Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400494/4/WEI/Bk

Linz, 22.01.1998

VwSen-400494/4/WEI/Bk Linz, am 22. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des H, Staatsangehöriger Dem.Rep.Kongo, dzt P, vertreten durch V, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in der Zeit vom 12. November 1997 bis zur Zustellung dieser Entscheidung mangels Erlassung eines Schubhaftbescheides als rechtswidrig festgestellt.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß im Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 8.580,-- (darin enthalten S 180,-- Bundesstempel) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: §§ 72 Abs 1, 73 Abs 2 und 4 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl I Nr. 75/1997) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 474/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (Bf), ein vermutlicher Staatsangehöriger der Republik Zaire bzw. nunmehr der Demokratischen Republik Kongo, ist am 22. Mai 1997 mit dem Schnellzug über den Grenzübergang N versteckt in einem Unterflurkasten, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments zu sein, von Ungarn nach Österreich eingereist. Am gleichen Tag versuchte er gegen 15.30 Uhr mit demselben Schnellzug über den Grenzübergang Passau-Bahnhof in die BRD auszureisen. Anläßlich der Einreisekontrolle wurde er im Unterflurkasten entdeckt, festgenommen und zurückgewiesen. In weiterer Folge wurde er der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgeführt, die mit Bescheid vom 23. Mai 1997, Sich 41-393-1997, die Schubhaft zur Verfahrenssicherung verhängte, die dann im Polizeigefangenenhaus W vollzogen wurde. Dort befand sich der Bf in der Zeit vom 23. Mai 1997 (12.50 Uhr) bis 3. Juli 1997 (14.50 Uhr) in Schubhaft. Er wurde damals wegen Haftunfähigkeit infolge eines Hungerstreiks entlassen.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1997, Zl. Sich 41-393-1997-Hol, wurde gegen den Bf ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot im Grunde des § 18 Abs 1 und 2 Z 7 FrG (kein Besitz der Mittel für den Unterhalt) erlassen und die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen. Das Aufenthaltsverbot wurde mangels Berufung binnen 2 Wochen rechtskräftig.

Mit Bescheid vom 20. Juni 1997, Zl. 97 02.396-BAL, des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, wurde der Asylantrag vom 28. Mai 1997 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen und gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung der Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Oktober 1997, Zl. 4.352.113/1-III/13/97, rechtswirksam erlassen am 20. Oktober 1997, wurde die Berufung gegen den abweisenden Asylbescheid des Bundesasylamtes abgewiesen.

Mit Bescheid vom 30. Juni 1997, Zl. Sich 41-393-1997-Hol, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Bf in der Demokratischen Republik Kongo (früher Republik Zaire) gemäß § 37 Abs 1 oder Abs 2 FrG bedroht ist, seine Abschiebung somit zulässig wäre. Der Berufung gegen diesen Feststellungsbescheid wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16. September 1997, Zl. St 264/97, zugestellt am 23. September 1997, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

1.2. Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 4. November 1997, Zl. Fr-94.938, wurde gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Bf wurde am 4. November 1997 um 20.50 Uhr in L L angetroffen und nach Ausfolgung des Schubhaftbescheides von Organen der belangten Behörde festgenommen und in weiterer Folge ins Polizeigefangenenhaus L eingeliefert.

Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 5. November 1997 teilte die belangte Behörde dem Bf mit, daß er aufgrund des seit 3. Juni 1997 durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes festgenommen wurde. Im Hinblick auf ein bereits von der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom Honorargeneralkonsul der Republik Zaire bzw. der Dem.Rep.Kongo in Wien eingeholtes Heimreisezertifikat wurde dem Bf eröffnet, daß er in sein Heimatland abgeschoben werde. Der Bf wollte dies nicht zur Kenntnis nehmen, drohte mit Selbstmord und verweigerte die Unterschrift (vgl Niederschrift vom 5.11.1997).

