Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161403/10/Zo/Ri VwSen 521345/10/Zo/Ri

Linz, 20.07.2006

 

 

 

VwSen-161403/10/Zo/Ri

VwSen- 521345/10/Zo/Ri Linz, am 20. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen des Herrn H G, geb., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M L, F und Mag. K B, L, jeweils vom 31. 5. 2006 gegen

  1. das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 17. 5. 2006, Zl. VerkR96-260-2006, wegen einer Übertretung der StVO 1960 sowie

  2. gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 18. 5. 2006, VerkR21-46-2006, wegen Entziehung der Lenkberechtigung sowie begleitender Maßnahmen,

nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. 7. 2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung gegen das Straferkenntnis wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen.

  2. Diesbezüglich wird die verhängte Geldstrafe auf 581 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herabgesetzt.

  3. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren reduzieren sich auf 58,10 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

  4. Der Berufung gegen den Bescheid vom 18. 5. 2006, VerkR21-46-2006, wegen Entziehung der Lenkberechtigung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 51 Abs.1, 51e, 19 und 20 VStG

zu III.: §§ 64 ff VStG

zu IV.: § 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs.1 und § 67d AVG sowie § 7 Abs.3 Z1 FSG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er verdächtig ist, am 29. 1. 2006 jedenfalls vor 01.40 Uhr den PKW, Kennzeichen, in U, von der an die öffentliche Zufahrtsstraße zum Haus O angrenzenden Wiese auf diese Zufahrtsstraße bis zum Eingangsbereich des Hauses O gelenkt zu haben und sich gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf dessen Aufforderung beim Hauseingang O um 01.55 Uhr des genannten Tages bis zum Ende der Amtshandlung geweigert habe, sich der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl er auf Grund des Alkoholgeruches seiner Atemluft verdächtig war, das genannte Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 Z1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.162 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 116,20 Euro verpflichtet.

 

Mit dem angefochtenen Führerscheinentzugsbescheid wurde die Vorstellung des nunmehrigen Berufungswerbers gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13. 3. 2006 abgewiesen. Einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Im angeführten Mandatsbescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für den Zeitraum von 4 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen und er wurde aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern. Es wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker sowie die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet. Weiters wurde dem Berufungswerber das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenfahrzeuges für einen Zeitraum von 4 Monaten verboten.

 

In den dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufungen bringt der Berufungswerber im Wesentlichen inhaltsgleich vor, dass er am Vorfallstag seinen PKW lediglich von der Eisstockbahn über die Wiese bis zur Rückseite seiner Jausenstation selbst gelenkt habe. Von der Rückseite der Jausenstation bis zum endgültigen Abstellort vor dem Wohnhaus O habe das Fahrzeug seine Schwester gelenkt. Es sei auf Grund der im Akt befindlichen Fotos auch nicht ersichtlich, ob er sein Fahrzeug tatsächlich auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe bzw. ob das Fahrzeug auf einer solchen gestanden sei. Jedenfalls befinde sich der gesamte Bereich in seinem Privateigentum.

 

4. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG sowie § 67a Abs. 1 AVG).

 

5. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Verfahrensaktes, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. 7. 2006, bei welcher der Berufungswerber mit zwei Rechtsvertretern sowie ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen haben. Weiters wurden die Schwester des Berufungswerbers Frau R, sowie drei Polizeibeamte als Zeugen einvernommen. Es wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt sowie ein Luftbild der gegenständlichen Örtlichkeit erörtert. Der Vertreter des Berufungswerbers hat weiters noch Fotos vorgelegt.

