Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161213/7/Sch/Hu

Linz, 26.04.2006

 

 

 

VwSen-161213/7/Sch/Hu Linz, am 26. April 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau H H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L vom 24.2.2006, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.2.2006, S-39421/05 VP, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 21.4.2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils einen Tag herabgesetzt werden.
  2. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

     

  3. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 14 Euro.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.2.2006, S-39421/05 VP, wurde über Frau H H, S, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, L, L, wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) § 4 Abs.1a StVO 1960 und 2) § 4 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 100 Euro, 2) 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 50 Stunden, 2) 50 Stunden verhängt, weil

  1. sie es als Lenkerin dieses Kfz unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, ihr Fahrzeug sofort anzuhalten;
  2. sie als Lenkerin dieses Kfz an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt war und somit als Peron, deren Verhalten am Unfallsort mit diesem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt habe.

Tatort: Schablederweg Nr. 88, in Fahrtrichtung stadtauswärts, in Richtung Pöstlingberg.

Tatzeit: 22.11.2005, 14.00 Uhr

Fahrzeug: Pkw, Kz.: ...

 

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Detail erörtert.

 

Hiebei hat die zeugenschaftlich einvernommene Mag. C G im Wesentlichen Nachstehendes angegeben:

Sie sei zum Vorfallszeitpunkt in Linz, auf dem Schablederweg, nächst dem Hause Nr. 88, als Fußgängerin unterwegs gewesen. Hiebei habe sie einen Kinderwagen vor sich hergeschoben und sei sie in Begleitung eines angeleinten Hundes gewesen. Es habe sich in der Folge von hinten ein Pkw genähert und sei der Zeugin bewusst gewesen, dass sie nun ausweichen müsse, da aufgrund der beengten Fahrbahnverhältnisse das Fahrzeug nicht an ihr hätte vorbeifahren können. Sie sei daher bemüht gewesen, nach rechts in eine unmittelbar darauf folgende Garageneinfahrt einzubiegen. Aufgrund der Schneeverhältnisse bzw. einer auch beim Lokalaugenschein erkennbaren Niveauerhöhung dieser Garageneinfahrt gegenüber der Fahrbahn des Schablederweges hatte sie dabei insofern ein Problem, als es galt, diese Hindernisse zu überwinden. Sie habe daher sozusagen "Schwung geholt" und hätte sich dabei mit dem linken Bein etwas nach rückwärts bewegt, um für ihr Vorhaben eine bessere Position einzunehmen. In diesem Moment sei der Pkw - er wurde von einer Frau gelenkt, am Beifahrersitz befand sich ebenso eine Frau - im Bereich der Wade an ihrem linken Bein angestoßen. Sie habe den Anstoß verspürt, vorerst aber noch keine Schmerzen. Aufgrund dieses Fahrverhaltens der Lenkerin sei die Zeugin empört gewesen und hätte dieser Empörung auch verbal Luft gemacht. Die Lenkerin habe zwar angehalten, aber außer einem Gestikulieren überhaupt keine Reaktion gezeigt. Insbesondere sei es zu keinem Gespräch gekommen. Weder sei die Lenkerin ausgestiegen noch habe sie eine Seitenscheibe etwas herunter gekurbelt, um verbal Kontakt aufzunehmen. Nach kurzer Zeit sei die Lenkerin weitergefahren. Die Zeugin hätte sich das Kennzeichen gemerkt. In der Folge hätte sie auf dem Heimweg Schmerzen am erwähnten Bein verspürt und zu Hause festgestellt, dass sie bei dem Anstoß einen blauen Fleck im Durchmesser von etwa 5 cm davongetragen habe.

 

Hierauf habe sie die Angelegenheit zur Anzeige gebracht und sei der Unfall dann polizeilich aufgenommen worden.

 

Dem gegenüber gibt die Berufungswerberin an, sie sei keinesfalls am Bein der Zeugin angefahren. Die Berufungswerberin brachte sinngemäß zum Ausdruck, dass diesfalls eine Beschädigung an ihrem Fahrzeug erkennbar gewesen sein müsse, was nicht der Fall gewesen sei. Überdies vermutete sie, die Zeugin wolle sich, gemeint wohl finanziell, bei dem Vorgang "etwas herausholen".

 

Die Zeugin G hat bei ihrer Einvernahme einen sachlichen und glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Ihre Angaben sind zudem schlüssig. Wenn die Berufungswerberin in letzterem Zusammenhang besonders hervorhebt, dass der Anstoß, sollte er überhaupt erfolgt sein, aufgrund der Geschehnisabläufe keinesfalls an der von der Zeugin demonstrierten Stelle, also an der Außenseite der linken Wade, gelegen gewesen sein könne, so ist ihr entgegen zu halten, dass aus dieser scheinbaren oder tatsächlichen Widersprüchlichkeit für sie nichts zu gewinnen ist. Die Berufungsbehörde hält es für durchaus nachvollziehbar, dass die von der Zeugin beim Lokalaugenschein demonstrierte Position ihres linken Beines auch eine geringfügig andere gewesen sein konnte, etwa dass sie ihr Bein weiter nach links gedreht hatte. Schon eine solche geringfügige Änderung der Stellung des Beines lässt zwangslos die Anstoßstelle erklären. Zudem würde man das Erinnerungsvermögen eines Zeugen überstrapazieren, wollte man von ihm etwa fünf Monate nach einem Unfall die zentimeter- und winkelgradig genaue Stellung eines ihrer Beine erfahren, die dieses einige Sekunden lang eingenommen hatte.

