Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161151/8/Zo/Da

Linz, 15.05.2006

 

 

 

VwSen-161151/8/Zo/Da Linz, am 15. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn P M H, geb. , U, vom 11.1.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 20.12.2005, VerkR96-6071-2005, wegen mehrerer Übertretungen der GGBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.4.2006 zu Recht erkannt:

 

I. Hinsichtlich Punkt 1 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die verletzte Rechtsvorschrift des ADR wird auf Absatz 1.4.2.2.1 lit.f iVm Absatz 5.3.2.1.1 richtig gestellt.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 726 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt. Die Strafnorm wird auf § 27 Abs.1 Z1 GGBG, BGBl. I 1998/145 idF BGBl. I Nr. 86/02 richtig gestellt.

 

II. Hinsichtlich Punkt 2 wird der Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

III. Hinsichtlich Punkt 3 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen.

Die verletzte Rechtsvorschrift des ADR wird auf Abschnitt 8.1.5 lit.c iVm Absatz 1.4.2.2.1 lit.g richtig gestellt.

Hinsichtlich der verhängten Strafen wird die Geldstrafe mit 100 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe mit 12 Stunden bestätigt, die Strafnorm wird auf § 27 Abs.3 Z5 lit.b GGBG idgF richtig gestellt.

 

IV. Hinsichtlich Punkt 4 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Die verletzte Rechtsvorschrift des ADR wird auf Abschnitt 3.4.5 lit.c iVm Abschnitt 3.4.4 lit.c sublit. ii und Absatz 1.4.2.2.1 lit.c richtig gestellt.

Hinsichtlich der verhängten Strafen wird die Geldstrafe in Höhe von 20 Euro bestätigt, die Strafnorm wird auf § 27 Abs.3 Z5 lit.b GGBG idgF richtig gestellt.

 

V. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 84,06 Euro, die Kosten für das Berufungsverfahren betragen 24 Euro (das sind 20 % jener Geldstrafen, welche im Berufungsverfahren bestätigt wurden).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I., III. und IV.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG

zu V.: § 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. bis IV.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener Geschäftsführer, somit nach § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Fa. T GmbH, mit Sitz in G, B, in der Eigenschaft als Beförderer folgender gefährlicher Güter

6 Fässer aus Stahl (1A2), 2 x 200 kg und 4 x 200 kg, Bruttomasse: 1.340 kg, FARBE, UN 1263, Kl. 3, III ADR

3 Kunststoffflaschen à 500 ml, Bruttogewicht: 1,56 kg, ENTZÜNDBARER FLÜSSIGER STOFF, N.A.G., UN 1993, Kl. 3, III ADR

1 Kunststoffflasche zu 500 ml, Bruttogewicht: 0,52 kg, ÄTZENDER FLÜSSIGER STOFF, N.A.G., UN 1760, Kl. 8, III ADR

1 Kunststoffflasche zu 500 ml, Bruttogewicht: 0,52 kg, FARBE, UN 1263, Kl. 3, III ADR

zu verantworten, dass diese gefährlichen Güter mit dem von Herrn U P gelenkten Sattelkraftfahrzeug UU-, UU- am 23.5.2005 um 15.00 Uhr in Kematen am Innbach, A8 in Fahrtrichtung Wels bis auf Höhe Strkm. 24,900 befördert wurden, obwohl Sie sich im Rahmen des § 7 Abs.1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) nicht vergewissert haben, dass

 

  1. die Beförderungseinheit ordnungsgemäß gekennzeichnet war, weil keine orangefarbene Kennzeichnung ohne Zahl gemäß Kap. 5.3.2.1.1 ADR angebracht war
  2. der Lenker das erforderliche Begleitpapier ordnungsgemäß mitführt, zumal festgestellt wurde, dass die Bescheinigung über die Schulung des Fahrzeuglenkers nur bis 11.2.2005 gültig war
  3. folgende Ausstattungsgegenstände: Besen und Bindemittel - in der Beförderungseinheit mitgeführt werden, um die in den schriftlichen Weisungen nach Abschnitt 5.4.3 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen treffen zu können, weil diese fehlten
  4. die Ladung den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, zumal nach Kapitel 3.4.5. lit.c ADR die Versandstücke nicht mit den in Abschnitt 3.4.4 lit.c ADR aufgeführten Angaben - mit den UN-Nummern der Füllgüter, denen die Buchstaben "UN" vorangestellt werden, oder mit den Buchstaben "LQ" durch eine rautenförmige Fläche - gekennzeichnet waren.

