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des Landes Oberösterreich
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VwSen-161249/6/Br/Ps

Linz, 25.04.2006

 

 

VwSen-161249/6/Br/Ps Linz, am 25. April 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G K, M, L, vertreten durch Dr. K u. Dr. L, Rechtsanwälte, H, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, AZ. VerkR96-3046-2005, vom 23. Februar 2006, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 25.4.2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird in den Schuldsprüchen keine Folge gegeben; im Strafausspruch wird der Berufung im Punkt 1) mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Bestätigung der Ersatzfreiheitsstrafe die Geldstrafe auf 180 Euro ermäßigt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Im Punkt 1) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 18 Euro. Für das Berufungsverfahren entfallen in diesem Punkt Verfahrenskosten.

In den Punkten 2), 3) und 4) werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 6 Euro, 4 Euro und 14 Euro auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65, § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 52 lit.a Z10a, § 9 Abs.1 StVO, § 15 Abs.3 und § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 insgesamt vier Geldstrafen (€ 250,00, € 30,00, € 20,00 und € 70,00, insgesamt sohin € 370,00) und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 132 Stunden verhängt und in dessen Spruch folgende Tatvorwürfe formuliert:

"Sie lenkten am 31.08.2005 um 16:17 Uhr das Motorrad, Kennzeichen, auf der B3 Donaustraße bei StrKm. 235,700, Gemeindegebiet Steyregg, Fahrtrichtung Perg, wobei Sie

1. die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 47 km/h überschritten (die in Betracht kommende Messtoleranz wurde abgezogen) und

  1. die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfuhren.
  2. Sie haben bei dieser Fahrt den bevorstehenden Überholvorgang nicht rechtzeitig angezeigt.

4. Sie haben bei dieser Fahrt ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden war."

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf Grund der mittels sogenannten "Multavision Messgerätes Nr. 213657-03" festgestellten Fahrgeschwindigkeit bzw. auf die diesbezüglichen Angaben des die Messung durchführenden Polizeibeamten. Diesbezüglich wurde auch auf das angefertigte Video verwiesen, welches jedoch dem Berufungswerber unter Hinweis auf die Aussage des Meldungslegers im erstinstanzlichen Verfahren nicht zur Einschau gebracht wurde. Abschließend vermeinte die Behörde erster Instanz, der Berufungswerber habe die Verwaltungsübertretungen mangels Vorliegens entschuldigender Umstände zu verantworten. Als strafmildernd wurden die wirtschaftlichen und die Vermögensverhältnisse, sowie die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Konkrete Angaben zu diesen Verhältnissen finden sich jedoch nicht in dem vorgelegten Verfahrensakt.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird die Nichtbefolgung des Antrages auf Einschau in die Videodokumentation als Verfahrensmangel gerügt.

Darüber hinaus bezweifelt der Berufungswerber im Ergebnis die Tauglichkeit der hier vorgenommenen Geschwindigkeitsmessung. Schließlich bestreitet er den Vorwurf einer von ihm begangenen Gefährdung im Zuge seines Überholmanövers. Diesbezüglich verweist er auf die sich für ein Motorrad ergebende engere Fahrlinie und des höheren Beschleunigungsvermögens eines Motorrades.

Für das Berufungsverfahren beantragte der Berufungswerber abschließend die Beiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen, sowie die Durchführung eines Ortsaugenscheins.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch Beischaffung und die Sichtung der Videodokumentation und die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers, sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der Berufungsverhandlung. Luftbilder mit der darauf ersichtlichen Straßenkilometrierung vom fraglichen Straßenbereich wurden ebenso beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung erörtert, wie der Eichschein des verwendeten Multavisionsgerätes. Die Fahrleistungsdaten wurden via Honda-Website beigeschafft.

Auf die Beiziehung eines Sachverständigen konnte angesichts der vorliegenden Videodokumentation iVm dem Verzicht des Berufungswerbers abgesehen werden.

