Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161347/6/Sch/Pe

Linz, 03.07.2006

 

 

 

VwSen-161347/6/Sch/Pe Linz, am 3. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau B H vom 26.4.2006, vertreten durch Dr. H O Rechtsanwalt KEG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.4.2006, VerkR96-14949-1-2005, wegen einer Übertretung des der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 14.6.2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

  2. Für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag von 30 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.4.2006, VerkR96-14949-1-2005, wurde über Frau B H, K, T, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil sie am 17.11.2005 um 10.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen ... im Ortsgebiet von Wels beim Haus Edisonstraße Nr. 2 gelenkt habe, wobei sie es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben sei.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass die Berufungswerberin den vorher von ihr gelenkten Pkw - Zulassungsbesitzer ist ein Dritter - auf einer Parkfläche vor dem Hause Wels, Edisonstraße 2, abgestellt hat. Der Parkplatz ist insofern untergliedert, als Grünstreifen vorhanden sind und jede dieser einzelnen Teilparkflächen über eine eigene Zufahrt verfügt. Die Berufungswerberin hat ihr Fahrzeug nach vorne hin eingeparkt, allerdings, wie auch unbestritten geblieben ist, nicht gänzlich im Sinne der Parkordnung, sondern stand ihr Fahrzeug schräg, also fahrerseitig hinten um einiges entfernt von vom Randstein, was wiederum bewirkte, dass sich das Fahrzeugheck rechts sehr nahe an dem bereits dort abgestellten weiteren Pkw (Minivan) befand.

Der anlässlich der oben erwähnten Berufungsverhandlung, die im Übrigen mit einem Lokalaugenschein verbunden war, einvernommene Zeuge C A, der im Haus Edisonstraße 2 seinen Arbeitsplatz hat und den erwähnten Minivan als Fahrzeug einer Kollegin kannte, hat zum Einparkmanöver der Berufungswerberin Nachstehendes angegeben:

"Ich sah, als ich die zweite Parkplatzzufahrt passierte, dass der Lenker des einparkenden Fahrzeuges am Fahrzeug meiner Kollegin angefahren sein könnte. Diesen Schluss zog ich deshalb, da sich das Fahrzeug meiner Kollegin bewegte. Ich nahm eine seitliche leichte Bewegung dieses Fahrzeuges wahr. Akustisch konnten ich allerdings nichts wahrnehmen. Ich würde die Bewegung als kleine Schaukelbewegung bezeichnen. Nachdem ich eingeparkt hatte sah ich, nachdem ich ausgestiegen war, dass sich die beiden Fahrzeuginsassen aus dem erwähnten eingeparkten Fahrzeug von diesem wegbewegten. Ich rief ihnen nach, sie wären gerade an einem abgestellten Fahrzeug angefahren."

 

Demgegenüber gibt die Berufungswerberin an, es habe sich beim Einparkmanöver überhaupt nichts Auffälliges zugetragen. Sie hätte ein Anfahren an einem anderen Fahrzeug nicht wahrgenommen. Auch habe sie das Autoradio nicht aufgedreht gehabt. Sie habe weder optisch, akustisch noch durch eine Schüttelbewegung irgendetwas wahrgenommen, was auf einen Anstoß hingedeutet hätte. Zu dem - unbestritten vorhandenen Schaden - rechts hinten an dem von ihr gelenkten Fahrzeug gibt die Berufungswerberin an, dass ihr der Zulassungsbesitzer, der ihr das Fahrzeug überlassen habe, schon etwa 14 Tage vor dem ggst. Vorfall erzählt hätte, er sei bei einer Säule bei ihm zuhause angefahren.

Tatsache ist jedenfalls, dass am zweitbeteiligten Fahrzeug links hinten im Stoßstangen- bzw. Kotflügelbereich in einer Höhe von etwa 50 bis 60 cm abgeschürfte Stellen sind. Auch an dem von der Berufungswerberin gelenkten Fahrzeug befinden sich rechts hinten, in etwa in der gleichen Höhe, unmittelbar vor der Stoßstangenkante seitlich an der Stoßstange solche Abschürfungen. Wenn von der Berufungswerberin eingewendet wird, dass, wäre sie tatsächlich am zweitbeteiligten Fahrzeug angefahren, der Schaden an ihrem Fahrzeug - unbeschadet ihrer Angaben über das vorangegangene Anfahren des Zulassungsbesitzers an einer Säule - nicht in Einklang zu bringen wäre mit der Anstoßstelle am Minivan, so ist ihr diesbezüglich Nachstehendes entgegenzuhalten:

Auch wenn nicht mit 100%-iger Sicherheit ausgesagt werden kann, dass der Schaden an ihrem Fahrzeug ausschließlich von dem Vorfall stammen muss, so ist in der Zusammenschau der aufgenommenen Beweise diese Variante die bei Weitem schlüssigere (vgl. dazu VwGH 13.11.1986, 85/16/0109). Die Schäden an beiden Fahrzeugen korrespondieren so weitgehend, dass die Vermutung der Berufungswerberin, aufgrund der schmäler werdenden Fahrzeugbreit nach hinten hin der Schaden an ihrem Fahrzeug doch nicht vom Vorfall stammen könnte, vernachlässigt werden kann. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Berufungswerberin sich mit der Erklärung des Schadens an dem von ihr gelenkten Fahrzeug bis zum Einspruch vom 16.1.2006 gegen die ursprünglich ergangene Strafverfügung zurückgehalten hat. Mit keinem Wort hat sie bei der polizeilichen Einvernahme lt. Niederschrift vom 17.11.2005 darauf hingewiesen, dass hier ein Altschaden vorliegt. In der Niederschrift heißt es lediglich: "Ich habe die Beschädigung an dem von mir gelenkten Pkw überprüft und kann nur nochmals angeben, dass ich nicht angefahren bin".