 

5.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Zu den räumlichen Verhältnissen:

Vom Güterweg O zweigt nördlich des Hauses O eine vorerst asphaltierte Zufahrtsstraße vom Haus O ab. Diese Straße ist bis ca. 10 m nach der Haustür des Hauses O asphaltiert, in weiterer Folge ist der Boden befestigt und mit grobem Rollsplitt bedeckt. Diese mit Rollsplitt bedeckte Straße führt in etwa in Richtung Osten wiederum zum Güterweg O. Im Bereich des Hauses O befindet sich zwischen der mit Rollsplitt befestigten Straße und dem Haus eine ca. 2,5 m breite betonierte Fläche, innerhalb dieser Fläche ist ein Wasserablauf eingebaut. Östlich des angeführten Hauses befindet sich die Jausenstation und im Anschluss an diese ein ebenfalls befestigter und geschotterter Parkplatz.

 

Das Fahrzeug war damals im Bereich jener betonierten Fläche zwischen dem geschotterten Verbindungsweg und dem Haus O abgestellt. Die Fläche zwischen der Eisbahn und der Jausenstation sowie der Streifen zwischen Jausenstation und dem Haus O ist eine Wiese. Nach den Angaben des Berufungswerbers lehnt die Gemeinde die Schneeräumung rund um sein Haus ab, weil es sich dabei nicht um öffentliches Gut handle.

 

Bei beiden Zufahrtsmöglichkeiten vom Güterweg O befinden sich keinerlei Verkehrsschilder oder sonstige Hinweise, wonach ein Zufahren auf diese Fläche verboten sei. Bei der östlichen Zufahrt befindet sich ein Hinweisschild mit der Aufschrift "Jausenstation G". Auch im Bereich der Jausenstation bzw. des Hauses O befinden sich keinerlei Hinweise, Schilder oder Abschrankungen, wonach das Befahren dieser Flächen nicht zulässig sei. Nach der Auskunft des Berufungswerbers fahren die Gäste der Jausenstation von der östlichen Zufahrt über den geschotterten Weg bis zum Parkplatz unmittelbar vor der Jausenstation, nicht aber weiter.

 

Am 29. 1. 2006 um ca. 01.40 Uhr war der PKW mit dem Kennzeichen auf jener betonierten Fläche zwischen dem geschotterten Verbindungsweg und dem Haus O mit laufendem Motor und eingeschaltetem Licht in Fahrtrichtung Westen abgestellt. Die Polizeibeamten haben deshalb die Situation überprüft und - nachdem sie niemanden beim Fahrzeug angetroffen haben - den Motor abgestellt und das Fahrzeug versperrt. Sie haben dann mit der einzigen sich in der Nähe befindlichen Person, nämlich dem Berufungswerber Kontakt aufgenommen, wobei dieser auf ihr Klopfen aus der Jausenstation herausgekommen ist. Im Zuge der Amtshandlung wurde der Berufungswerber von Gr. Insp. P zum Alkotest aufgefordert. Diesen verweigerte er.

 

Strittig ist, ob der Berufungswerber seinen PKW tatsächlich bis zum endgültigen Abstellort gelenkt hat.

 

Dazu gibt der Berufungswerber an, dass er seinen PKW lediglich von der Eisbahn kommend bis zum Hintereingang der Jausenstation gelenkt habe, dort das Leergebinde ausgeräumt habe und in weiterer Folge seine Schwester den PKW zum endgültigen Abstellplatz entlang des Hauses O gelenkt habe. Sie habe auf sein Ersuchen den Motor laufen lassen, weil eben die Batterie des Fahrzeuges bereits sehr schwach war. Von den Polizisten sei er vorerst gefragt worden, wem das Fahrzeug gehöre und warum er den Motor habe laufen lassen. Er habe ihnen erklärt, dass eben die Batterie bereits so schwach ist und er das Fahrzeug dann abgestellt hätte, wenn er zu seinem Wohnhaus gegangen wäre. Er habe ihnen auch gesagt, dass er mit dem Fahrzeug bis zur Jausenstation gefahren sei, er habe aber nie gesagt, dass er es vor das Wohnhaus gelenkt hätte. Diesbezüglich hätten ihn die Polizisten auch nicht ausdrücklich befragt. Den Alkotest habe er verweigert, weil er ja mit dem Fahrzeug nicht auf einer öffentlichen Straße gefahren sei sondern nur auf der Wiese.