 

Der Berufungswerber habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

  1. § 7 Abs.1 und Abs.2, § 13 Abs.1a Z6 iVm § 27 Abs.3 Z6 GGBG idF BGBl. I Nr. 118/2005 iVm Kap. 1.4.2.2 lit.f ADR und Kap. 5.3.2.1.1 ADR
  2. § 7 Abs.1 und Abs.2, § 13 Abs.1a Z2 iVm § 27 Abs.3 Z6 GGBG iVm Kap. 8.2.1 und Kap. 1.4.2.2.1 lit.b ADR
  3. § 7 Abs.1 und Abs.2, § 13 Abs.1a Z7 iVm § 27 Abs.3 Z6 iVm Kap. 8.1.5 lit.c ADR und Kap. 1.4.2.2.1 lit.c ADR
  4. § 7 Abs.1 und Abs.2, § 13 Abs.1a Z3 iVm § 27 Abs.3 Z6 GGBG iVm Kap. 3.4.5 lit.c ADR und Kap. 1.4.2.2.1 lit.c ADR.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber zu den Punkten 1 und 2 Geldstrafen von jeweils 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 30 Stunden), zu Punkt 3 eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) sowie zu Punkt 4 eine Geldstrafe von 20 Euro jeweils gemäß § 27 Abs.3 Z5 und 18 GGBG verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 162 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber darauf hinweist, dass die Fahrer von ihm bzw. seinem Fuhrparkleiter bei Dienstantritt und regelmäßig während des Arbeitsverhältnisses genauestens eingeschult werden, auch was bei der Beförderung gefährlicher Güter zu beachten und mitzuführen ist. Warum der Lenker im konkreten Fall dies nicht ausgeführt hat, entziehe sich seiner Kenntnis. Er habe den Fahrer nicht dazu beauftragt und er konnte dies auch nicht kontrollieren, weil die Gefahrgüter nicht am Firmenstandort geladen wurden.

 

Er habe keine Überprüfungsmöglichkeit gehabt und sei daher der Meinung, dass ihn an der Übertretung überhaupt kein Verschulden treffe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.4.2006, bei welcher der Verfahrensakt erörtert und der Berufungswerber gehört wurde. Die Erstinstanz hat ohne Angabe von Gründen an der Verhandlung nicht teilgenommen.

 

Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Herr U P lenkte zu der im Spruch angeführten Zeit das Sattelkraftfahrzeug UU-, UU. Auf diesem waren die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Gefahrgüter geladen, die T GmbH war Beförderer dieser Gefahrgüter. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens. Bei der Kontrolle auf der A8 bei km 24,900 wurde festgestellt,

dass die Beförderungseinheit nicht mit orangefarbenen Tafeln ohne Zahl gekennzeichnet war. Der Lenker führte keine gültige ADR-Bescheinigung mit, weil diese am 11.2.2005 abgelaufen und nicht verlängert war. Das Versandstück "LQ" war nicht mit einer rautenförmigen Fläche mit den Buchstaben "LQ" oder den UN-Nummern und den vorangestellten Buchstaben "UN" gekennzeichnet. Weiters wurden kein Bindemittel und kein Besen mitgeführt, obwohl diese Ausstattungsgegenstände in der schriftlichen Weisung vorgeschrieben waren.

 

Die gegenständlichen Gefahrgüter wurden bei der G LTD in Großbritannien als Sammelgut geladen, wobei als Absender auf einem Frachtbrief die S AG aufscheint. Nach den Angaben des Berufungswerbers verfügte der Fahrzeuglenker nur über sehr eingeschränkte Englischkenntnisse, ist jedoch auf Grund des Namens des Absenders (Chemical) sowie auf Grund der orangen Kennzeichnung der Versandstücke nicht sicher gewesen, ob allenfalls Gefahrgut geladen war.

 

Die Fahrer haben die Anweisung, bei Unklarheiten hinsichtlich der Ladung oder der Fahrzeiten den zuständigen Disponenten anzurufen. Herr P hatte deshalb den Berufungswerber angerufen und auf dessen Aufforderung den Frachtbrief per FAX übermittelt. Der Berufungswerber ist auf Grund der Angaben im Frachtbrief (PRINTING INK MATERIAL, NON HAZARDOUS) davon ausgegangen, dass eben beim gegenständlichen Transport keine Gefahrgüter befördert wurden. Er hat dem Fahrer deshalb den Auftrag gegeben, die Fahrt durchzuführen. Hätte er auf Grund des Frachtbriefes festgestellt, dass Gefahrgut befördert wurde, hätte er problemlos einen Fahrertausch organisieren können, weil am konkreten Tag mehrere Fahrer seines Unternehmens in England waren. Der zweite Frachtbrief, bei welchem als Absender die G LTD aufscheint und bezüglich der geladenen Güter auf Beilagen verwiesen wird, wurde vom Fahrer nicht mehr an den Berufungswerber gefaxt. Im Telefongespräch war von keinem weiteren Frachtbrief die Rede, weshalb der Berufungswerber sich diesbezüglich nicht weiter erkundigt hat.