1.3. Die belangte Behörde organisierte daraufhin für 11. November 1997 eine Abschiebung im Luftwege mit der S ab L über Zürich nach K, wobei wegen der befürchteten Widersetzung des Bf die Begleitung durch zwei Kriminalbeamte vorgesehen wurde. Am 11. November 1997 wurde der Bf um 08.00 Uhr mit dem Arrestantenwagen vom Polizeigefangenenhaus zum Flughafen L überstellt und an Bord gebracht. Mit Flug Nr. ab L um 10.10 Uhr an Zürich 11.15 Uhr, und dann mit Flug Nr. ab Zürich 12.15 Uhr an K 19.35 Uhr, ging die Reise weiter. Nach dem Bericht der Begleitbeamten vom 12. November 1997 kam es zunächst zu keinen nennenswerten Vorfällen. Erst kurz vor der Landung in Kinshasa hätte der Bf geäußert, daß er das Flugzeug unter keinen Umständen verlassen werde, weil er kein Staatsbürger der Dem.Rep.Kongo wäre und daher wieder nach Österreich zurückfliegen werde. Er konnte in weiterer Folge nur durch Androhung von Brachialgewalt zum Aussteigen bewegt werden. Den Grenzpolizisten händigte man das Heimreisezertifikat aus. Der Bf, der immer wieder dementierte ein Staatsangehöriger der Dem.Rep.Kongo zu sein, wurde dann dem Direktor der Einwanderungsbehörde in Kinshasa vorgeführt. Da die Begleitbeamten nicht benötigt wurden, stellten sie sich daraufhin der Abfertigung für den Rückflug SR 272, ab Kinshasa 21.15 Uhr an Zürich 06.10 Uhr am 12. November 1997. Mit dem Anschlußflug SR 8512 sollte es dann noch von Zürich (ab 08.40 Uhr) nach Linz (an 09.40 Uhr) gehen. Kurz vor dem Abflug erfuhren die Begleitbeamten vom Stationsmanager der S, daß dem Bf die Einreise in die Dem.Rep.Kongo nicht gestattet werde, weil das Heimreisezertifikat falsch wäre. Ein entsprechendes Schreiben der Einwanderungsbehörde in französischer Sprache mit dem Titel "PROCES-VERBAL DE REFOULEMENT Nï‚° " wurde ausgehändigt und ist aktenkundig. Der Stationsmanager erklärte den Begleitbeamten, daß es sich um eine endgültige Entscheidung handelte und eine weitere Diskussion nicht zielführend wäre. Der Bf wurde über Auftrag der Behörden in Kinshasa an Bord gebracht und konnte den Rückflug nach Zürich ohne Ticket antreten. Für den Weiterflug des Bf nach Linz veranlaßten die Begleitbeamten die Ausstellung eines Tickets. Von L wurde der Bf mit einem Dienstfahrzeug der Gendarmerie nach Linz gebracht und der belangten Behörde am 12. November 1997 um 10.30 Uhr vorgeführt. Der Journalbeamte veranlaßte daraufhin die Einlieferung ins Polizeigefangenenhaus.

1.4. Am 12. November 1997 wurde der Bf zu seiner Staatsangehörigkeit einvernommen. Dabei gab er an, daß er selbst nicht sicher sei. Er hätte zwar bis zum Tod seiner Mutter in Kinshasa gelebt, wäre aber kein Staatsbürger der Dem.Rep. Kongo, da er nicht französisch spreche. Nach dem Tod seiner Mutter hätte er in Uganda und Zaire bei Familien gelebt und gearbeitet, um verpflegt zu werden. Er wäre nie im Besitz eines Personaldokumentes gewesen. Sein noch vor seiner Geburt verstorbener Vater wäre nach Auskunft seiner Mutter Schwarzafrikaner mit britischer Staatsangehörigkeit gewesen, weshalb er glaube ebenfalls britischer Staatsbürger zu sein.

Am 14. November 1997 wurde dem Bf mitgeteilt, daß die Schubhaft mangels einer für die Einreise gültigen Bewilligung seines Heimatstaates bis zur Dauer von maximal 6 Monaten ausgedehnt werde. Der Bf verweigerte die Unterschrift mit der Begründung, daß er aus der Haft entlassen werden wollte.