 

Ohne Zweifel hat die Zeugin nach dem Anstoß verbal reagiert, wenngleich nicht von einer Verletzung die Rede war. Die Berufungswerberin hätte jedenfalls das Verhalten der Zeugin zum Anlass nehmen müssen, sich angesichts des vorausgegangenen knappen Fahrmanövers zu erkundigen, ob allenfalls eine Berührung stattgefunden hätte. Wenn die Berufungswerberin tatsächlich, wie behauptet, aus Angst vor dem die Zeugin begleitenden Hund eine Kontaktaufnahme vermieden hat, so ist ihr entgegen zu halten, dass es hiezu lediglich einer geringen Öffnung des Fahrzeugfensters seitlich bedurft hätte und schon wäre ein Gespräch möglich gewesen. Diesfalls hätte der Hund absolut keine Gefahr darstellen können. Nach Ansicht der Berufungsbehörde rechtfertigt ein solches Vorbringen aber ohnedies das Verhalten der Berufungswerberin nicht. Wenn sie schon keinen Kontakt mit der Zeugin - aus welchen Gründen auch immer - herbeiführen wollte, dann wäre sie jedenfalls verpflichtet gewesen, gleich eine Unfallmeldung zu erstatten. Hinreichende Gründe, dass sich ein Unfall ereignet haben konnte, mussten ihr bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein kommen. Die Vermutung der Berufungswerberin, die Zeugin hätte sich mit einer behaupteten Verletzung einen finanziellen Vorteil verschaffen wollen, ist rechtlich ohne Relevanz. Die Zeugin hat bei der Verhandlung zudem - wenngleich außerhalb des Protokolls - angegeben, keinerlei Ersatzforderungen aus dem Vorfall gestellt zu haben.

 

Das Nichtvorliegen einer Beschädigung des Pkws der Berufungswerberin - die Anstoßstelle war im vorderen Stoßstangenbereich - spricht entgegen der etwas befremdlichen Ansicht der Berufungswerberin leicht nachvollziehbar keinesfalls gegen die erfolgte Berührung.

 

Die Verletzung selbst ist durch die Angaben der Zeugin und einen ärztlichen Befund hinreichend erwiesen. Bei den Verpflichtungen gemäß § 4 StVO 1960 geht es bekanntlich nicht darum, dass die Verletzung, deren Ausmaß, das Verschulden daran etc. sogleich augenscheinlich und ohne Zweifel feststehen. Bekanntlich sind solche Details oftmals erst im Nachhinein in aufwendigen Verfahren zu klären. Vor Ort geht es nur darum, die gehörige Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, um ausschließen zu können, dass ein Verkehrsunfall mit Personen- oder Sachschaden stattgefunden hat; diesbezüglich sind von einem Fahrzeuglenker die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, insbesondere eben mit einem potentiellen Unfallbeteiligten in Kontakt zu treten.

 

Der Berufung konnte sohin dem Grunde nach kein Erfolg beschieden sein.

 

Zur Strafhöhe ist zu bemerken:

Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils 100 Euro wären an sich nicht als überhöht anzusehen, im konkreten Fall muss der Berufungswerberin aber zugute gehalten werden, dass die Verletzung der Zeugin für sie nicht von vornherein erkennbar war. Auch hat die Zeugin bei ihren Unmutsäußerungen keine konkreten Angaben in diese Richtung gemacht. Zudem soll der Berufungswerberin nicht unterstellt werden, dass es ihr bewusst darum ging, einen Verkehrsunfall mit Personenschaden zu verschleiern, möglicherweise wollte sie nur dem nachfolgenden Prozedere im Zusammenhang mit einem solchen Vorgang aus dem Weg gehen. Wenngleich ihr formell der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute kommt, kann faktisch hievon ausgegangen werden, zumal eine Vormerkung wegen eines angesichts der relativ geringen Verwaltungsstrafhöhe offenkundig unbedeutenden Geschwindigkeitsdeliktes nicht wirklich Einfluss auf die Strafbemessung für Übertretungen des § 4 StVO 1960 haben kann.

Diese Erwägungen haben zur Herabsetzung der Geldstrafen geführt.

 

Ausgehend von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen der Berufungswerberin muss ihr zugemutet werden, die verhängten Verwaltungsstrafen zu begleichen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

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