 

Anzuführen ist, dass auf Grund der im Akt befindlichen Unterlagen (Beförderungspapier und schriftliche Weisung) offensichtlich ist, dass die in diesem zweiten Frachtbrief mit den "Beilagen" bezeichneten Güter Gefahrgüter waren.

 

Bezüglich der fehlenden Ausrüstungsgegenstände legte der Berufungswerber eine vom Fahrzeuglenker am 18.5.2005 unterzeichnete Fahrzeugliste vor, wonach u.a. das Fahrzeug mit einer kompletten ADR-Ausrüstung ausgestattet war. Diese Fahrzeuglisten werden bei der Übernahme des Fahrzeuges sowie einmal im Monat vom Fuhrparkleiter gemeinsam mit dem jeweiligen LKW-Lenker angefertigt, wobei einmal im Monat die Ausrüstung auf Vollständigkeit und Funktionalität überprüft wird. Der jeweilige Fahrer haftet dem Berufungswerber für die Ausrüstung. Nach den Angaben des Berufungswerbers wusste sicher auch der Fahrer, was unter einer "kompletten ADR-Ausrüstung" zu verstehen ist. Auch der Fuhrparkleiter war bei der Kontrolle dabei und haftet für die Vollständigkeit der Ausstattung.

 

Hinsichtlich der fehlenden Kennzeichnung des Versandstückes mit den "LQ-Gefahrgütern" führte der Berufungswerber aus, dass dieses eine Versandstück dem Fahrzeuglenker offenbar nicht aufgefallen ist, weil er ja davon ausgegangen ist, überhaupt kein Gefahrgut zu transportieren.

 

Im Betrieb gibt es einen Gefahrgutbeauftragten, welcher regelmäßig Schulungen der Gefahrgutlenker durchführt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 13 Abs.1a GGBG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautete auszugsweise wie folgt:

Der Beförderer hat im Rahmen des § 7 Abs.1

2. sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;

3. sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw.;

6. sich zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Plakat) und Kennzeichnungen angebracht sind, und

7. sich zu vergewissern, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt wird.

 

Dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeuges oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen. Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Z1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.

 

Gemäß Absatz 5.3.2.1.1 ADR müssen Beförderungseinheiten, in denen gefährliche Güter befördert werden, mit zwei rechteckigen, rückstrahlenden, senkrecht angebrachten orangefarbenen Tafeln nach Absatz 5.3.2.2.1 versehen sein. Sie sind vorne und hinten an der Beförderungseinheit senkrecht zu deren Längsachse anzubringen. Sie müssen deutlich sichtbar bleiben.

 

Abschnitt 8.2.1 ADR regelt die allgemeinen Vorschriften für die Ausbildung der Fahrzeuglenker. Darin ist vorgesehen, dass die Lenker von Gefahrgutfahrzeugen eine besondere Ausbildung absolvieren müssen und hinsichtlich dieser Ausbildung ein Gefahrgutausweis ausgestellt wird.

 

Gemäß Abschnitt 8.1.5 lit.c ADR muss jede Beförderungseinheit mit gefährlichen Gütern mit der erforderlichen persönlichen Schutzausrüstung ausgerüstet sein, um die in den schriftlichen Weisungen nach Abschnitt 5.4.3 genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen zu treffen.

 

Abschnitt 3.4.5 lit.c ADR lautet wie folgt:

Wenn im Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 7 für einen bestimmten Stoff einer der Codes LQ4 bis LQ19 und LQ22 bis LQ28 angegeben ist, gelten, sofern in diesem Kapitel nichts anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften der übrigen Kapitel des ADR nicht für die Beförderung dieses Stoffes, vorausgesetzt jedes Versandstück ist deutlich und dauerhaft mit den in Abschnitt 3.4.4 lit.c aufgeführten Angaben gekennzeichnet.

Dabei handelt es sich um die UN Nummer des Füllgutes, der die Buchstaben "UN" vorangestellt werden bzw. bei verschiedenen Gütern mit unterschiedlichen UN Nummern in ein und dem selben Versandstück mit den UN Nummern der Füllgüter, denen die Buchstaben UN vorangestellt werden oder mit den Buchstaben LQ.

