergänzung noch Auszüge aus dem zit. Urteil wegen Verletzung des Artikel 6 Abs.1 EMRK, Shannon gegen England und der Zulässigkeitsentscheidung O`Halloran and Francis gg. England in englischer Sprache.

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte hier angesichts der bloß zu beurteilenden Rechtsfrage und mangels gesonderten Antrages unterbleiben.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der vom Berufungswerber im Ergebnis unbestritten bleibende entscheidungswesentliche Sachverhalt

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

4.1. Eingangs ist festzustellen, dass es bei dem der Anfrage zu Grunde liegenden Abstellen des Fahrzeuges am "Kirchenplatz Nr. 5" um jene Örtlichkeit handelte, an welcher zu diesem Zeitpunkt das Halte- und Parkverbot bereits wieder rechtswirksam verordnet und unverändert kundgemacht war. Dies wurde im hg. Verfahren vom 18.10.2005 VwSen-160880/2/Br/Bn, unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH v. 2.12.2004, B 101/04, festgestellt. Mit Gemeinderatsbeschluss (der Stadtgemeinde Ried) vom 3.3.2005 wurde dieses Halteverbot (neu) und im Sinne des o.a. Erkenntnisses rechtskonform verordnet und durch die entsprechenden - bereits vorhandenen - Verkehrszeichen kundgemacht. Am 19.5.2005 wurde diese Verordnung von der Oö. Landesregierung aufsichtsbehördlich genehmigt. Selbst wenn der Berufungswerber in seinem Berufungsvorbringen subjektiv nachvollziehbar verdeutlicht warum er hier, ausgehend von seiner umfassend dargelegten Rechtsüberzeugung, der Aufforderung nach § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 nicht zu folgen geneigt war, entschuldigt dies nicht die Auskunftsverweigerung. Nicht übersehen wird, dass er sich - wie in mehreren anderen Verfahren auch - wohl selbst als Täter der präsumtiv zu erwarten gewesenen verwaltungsstrafrechtlichen und in einer Bestrafung mündenden Verfolgung "ausliefern" und mithin sich selbst beschuldigen hätte müssen.

Den Hintergrund der Anfrage iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 bildete hier das - wie im Spruch näher umschrieben - das auf dem durch ein entsprechendes Verkehrszeichen als Halteverbot gekennzeichneten "Kirchenplatz 5" abgestellte Fahrzeug des Berufungswerbers.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

5.1.1. Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof nach mehrfacher diesbezüglichen Befassung im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG und bislang nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung normierte rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft (iSd § 103 Abs.2 KFG) nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hob der Verfassungsgerichtshof gleichzeitig auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.).

Hinzuweisen ist im Zusammenhang abermals, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz "nemo tenetur" als unvereinbar hervorhob, wenn ein Gesetz die Partei zwinge, etwa ein allenfalls den Gegenstand der Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, welches im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies - so der Gerichtshof - würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gelte es für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens, sondern Subjekt, also Prozesspartei ist. Dem Anklageprinzip würde es demnach widersprechen den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2 B-VG abzuleitenden Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966).

Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines Kfz-Lenkers (vgl. u.a. VwGH 29. September 1993, 93/02/0191).

Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht abermals nicht, dass dieses Staatsziel zwischenzeitig sogar verstärkt in unlösbarem Spannungsverhältnis zu verfassungsrechtlich garantierten Werten stehen könnte. Ebenfalls kann davon ausgegangen werden, dass dieses der europäischen Rechtskultur weitgehend fremde Rechtsinstitut mit Blick auf den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ableitenden Harmonisierungsbedarf, zwischenzeitig zu einer anderen rechtlichen bzw. rechtspolitischen Wertigkeit geführt haben könnte.

Wenn der EGMR bereits im o.a. Urteil (Weh gg. Österreich) nur deshalb (noch) keine Konventionsverletzung in der Fallgestaltung der Auskunftspflicht feststellte, weil darin keine "ausreichend konkrete Verbindung zwischen dem Auskunftsbegehren und einer damit zu erwartenden Bestrafung des Verweigerers bestand", wird nunmehr gemäß den vom Berufungswerber nachgereichten Entscheidungen des EGMR in diesem Zusammenhang eine "Selbstbeschuldigungspflicht" im Widerspruch zu den rechtlich geschützten Werten der EMRK - auch in Verfahren etwa wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen und deren Verfolgung - zumindest als problematisch im Hinblick auf Art.6 EMRK erachtet.

