Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161344/9/Br/Ps

Linz, 07.06.2006

 

 

VwSen-161344/9/Br/Ps Linz, am 7. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau G T, geb. , H, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, P, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, AZ. VerkR96-3848-2005, vom 6. April 2006, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 7.6.2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in sämtlichen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a StVO, § 4 Abs.5 StVO und § 4 Abs.1 lit.c StVO, drei Geldstrafen (€ 250,00 € 200,00 und € 250,00, insgesamt sohin € 700,00) und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 2 x 96 und 1 x 72 Stunden verhängt, weil sie am 4.11.2005 um 22.00 Uhr in Langenstein auf einer Privatstraße im Ortsgebiet einen dort abgestellten Pkw beim Ausparken im Bereich des rechten hinteren Kotflügels beschädigt habe und diesbezüglich 1.) nicht sofort angehalten, 2.) nicht an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt und 3.) nicht ohne unnötigen Aufschub hiervon die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Anzeige des Eigentümers des geschädigten Fahrzeuges und den Inhalt der diesbezüglich von ihm bei der PI Mauthausen erstatteten Anzeige. Der Rechtsvertreter der Berufungswerberin habe am Verfahren nicht mitgewirkt. Dies obwohl ihm im Wege des Gemeindeamtes Mauthausen Akteneinsicht gewährt wurde.

Bei der Strafzumessung wurden weder mildernde noch erschwerende Umstände gewertet, wobei mangels Mitwirkung von einem mittleren Einkommen der Berufungswerberin ausgegangen wurde.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebracht zu wertenden Berufung - dies weil trotz Ausweisung der Vollmacht der Berufungswerberin das Straferkenntnis persönlich per 7.4.2006 zugestellt worden war - wird die Schadensverursachung bestritten. Schon darin wird darauf hingewiesen, dass der Schaden an der Heckleuchte ihres Fahrzeuges bereits vor dem 4.11.2005 vorhanden gewesen sei. Es werden Verfahrensmängel u.a. der unterbliebenen Einholung eines SV-Gutachtens und ebenso eine unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt und zuletzt die Behebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Vernehmung der von der Berufungswerberin ergänzend beantragten Zeugen, des die Unfallaufnahme durchführenden Meldungslegers und durch Vernehmung der Berufungswerberin im Rahmen der öffentlichen Berufungsverhandlung, wobei eine Gegenüberstellung der Fahrzeuge und dabei die Beurteilung der Schadenslage bzw. deren höhenmäßiger Bezug festgestellt wurde.

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

 

4.1. Zur Anzeige kam es am 6.11.2005 durch Herrn Y Y, welcher an seinem in der P abgestellten Pkw eine ca. 20 cm große Delle über dem Radkasten des rechten Hinterrades feststellte. Auch das Fahrzeug der Berufungswerberin ist an diesem Parkplatz häufig abgestellt, weil die Berufungswerberin eine dort wohnhafte Freundin regelmäßig besucht.

Der nur sehr mangelhaft der deutschen Sprache mächtige Y konnte schließlich auf dem Parkplatz den Splitter eines Rücklichtes vorfinden, welcher zum Fahrzeug der Berufungswerberin passte. Damit glaubte er die Schädigerin ausfindig gemacht zu haben und erstattete Anzeige. Die Berufungswerberin, von ihm bereits vorher mit diesem Faktum konfrontiert, bestritt jedoch bereits ihm gegenüber die Schadensverursachung.

Die in der Folge vom Zeugen BezInsp. S angefertigten Fotos von den beiden Fahrzeugen lassen am Fahrzeug der Berufungswerberin keine nennenswerten Spuren im Bereich der linken hinteren Stoßstange erkennen, wohl aber die Delle am Fahrzeug von Y. Schon aus der Form der Stoßstange lässt sich angesichts der offenkundig gänzlich abweichenden Höhen und auf dem Foto nicht sichtbaren Kratzspuren eine Anstoßwahrscheinlichkeit nur schwer nachvollziehen.

Die von der Berufungswerberin angeführten Zeugen, G R und A G, bestätigten das Vorliegen des Schadens an der Rückleuchte des Fahrzeuges der Berufungswerberin bereits zum Zeitpunkt 29. oder 30. September 2005. Der Meldungsleger, BezInsp. S, legte im Rahmen seiner Zeugenaussage die von der Behörde erster Instanz aus unerfindlichen Gründen nicht vorgelegten Originalfotos vor und räumte ein, dass eine Stellprobe von ihm nicht vorgenommen wurde, wobei er auf das Passen des sichergestellten und zum Akt genommenen Splitters zur Rückleuchte des Fahrzeuges der Berufungswerberin hinwies.

