Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161132/5/Br/Ps

Linz, 15.03.2006

VwSen-161132/5/Br/Ps Linz, am 15. März 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau G K, S, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 23. Jänner 2006, Zl. VerkR96-4736-2005-OJ, nach der am 15. März 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass in Bestätigung des Schuldspruches unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wegen Übertretungen nach § 9 Abs.7 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch im Ergebnis auf die unstrittig feststehende Parkörtlichkeit auf einer für Busse vorgesehenen Fläche, wobei der Verantwortung der Berufungswerberin unter Hinweis auf die Sichtbarkeit der Bodenmarkierungen nicht gefolgt wurde.

2. In der fristgerecht gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung verwies die Berufungswerberin im Ergebnis auf ihr schon bis dahin getätigtes Vorbringen hinsichtlich der mangelhaften Erkennbarkeit der Bodenmarkierungen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Dem Akt angeschlossen fanden sich neben der Anzeige auch vom Meldungsleger aufgenommene Fotos mit dessen Stellungnahme, sowie eine von der Berufungswerberin angefertigte Skizze, sowie die bezughabende Verordnung betreffend die fraglichen Bodenmarkierungen.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Anzeigeleger GI P zeugenschaftlich einvernommen. Ebenfalls wurde die Berufungswerberin als Beschuldigte gehört.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm aus dienstlichen Gründen entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

3.1. Da keine 2.000 € übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe, zwecks unmittelbarer Darstellung und entsprechender Würdigung des Berufungsvorbringens in Wahrung eines fairen Verfahrens iSd Art. 6 EMRK geboten.

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

4.1. Die Berufungswerberin bestritt abermals nicht, dass sie ihr Fahrzeug an der fraglichen Stelle zum Parken abstellte. Sie erklärte sich jedoch nicht schuldig, zumal sie die Bodenmarkierung nicht erkennen hätte können, weil damals die für Busse markierte Fläche vollständig durch andere Pkw verparkt war. Lediglich eine nur mehr für einen Pkw ausreichend große Lücke sei noch vorhanden gewesen. Dort parkte sie ihr Fahrzeug.

Die Berufungswerberin legte im Rahmen der Berufungsverhandlung darüber hinaus dar, dass sie im März 2005 erst kurze Zeit an ihrem Arbeitsplatz in Linz-Urfahr tätig war. Der Parkplatz sei ihr daher damals noch fremd gewesen. Durch die dort abgestellt vorgefundenen Fahrzeuge könne ihr daher das Abstellen in dieser einzigen "Parklücke", in welcher kein Bus mehr gepasst hätte, nicht als Verschulden zur Last fallen. Sie räumt jedoch auch ein, angesichts dieser Situation hinsichtlich Markierungen oder Verkehrszeichen nicht mehr Ausschau gehalten zu haben. Eine Schneelage bestand damals nicht.

Diese Verantwortung ist nachvollziehbar und es kann der Berufungswerberin darin gefolgt werden, dass ihr eine anders lautende Parkordnung nicht bewusst war. Sie belegte dies nachhaltig durch die Vorlage einer entsprechenden Handskizze, was einerseits die Glaubwürdigkeit ihrer Verantwortung zusätzlich stützt, andererseits zeigt sie dadurch den in Ihrer Person bestehenden - wenn auch nicht gänzlich entschuldbaren - Verbotsirrtum auf.

Der Meldungsleger bestätigt die damalige Situation, wonach tatsächlich der gesamte Busparkplatz von Pkw´s benützt war. Ebenfalls räumt der Meldungsleger die zu diesem Zeitpunkt bereits etwas verblassten Markierungen ein. Diesbezüglich wird auf die im August aufgenommenen Fotos verwiesen. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Markierungen bereits neu aufgetragen, aber die damals schon verblasst gewesene Markierung ist zum Teil noch erkennbar, wobei der Zeuge die Auffassung vertrat, dass diese im März 2005 für die Verkehrsteilnehmer noch hinreichend erkennbar gewesen ist. Insgesamt wurden am Vormittag des 22.3.2005 siebzehn Organmandate an dort abgestellten Fahrzeugen angebracht.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Rechtlich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die von der Erstbehörde in zutreffender Weise getätigte Subsumtion des Tatverhaltens unter § 9 Abs.7 StVO 1960 und die Strafnorm nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Wird die Aufstellung der Fahrzeuge zum Halten oder Parken durch Bodenmarkierungen geregelt, so haben die Lenker die Fahrzeuge dieser Regelung entsprechend aufzustellen. Hiebei sind nach Maßgabe des zur Verfügung stehenden Platzes mehrere einspurige Fahrzeuge in eine für mehrspurige Fahrzeuge bestimmte Fläche aufzustellen.

Der Lenker, der sein Fahrzeug von der so geschaffenen Ordnung abweichend aufstellt, handelt der Bodenmarkierung und damit dem § 9 Abs.7 StVO zuwider. Außerhalb des genannten Bereiches gelten hingegen, sofern nicht eine andere Verordnungsbestimmung kundgemacht ist, die gesetzlichen Regeln für das Halten und Parken von Fahrzeugen, also die gesetzlichen Verbote nach § 24 Abs.1 und Abs.3 StVO, im Übrigen § 23 Abs.1 und 2 StVO (VwGH 8.6.1993, 92/02/0263).

5.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen liegen hier bei objektiver Beurteilung des vorliegenden Beweisergebnisses und der subjektiv tatseitigen Würdigung des von der Berufungswerberin gesetzten Verhaltens vor. Die damals nicht ortskundige Berufungswerberin fand noch eine einzige Parklücke vor, in welche sie - ohne sich noch über allfällige Markierungen umzusehen - ihr Fahrzeug einparkte. Ein solches Verhalten hätte bei lebensnaher Betrachtung wohl auch jedem anderen Fahrzeuglenker unterlaufen können, weil es durchaus der Praxis entspricht sich in eine bereits augenscheinlich bestehende faktische Parkordnung "einzureihen", wenngleich das objektive Sorgfaltsgebot es erfordern würde sich zusätzlich auch noch über die herrschende Parkordnung zu überzeugen. Man kann vor diesem Hintergrund durchaus von einem Verbotsirrtum ausgehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld wohl (nur) dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Das Fehlverhalten anderer vermag wohl ein eigenes Fehlverhalten weder zu rechtfertigen noch gänzlich zu entschuldigen, jedoch kann ein von einer solchen "Ordnungsvorgabe" ausgehender Irrtum bei der Beurteilung der Schuldfrage nicht unbeachtet bleiben.

Es gilt als evident, dass ein solcher Regelverstoß auch jedem an sich durchaus sorgfältig agierenden Fahrzeuglenker genau so unterlaufen wäre. Es bestand daher in diesem Fall ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG. Der unabhängige Verwaltungssenat sieht sich daher veranlasst von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Der Begriff der Folgen der Übertretung im § 21 Abs.1 VStG ist wie jener der Folgen der Tat im insoweit vergleichbaren § 42 StGB weit zu verstehen. Er bezieht sich auf alle Auswirkungen der Tat in der sozialen Wirklichkeit (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 23 zu § 42).

Da wie oben festgestellt in dieser von der Berufungswerberin beanspruchten Fläche ein Bus ohnedies nicht mehr Platz gefunden hätte, waren ihrem Verhalten auch keine nachteiligen Tatfolgen zuzuordnen, sodass beide erforderlichen Voraussetzungen des § 21 VStG objektiv besehen vorliegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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