Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161060/2/Sch/Bb/Hu

Linz, 02.02.2006

 

 

 

VwSen-161060/2/Sch/Bb/Hu Linz, am 2. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau E H, M, D vom 19.12.2005 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24.11.2005, Zl. VerkR96-9224-2005/Her, wegen Abweisung eines Einspruches gegen die Strafhöhe, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 20 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlagen:

I. § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

II. §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24. November 2005, Zl. VerkR96-9224-2005/Her, wurde der gegen die Strafhöhe gerichtete Einspruch der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) gegen die Strafverfügung vom 13.9.2005, Zl. VerkR96-9224-2005 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 abgewiesen. Über die Bw wurde eine Geldstrafe von 250 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden verhängt, weil sie am 24.8.2005 um 13.12 Uhr in Weißkirchen an der Traun, auf der Autobahn A25 bei Strkm 6,9 in Fahrtrichtung Wels, als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen ... zu einem vor ihr fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, weil sie bei einer Fahrgeschwindigkeit von 128 km/h laut Videomessung nur einen Abstand von 11 Meter eingehalten habe, was einem zeitlichen Abstand von 0,32 Sekunden entspreche.

Überdies wurde die Bw zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 25 Euro verpflichtet.

1.2. Zur Strafzumessung verwies die Behörde erster Instanz im angefochtenen Bescheid darauf, dass, um einen Lern- und Erziehungseffekt zu erzielen, eine gewisse Verhältnismäßigkeit gegeben sein müsse und die verhängte Geldstrafe von 250 Euro einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag darstelle. Ein Abstand von 11 Meter zum Vorderfahrzeug sei als schwerer Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften zu betrachten und sei wegen der Schwere dieses Deliktes eine Herabsetzung der Strafe nicht vertretbar. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei eine Schätzung der Behörde vorgenommen worden, da die Bw trotz Aufforderung dies nicht bekannt gegeben habe. Die Erstbehörde ging von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.600 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten der Bw aus. Mildernd sei das Geständnis sowie die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen. Als straferschwerend verwies die belangte Behörde auf den Unrechtsgehalt der Tat sowie auf den gesetzlichen Strafrahmen, der zu einem geringen Prozentteil ausgeschöpft worden sei. Die verhängte Geldstrafe erscheine als schuld- und unrechtsangemessen und auch notwendig, um die Bw in Hinkunft von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten und besitze darüber hinaus auch generalpräventive Wirkung.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw rechtzeitig Berufung erhoben, in welcher die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen vorbringt, dass sie in Ihrem Einspruch ausdrücklich die Tatbegehung sowie ihre Schuld eingestanden und lediglich um Herabsetzung der Strafe ersucht habe. Die über sie verhängte Strafe sei eindeutig zu hoch, weshalb sie den Antrag stelle ihrer Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Höhe der Geldstrafe auf 100 Euro herabgesetzt werde. Sie weise auch darauf hin, dass sie seit 33 Jahren unfallfrei gefahren sei und keine verwaltungsrechtlichen Vorstrafen aufweise. Sie habe im geringsten Schuldgrad gehandelt, nämlich nur unbewusst fahrlässig nach § 6 Abs.1 StGB. Insbesondere lägen nach § 34 Abs.1 StGB folgende Milderungsgründe vor: ein ordentlicher Lebenswand und die Tat stehe mit dem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch, sie habe die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen, trotz Vollendung der Tat sei kein Schaden herbeigeführt worden und das reumütig abgelegte Geständnis. Das monatliche Nettoeinkommen betrage als Hauptschullehrerin 1.935 Euro, sie habe kein Vermögen und keine Sorgepflichten und sei alleinstehend.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet und auf eine solche ausdrücklich verzichtet wurde. (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

5.1. Zunächst ist festzustellen, dass sich der Einspruch ausschließlich gegen das Strafausmaß gerichtet hat. Der Schuldspruch der Strafverfügung ist damit in Rechtskraft erwachsen und die Erstinstanz hat im angefochtenen Bescheid zutreffend nur über die Strafhöhe abgesprochen. Es ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat deshalb verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen. Der Oö. Verwaltungssenat hat demnach zu überprüfen, ob die Strafe nach den Kriterien des § 19 VStG rechtmäßig bemessen wurde und ob allenfalls eine Herabsetzung dieser in Betracht kommt.

 

5.2. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

 

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.3. Zutreffend hat die belangte Behörde zum Unrechtsgehalt ausgeführt, dass ein zu geringer Sicherheitsabstand neben einer zu hohen Geschwindigkeit einer der Hauptursachen von Verkehrsunfällen darstellt. Gerade auf Autobahnen, wo sich die Fahrzeuge naturgemäß mit hohen Geschwindigkeiten bewegen, ist die Kombination mit zu geringem Sicherheitsabstand eine der Gefahrenquellen schlechthin und begründet sich lt. Statistik jeder zweite Verkehrsunfall auf Autobahnen auf zu geringem Abstand.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen hat die Erstbehörde festgestellt, dass der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ein nicht unerheblicher Unrechts- und Schuldgehalt zugrunde liegt.

 

Der Anhalteweg für den Lenker eines Fahrzeuges besteht bekanntlich aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg. Als Abstand beim Hintereinanderfahren ist zumindest der Reaktionsweg einzuhalten, welcher die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke darstellt. Die Reaktionszeit (die Zeit vom Erkennen einer Gefahr bis zum Beginn der Bremshandlung) beträgt ca. eine Sekunde. Sie umfasst die (vermeidbare) "Schrecksekunde" (bis zu einer halben Sekunde) und die eigentliche (nicht vermeidbare) Reaktionszeit.