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte sein Motorrad von der Franckstraße in Richtung Steyregger Brücke. Die Videoaufzeichnung der Besatzung eines Dienstfahrzeuges der Landesverkehrsabteilung Oö. - BezInsp. W. M - beginnt bereits in der Franckstraße. Es zeigt den Berufungswerber bereits ab diesem Punkt in einer sehr dynamischen Fahrt mit seinem 115 PS starken Motorrad, dessen mittleren Beschleunigungswerte bis 100 km/h laut Datenblatt mit 8,5 m/sek2 = d.h. von 0 auf 100 km/h in etwas über 3,2 Sekunden anzunehmen sind (Download: www.honda.co.at/...).

Noch vor der Steyregger Brücke überholte der Berufungswerber mehrere Pkw´s unter Ausschöpfung seiner Fahrroutine innerhalb sehr knapper Aus- und Einscherabstände, wobei er in der Folge sein Fahrzeug so beschleunigte, dass es trotz einer Nachfahrgeschwindigkeit im Rahmen einer Einsatzfahrt von etwas über 170 km/h kurzfristig aus dem Sichtbereich der Funkstreifenbesatzung gelangte. Schließlich konnte er durch den langsamer fließenden und relativ dichten Verkehr knapp vor dem Ende des Zufahrtsastes auf die B3 - auf Höhe des Strkm 235,9 - wieder eingeholt werden. Diese Rechtskurve wurde laut Videoaufzeichnung vom Berufungswerber mit etwas über 100 km/h befahren, wobei schließlich er das Motorrad im Bereich der bei Strkm 235,8 beginnenden 70 km/h Beschränkung auf der B3 bis Strkm 235,700 abermals auf über 120 km/h beschleunigte. Unter Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze ergab sich schließlich die zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit. In diesem Bereich wurde im Zuge des sehr knapp ausgeführten Überholvorganges auch die Sperrlinie deutlich mit etwa einem halben Meter überfahren. Wie der Berufungswerber zutreffend darlegte, konnte mit dem Motorrad der Seitenversatz sehr knapp und das Überholdiagramm optimal kurz gehalten werden. Dies jedoch auf Kosten der hier nicht verfahrensgegenständlich gemachten Sicherheitsabstände im Sinne des § 18 Abs.1 StVO 1960. Diese dürfen den Tiefenabstand von einer Sekunde nicht unterschreiten. Eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer wurde dabei offenkundig nicht schlagend. Faktum ist andererseits jedoch, dass insbesondere der hier zur Last gelegte Überholvorgang mit einem bloßen Zeitfenster von einer geschätzten Sekunde vor dem Gegenverkehr (einem Lkw) durch rechtzeitiges Umspuren beendet werden konnte. Ebenfalls wurde keiner der Überholvorgänge durch Blinken angezeigt, was zumindest aus abstrakter Sicht sowohl für den Überholten, insbesondere aber auch für den Nachfolgeverkehr Relevanz für eine entsprechende Verhaltensdisposition haben hätte können.

Dieses Fahrverhalten muss als Grenzfall des technisch Möglichen bezeichnet werden, wobei trotz des evidenten Fahrkönnens des Berufungswerbers bereits ein geringfügiges Fehlverhalten oder eine Fehleinschätzung eines anderen Verkehrsteilnehmers, wie beispielsweise ein unbedachter Seitenversatz nach links, zwingend als unfallauslösendes Ereignis zur Wirkung gekommen wäre. Eine unfallverhindernde Fehlerkorrektur wäre in einem derartigen Fall insbesondere für den Berufungswerber selbst realistisch besehen auszuschließen gewesen.

Die Beurteilung des Fahrverhaltens des Berufungswerbers erfolgt seitens des zur Entscheidung berufenen Organs auch aus der Sicht des sachverständigen Fahrprüfers.

 

 

4.2. Somit war der Videodokumentation eine in jeder Richtung hin schlüssige Aussagekraft zuzumessen. Dem Fahrverhalten war demnach in abstrakter ex ante Betrachtung eine als weit über das Durchschnittsausmaß hinausreichende Gefahrenerhöhung zuzuordnen, welcher es mit den hier angezogenen Schutzvorschriften entgegen zu wirken gilt.