So hat etwa auch schon der Verfassungsgerichtshof im Zuge der Aufhebung einer früheren Fassung dieser Rechtsvorschrift, die unter Wahrheitspflicht gegebene Antwort des Zulassungsbesitzers, er habe das Fahrzeug zum betreffenden Zeitpunkt nicht einem Dritten zum Lenken überlassen, den dahinter stehenden materiellen Zwang zu einer Selbstbeschuldigung im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung, die unter Hinweis auf die im Verfahren zu G7/80 näher dargelegten Gründe, als verfassungsrechtlich verpönt erachtet (VfSlg. 10394).

In der nachfolgend geänderten Fassung dieser Rechtsvorschrift wollte der Verfassungsgesetzgeber mit der Ermächtigung zur Einholung bestimmter Auskünfte in § 103 Abs.2 KFG idF der 10. KFG-Novelle (versehen mit einer Verfassungsbestimmung), die Realisierung eines bestimmten rechtspolitischen Anliegens ermöglichen, von dem er - ob zu Recht oder zu Unrecht, was der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen haben glaubte - annahm, diesem nur durch die sogenannte Lenkerauskunft entsprechen zu können.

Der Verfassungsgesetzgeber durchbrach mit dieser Ermächtigung den aus dem Anklageprinzip des Art. 90 Abs.2 B-VG - auch für Verwaltungsstrafverfahren - erfließenden Grundsatz, dass niemand unter Strafsanktion gezwungen werden dürfe, ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens abzulegen (Hinweis auf VfSlg. 9950/1984, 10394/1985). Er nahm damit die Durchbrechung von an sich verfassungsrechtlich geschützten Prinzipien in Kauf. Auf eine Verpflichtung zur Selbstbeschuldigung liefen nämlich die damals in Prüfung gezogenen Bestimmungen ebenso hinaus, wie die bereits durch VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 aufgehobenen Vorgängerbestimmungen des § 103 Abs.2 KFG idF BGBl. 106/1986; Der Verfassungsgerichtshof blieb aber bei seinem in der bisherigen Judikatur (VfGH 23.06.88, V29/88 ua.) eingenommenen Standpunkt, dass - angesichts der Verpflichtung zur baugesetzkonformen Interpretation einer Verfassungsbestimmung (Hinweis auf VfGH 01.07.87, G78/87) - im Zweifel einem Gesetz kein Inhalt beizumessen ist, der sie in Widerspruch zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechts (Art. 44 Abs.3 B-VG) stellen würde.

Ein solcher möglicher Widerspruch wäre in Eingriffen erblickbar - so der Verfassungsgerichtshof abermals - die Grundprinzipien der Bundesverfassung, wie etwa eine Einschränkung dessen Gesetzesprüfungskompetenz oder nicht nur zu einer Durchbrechung der Grundrechtsordnung führten, wenn schwerwiegende und umfassende Eingriffe in die Grundprinzipien vorgenommen würden (Hinweis auf VfGH 23.06.88, V29/88 ua.). Ein so schwerwiegender Eingriff wurde bislang in der Lenkerauskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG bislang nicht erblickt.

Wenn - wie durch VfGH in B 210/05-3 unverändert beurteilt - diese Bestimmung abermals keinen Anlass für ein Gesetzesprüfungsverfahren bildete, gilt daher weiterhin das schon vor zwanzig Jahren mit der Verfassungsbestimmung definierte rechtspolitische Ziel dieses Rechtsinstituts. Die Lenkerauskunft ist demnach "am Maßstab der innerstaatlichen Verfassungsordnung" zu beurteilen.

Mit der Bestätigung dieses Schuldspruches ist der Berufungsbehörde durchaus evident, dass letztere Überlegungen ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müssen, ob die möglichst leichte Überführung von Verwaltungsstraftätern durch deren präsumtive Selbstbenennung als Straftäter mit gleich- oder höherwertigen Staatszielen im Einklang gesehen werden kann. Insbesondere ob die im Art.6 Abs.1 EMRK intendierten Garantien einen Beurteilungsfreiraum "lediglich innerstaatlichen Maßstabsfunktion" offen bleibt.