Die Reaktionszeit ist von persönlichen und äußeren Umständen abhängig, wobei als persönliche Umstände etwa eine mögliche Verkürzung durch eingeschliffene Reaktionshandlungen, gute Disposition (z.B. Ausgeruhtsein), überdurchschnittliche Veranlagung, Jugendlichkeit, Erwartungsspannung, etc. erfolgen kann. Andererseits ist auch eine Verlängerung möglich, etwa aufgrund Ermüdung, minderer Begabung, Unaufmerksamkeit (z.B. Unterhaltung mit einem Beifahrer) etc.

 

Äußere Faktoren, die zu einer Verkürzung der Reaktionszeit führen können, sind übersichtliche Verkehrssituationen, prägnanter Wahrnehmungsgegenstand, etc. Demgegenüber kann eine Verlängerung der Reaktionszeit bewirkt werden durch komplizierte und seltene Verkehrssituationen, weniger auffällige Wahrnehmungsgegenstände, etc.

 

 

Bei diesem Durchschnittswert von einer Sekunde verbleibt naturgemäß kaum eine Sicherheitsreserve, weshalb bei der Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern in Fahrschulen ein Mindestabstand von zwei Sekunden für den Regelfall als geboten angesehen und daher entsprechend vermittelt wird.

 

Eine Unterschreitung des Ein-Sekunden-Abstandes bewirkt sohin grundsätzlich eine potenzielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und zwar nicht nur des vorausfahrenden Fahrzeuglenkers, sondern auch anderer, die bei Auffahrunfällen lebensnah zudem zu Schaden kommen können.

 

Die Bw hat gegenständlich zu dem vor ihr fahrenden Fahrzeuglenker lediglich einen Sicherheitsabstand von 0,32 Sekunden eingehalten, welcher bei einer gemessenen Fahrgeschwindigkeit von 128 km/h einen Abstand von 11 m darstellt.

 

Angesichts des damit verbundenen beträchtlichen Gefährdungspotenziales kann keinesfalls von einem geringfügigen Unrechtsgehalt dieser Übertretung ausgegangen werden. Dazu kommt noch, dass solche Delikte in der Regel einem Fahrzeuglenker nicht nur fahrlässig unterlaufen, sondern - zumindest bedingt - vorsätzlich in Kauf genommen werden.

 

Zu berücksichtigen war zugunsten der Bw allerdings der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, der für die Bw besonders positiv ins Gewicht fällt. Dieser lässt erwarten, dass auch mit der herabgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um sie künftig wieder zur Beachtung dieser wichtigen Bestimmung der StVO 1960 zu bewegen.

Zudem ist der Bw eine Einsichtigkeit zuzugestehen, zumal sie die Unterschreitung des vorgesehenen Sicherheitsabstandes nicht in Abrede gestellt hat, sondern ein umfassendes Geständnis abgelegt hat.

Im Hinblick auf mögliche Folgen einer Tat ist es nicht unerheblich, auf welcher Verkehrsfläche eine Übertretung begangen wird. Gegenständlich handelt es sich um ein Autobahnteilstück. Wie sich aus den der Anzeige beigelegten Lichtbildern ergibt, waren weder die Verkehrs- noch die Witterungsverhältnisse dergestalt, dass sie zu einer Vergrößerung der Gefährdung beigetragen hätten.

Im Hinblick auf den Umstand, dass im Verfahren keine erschwerenden Umstände hervorgekommen sind, war die Herabsetzung der Strafe auf nunmehrige Ausmaß vertretbar.

 

Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen wurde im Berufungsschriftsatz teilweise entgegengetreten. Die Bw führte aus, dass Sie über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.935 Euro verfüge, kein Vermögen besitze und keine Sorgepflichten habe, sodass diese der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Diese, insbesondere das monatliche Nettoeinkommen von 1.935 Euro, lassen erwarten, dass die Bw zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung ihrer Lebensführung in der Lage sein wird.

 

Eine weitere Herabsetzung der Strafe erscheint aus vorangeführten Gründen nicht gerechtfertigt und stehen einer weiteren Herabsetzung einerseits auch der beträchtliche Unrechtshalt sowie spezialpräventive Erwägungen entgegen.

Mit der 7. FSG-Novelle (§ 30a FSG) wurde vom Gesetzgeber das sogenannte "Vormerksystem" eingeführt. Dieses umfasst einen Katalog von 13 unfallträchtigen und risikobehafteten Delikten, deren jeweilige Begehung innerhalb eines Zeitraumes von 2 Jahren im Zentralen Führerscheinregister vorgemerkt und evident gehalten wird. In Abs.2 Z5 des § 30a FSG wurde ausgesprochen, dass auch Übertretungen nach § 18 Abs.1 StVO 1960, sofern die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde und der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr aber weniger als 0,4 Sekunden betragen hat, im Führerscheinregister vorzumerken sind. Mit dieser Maßnahme hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die konkrete Verwaltungsübertretung zu den unfallträchtigsten und risikobehaftetsten Delikten zählt. Dieser Umstand, sowie auch, dass die nunmehr ausgesprochene Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt wurde, lassen ein weitere Herabsetzung nicht zu.

 

Im Hinblick auf das nicht geringfügige Verschulden kommt eine Ermahnung ohnehin nicht in Betracht und eine Anwendung des § 20 VStG scheidet ebenfalls aus. Mit einem Strafausmaß von 100 Euro, wie beantragt kann ebenso nicht das Auslangen gefunden werden.

 

Die Berufungsbehörde vertritt die Ansicht, dass die festgesetzte Strafe als tat- und schuldangemessen und unter spezialpräventiven Aspekten als ausreichend angesehen werden kann, um künftiges Wohlverhalten zu erreichen und die Bw von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

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