Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161220/6/Br/Ps

Linz, 31.03.2006

VwSen-161220/6/Br/Ps Linz, am 31. März 2006

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F K, geb., B, H, vertreten durch RA Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 30. Jänner 2006, Zl. VerkR96-8343-1-2005, nach der am 31.3.2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wegen der Übertretungen nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 350 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 144 Stunden verhängt, weil er als die vom Zulassungsbesitzer des LKW´s mit dem Kennzeichen, der Firma P H GmbH, N, G, zur Lenkerauskunft namhaft gemachte Auskunftsperson nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung (Schreiben vom 3.5.2005) bis 27.5.2005 keine Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug (LKW mit Anhänger, Kz.) am 19.4.2005 um 08.30 Uhr gelenkt habe.

1.1. In der Begründung geht die Behörde erster Instanz wohl von einer im Zuge einer Anhaltung festgestellten Überschreitung zulässiger Höchstgewichte aus. Anlässlich der Lenkeranfrage beim Zulassungsbesitzer sei der Berufungswerber als die Person bezeichnet worden, welche den Lenker benennen könne. Der folglich an ihn gestellten Anfrage sei letztlich nicht entsprochen worden.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen und über elf Seiten erstatteten Berufungsausführung bringt der Berufungswerber verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsvorschrift des § 103 Abs.2 KFG vor.

Auf den hier spezifischen Fall bezogen verweist er auf den Umstand der erfolgten Anhaltung und der sich alleine schon daraus verfehlten Anfrage nach dem Lenker. Dieser habe sich im Zuge der Anhaltung und Amtshandlung gegenüber dem Meldungsleger mit dem Führerschein legitimiert, weshalb eine darauf bezogene Lenkeranfrage der rechtlichen Grundlage entbehrte. Dies mit dem Hinweis, das Institut der Lenkerauskunft nicht auf einen bloßen Selbstzweck reduziert zu sehen. Sollte der Berufungswerber trotzdem von der Erfüllung des Tatbildes iSd § 103 Abs.2 KFG ausgehen, würde ihn angesichts der Feststellung seiner Person als Lenker bereits im Zuge der Anhaltung an der unterbliebenen Auskunft kein Verschulden treffen.

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung schien hier zwecks unmittelbarer Abklärung des Verlaufes der Amtshandlung vor Ort geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des vorgelegten Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers.

Der Berufungswerber nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht persönlich teil.

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

4.1. Laut Anzeige wurde der Lenker des den Anfragegrund bildenden Lastkraftwagenzuges am 19.4.2005 um 08.30 Uhr auf der B1 Strkm 271.00, beim Parkplatz "Rathberg" angehalten, wobei in der Folge eine Überladung von insgesamt 9.500 kg festgestellt wurde.

Seitens des Meldungslegers wurde in der sich leider sehr unübersichtlich gestaltenden - und dadurch immer wieder ursächlich als Quelle für Verfahrensmängel - sogenannten Gendisanzeige offenbar die namentliche Erfassung des Lenkers vergessen. Ein zweifelsfreier Anhaltspunkt für die Lenkererfassung ergab sich unschwer erkennbar jedoch bereits aus dem klar umschriebenen Verlauf der Amtshandlung.

Der Meldungsleger bestätigte im Rahmen der Berufungsverhandlung sein Versehen. Er legte seine detaillierten Handaufzeichnungen vor. Darin finden sich u.a. Führerscheindaten des Berufungswerbers.