 

Seine Schwester, die Zeugin R gab zum Sachverhalt an, dass sie damals mit Bekannten auf der Eisbahn ihres Bruders gewesen sei. Sie seien bereits wieder in der Jausenstation gewesen, als ihr Bruder das Leergebinde aus seinem Fahrzeug in die Jausenstation geräumt habe. Sie habe sich zu diesem Zeitpunkt im Bereich der Theke befunden und ihr Bruder habe dann kassiert. Auf Grund ihrer Kopfschmerzen habe sie das Fahrzeug mit dem laufenden Motor gestört, weshalb sie es vom Hintereingang der Jausenstation weggestellt habe und mit diesem zum Bauernhof gefahren sei. Sie habe es dort parallel zum Haus mit der Fahrzeugfront in Richtung Westen abgestellt. Ihr Bruder habe sie ersucht, den Motor laufen zu lassen. Sie sei zwar öfters auf der Eisbahn ihres Bruders, in die Jausenstation komme sie aber nur selten. Nur dieses eine Mal sei sie eben in die Jausenstation mitgegangen, weil ihre Bekannten noch etwas essen wollten.

 

Der Zeuge Gr. Insp. P führte aus, dass ihnen vom Güterweg O aus eben das Fahrzeug mit dem laufenden Motor und eingeschaltetem Licht aufgefallen ist. Sie sind deshalb zu diesem Fahrzeug gefahren, wobei der Motor gelaufen ist, sich aber niemand beim Fahrzeug befunden hat. Sie hätten vermutet, dass sich der Lenker nur in der daneben befindlichen Jausenstation befinden könne, weil hier noch Licht gebrannt habe und sie hätten dann mit Herrn G Kontakt aufgenommen. Er habe ihn gefragt, wem das Fahrzeug gehört und auf Grund der Angaben des Herrn G anhand der Fahrzeugdokumente und des Führerscheines die Besitzverhältnisse überprüft. Er habe ihn auch gefragt, ob Herr G das Fahrzeug hier abgestellt hat und dieser habe gesagt, dass er von der Eisbahn da hergefahren ist und es sich um seinen Grund handeln würde. Wenn er auf seinem Grund herumfahre, würde das die Polizei nichts angehen. Auf Grund von Alkoholisierungssymptomen habe er ihn zum Alkotest aufgefordert, Herr G habe aber den Alkotest verweigert, weil er seiner Ansicht nach eben nur auf Privatgrund gefahren sei. Der Zeuge habe ihn drei Mal zum Alkotest aufgefordert und ihn auch auf die Konsequenzen einer Verweigerung aufmerksam gemacht. Dennoch habe Herr G den Alkotest verweigert. Der Berufungswerber habe während der ganzen Amtshandlung nie davon geredet, dass eine andere Person das Fahrzeug zum vorgefundenen Abstellplatz gelenkt habe. Er habe lediglich gesagt, dass er nur von der Eisbahn über die Wiese bis zum Abstellort gefahren sei.

 

Der Zeuge Gr. Insp. H gab dazu an, dass sie eben das Fahrzeug mit laufendem Motor vorgefunden hätten und in weiterer Folge Herrn G in der Jausenstation angetroffen hätten. Sie haben diesen gefragt, wem das Fahrzeug gehört und er habe sich als Besitzer zu erkennen gegeben. Nach der Überprüfung der Besitzverhältnisse sei er gefragt worden, warum er den Motor habe laufen lassen und wie er das Fahrzeug da hergestellt habe. Er habe sich dahingehend gerechtfertigt, dass er nur von der Eisbahn bis zum Abstellort gefahren ist und den Motor wegen der schlechten Batterie habe laufen lassen, weil sonst das Fahrzeug nicht mehr anspringen würde. Den Alkotest habe Herr G deshalb verweigert, weil es sich um Privatgrund handle und die Polizei hier nichts zu suchen hätte. Er sei nur über die Wiese gefahren und gar nicht auf der Straße gewesen.

