Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161247/2/Zo/Jo

Linz, 25.04.2006

 

 

 

VwSen-161247/2/Zo/Jo Linz, am 25. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R G, geb. , vertreten durch N Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, T, vom 15.03.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 06.03.2006, Zl. VerkR96-6777-2005, wegen einer Übertretung des KFG zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge: "im Gemeindegebiet Bad Schallerbach, Oberösterreich, auf der L1231 in Fahrtrichtung B134 auf Höhe von Strkm. 0,605" zu entfallen hat.
  2. Die Strafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 wird in der Fassung BGBl. I Nr. 175/2004 angewendet.

     

  3. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 5,80 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen legte dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes zur Last:

Sie haben als Zulassungsbesitzer des nachgenannten Kraftfahrzeuges trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, VerkR96-6777-2005, vom 04.08.2005, zugestellt am 12.08.2005, innerhalb zwei Wochen ab Zustellung der Behörde keine Auskunft darüber erteilt, wer am 10.06.2005 um 09:16 Uhr im Gemeindegebiet Bad Schallerbach, Oberösterreich, auf der Straße L1231 in Fahrtrichtung Straße B 134 auf Höhe von Strkm. 0,605 das Kraftfahrzeug, Motorrad Honda, mit dem Kennzeichen (D) gelenkt hat.

Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 2,90 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber den Tatvorwurf bestreitet. Er bringt vor, dass die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 nachhaltig gegen das deutsche Rechtsverständnis verstößt. Demnach darf einem Betroffenen sein Schweigen nicht zum Nachteil ausgelegt werden. Er habe als Deutscher von diesem Schweigerecht Gebrauch gemacht, was nicht zu seinem Nachteil gereichen dürfe. Im Übrigen würden derartige Bestrafungen im Rechtshilfeweg durch die deutschen Behörden nicht vollstreckt. Das Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht zu Gunsten von Angehörigen und zum Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung sei ein verfassungsrechtlich gebotenes wesentliches Element der deutschen Rechtsordnung.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich der zur Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und es sind lediglich Rechtsfragen zu lösen. Von der Durchführung einer Verhandlung wurde daher Abstand genommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Gegen den Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen (D) wurde eine Anzeige erstattet, weil dieser am 10.06.2005 um 09.16 Uhr auf der L1231 im Ortsgebiet von Bad Schallerbach die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 15 km/h überschritten hatte. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Motorrades. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 04.08.2005, nachweislich zugestellt am 12.08.2005, wurde er gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, bekannt zu geben, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug zur angegebenen Zeit gelenkt hatte. Mit Schreiben vom 24.08.2005 legte der nunmehr anwaltlich vertretene Berufungswerber gegen die Anonymverfügung vom 28.06.2005 Rechtsmittel ein und ersuchte um Gewährung von Akteneinsicht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen erließ daraufhin eine Strafverfügung, mit welcher dem Berufungswerber das Nichterteilen der Lenkerauskunft vorgeworfen wurde. Der Spruch dieser Strafverfügung lautet wie folgt:

Sie haben als Zulassungsbesitzer des Honda, Kennzeichen (D), trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 04.08.2005, Zl. VerkR96-6777-2005, zugestellt am 12.08.2005, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 26.08.2005, der Behörde Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug am 10.06.2005 um 09:16 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann. Es wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 29 Euro verhängt. Der Strafverfügung wurde eine Kopie der Anzeige beigelegt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Berufungswerber rechtzeitig Einspruch und begründete diesen damit, dass er den ursprünglichen Tatvorwurf nach wie vor bestreiten würde. Mit Schreiben vom 13.12.2005 wurde er aufgefordert, sich wegen der angeführten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Dazu führte er aus, dass er den Tatvorwurf bestreitet.

 

Am 13.03.2006 wurde dem Berufungsweber das nunmehr angefochtene Straferkenntnis zugestellt, er erhob dagegen die bereits oben angeführte rechtzeitige Berufung.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

5.2. Es ist aufgrund des Akteninhaltes offenkundig, dass der Berufungswerber die geforderte Auskunft nicht erteilt hat. Er ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Kraftfahrzeuges und wäre daher gemäß § 103 Abs.2 KFG zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen. Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass diese Bestimmung gegen deutsches Recht verstößt, ist nicht beachtlich, weil sich der gegenständliche Vorfall eben in Österreich abgespielt hat und daher zwangsläufig die österreichische Rechtslage anzuwenden ist. Im Übrigen ist der Berufungswerber auf die Entscheidung des EGMR im Fall Weh gegen Österreich vom 08.04.2004 zu verweisen, wonach die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG nicht gegen Artikel 6 EMRK verstößt. Er war zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage kein "Angeklagter" im Sinne des Artikel 6 Abs.1 EMRK. Er wurde lediglich in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges aufgefordert, eine einfache Tatsache mitzuteilen, nämlich wer sein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Keinesfalls wurde er verpflichtet, sich selbst oder eine ihm nahestehende Person einer konkreten Verwaltungsübertretung zu belasten. Der Umstand, dass die deutschen Rechtshilfebehörden diesbezüglich keine Vollstreckungshilfe leisten, ändert nichts an der Strafbarkeit des Verhaltens des Berufungswerbers.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 betrug die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe für derartige Verwaltungsübertretungen in der zum Zeitpunkt der Übertretung geltenden Fassung 2.180 Euro. Entgegen den Ausführungen der Erstinstanz kommt ihm der Strafmilderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit zu Gute. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor. Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe beträgt 1,5 % des gesetzlichen Strafrahmens und ist daher keinesfalls als überhöht anzusehen. Im Übrigen wird auf die ansonsten zutreffenden Überlegungen der Erstinstanz zur Strafbemessung verwiesen.

 

Die Änderung des Spruchs war erforderlich, weil der Ort, an dem das gegenständliche Fahrzeug zum Anfragezeitpunkt gelenkt wurde, nicht notwendiger Bestandteil einer Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG 1967 ist. Es handelte sich daher um einen überflüssigen Bestandteil des Spruches. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der UVS nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, einen allenfalls mangelhaften Spruch im erstinstanzlichen Bescheid zu korrigieren. Bezüglich der Strafnorm musste die anzuwendende Rechtslage konkretisiert werden, weil mit Wirksamkeit vom 28.10.2005 § 134 Abs.1 KFG 1967 novelliert wurde und eine höhere Höchststrafe gesetzlich normiert wurde. Für den Berufungswerber wird die zum Zeitpunkt seiner Verwaltungsübertretung geltende niedrigere Höchststrafe bei der Strafbemessung angewendet.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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