Der Berufungswerber war schließlich unter Hinweis auf die ihm bis zur Berufungsverhandlung vorenthaltenen Beweismittel in zwei Punkten schuldeinsichtig. Er vermeinte im Falle der Sichtung des Videos im erstinstanzlichen Verfahren wäre die Berufung unterblieben. Betreffend das Überholen und das Nichtanzeigen der Fahrtrichtung glaubte er jedoch keine Ordnungswidrigkeit bzw. Übertretung begangen zu haben. Der Fahrablauf bewies jedoch in der Zusammenschau mit dem Verkehrsgeschehen klar ein gegensätzliches Beurteilungskalkül. Mit Blick darauf konnte dem Berufungswerber nicht gefolgt werden, wenn dieser im Rahmen seiner Verantwortung im Ergebnis vermeinte, "es müsse sich ein Überholvorgang bloß 'grade noch ausgehen' um diesen im Sinne der Vorschriften der StVO ausführen zu dürfen."

Dem stand die klar dokumentierte Faktenlage in eindrucksvoller Weise entgegen.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

5.1. Hinsichtlich der in den Punkten 1. bis 2. erhobenen Tatvorwürfen kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die von der Behörde erster Instanz vorgenommene rechtliche Subsumtion und Qualifikation des Tatverhaltens verwiesen werden (Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und Überfahren der Sperrlinie).

 

Zu Punkt 3):

Der Lenker des überholenden Fahrzeuges hat den bevorstehenden Überholvorgang nach § 11 über den Wechsel des Fahrstreifens und nach § 22 über die Abgabe von Warnzeichen rechtzeitig anzuzeigen. Demnach hat iSd § 11 Abs.2 StVO der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

Der diesbezüglich erhobene Tatvorwurf ist alleine unter Bedachtnahme auf die Nachfahrt von Substanz, weil gerade durch die rechtzeitige Anzeige des Überholvorganges - hier angesichts der mit dem Ziel einer Anhaltung erfolgten Nachfahrt der Funkstreifenbesatzung - zur Vorhersehbarkeit des Spurwechsels im Sinne des Regelungsziels relevant gewesen wäre. Dies gilt aber ebenso für den Gegenverkehr (Pürstl/Somereder, StVO 11. Auflage, Rz 47 ff; mwN). Dass der Berufungswerber dieses Fahrzeug hinter sich und die Anhaltesabsicht deren Besatzung nicht wahrgenommen hat, vermag ihn in diesem Zusammenhang aber nicht zu entschuldigen.

 

Zu Punkt 4):

Nach § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Kraftfahrzeuges u.a. nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist;

Der nach § 99 Abs.3 lit a StVO iVm § 16 Abs.1 lit a StVO 1960 strafbare Tatbestand besteht demnach darin, dass der Lenker eines Fahrzeuges einen Überholvorgang ungeachtet dessen, ob andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten, durchführt; dh mit dem Überholen beginnt oder dieses nicht abbricht, solange dies noch möglich ist (VwGH 10.5.1993, 93/02/0003).

Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist nämlich der Überholvorgang für den Lenker ex ante im Einzelfall in seiner räumlichen Dimension einzuschätzen und darf nur dann ausgeführt werden, wenn dadurch andere Verkehrsteilnehmer, etwa der oder die Überholte(n), aber insbesondere auch entgegenkommende Fahrzeuglenker nicht gefährdet werden. Hierzu bedarf es der Überblickbarkeit der (voraussichtlich) benötigten Überholstrecke. Ob folglich ein Wiedereinordnen gefahrlos möglich ist, ist Tatbestandselement des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 (vg. Pürstl - Sommereder, Kommentar zu StVO, 11. Auflage, S 268 insb Rz. 17 u. 22). Ein Fahrzeuglenker kann daher durch einen Überholvorgang sowohl eine Übertretung nach § 16 Abs.1 lit. a StVO 1960 als auch eine Übertretung nach § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 begehen, wenn er beispielsweise vor einer unübersichtlichen Kurve und trotz (im näheren oder weiteren Straßenverlauf) erkennbaren Gegenverkehrs (der gefährdet werden könnte) zu überholen beginnt, oder wenn er - nachdem er ohne erkennbaren Gegenverkehr, aber vor einer unübersichtlichen Kurve zu überholen begonnen hat - trotz während des Überholvorganges erkennbar werdenden Gegenverkehrs den Überholversuch nicht abbricht, obwohl dies noch möglich wäre (VwGH 10.5.1993, 93/02/0003 mit Hinweis auf VwGH 29.8.1990, 90/02/0044).

Es kommt dabei nicht auf den Eintritt einer Gefährdung am Ende eines unerlaubten Überholvorganges, sondern auf ein bei Beginn des Überholvorganges (bzw. was das Abbrechen eines Überholvorganges anlangt, während dieses Vorganges) erkennbares "gefährden können" an.

Diese rechtlichen Aspekte waren hier dem festgestellten Sachverhalt klar zuzuordnen.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen des § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass hier die Strafen innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes festgesetzt wurden, wobei diese in den Punkten 2) bis 4) sehr milde bemessen wurden. Den Punkt 1. betreffend ist jedoch unter Bedachtnahme auf die Sorgepflichten für zwei Kinder unter Bezugnahme auf das mit 1.100 Euro anzunehmenden Monatseinkommens zu korrigieren. Die auf das Verschulden und die Tatfolgen abstellende Ersatzfreiheitsstrafe war demgegenüber jedoch nicht zu korrigieren.

Zum objektiven Unwertgehalt von drastischen Geschwindigkeitsüberschreitungen ist festzustellen, dass insbesondere bei dichtem Verkehrsaufkommen eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Während etwa bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h unter realistischer Ausschöpfung der Bremsleistungen der Anhalteweg bei etwa 45 m liegen würde, liegt dieser bei der hier festgestellten Fahrgeschwindigkeit bei 124 m. Diese Parameter basieren auf einer Bremsverzögerung von 8,0 m/sek2 und einer Reaktionszeit von einer Sekunde und von 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit. Die Stelle an der das Motorrad aus 70 km/h zum Stillstand gelangen würde, wird bei der vom Berufungswerber eingehaltenen Geschwindigkeit noch nach 45 m mit nahezu der Ausgangsgeschwindigkeit, nämlich mit knapp 118 km/h, durchfahren (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5).

Da andere Verkehrsteilnehmer solche Geschwindigkeitsdimensionen in ihren Verhaltensdispositionen nicht kalkulieren und grundsätzlich auf die Einhaltung der Vorschriften des Straßenverkehrs durch andere Verkehrsteilnehmer vertrauen dürfen (Vertrauensgrundsatz) wird die durch hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen zu Buche schlagende Gefahrenpotenzierung verdeutlicht.

Eine Geldstrafe in der Höhe von (damals) 4.000 S [290,70 Euro] wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von 50 km/h wurde durch die Rechtsprechung bereits im Jahre 1990 als angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Der Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit wurde bereits von der Behörde erster Instanz berücksichtigt. Dem zuletzt abgelegten Tatsachengeständnis kann im Lichte des vorher zur Kenntnis gelangten klaren Beweisergebnisses eine strafmildernde Komponente kaum mehr zugeordnet werden.

Dieser Bestrafung bedarf es insbesondere angesichts der abstrakten Gefährlichkeit dieser Fahrweise und der damit verbundenen negativen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, sowohl aus Gründen der Spezial- als auch der Generalprävention. Sind es doch gerade die auf Ausreizung der Grenzen der fahrtechnischen und verkehrstechnischen Möglichkeiten angelegten Fahrverhalten, die letztlich zu den schwersten Verkehrsunfällen führen, welche ex post betrachtet ohne diese Ausreizung dieser Grenzen wohl unterbleiben würden.

Dass die Ausschöpfung der fahrdynamischen Möglichkeiten mit den zum Verkehr zugelassenen leistungsstarken Motorrädern nahe liegt, ist Realität. Das dies leicht in unlösbaren Widerspruch zu den Regelungsinhalten des Straßenverkehrs tritt, liegt daher nahe und wäre dem Gesetzgeber zur Lösung vorbehalten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Tatunwert, abstrakte Gefährdung, Gefahrenpotenzierung

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