 

Der Zeuge Oberstleutnant S gab zum Sachverhalt an, dass auf Höhe des Hauses O in etwa im Bereich der Garagentore neben dem Wohnhaus ein PKW mit laufendem Motor und eingeschaltetem Licht abgestellt war. Sie hätten dann den Motor abgestellt und das Fahrzeug versperrt und in weiterer Folge mit Herrn G Kontakt aufgenommen. Er sei zuerst gefragt worden, wem das Fahrzeug gehöre und es seien die Besitzverhältnisse überprüft worden. Weiters habe einer der Polizisten sinngemäß gefragt, wie das Auto zum Abstellort gekommen sei. Dazu habe Herr G angegeben, dass er selbst hergefahren sei, aber ohnedies nur von der Eisbahn und nur auf Privatgrund. Das würde die Polizisten nichts angehen. Den Alkotest habe er eben mit der Begründung verweigert, dass er nur auf Privatgrund gefahren sei.

 

5.2. Zu diesen teilweise widersprüchlichen Angaben wird im Rahmen der freien Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber hat bei der Amtshandlung selbst nicht darauf hingewiesen, dass nicht er sondern seine Schwester das Fahrzeug bis zum vorgefundenen Abstellort gelenkt hätte. Dies spricht grundsätzlich dafür, dass er selbst der Fahrzeuglenker gewesen ist, weil eben erfahrungsgemäß die ersten Angaben unmittelbar bei der Amtshandlung am ehesten den Tatsachen entsprechen. Andererseits kann dieser Umstand aber auch damit erklärt werden, dass sich der Berufungswerber eben tatsächlich hinsichtlich des "Privatgrundes" und der Befugnis der Exekutive zur Aufforderung zum Alkotest geirrt hat. Der Berufungswerber glaubte sich offenbar im Recht, weil er das Fahrzeug nur auf Privatgrund gelenkt habe und es erscheint nachvollziehbar, dass er bereits deshalb es nicht für notwendig befunden hat, auf seine Schwester extra hinzuweisen.

 

Die gesamte Amtshandlung hat sich vorerst darum gedreht, wem das Fahrzeug gehört bzw warum dieses mit laufendem Motor vor dem Haus abgestellt war. Erst nachdem diese Umstände geklärt waren, wurde konkret darum gefragt, wer das Fahrzeug eben zum Abstellort gelenkt habe. Unter diesen Umständen sowie unter Berücksichtigung der damals offenbar emotional belasteten Situation ist es denkbar, dass der Berufungswerber die durchaus konkreten Fragen der Polizisten falsch bzw. missverständlich verstanden hat bzw. auch seine Antworten von den Polizisten nicht ausreichend konkret hinterfragt wurden. Die Angaben der Schwester des Berufungswerbers bei der mündlichen Verhandlung sind gut nachvollziehbar, sie konnte insbesondere darlegen, warum sie sich an den Vorfall noch erinnern kann, weil sie eben nur das eine Mal in der Jausenstation gewesen ist und sie konnte auch beschreiben, wie das Fahrzeug vor dem Hintereingang der Jausenstation und in weiterer Folge vor dem Haus O abgestellt war. Auch ihre Motivation, wegen des Gestankes bzw. ihrer Kopfschmerzen das Fahrzeug vom Hintereingang wegzubringen, ist nachvollziehbar.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Beweisergebnisse ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Berufungswerber seinen PKW selbst bis zum endgültigen Abstellort gelenkt

hat, es kann aber auch seine Rechtfertigung sowie die diesbezüglich eindeutige Aussage der Zeugin R nicht widerlegt werden. Es ist insgesamt nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug tatsächlich bis zum endgültigen Abstellort - und damit auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr - gelenkt hat. Jedenfalls aber war er zum Zeitpunkt der Amtshandlung auf Grund seiner eigenen Angaben verdächtig das Fahrzeug bis zum Abstellort gelenkt zu haben.