 

Schließlich kommt besonderer Bedeutung den Angaben des völlig unbeteiligten Zeugen A zu. Dieser hat bei der Berufungsverhandlung einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und absolut schlüssige Angaben gemacht. Für die Berufungsbehörde besteht kein Zweifel, dass er aufgrund seiner Position von der Zufahrt zum Parkplatz aus, nur einige Meter vom Abstellort der beiden unfallbeteiligten Fahrzeuge entfernt, einwandfrei wahrnehmen konnte, dass das zweitbeteiligte Fahrzeug kleine Schaukelbewegungen durchgeführt hat. Diese Bewegungen mit einem Anstoß der gerade sehr knapp einparkenden Berufungswerberin nicht in Verbindung zu bringen, wäre wohl höchst lebensfremd.

Der Berufungswerberin hätten nach dem Einparken Umstände zu Bewusstsein kommen müssen, dass sie am Fahrzeug der Zweitbeteiligten angefahren sein könnte. Sie hätte sich sohin entsprechend überzeugen müssen. Beide Fahrzeuge wiesen ganz offenkundig korrespondierende Spuren auf. Selbst dann, wenn man den Schaden am Fahrzeug der Berufungswerberin schon einem früheren Ereignis zuordnet, schließt dies nicht aus, dass an derselben Stelle naturgemäß noch einmal angefahren worden sein konnte. Möglicherweise kam es dann auch nicht mehr zu wesentlichen Vergrößerungen des Altschadens.

Schließlich kommt noch dazu, dass nach den Aussagen des Zeugen A nicht die geringsten Hinweise vorhanden sind, dass die Zweitbeteiligte in unzutreffender Weise den Schaden an ihrem Fahrzeug dem Anstoß durch die Berufungswerberin zugerechnet hätte. Diese Ursache war demnach für sie völlig außer Zweifel.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417).

Zum Tatbestandsmerkmal des Fremdschadens ist im gegenständlichen Fall zu sagen, dass die beiden Beschädigungen in einem solchen Ausmaß korrespondieren, dass sich die Zuordnung zum Vorfall faktisch aufdrängt. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass die Berufungswerberin, von ihr unbestritten, ein als knapp und wohl etwas "schlampig" zu bezeichnendes Einparkmanöver durchgeführt hat. Beim Einparken nahe an einem anderen Fahrzeug muss vom Lenker ein besonderes Ausmaß an Aufmerksamkeit verlangt werden. Wendet man dieses an, kann einem ein Anstoß schon akustisch nicht entgehen, da ein solches Geräusch erfahrungsgemäß durch die Wirkung der eigenen Fahrzeugkarosserie als Resonanzkasten dann noch lauter ans Ohr dringt als es von außen zu hören wäre. Das Fahrzeug der Berufungswerberin verfügte zudem über einen Außenspiegel rechts, über den ein Blickfeld nach hinten gegeben gewesen wäre, das gilt auch für einen Blick durch die rechte hintere Seitenscheibe, der eine Beurteilung zugelassen hätte, wie knapp oder schon zu knapp der Einparkvorgang sich darstellt. Dabei hätten der Berufungswerberin auch die vom Zeugen wahrgenommenen Schaukelbewegungen des abgestellten Fahrzeuges nicht entgehen können.

 

Zusammenfassend ergibt sich daher für die Berufungsbehörde, dass die Berufungswerberin einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und auch bemerkt hat bzw. bei gehöriger Aufmerksamkeit jedenfalls bemerken hätte müssen, weshalb für sie mangels der Möglichkeit, sich mit dem Geschädigten gleich vor Ort auseinanderzusetzen, die Verpflichtung bestand, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Für diese Feststellungen waren keine weiteren Beweisaufnahmen durch die Berufungsbehörde erforderlich.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinander zu setzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

 

Der Strafrahmen für Übertretungen des § 4 Abs.5 StVO 1960 reicht gemäß § 99 Abs.3 lit.b leg.cit. bis 726 Euro. Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro berücksichtigt sowohl die obigen Ausführen zum Unrechtsgehalt der Tat und steht in angemessener Relation zum Strafrahmen. Auch wird hinreichend auf den wichtigen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Berufungswerberin Bedacht genommen. Es mag zwar dahingestellt bleiben, ob bei der Berufungswerberin tatsächlich, wie von der Erstbehörde angenommen, die Schuldform des bedingten Vorsatzes gegeben war, oder doch noch jene der (groben) Fahrlässigkeit, das Verhalten der Berufungswerberin dokumentiert jedenfalls ein beträchtliches Maß an Sorglosigkeit im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen bezüglich Verhalten nach einem Verkehrsunfall. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin wird davon ausgegangen, dass sie als Bürokauffrau über ein so hinreichendes Einkommen verfügt, dass sie in der Lage ist, die verhängte Geldstrafe ohne unzumutbare Einschränkung ihrer Lebensführung zu begleichen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 21.09.2006, Zl.: 2006/02/0215-3 

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