Mit Schreiben vom 14. November 1997 teilte die belangte Behörde dem Honorargeneralkonsulat der Dem.Rep.Kongo in Wien mit, daß die Einwanderungsbehörde in Kinshasa dem Bf wegen Verwendung eines falschen Dokuments die Einreise verweigerte und übermittelte Ablichtungen des Heimreisezertifikates und des Abschiebungsprotokolls. Mit Schreiben vom 24. Dezember 1997 antwortete der Honorargeneralkonsul, daß aufgrund des Regierungswechsels und der Umbenennung von Zaire auf "Republique Democratique du Congo" das Anliegen der belangten Behörde nicht so rasch wie gewohnt erledigt werden könnte. Es hätte an die Botschaft nach Rom weitergeleitet werden müssen.

Mit Schreiben vom 8. Jänner 1998 berichtete die belangte Behörde der Botschaft der Demokratischen Republik Kongo in Bonn und ersuchte unter Vorlage von Lichtbildern, Fingerabdruckblatt und von Ablichtungen der sonstigen Urkunden um Mitteilung, ob der Bf Staatsangehöriger der Dem.Rep.Kongo ist und für diesen Fall auch um Ausstellung eines Heimreisezertifikates.

1.5. Am 16. Jänner 1998 brachte V, Schubhaftbetreuerin von S, unter Vorlage von Vollmachtsurkunden für den Bf eine Beschwerde "gemäß §§ 72 Abs. 1 und 73 Fremdengesetz" beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ein und beantragte die Anhaltung in Schubhaft seit 11. November 1997 für rechtswidrig zu erklären und den Bund zum Kostenersatz in Höhe von S 8.580,-- (inklusive S 180,-- Stempelgebühren) zu verpflichten.

2.1. Begründend wird zunächst angeführt, daß der Bf Staatsbürger der Dem.Rep.Kongo wäre und am 22. Mai 1997 nach Österreich eingereist wäre. In weiterer Folge wird der Sachverhalt in groben Zügen geschildert und behauptet, der Bf befände sich nach Rückkehr aus Kinshasa seit 11. November 1997 wieder in Schubhaft. Die Beschwerde rügt, daß anläßlich der neuerlichen Inschubhaftnahme nach der Rückkehr aus Kinshasa entgegen § 41 Abs 2 FrG 1992 kein Bescheid ausgefolgt wurde, weshalb die Anhaltung seit 11. November 1997 rechtswidrig sei.

Unter Berufung auf § 48 Abs 4 Z 3 FrG 1992 wird weiters vorgebracht, daß die zulässige Schubhaftfrist von vier Wochen schon abgelaufen wäre, da das Heimreisezertifikat schon vor dem 4. November 1997 bei der Behörde einlangte. Schon aus diesem Grund wäre die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig. Im übrigen könne das Ziel der Schubhaft iS § 48 Abs 2 FrG 1992 nicht mehr erreicht werden, weil die Einreisebehörde in Kinshasa die von der Botschaft in Wien ausgestellten Dokumente nicht anerkenne. Die Anhaltung in Schubhaft wäre auch deshalb rechtswidrig.

2.2. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und im Vorlageschreiben vom 16. Jänner 1998 ausgeführt, daß keine für die Einreise gültige Bewilligung vorläge. Aufgrund der zur Klärung der Sachlage von der belangten Behörde unternommenen Schritte könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, daß die Abschiebung innerhalb der zulässigen Höchstdauer der Schubhaft noch möglich ist. Angesichts der beabsichtigten Abschiebung bestehe Grund zur Annahme, daß sich der Bf außerhalb der Schubhaft dieser Maßnahme zu entziehen versucht. Es wird daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit 1. Jänner 1998 ist das Fremdengesetz 1997 zur Gänze in Kraft getreten (vgl § 111 Abs 1 FrG 1997). Das Fremdengesetz 1992 und das Aufenthaltsgesetz traten mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft (§ 111 Abs 3 FrG 1997).