 

6. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

6.1. Gemäß § 1 Abs.1 StVO gilt die Straßenverkehrsordnung für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z1 gilt als Straße iSd Straßenverkehrsordnung eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

 

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

  1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

  2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

6.2. Der geschotterte bzw teilweise asphaltierte Verbindungsweg vom Güterweg O zum Haus O bzw. wiederum zurück zum Güterweg O ist offenkundig sowohl für den Fußgänger- als auch für den Fahrzeugverkehr bestimmt und daher eine Straße iSd StVO. Dies gilt auch für jenen betonierten Streifen zwischen dem Haus O und dem geschotterten Verbindungsweg, weil auch dieser Bereich zumindest zum Abstellen von Fahrzeugen geeignet ist und dafür auch tatsächlich benutzt wird. Die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit (einerseits Betonfläche, andererseits geschotterte Fahrbahn) führt nicht zu einer so deutlichen Trennung dieser Flächen, dass der betonierte Teil nicht auch als Straße iSd StVO anzusehen wäre, jedenfalls gehört er zu den im Zuge des Verbindungsweges befindlichen und dem Verkehr auf diesem Verbindungsweg dienenden baulichen Anlagen.

 

Für die Frage, ob es sich dabei um eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd Straßenverkehrsordnung handelt, sind die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes irrelevant. Dies gilt auch für die Frage, wer in diesem Bereich tatsächlich die Schneeräumung durchführt. Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass er selbst für die Schneeräumung sorgt, ist durchaus glaubwürdig, weshalb schon deshalb die beantragte Einvernahme des Amtsleiters der zuständigen Gemeinde nicht erforderlich ist.

 

Eine Straße kann dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Es ist weder ein Widmungsakt als Straße mit öffentlichem Verkehr erforderlich, noch kommt es auf die Eigentumsverhältnisse an. Wenn eine Straße weder abgeschrankt, noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf sonstige Weise auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hingewiesen wird, so gilt eine Straße als solche mit öffentlichem Verkehr. Eine Abschrankung oder besondere Kennzeichnung einer Straße als Privatweg, um den öffentlichen Verkehr auszuschließen, ist nicht nur in stark besiedelten Gegenden oder im städtischen Bereich, sondern ganz allgemein von Bedeutung (vgl. dazu die Entscheidung des VwGH vom 27.2.2002, Zl.2001/03/0308 sowie viele andere).

 

Im gesamten Bereich des Zufahrtsweges zum Haus O befindet sich weder von der nördlichen Zufahrtsseite noch von der östlichen Zufahrtsseite irgend ein Hinweis, dass es sich um eine Privatstraße handeln würde. Ganz im Gegenteil ist sogar ein Hinweisschild zur Jausenstation angebracht und es findet jedenfalls ein Verkehr bis in die unmittelbare Nähe des konkreten Abstellortes durch die Besucher der Jausenstation statt, wenn diese zum Parkplatz zufahren. Sollte der Berufungswerber tatsächlich Teile der Verkehrsflächen vor seinem Haus vom öffentlichen Verkehr ausschließen wollen, so wäre es insbesondere im Hinblick auf die Zufahrtsmöglichkeit zur Jausenstation - welche notwendigerweise jedem offen steht - erforderlich, dass er jene Bereiche, welche er nicht für die Öffentlichkeit als Verkehrsfläche zur Verfügung stellen möchte, entsprechend kennzeichnet. Es befindet sich aber im gesamten Bereich keinerlei derartige Kennzeichnung, Abschrankung oder sonstiges, welche den öffentlichen Verkehr ausschließen würde. Es ist daher auch jener Teil des Verbindungsweges im Bereich des Hauses O sowie der daran anschließende - offenbar als Stellplatz benutzte - betonierte Bereich nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung als Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen.