Er vermeinte sinngemäß die Behörde erster Instanz hätte ihn doch bloß anrufen müssen, um den Lenker in Erfahrung zu bringen. Warum aber die Behörde erster Instanz - welche bereits wider den Verantwortlichen des Zulassungsbesitzers eine Strafe wegen dieser Überladung verhängte - den offenkundig evidenten Lenker über den Umweg des aufwändigen Verfahrens nach § 103 Abs.2 KFG "auszuforschen" versuchte, bleibt ebenso unerfindlich wie die Fällung des nunmehr zu beurteilenden Schuldspruches. Dies verkehrt doch geradezu den Sinn der Lenkerauskunft indem die Nichtbekanntgabe einer an sich bereits amtswegig bekannten Tatsache am Ziel des § 103 Abs.2 KFG und dem Gebot zu einer ökonomischen Verwaltungsführung klar zuwider läuft. Darüber hinaus wäre wohl primär der auskunftspflichtige Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs.2 KFG zu ahnden gewesen, weil es offenkundig verfehlt ist, gleichsam willkürlich zu behaupten der Lenker könne über den Lenker Auskunft erteilen. Es wäre verfehlt, es gleichsam dem ungeprüften Ermessen des Zulassungsbesitzers anheim stellen zu wollen "wem dieser die Verantwortung nach § 103 Abs.2 KFG zuschiebt", um dadurch gleichsam jede beliebige Person zum "Objekt der Bestrafung" werden zu lassen.

Eine solche Konsequenz würde wohl dem Grundsatz "keine Strafe ohne Schuld" entgegen stehen.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 98/02/0256, ausgesprochen, dass der § 103 Abs.2 KFG dem vom Zulassungsbesitzer benannten Auskunftspflichtigen nicht die Möglichkeit eröffnet, seinerseits wieder einen weiteren Auskunftspflichtigen anzugeben. Dies ändert jedoch nichts am grundsätzlichen Regime des § 103 Abs.2 KFG 1967, dass primär der Auskunftspflichtige als Normadressat entweder unmittelbar den tatsächlichen Lenker oder denjenigen zu benennen hat, welcher der Behörde den Lenker tatsächlich bekannt geben kann (VwGH 14.7.2000, 2000/02/0065); diese Judikatur darf wohl nicht so verstanden werden, dass immer der in der Kette Letztgenannte die Folgen einer an sich schon im Vorfeld tatsachenwidrige Angabe des Zulassungsbesitzers letztendlich auch dann zu tragen hätte, wenn dieser oder der für ihn Verantwortliche iSd § 9 VStG diese Angabe tatsachenwidrig macht.

Dies war hier offenkundig der Fall, weil wer sonst als der Frächter bzw. dessen Repräsentant sollte wissen, wem ein Lastkraftfahrzeug zum Lenken zugeteilt ist. Wenn dieser hier den Fahrer als auskunftsfähige Person benannte, mag es allenfalls zutreffen, dass im entsprechenden Formular bloß die falsche Rubrik beschrieben wurde, d.h. offenbar der Berufungswerber ohnedies als Lenker benannt werden wollte.

Es kann somit dahingestellt bleiben, ob im gegenständlichen Fall die Behörde überhaupt berechtigt war eine solche Anfrage zu stellen, zumal der anfragenden Behörde der Lenker alleine schon aus der Anzeige zweifelsfrei evident gewesen sein müsste bzw. der diesbezügliche Fehler des Meldungslegers wohl durch eine bloße Rückfrage aufgeklärt werden hätte können. Anstatt dessen hat die Behörde erster Instanz eine aufwändige Anfragenkette in Gang gesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Erkenntnis vom 30. Juni 1993, Zl. 93/02/0109) zum Ausdruck gebracht, dass der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde liegt den verantwortlichen Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit und ohne langwierige Erhebungen sicherzustellen (Hinweis auf VwGH 29.4.2003, 2002/02/0203).

Schon mit Blick darauf, ist der Berufungswerber mit seinem Vorbringen im Recht, wenn er sich angesichts seiner ursprünglichen Identifizierung als Lenker nicht als die zur Auskunftserteilung verpflichtete Person erblickte bzw. er die Anfrage als unzulässig erachtet.

Auf den weiteren Einwand des fehlenden Verschuldens braucht daher nicht mehr weiter eingegangen werden, wenngleich es nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Nichtbeantwortung einer notorisch bekannten Tatsache an sich wohl kaum geeignet sein kann in ein schuldhaftes Verhalten verkehrt zu werden.

Der Berufungswerber ist daher schon mit seinem Hinweis auf seine "Beamtshandlung" als Lenker im Recht, sodass in diesem Fall die umfassend ausgeführten verfassungsrechtlichen Bedenken zur Auskunftspflicht des § 103 Abs.2 KFG an sich dahingestellt bleiben können.

Der Schuldspruch war demnach gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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