Nach der Übergangsbestimmung des § 114 Abs 2 FrG 1997 gelten Schubhaftbescheide nach dem Fremdengesetz 1992 ab dem 1. Jänner 1998 als nach dem neuen Fremdengesetz 1997 erlassen. Die vor dem Jahreswechsel 1997/1998 begonnene und ohne Unterbrechung fortgesetzte Schubhaft darf insgesamt nicht länger aufrechterhalten werden, als es nach dem neuen Fremdengesetz zulässig ist. Aufrechte und nicht mehr mit Bescheidbeschwerde anfechtbare Aufenthaltsverbote nach dem Fremdengesetz 1992 gelten als nach dem Fremdengesetz 1997 erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer (vgl § 114 Abs 3 und 4 FrG 1997).

Im gegenständlichen Beschwerdefall hat die Anhaltung in Schubhaft bisher ununterbrochen vom 4. November 1997 bis über den 1. Jänner 1998 hinaus in den zeitlichen Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 hinein gedauert. Für die Prüfung der Schubhaft sind daher sowohl die alte als auch die neue Rechtslage bedeutsam. Die Bestimmungen über die Schubhaft nach den §§ 41 ff FrG 1992 entsprechen weitgehend jenen der §§ 61 ff FrG 1997. Auch die Bestimmungen über den besonderen Rechtsschutz betreffend die Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat nach den §§ 51 ff FrG 1992 sind mit den neuen Bestimmungen der §§ 72 ff FrG 1997 weitgehend identisch.

Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG 1992 (nunmehr § 72 Abs 1 FrG 1997) der unabhängige Verwaltungssenat von dem unter Berufung auf das Fremdengesetz Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG 1992 und § 73 Abs 4 FrG 1997).

Die formellen Voraussetzungen für die gegenständliche Schubhaftbeschwerde liegen vor. Sie ist zulässig und wie im folgenden noch darzulegen ist, auch teilweise begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG 1992 (bzw § 61 Abs 1 Satz 1 FrG 1997) können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern. Nach § 41 Abs 2 FrG 1992 (ebenso § 61 Abs 2 FrG 1997) ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen, der grundsätzlich nach § 57 AVG zu erlassen ist.

Die belangte Behörde hat am 4. November 1997 einen Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Die in weiterer Folge am 11. November 1997 versuchte Abschiebung nach Kinshasa/Dem.Rep.Kongo ist aber mißlungen. Mit Beginn der verfahrensfreien Maßnahme der Abschiebung zur Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes (vgl § 36 FrG 1992) wurde die Schubhaft zur Sicherung dieser Abschiebung logischerweise beendet. Der Grund für ihre Anordnung iSd § 48 Abs 2 FrG 1992 ist damit weggefallen. Gemäß § 49 Abs 1 Z 1 FrG 1992 war die Schubhaft formlos aufzuheben und galt der zugrundeliegende Bescheid gemäß § 49 Abs 2 FrG 1992 als widerrufen. Der Bf wurde auch tatsächlich aus der Schubhaft im Polizeigefangenenhaus entlassen und den beiden Kriminalbeamten zwecks Überstellung zum Flughafen L und Überwachung seiner Ausreise im Luftwege übergeben. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Abschiebung als eine auf den Endzweck, den Fremden zum Verlassen des Bundesgebietes zu veranlassen, gerichtete Einheit aufzufassen, die am tatsächlichen Aufenthaltsort des Fremden beginnt (vgl VwGH 23.9.1994, 94/02/0139). Die Abschiebung umfaßt sowohl die Überstellung zum Flughafen als auch die Abbeförderung per Flugzeug (vgl etwa VwGH 22.4.1994, 94/02/0009; VwGH 11.11.1993, 93/18/0456).

Somit liegt auf der Hand, daß am 11. November 1997 mit Übergabe des Bf zur Überstellung zum Flughafen L die Schubhaft beendet war und die zwangsweise Abschiebung (Überwachung der Ausreise des Fremden) begann. Mit formloser Aufhebung der Schubhaft galt auch der zugrundeliegende Bescheid als widerrufen, was die belangte Behörde aktenkundig hätte machen müssen (vgl § 49 Abs 2 FrG 1992 und nunmehr § 70 Abs 2 FrG 1997). Die neuerliche faktische Inschubhaftnahme am 12. November 1997 nach der Rückkehr von der mißlungenen Abschiebung war rechtswidrig, zumal die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen ist.