 

Dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers ist einzuräumen, dass der OGH bei der zivilrechtlichen Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Fläche für jedermann benützbar ist (zB im Rahmen der Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB) keine derart strengen Anforderungen an eine ausdrückliche Kennzeichnung oder Abschrankung stellt. Für die Beurteilung im Verwaltungsverfahren kommt es jedoch auf die gesetzliche Definition des § 1 der Straßenverkehrsordnung sowie die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an.

 

Der Berufungswerber war auf Grund seiner eigenen Angaben bei der Amtshandlung jedenfalls verdächtig, seinen PKW bis zum Abstellort gelenkt zu haben, weshalb er auch verpflichtet gewesen wäre, den Alkotest durchzuführen. Dies hat er nicht gemacht, weshalb er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Seine anders lautende Ansicht bildet keinen entschuldbaren Rechtsirrtum, weil die Unkenntnis eines Gesetzes bzw dessen irrige Auslegung nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Die Unkenntnis von Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung kann beim Berufungswerber als befugtem Lenker eines Kraftfahrzeuges aber nicht als unverschuldet angesehen werden. Er hat daher fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

 

6.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Im konkreten Fall ist als strafmildernd zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber letztlich nur deshalb zum Alkotest verpflichtet war, weil er bloß im Verdacht stand, seinen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Auch dieser Verdacht bestand nur für eine ganz kurze Strecke, welche naturgemäß nur mit sehr niedriger Geschwindigkeit befahren werden konnte und es kann davon ausgegangen werden, dass zum damaligen Zeitpunkt keine sonstigen Verkehrsteilnehmer in der Nähe waren. Das Verhalten des Berufungswerbers war daher wesentlich ungefährlicher, als dies üblicherweise bei einem Alkoholdelikt der Fall ist. Auch das ist als strafmildernd zu berücksichtigen. Straferschwerungsgründe lagen dagegen nicht vor.

 

Der Rechtsirrtum des Berufungswerbers ist ihm als Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weshalb ihn auch kein schweres Verschulden trifft. Es sind daher die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG gegeben. Das Verschulden des Berufungswerbers ist aber nicht als geringfügig iSd § 21 VStG anzusehen, weil er während der Amtshandlung mehrmals zum Alkotest aufgefordert wurde und auch auf die Folgen einer Verweigerung hingewiesen wurde. Unter diesen Umständen hätten ihm doch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Ansicht kommen müssen. Eine Ermahnung iSd § 21 VStG ist daher nicht möglich.

 

Die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe für derartige Übertretungen beträgt 1.162 Euro, unter Berücksichtigung des hier anzuwendenden § 20 VStG reduziert sich diese Mindeststrafe auf 581 Euro. Diese Strafe erscheint ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Auch generalpräventive Überlegungen erfordern in diesem konkreten Einzelfall keine höhere Strafe. Es konnte daher die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe bis auf die Hälfte herabgesetzt werden. Diese Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei auf Grund der nicht widersprochenen Schätzung davon auszugehen ist, dass er über ein monatliches Einkommen von 730 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügt.

 

Es reduzieren sich damit auch die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 58,10 Euro, nachdem der Berufungswerber zumindest teilweise durchgedrungen ist, entfallen auch Kosten für das Berufungsverfahren.

 

 

7. Zur Entziehung der Lenkberechtigung ist Folgendes auszuführen:

 

7.1. Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Es kommt also nicht nur darauf an, ob die betreffende Person tatsächlich eine Übertretung nach § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen hat, sondern auch darauf, ob diese in diesem Zusammenhang tatsächlich ein Fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat. Dies wird zwar in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle so sein, im konkreten Fall kann aber nicht mit ausreichender Sicherheit bewiesen werden, dass der Berufungswerber das Fahrzeug tatsächlich auf jenem kurzen Stück, welches als Straße mit öffentlichem Verkehr zu qualifizieren ist, gelenkt hat. Es war daher der Führerscheinentzugsbescheid zur Gänze aufzuheben.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Für die Berufung in Administrativverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Straße mit öffentlichem Verkehr; Lenken oder Inbetriebnahme eines KFZ.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 31.7.2007, Zl.: 2006/02/0216-5

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum