Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161197/2/Sch/Bb/Hu

Linz, 07.04.2006

VwSen-161197/2/Sch/Bb/Hu Linz, am 7. April 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn M H, geb. ..., M, K, vom 13. Februar 2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. Jänner 2006, Zl. VerkR96-10039-2005, wegen Übertretung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe für jedes nicht vorgelegte Schaublatt auf 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden pro nicht vorgelegtem Schaublatt herab- bzw. festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 42 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis wie folgt erlassen:

"Sie haben am 13. November 2005 gegen 22.55 Uhr im Gemeindegebiet von Kematen/I., auf der Innkreisautobahn A8 das Sattelzugfahrzeug ... mit dem Anhänger ..., dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt und im Güterbeförderungsverkehr eingesetzt war, in Fahrtrichtung Wels bis auf Höhe des Strkm 24,950 gelenkt und bei der Kontrolle auf der Kontrollstelle Kematen dem Kontrollbeamten auf Verlangen folgende Schaublätter nicht vorgelegt:

Schaublatt des letzten Lenktages der Vorwoche (Kalenderwoche 44)

Schaublatt der laufenden Woche von Montag, 7.11.2005

Schaublatt der laufenden Woche von Dienstag, 8.11.2005

Schaublatt der laufenden Woche von Mittwoch, 9.11.2005

Schaublatt der laufenden Woche von Donnerstag, 10.11.2005 bis 23:30

Schaublatt der laufenden Woche von Freitag, 11.11.2005 von 9:00 bis 24:00.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Art. 15 Abs.7 der Verordnung (EWG) 3821/85 idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

500 Euro

200 Stunden

§ 134 Abs.1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen: 50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550 Euro."

I.2. Gegen diesen Bescheid hat der Bw rechtzeitig die begründete Berufung vom 13. Februar 2006 eingebracht, in welcher der Rechtsmittelwerber als Berufungsgründe insbesondere geltend macht, dass die Schaublätter von der Firma H zur Kontrolle per Fax der Erstbehörde zugesandt worden seien und die Strafe für seine Verhältnisse als Familienvater zu hoch sei.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.2 ff VStG).

I.5. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung vom 23. November 2005 zu Grunde. Demnach wurde am 13. November 2005 um 22.55 Uhr das Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... (D), Anhänger mit dem Kennzeichen ... (D) in Kematen am Innbach, auf der Innkreisautobahn A8, Strkm 24,950, Richtung Wels gelenkt. Im Zuge einer besonderen technischen Verkehrskontrolle auf der Kontrollstelle Kematen sei festgestellt worden, dass der Lenker M H das Schaublatt des letzten Lenktages der Vorwoche (Kalenderwoche 44), das Schaublatt der laufenden Woche von Montag, 7.11.2005, das Schaublatt der laufenden Woche von Dienstag, 8.11.2005, das Schaublatt der laufenden Woche von Mittwoch, 9.11.2005, das Schaublatt der laufenden Woche von Donnerstag, 10.11.2005 bis 23:30 sowie das Schaublatt der laufenden Woche von Freitag, 11.11.2005 von 9:00 bis 24:00 dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegen konnte.

Der festgestellte Sachverhalt ist in objektiver Hinsicht erwiesen. Der Oö. Verwaltungssenat folgt insofern den schlüssigen Ausführungen des einschreitenden Beamten in der Anzeige vom 23.11.2005, GZ: A1/0000020856/01/2005, wonach der Lenker des angesprochenen Sattelkraftfahrzeuges, Herr M H, zum Vorfallszeitpunkt die angesprochenen Schaublätter auf Verlangen nicht vorweisen konnte, da er diese nicht mitgeführt hat. Grundsätzlich muss einem Polizeibeamten zugemutet werden, derartiges anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle festzustellen und verlässliche Angaben darüber machen zu können. Der Beamte hat die beim Vorfall gewonnenen Eindrücke in der Anzeige nachvollziehbar geschildert, sodass seine Angaben der Entscheidung zugrunde gelegt werden können.

Festzuhalten ist insbesondere die Tatsache, dass das Nichtvorlegen der in Rede stehenden Schaublätter zum Kontrollzeitpunkt vom Bw in keinem Stadium des Verfahrens bestritten wurde. Der Bw hat auch das Lenken des Kraftfahrzeuges in dem im Straferkenntnis der belangten Behörde normierten Zeitraum nicht in Abrede gestellt bzw. ist aus den vorgelegten Kopien ersichtlich, dass das gegenständliche Kfz in dieser Zeit vom Bw gelenkt wurde. Er hat somit die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen.

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Für den Berufungsfall ist folgende gesetzliche Bestimmung maßgeblich:

Gemäß Art. 15 Abs.7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 muss der Fahrer, wenn er ein Fahrzeug lenkt, das mit einem Kontrollgerät ausgerüstet ist, den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Schaublätter für die laufende Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, vorlegen können.

Der Bw bringt vor, dass, da die Firma H als Unternehmer am Wochenende die Fahrzeuge nach den Lieferscheinen durchsuche, irrtümlich die Schaublätter aus dem Fahrzeug genommen worden seien. Er könne als Lenker nichts dafür. Kopien der zum Anhaltezeitpunkt nicht vorgewiesenen Schaublätter seien mittlerweile per Fax an die belangte Behörde übersendet worden.

Zu diesem Vorbringen ist festzustellen, dass Normadressat der Bestimmung des Art. 15 Abs.7 VO (EWG) Nr. 3821/85 der Fahrzeuglenker ist und hat dieser dafür zu sorgen, dass er vor Fahrtantritt die entsprechenden Schaublätter erhält.

Mit dem Vorbringen - die Firma H als Unternehmer habe irrtümlich die Schaublätter aus dem Fahrzeug genommen - ist für den Bw nichts zu gewinnen. Auch mit der Übermittlung der Kopien der Schaublätter an die belangte Behörde im Rahmen des durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens kann der Bw keine Strafbefreiung erlangen.

Das Mitführen und Aushändigen der Original-Schaublätter ist zwingend vorgeschrieben und ist ein Nichtmitführen bzw. -aushändigen durch keine - in welcher Form auch immer geartete - Verantwortung zu rechtfertigen.

Informativ ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Verpflichtung zum Mitführen und Aushändigen der Schaublätter ausgesprochen hat, dass diesen Verpflichtungen selbst auch nicht dadurch entsprochen wäre, wenn Kopien der Originalschaublätter mitgeführt bzw. ausgehändigt würden (VwGH vom 23.02.2001, 99/02/0057).

Was das schuldhafte Verhalten des Bw anbelangt, so wird festgestellt, dass von einem fachlich ausgebildeten und zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeigneten Lenker im internationalen Kraftwagenverkehr erwartet werden muss, dass er mit den entsprechenden Vorschriften vertraut ist. Dies gilt auch für nicht österreichische Kraftwagenlenker, welche im Gebiet der Republik Österreich unterwegs sind. Erforderlichenfalls hat sich der betreffende Lenker vor der Einreise über die relevanten Vorschriften zu informieren, wobei im vorliegenden Falle darauf hingewiesen wird, dass es sich bei der übertretenen Norm letztlich um eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaften handelt, welche im gesamten EU-Gebiet Geltung hat.

Bei den einschlägigen Bestimmungen der Verordnungen 3820/85 bzw. 3821/85 handelt es sich zum einen um solche, die im Interesse des Straßenverkehrs gelegen sind. Ein Schaublatt bildet in unzähligen Situationen die einzige Möglichkeit, das Fahrverhalten zu rekonstruieren und stellt ein gerichtliches Beweismittel dar.

Der Bw als Kraftfahrer hat eine besonders verantwortungsvolle Rolle im Straßenverkehr und ist vorauszusetzen, dass er - in Kenntnis aller in Betracht kommenden Bestimmungen - diese genauestens einhält. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

I.7. Zur Strafbemessung:

Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so war zunächst zu berücksichtigen, dass sechs Verwaltungsübertretungen vorliegen.

Entgegen der Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis, es würde sich hiebei bloß um ein einziges Delikt handeln, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Auffassung, dass das Nichtmitführen jedes einzelnen Schaublattes eine eigenständige separat von der anderen zu ahnende Verwaltungsübertretung darstellt.

Die Bezirkshauptmannschaft hat in der Strafverfügung vom 5. Dezember 2005 die Nichtvorlage der einzelnen Schaublätter getrennt geahndet - und hätte dies auch im angefochtenen Straferkenntnis erfolgen müssen.

Des weiteren ist festzuhalten, dass der Unrechtsgehalt dieser Verwaltungsübertretungen nicht bloß geringfügig ist, zumal gerade unter Berücksichtigung der beinahe täglich passierenden Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Schwerfahrzeugen der Kontrolle über die Einhaltung der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten höchste Aufmerksamkeit zu schenken ist. Das Nichtvorliegen von Schaublättern verhindert jegliche Kontrolle an Ort und Stelle. Derartige Verwaltungsübertretungen dienen häufig dazu, Überschreitungen der Lenkzeit bzw. Unterschreitungen der Ruhezeit zu verschleiern. Im Hinblick auf die erheblichen Gefahren, welche von übermüdeten Lenkern von Schwerkraftfahrzeugen ausgeht, ist die Verhängung von spürbaren Geldstrafen sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich.

Die belangte Behörde ist im Rahmen der Strafbemessung mangels Angaben des Bw von einem durchschnittlichen Monatseinkommen von ca. 1500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

Dieser Annahme ist der Bw im Berufungsschriftsatz ohne nähere Angaben nur insofern entgegengetreten, als er vorgebracht hat, dass die festgesetzte Strafe für seine Verhältnisse als Familienvater zu hoch bemessen sei, weshalb die Berufungsbehörde davon auszugehen hatte, dass der Bw sorgepflichtig ist. Der Bw war zum Vorfallszeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, weshalb ihm dies als Strafmilderungsgrund zugute kommt und eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen auf das nunmehr festgelegte Ausmaß vertretbar ist. Eine weitere Herabsetzung war jedoch aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht möglich.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

S c h ö n

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