4.3. Die Schubhafbeschwerde rügt ferner eine Verletzung des § 48 Abs 4 Z 3 FrG 1992, weil danach die Schubhaft nur bis zum Ablauf der vierten Woche nach Einlangen der Bewilligung des anderen Staates hätte dauern dürfen und die Einreisebewilligung schon vor der Inschubhaftnahme am 4. November 1997 eingelangt wäre. Außerdem hätte das Ziel der Schubhaft (§ 48 Abs 2 FrG 1992) nicht mehr erreicht werden können, zumal die Einreisebehörde in Kinshasa das Heimreisezertifikat nicht anerkannte.

Der Bf wurde aus der ersten Schubhaft am 3. Juli 1997 um 14.50 Uhr aus dem Polizeigefangenenhaus Wels entlassen. Das Heimreisezertifikat des Honorargeneralkonsuls der Dem.Rep.Kongo in Wien datiert vom 11. September 1997 und langte bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 15. September 1997 ein. Damals war der Bf nicht in Haft. Erst am 4. November 1997 wurde er neuerlich in Schubhaft genommen. Zu diesem Termin lag das Heimreisezertifikat bereits vor. Allerdings organisierte die belangte Behörde die Abschiebung ohnehin bereits für den 11. November 1997. Von einer Überschreitung der Frist des § 48 Abs 4 FrG 1992 von vier Wochen konnte demnach keine Rede sein. Diese Frist bezieht sich entgegen der verfehlten Beschwerdeansicht nur auf einen Zeitraum, in dem sich der Bf tatsächlich in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung befindet. Nach dem gescheiterten Abschiebungsversuch konnte die belangte Behörde davon ausgehen, daß keine für die Einreise des Bf in die Dem.Rep.Kongo gültige Bewilligung vorliegt und daß auch die Staatsangehörigkeit des Bf noch einmal zu überprüfen ist. Damit kam es für die zulässige Dauer bzw Verlängerung der Schubhaft wieder auf die im § 48 Abs 4 FrG 1992 ( vgl nunmehr § 69 Abs 4 und 6 FrG 1997) vorgesehene Höchstfrist von insgesamt sechs Monaten an.

Die belangte Behörde hat zur Klärung der Sache sofort nach dem Scheitern der Abschiebung mit dem Honorargeneralkonsul in Wien Kontakt aufgenommen und mit Note vom 24. Dezember 1997 die Antwort erhalten, daß die Angelegenheit an die Botschaft in Rom weitergeleitet wurde. Außerdem hat sie sich unabhängig davon an die Botschaft der Dem.Rep.Kongo in Bonn gewendet, um ein Heimreisezertifikat zu bekommen. Nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens kann noch nicht ausgeschlossen werden, daß die Abschiebung noch innerhalb der Höchstdauer der Schubhaft möglich ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das Zuwarten auf die - allenfalls verzögerte - Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht rechtswidrig, solange die Fremdenbehörde mit einer positiven Erledigung rechnen kann (vgl VwGH 8.9.1995, 95/02/0178 und 95/02/0322; VwGH 9.6.1995, 95/02/0041). Von einer Aussichtslosigkeit der Bemühungen der belangten Behörde kann schon im Hinblick auf die noch ausständigen Reaktionen der Vertretungsbehörden der Dem.Rep.Kongo nicht ausgegangen werden (vgl dazu VwGH 2.8.1996, 96/02/0233 und VwGH 28.2.1997, 96/02/0217). Verzögerungen hat sich der Bf selbst zuzuschreiben, zumal er offenbar bis zur gescheiterten Abschiebung am 11. November 1997 keine ausreichenden Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit machte und erst anläßlich der versuchten Einreise am Flughafen von Kinshasa überraschend behauptete, er wäre nicht Staatsbürger von Zaire bzw der Dem.Rep.Kongo. Deshalb bedarf auch die Staatsangehörigkeit und damit die Identität des Bf noch einer weiteren Klärung.