Die im Rahmen der Berufungsverhandlung schließlich durchgeführte Gegenüberstellung der Fahrzeuge lässt jedoch eine Schadensverursachung im Zusammenhang mit der Beschädigung der Rückleuchte (des am Unfallort gefundenen Splitters) ausschließen. Einerseits konnte die in einer Höhe von 50 cm liegende Stoßstange des Fahrzeuges der Berufungswerberin die in einer mittleren Höhe von 73 cm liegende Delle wohl kaum verursacht haben. Falls von der Berufungswerberin beim Ausparken nach rückwärts gegen das Fahrzeug des Berufungswerbers gestoßen worden wäre, müsste der Anstoß mit dem deutlich vorspringenden unteren Teil der Stoßstange erfolgt und dieser entsprechend beschädigt worden sein. Dass letztlich der vermeintliche Schaden an der Leuchte ursächlich sein könnte, wurde andererseits schon durch die durchaus glaubwürdigen Angaben der Zeugen R und G widerlegt, zumal diese übereinstimmend angaben, den Schaden am Fahrzeug der Berufungswerberin - sie arbeitet mit den Genannten in einer Firma - bereits fünf Wochen vorher zufällig wahrgenommen gehabt zu haben. Andererseits hätte diese Delle am Fahrzeug von Y - hätte ein Kontakt mit dem Fahrzeug der Berufungswerberin tatsächlich stattgefunden - jedenfalls einen entsprechenden Gegenschaden zur Folge gehabt. Ein solcher fand sich aber offenbar am ganzen Fahrzeug der Berufungswerberin nicht.

Zuletzt ist aber mit Blick auf die großen Höhenunterschiede der Stoßstange des Fahrzeuges der Berufungswerberin zum oberen Radkasten des Fahrzeuges von Y die Schadenzurechnung und somit die Tatbegehung durch die Berufungswerberin geradezu auszuschließen. Vielmehr dürften beide Fahrzeuge, sowohl das der Berufungswerberin als auch das des Y, von jeweils einem anderen unbekannten Lenker beschädigt worden sein. Dabei dürfte am Parkplatz bei der P, wo die Berufungswerberin unstrittig häufig eine Freundin besucht, sie selbst das "Opfer eines Parkschadens" geworden sein, wobei der Glassplitter von ihrer Heckleuchte zu Boden fiel. Dieser wiederum, und das ist durchaus lebensnah, brachte Y zur Auffassung, dass eben von diesem Fahrzeug die Beschädigung an seinem Fahrzeug ausgegangen sei.

Wenn die Berufungswerberin die unterbliebene Beweisaufnahme seitens der Behörde erster Instanz rügte, ist ihr jedoch entgegen zu halten, dass es sie an der zu erwartenden Mitwirkung vermissen hat lassen und nach der Akteneinsicht am 7.4.2006 beim Gemeindeamt Mauthausen durch ihren Rechtsvertreter sich weder zum Beweisergebnis noch auf die Aufforderung zur Bekanntgabe der Einkommensverhältnisse reagierte.

Dadurch war die Behörde erster Instanz nicht nur verhalten sondern auch berechtigt mangels Mitwirkung das Verfahren ohne weitere Anhörung der Berufungswerberin unter bloßem Hinweis auf die - wenn auch dünne - Aktenlage durchzuführen. Hätte die Berufungswerberin entsprechend mitgewirkt, wäre wohl ein entsprechendes Beweisverfahren bereits im erstinstanzlichen Verfahren ermöglicht worden. Dies hätte der Berufungswerberin Zeit und Kosten und der öffentlichen Verwaltung und Privatpersonen durch die Bemühung von nicht weniger als vier Zeugen, einen beträchtlichen Aufwand erspart.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

5.1. Aus § 45 Abs.1 Z1 VStG folgt, dass, wenn bloße Zweifel an der Begehung einer Verwaltungsübertretung bestehen, von der Fortführung des Verfahrens abzusehen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

Auf die Problematik im Falle eines sogenannten Parkschadens auch den § 4 Abs.1 lit.a u. c (Anhalte- und Mitwirkungspflicht) anzulasten, ist hier nicht mehr näher einzugehen. Faktum ist aber, dass die Erfüllung der Meldepflicht bedingt sich von der Unfallstelle zu entfernen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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