Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161236/6/Sch/Hu

Linz, 24.07.2006

 

 

 

VwSen-161236/6/Sch/Hu Linz, am 24. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn S H, vertreten durch A, F & U Rechtsanwaltspartnerschaft, vom 21.2.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 25.1.2006, VerkR96-5203-2005, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 20.7.2006 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Im Übrigen (Faktum 1.) wird die Berufung abgewiesen.

 

II. Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde (Faktum 2.) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Bezüglich Faktum 1. hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren von 20 Euro (20 % der diesbezüglichen Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 25.1.2006, VerkR96-5203-2005, wurde über Herrn S H, H, N, vertreten durch A, F & U Rechtsanwaltspartnerschaft, G, R, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 20 Abs.2, 1. Fall StVO und 2) § 102 Abs.6 KFG Geldstrafen von 1) 100 Euro, 2) 36 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 72 Stunden und 2) 12 Stunden, verhängt, weil er 1) am 04.07.2005, um 21.20 Uhr im Stadtgebiet Schärding, Linzerstraße zwischen den Häusern Nr. 12 und 58 (Dr. Kesztele bis Jet-Tankstelle) mit dem Pkw, Kennzeichen ..., die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen (knapp über 70 km/h gefahren). 2) Er habe am 04.07.2005 um ca. 21.22 - 21.29 Uhr den Pkw, Kennzeichen ..., im Stadtgebiet Schärding, Linzerstraße Höhe Jet-Tankstelle, Haus Nr. 58, nicht vor unbefugter Inbetriebnahme durch Dritte abgesichert, zumal er sich vom unversperrten Fahrzeug mit angestecktem Zündschlüssel und laufendem Motor entfernte.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 13,60 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Faktum 2.):

Gemäß § 102 Abs.6 KFG hat der Lenker den Fahrzeugmotor, sofern mit diesem nicht auch andere Maschinen betrieben werden, abzustellen und dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann, wenn er sich so weit oder so lange von seinem Kraftfahrzeug entfernt, dass er es nicht mehr überwachen kann.

 

Diese Bestimmung verbietet also nicht schlechthin jedes Entfernen vom Kraftfahrzeug in zeitlicher oder örtlicher Hinsicht, ohne den Fahrzeugmotor abzustellen und das Fahrzeug entsprechend gegen unbefugte Inbetriebnahme zu sichern. Vielmehr stellt das Gesetz darauf ab, dass sich der Lenker so weit oder so lange von seinem Kraftfahrzeug entfernt, dass er es nicht mehr überwachen kann. Dieses Tatbestandsmerkmal muss sich daher im Spruch jedes Strafbescheides finden. Gegenständlich ist aber weder in der ursprünglich ergangenen Strafverfügung noch im angefochtenen Straferkenntnis hievon die Rede.

 

Einer Spruchergänzung durch die Berufungsbehörde stand die Bestimmung des § 31 Abs.2 VStG entgegen. Damit hatte der Berufung in diesem Punkt Erfolg beschieden zu sein, ohne den entsprechenden Sachverhalt einer weitergehenden Würdigung zu unterziehen. Lediglich der Vollständigkeit halber sei allerdings angemerkt, dass im gegenständlichen Fall der Berufungswerber wohl nicht in der Lage gewesen wäre, eine unbefugte Inbetriebnahme seines Fahrzeuges zu verhindern, da er dazu erst einen Tankstellen-Shop durch eine automatische Schiebetüre hätte verlassen müssen.

 

Zur dem Berufungswerber zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung (Faktum 1.) ist zu bemerken, dass hier der Nachweis der Übertretung hinreichend erbracht ist. Der anlässlich der Berufungsverhandlung einvernommene Meldungsleger hat glaubwürdig und schlüssig angegeben, die Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahrt in gleich bleibendem Abstand über eine Strecke von etwa 100 m hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers festgestellt zu haben. Am Tacho des Dienstfahrzeuges wurde eine Fahrgeschwindigkeit von 85 km/h abgelesen, letztlich ist die Erstbehörde von einer Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h (bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h) ausgegangen. Hiebei wurden also sehr beträchtliche Toleranzen in Abzug gebracht, sodass das Ausmaß dieser Übertretung nicht mehr in Frage gestellt werden kann.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der zum einen ausgesprochen hat, dass es für Geschwindigkeitsfeststellungen durch Nachfahrt keines geeichten Tachometers im verwendeten Dienstfahrzeug bedarf (VwGH 28.3.1990, 89/03/0261). Zum anderen hat der Gerichtshof judiziert, dass eine Beobachtungsstrecke von ca. 100 m ausreicht (VwGH 29.8.1990, 90/02/0026).

 

Die Schilderungen des Meldungslegers konnten anlässlich des von der Berufungsbehörde durchgeführten Lokalaugenscheines ohne weiteres nachvollzogen werden. Die vorliegende Beobachtungsstrecke stellt eine Verkehrsfläche dar, bei der die dem Berufungswerber zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit ohne weiteres erreicht werden kann. Auch das scheinbar im Widerspruch dazu stehende abrupte Abbiegemanöver auf eine Tankstellenfläche konnte bei der Verhandlung nachvollzogen werden. Demnach war es dem Berufungswerber mangels auf der Tankstellenfläche befindlicher Fahrzeuge möglich, trotz der relativ hohen Fahrgeschwindigkeit einzubiegen und sogleich zwischen den Tanksäulen vor den Tankstellen-Shop zu fahren. Er brauchte dazu nicht etwa eine Fahrtrichtungsänderung um 90° durchzuführen, vielmehr konnte er in einem viel geringeren Winkel auf das Tankstellenareal zufahren. Dieses Fahrmanöver, laut Meldungsleger in etwa mit der gleichen Fahrgeschwindigkeit wie vorher durchgeführt, erschüttert also die Schlüssigkeit seiner Angaben nicht.

 

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von 100 Euro für eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet um 20 km/h könnte angesichts des Strafrahmens von 726 Euro allenfalls bei einem unbescholtenen Fahrzeuglenker einer Reduzierung zugeführt werden, beim Berufungswerber mussten aber zwei einschlägige Vormerkungen aus dem Jahre 2002 als erschwerend gewertet werden. Damit erscheint diese Strafhöhe geboten, um den Rechtsmittelwerber in der Zukunft doch noch dazu zu bewegen, die erlaubten Fahrgeschwindigkeiten einzuhalten.

 

Den von der Erstbehörde im Schätzungswege angenommenen persönlichen Verhältnissen, insbesondere dem monatlichen Mindesteinkommen von 1.000 Euro, wurde seitens des Berufungswerbers nicht entgegen getreten, sodass diese auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Es kann daher erwartet werden, dass der Berufungswerber zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne weiteres in der Lage sein wird.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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