4.4. Die Befürchtung der belangten Behörde, daß sich der Bf auf freiem Fuß der noch bevorstehenden Abschiebung zur Durchsetzung des nicht mehr anfechtbaren und daher weiterhin gültigen Aufenthaltsverbotes vom 2. Juni 1997 (vgl § 114 Abs 3 und 4 FrG 1997) entziehen wird, erscheint angesichts seines bisherigen Verhaltens naheliegend und hinreichend begründet. Der Bf wurde in der Zeit vom 23. Mai 1997 bis 3. Juli 1997 (also 1 Monat und 10 Tage) durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding angehalten und befindet sich nunmehr seit 4. November 1997 mit Unterbrechung am 11. November 1997 und neuerlicher Inschubhaftnahme am 12. November 1997 abermals in Schubhaft (rund 2 1/2 Monate). Die grundsätzlich auch nach der neuen Rechtslage maßgebliche Frist von sechs Monaten (vgl § 69 Abs 4 und 6 iVm § 114 Abs 2 Satz 2 FrG 1997) ist demnach insgesamt noch lange nicht abgelaufen. Die notwendige weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist daher noch zulässig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 13.039/1992; VfGH 18.12.1993, B 2091/92; VfGH 29.6.1995, B 83/95; ebenso VwGH 27.1.1995, 94/02/0363) wirkt die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über eine Schubhaftbeschwerde wie ein neuer Titelbescheid, der an die Stelle des erstbehördlichen Schubhaftbescheides tritt. Für den Fall der Feststellung, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, wird die weitere Anhaltung ab der Schubhaftentscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates selbst dann legitimiert, wenn die vorangegangene Anhaltung als rechtswidrig erkannt wurde (vgl VfGH 23.6.1994, B 2019/93 und VfGH 29.6.1995, B 83/95).

Im Ergebnis war daher die Anhaltung in Schubhaft seit 12. November 1997 bis zum Zeitpunkt der Zustellung dieser Entscheidung mangels Erlassung eines Schubhaftbescheides durch die belangte Behörde für rechtswidrig zu erklären. Im übrigen war die Beschwerde abzuweisen und auszusprechen, daß im Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 (iVm § 73 Abs 2 FrG 1997; vormals § 52 Abs 2 FrG 1992) hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Nach § 79a Abs 2 AVG ist der Beschwerdeführer obsiegende Partei und die belangte Behörde die unterlegene Partei, wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird. Nicht ausdrücklich geregelt wurden die Fälle, in denen die Beschwerde gegen einen Verwaltungsakt teilweise Erfolg hatte. Nach § 50 VwGG 1985 ist der Aufwandersatz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren so zu beurteilen, wie wenn der Bescheid zur Gänze aufgehoben worden wäre. Analog dazu wird man den § 79a Abs 2 AVG so zu verstehen haben, daß bereits die Entscheidung, wonach ein Verwaltungsakt nur teilweise rechtswidrig ist, als Rechtswidrigerklärung anzusehen ist, die die belangte Behörde zur unterlegenen Partei macht und den vollen Anspruch auf Aufwandersatz zur Folge hat.

Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis hatte der Bf daher Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Aufwendungen gegen den Bund, für den die belangte Behörde funktionell tätig geworden ist. Nach § 1 Z 1 der am 1. Jänner 1996 inkraftgetretenen Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers, BGBl Nr. 855/1995, beträgt der dem Bf als obsiegender Partei zustehende Schriftsatzaufwand S 8.400,--. Gemäß dem § 79a Abs 4 Z 1 AVG gelten offenbar im Gegensatz zu § 59 Abs 3 VwGG 1985 Stempelgebühren, für die der Bf aufzukommen hat, unabhängig von der tatsächlichen Entrichtung als ersatzfähige Aufwendungen. Deshalb war dem Bf die Eingabengebühr in Höhe von S 180,-- zuzusprechen, obwohl er sie bisher nicht entrichtet hat. Insgesamt waren daher dem Bf Aufwendungen in Höhe von S 8.580,-- zuzuerkennen.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Fall des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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