 

5.2. Die gegenständliche Beförderungseinheit war nicht als Gefahrguttransport mit orangefarbenen Tafeln gekennzeichnet. Auch die in der schriftlichen Weisung angeführten Ausrüstungsgegenstände zur Durchführung zusätzlicher und/oder besonderer Maßnahmen, nämlich Besen und Sand oder anderes Absorbiermaterial, waren nicht vorhanden. Das Versandstück mit den "LQ" Gefahrgütern war nicht entsprechend gekennzeichnet. Diese Verwaltungsübertretungen hat der Berufungswerber als Vertreter des Beförderers in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Hinsichtlich der Gefahrgutausbildung ist anzuführen, dass der Gefahrgutausweis des Lenkers abgelaufen war. Die Ausbildung der Lenker von Gefahrguttransporten ist in Abschnitt 8.2.1 ADR geregelt. Unter anderem ist auch vorgesehen, dass bezüglich der Erst- oder Auffrischungsschulungen eine Bescheinigung, nämlich der ADR-Ausweis, ausgestellt wird. Dieser ADR-Ausweis stellt jedoch nicht ein Begleitpapier iSd Abschnitt 8.1.2 ADR dar. Derartige Begleitpapiere sind im Allgemeinen das Beförderungspapier und die schriftliche Weisung, gegebenenfalls auch das Container-Packzertifikat bzw. eine Kopie des wesentlichen Textes einer Sondervereinbarung. Der fehlende bzw. ungültige Gefahrgutausweis kann daher nicht zu den "vorgeschriebenen Unterlagen" in § 13 Abs.1a Z2 GGBG gezählt werden.

 

In der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage war neben dem Lenker selbst auch der Zulassungsbesitzer dafür verantwortlich, dass das Lenken eines Gefahrguttransportes nur Personen überlassen wird, die gem. § 14 besonders ausgebildet sind (siehe § 13 Abs.5 Z2 GGBG). Diese Verpflichtungen des Zulassungsbesitzers sind mit BGBl. I Nr. 118/2005 entfallen, es wurde jedoch in § 13 Abs.1a eine Ziffer 10 eingeführt, wonach nunmehr der Beförderer das Lenken eines Gefahrguttransportes nur Personen überlassen darf, die iSd § 14 besonders ausgebildet sind. Mit dieser Novelle des GGBG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass nunmehr der Beförderer dafür verantwortlich ist, dass die von ihm verwendeten Fahrzeuglenker eine entsprechende Gefahrgutausbildung absolviert haben. Würde man diese Verpflichtung bereits in § 13 Abs.1a Z2 GGBG erblicken, so wäre es nicht notwendig gewesen mit BGBl. I 118/2005 die Ziffer 10 in § 13 Abs.1a neu einzuführen. Zum Tatzeitpunkt war also nicht der Beförderer, sondern der Zulassungsbesitzer dafür verantwortlich, dass der Gefahrgutlenker über eine entsprechende Ausbildung verfügt. Der Berufungswerber ist zwar auch Zulassungsbesitzer des verwendeten Sattelkraftfahrzeuges, ein diesbezüglicher Tatvorwurf wurde ihm aber innerhalb der Verjährungsfrist nicht vorgehalten, sodass in diesem Punkt seiner Berufung stattzugeben war.

 

5.3. Der Berufungswerber hat ein Kontrollsystem geltend gemacht, welches nach seiner Ansicht sicherstellt, dass die Bestimmungen des GGBG eingehalten werden. Der Auftrag an die Fahrer, bei allen Unklarheiten mit ihm selbst Kontakt aufzunehmen, ist diesbezüglich eine grundsätzlich praktikable Möglichkeit. Sinnvoll ist diese Kontaktaufnahme aber nur dann, wenn der Fahrer den Berufungswerber vollständig informiert. Nur dann kann der Berufungswerber richtige Entscheidungen treffen und den Fahrer entsprechend anweisen. Nach den Angaben des Berufungswerbers war der Fahrer im Zweifel, ob allenfalls ein Gefahrguttransport vorliegt, weil eben Versandstücke eine entsprechende Kennzeichnung aufgewiesen haben. Dem Berufungswerber war auch bekannt, dass der Fahrer Sammelgut geladen hatte. Unter diesen Umständen konnte er sich nicht mit der Übersendung eines Frachtbriefes, auf welchem kein Gefahrgut aufscheint, zufrieden geben, sondern hätte konkret fragen müssen, ob nicht weitere Frachtbriefe vorliegen. Bei Sammelladungen ist es durchaus üblich, dass eine größere Anzahl von Frachtbriefen ausgestellt werden und es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass Versandstücke üblicherweise nur dann als Gefahrgut gekennzeichnet werden, wenn sie auch tatsächlich Gefahrgut beinhalten. All diese Umstände mussten auch dem Berufungswerber als Speditionsunternehmer bewusst sein, weshalb eben eine genauere Nachfrage hinsichtlich sämtlicher Transportdokumente erforderlich gewesen wäre. Dadurch, dass der Berufungswerber dies unterlassen hat, hat er es selbst zu verantworten, dass das von ihm grundsätzlich eingerichtete Kontrollsystem im konkreten Fall nicht funktioniert hat. Er hat daher fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der gegenständliche Vorfall ereignete sich am 23.5.2005. Zu diesem Zeitpunkt sah die Strafbestimmung des § 27 Abs.1 Z1 GGBG für jede einzelne Übertretung des GGBG durch den Beförderer eine Mindeststrafe von 726 Euro vor. Am 28.10.2005 ist BGBl. I Nr. 118/2005 in Kraft getreten, die entsprechende Strafbestimmung für den Beförderer lautet gemäß § 27 Abs.3 Z5 GGBG wie folgt:

Wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs.1a Z2, 3, 4, 6, 7, 9 oder 10 befördert, begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist

lit.a wenn gemäß § 15a in Gefahrenkategorie I einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 750 Euro bis 50.000 Euro oder

lit.b wenn gemäß § 15a in Gefahrenkategorie II einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 100 Euro bis 4.000 Euro oder

lit.c wenn gemäß § 15a in Gefahrenkategorie III einzustufen ist, mit einer Geldstrafe bis 70 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe zu bestrafen, die bei Geldstrafen gem. lit.a oder b bis zu 6 Wochen betragen kann.

 

Es ist daher im Sinne des Günstigkeitsprinzips des § 1 Abs.2 VStG zu prüfen, ob die alte oder die neue Rechtslage für den Berufungswerber günstiger ist. Diese Prüfung hat für jede Verwaltungsübertretung gesondert zu erfolgen, weil diese zwar in einem Straferkenntnis zusammengefasst sind, es sich aber um jeweils selbständige Verwaltungsübertretungen und insoweit um jeweils selbständige Teile des Spruchs handelt.

 

Die fehlende Kennzeichnung mit orangefarbenen Tafeln fällt in die Gefahrenkategorie I, sodass die Mindeststrafe nach der neuen Rechtslage 750 Euro, nach der alten Rechtslage aber nur 726 Euro beträgt. Es ist daher für diese Übertretung § 27 Abs.1 Z1 GGBG idF BGBl. I Nr. 86/02 heranzuziehen.

Die fehlenden Ausrüstungsgegenstände fallen im Allgemeinen in die Gefahrenkategorie II. Für derartige Delikte sieht § 27 Abs.3 Z5 lit.b GGBG in der derzeit geltenden Fassung eine Mindeststrafe von 100 Euro vor, weshalb diese günstigere Regelung anzuwenden ist.

Die fehlende "LQ-Kennzeichnung" fällt in die Gefahrenkategorie III, diesbezüglich ist eine gesetzliche Höchststrafe von 70 Euro vorgesehen, weshalb auch für diese Übertretung die neue Rechtslage anzuwenden ist.

 

Hinsichtlich der Punkte 1 und 3 wurde lediglich die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt, auch die Geldstrafe in Höhe von 20 Euro zu Punkt 4 erscheint keineswegs überhöht. Die fehlende Kennzeichnung eines Gefahrguttransportes bildet im Fall eines Verkehrsunfalles einen wesentlichen Gefahrenmoment für die Einsatzkräfte, weshalb entsprechend strenge Strafen erforderlich sind. Bei eventuell auftretenden geringen Undichtheiten führt das Fehlen von Bindemittel und Besen dazu, dass austretendes Gefahrgut möglicherweise nicht rechtzeitig gebunden und entsorgt werden kann. Auch für diese Übertretung ist daher eine spürbare Geldstrafe notwendig.

 

Der Berufungswerber wies zum Tatzeitpunkt zwei verkehrsrechtliche Vormerkungen auf, weshalb ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zu Gute kommt. Andererseits scheinen bei der Erstinstanz keine rechtskräftigen Vormerkungen wegen Übertretungen des GGBG auf, sodass auch keine Straferschwerungsgründe vorliegen. Unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber angegebenen persönlichen Verhältnisse (monatliches Nettoeinkommen 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten) erscheinen die Strafen notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten.

 

Zu V.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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