Dies wird insbesondere die nunmehr von Berufungswerber jüngst aufgezeigte Entscheidung des EGMR klarstellen.

5.2. Da hier jedoch die verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtslage nicht in Frage zu stellen und in diesem Rahmen der Schuldspruch als zu Recht festzustellen ist, muss letztlich auch das noch konkretere Vorbringen zur vermeintlichen Konventionsverletzung auf sich bewenden. Dies aufzugreifen wird - unter Hinweis auf den o.a. Beschluss des Verfassungsgerichtshofes - letztlich doch den europäischen Instanzen und in der Folge dem Gesetzgeber anverwahrt zu bleiben haben. Es wird durch ein Urteil des EGMR abzuwarten sein, ob - anders als im Fall Weh aber wie im Fall Shannon, insbesondere aber in den Fällen O´Halloran, Idris R. Francis gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerdenummern 15.809 und 25.624/02 - durch die Pflicht zur Lenkerbekanntgabe in dem im Ergebnis sehr wohl durch eine Strafdrohung ausgeübten Zwang zur Selbstbeschuldigung, ein durch die EMRK geschütztes Rechtsgut verletzt ist. Wenn der Berufungswerber nun mit seinem Hinweis auf die jüngste Zulässigkeitsentscheidung in den letztgenannten Fällen mit Blick auf Art. 6 Abs.1 EMRK eine Bestrafung nach Einholung einer Lenkerauskunft bzw. wegen einer diesbezüglichen Auskunftsverweigerung des Lenkers wg. einer Geschwindigkeitsüberschreitung, so beruft er sich damit auf hohes Rechtsgut, was in den letztgenannten Verfahren einmal mehr verdeutlicht wird.

Das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers ist durchaus von inhaltlicher Substanz, deren Berücksichtigung jedoch an der realen Rechtslage scheitern muss.

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Wenn hier der Berufungswerber die mit 100 Euro bemessene Geldstrafe mit dem Hinweis auf eine zu Unrecht gewertete einschlägige Vormerkung rügt, ist ihm zu entgegnen, dass selbst bei Nichtbestehen dieser Vormerkung, die Geldstrafe sehr niedrig bemessen wurde. Immerhin wurde der Strafrahmen nicht einmal im Umfang von 5 % ausgeschöpft.

Hinzuweisen ist ferner, dass die Behörde nicht gebunden ist sich an den für das Grunddelikt vorgesehenen Strafsatz bzw. sich an der dort intendierten Bestrafung zu orientieren (VwGH 19.3.2001, 96/02/0075).

Gemäß § 21 VStG kann (und hat) die Behörde nur dann von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Letzteres kann angesichts des dem § 103 Abs.2 KFG inhärenten - durch die Verfassungsbestimmung abgesichert - Zieles sogenannte Verkehrsübertretungen durch die Ausforschung des betroffenen Lenkers ahnden zu können nicht die Rede sein. Laut Judikatur treten eben subjektive Interessen die Auskunft nicht zu erteilen, gegenüber dem Interesse der Behörde diese Auskunft zu erhalten, zurück.

Die Tatfolgen können daher in solchen Fällen nicht bloß geringfügig qualifiziert werden, wenn wohl unter Hinweis auf die Rechtsüberzeugung das Verschulden des Berufungswerbers als bloß geringfügig angesehen werden könnte.

Dennoch gilt es trotz der vom Berufungswerber dargelegten Rechtsüberzeugung, den rechtlichen Maßstab an der geltenden und nicht an den, wenn auch mit nachvollziehbaren Argumenten rechtspolitisch erwünschten Rechtsordnung zu nehmen.

Gemäß Art. 132 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens eine Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem Ermessen (Strafzumessung) im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu unter vielen VwGH v. 25. März 1980, [verst. Senat] Slg. Nr. 10.077/A).

Diesbezüglich ist auch noch auf den generalpräventiven Zweck dieser Strafnorm und nochmals auf die bloße Ausschöpfung des Strafrahmens im Umfang von weniger als fünf Prozent hinzuweisen.

Der Berufung musste somit ein Erfolg zu Gänze versagt bleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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