Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161416/5/Br/Ps

Linz, 11.07.2006

 

 

VwSen-161416/5/Br/Ps Linz, am 11. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W K , B, L, vertreten durch Frau Dr. C B, Rechtsanwältin, S S, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.5.2006, Zl. VerkR96-1633-2006/Her, zu Recht:

 

Die Berufung wird im Punkt 1. als unbegründet

 

abgewiesen

 

und im Punkt 2. mangels eines anfechtbaren Titelbescheides als unzulässig

 

zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 u. § 71 Abs.1 Z1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 49 Abs.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z4 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52 idF BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber dessen von seinem Rechtsvertreter mit 20. April 2006 datierter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

Gleichzeitig wurde der mit diesem Antrag verbundene Einspruch als verspätet zurückgewiesen.

Über den unter Punkt 3. gestellten Antrag auf "Aufhebung der Vollstreckbarkeit" erfolgte seitens der Behörde erster Instanz weder bescheidmäßige Erledigung noch eine sonstige Vollstreckungsanordnung.

 

1.1. In der Begründung wurde seitens der Behörde erster Instanz ausgeführt, dass dem Berufungswerber die Strafverfügung laut Rückschein nachweislich am 22.2.2006 nach zwei erfolglosen Zustellversuchen beim Postamt Wien hinterlegt worden sei. Nach Ablauf der Hinterlegungsfrist langte die Sendung zur Behörde erster Instanz zurück. Die Strafverfügung sei demnach in Rechtskraft erwachsen. Am 12.4.2006 erging an den Berufungswerber eine Mahnung wegen Nichteinzahlung des Strafbetrages. Sodann habe der Berufungswerber den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Die Behörde erster Instanz verwies abschließend auf die rechtmäßig bewirkte Zustellung, wobei sie den angeblichen Verlust der Hinterlegungsanzeige durch Wegwerfen mit Werbematerial unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht gelten ließ.

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin fristgerecht erhobenen Berufung.

Darin vermeint er im Ergebnis den Verstoß der Hinterlegungsanzeige durch Wegwerfen mit Werbematerial als einen minderen Grad des Versehens und damit als Grund für eine Wiedereinsetzung ins Treffen führen zu können. Dies insbesondere weil ihm Derartiges noch nie widerfahren sei. Ebenfalls wird im gleichen Kontext auf einen möglichen Fehler des Zustellers hingewiesen.

Zuletzt wird auf die Entscheidung des OLG Linz GZ 11 R 5/05t verwiesen, worin der Verstoß einer Hinterlegungsanzeige in Verbindung mit der Entsorgung von Werbematerial aus dem Briefkasten als minderer Grad des Versehen erachtet worden sei.

Der Berufungswerber beantragt

  1. die Bewilligung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den Stand im Zustand vor der Zustellung (gemeint wohl ab der Zustellung des beeinspruchten Bescheides)
  2. stellt er den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 13.2.2006, AZ. VerkR96-1633-2006/Her.

 

3. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Ferner wurde im Wege des Hinterlegungspostamtes Wien unter Übermittlung des fraglichen Rückscheins eine Stellungnahme des Zustellers eingeholt und diese der Rechtsvertreterin des Berufungswerbers mit h. Schreiben vom 4.7.2006 unter Anschluss der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Parteiengehör gewährt. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

 

5. Sachverhalt:

 

5.1. Laut Aktenlage wurde für den Berufungswerber erstmals am 21.2.2006 durch das Postamt 1210 Wien die Strafverfügung v. 13.2.2006 zuzustellen versucht. An der Abgabestelle, in der, 1210 Wien, wurde eine Nachricht in das Hausbrieffach eingelegt und damit ein zweiter Zustellversuch angekündigt. Der zweite Versuch erfolgte am 22.2.2006 ebenfalls mit der Einlage einer Verständigung in das Hausbrieffach. Dies mit dem Hinweis, dass die Sendung beim Postamt ab 22.2.2006 abgeholt werden könne.

Da Anhaltspunkte für eine Ortsabwesenheit weder vorliegen noch behauptet wurden, noch Indizien auf einen durch das Zustellorgan unterlaufenen Fehler vorliegen, ist von einem korrekten Zustellvorgang auszugehen.

Diesbezüglich wurde im Wege des Zustellers eine Stellungnahme eingeholt, wobei dieser sinngemäß zum Ausdruck bringt, dass er seine Eintragungen am Rückschein wahrheitsgemäß gemacht hat.

An diesen Darstellungen vermögen keine objektiven Anhaltspunkte für Zweifel erblickt werden. Der Berufungswerber beruft sich lediglich auf den vermutlichen Verstoß der jeweiligen Ankündigungen durch diverses im Postkasten ebenfalls eingelegtes Werbematerial.

Im Akt findet sich ferner keine Vollstreckungsbestätigung, sodass es im Sinne des Zweitantrages einer sachlichen Grundlage entbehrt. Nach Einbringung der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid in Verbindung mit dem - nunmehr verspätet - erhobenen Einspruch, wurden keine Vollstreckungshandlungen gegen den Berufungswerber gesetzt.

Dies wurde durch eine Rückfrage bei der Behörde erster Instanz in Erfahrung gebracht.

Der Rechtsvertreterin des Berufungswerbers wurde das Ergebnis des Beweisverfahrens der Berufungsbehörde schriftlich mit der Einladung sich hierzu binnen einer Woche zu äußern zur Kenntnis gebracht.

Auf die Erstattung einer abschließenden Stellungnahme wurde letztlich verzichtet (AV v. 11.7.2006, 09:07 Uhr).

Mangels Vollstreckungsmaßnahmen ist dem Zweitantrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit der genannten Strafverfügung bloß als Akt der anwaltlichen Sorgfalt zu beurteilen.

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

§ 71 Abs.1 AVG:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

.........

Nach Abs.3 leg.cit. hat im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

 

6.1. Als minderer Grad des Versehens versteht sich eine leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB. Der Wiedereinsetzungswerber darf also hinsichtlich der Fristversäumnis nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt jemand, der die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des Wiedereinsetzungswerbers geschehen. Das, was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger für ihn tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (VwGH 18.3.2004, 2001/03/0003 mit Hinweis auf Beschluss des VwGH v. 24. November 1989, Zl. 89/17/0116).

Mit Blick darauf geht der Hinweis auf die Rechtsmittelentscheidung des OLG Linz, 11 R 5/05t v. 31.3.2005, ins Leere. Darin ist nämlich von einem diesbezüglichen Versehen einer bis dahin immer verlässlichen Kanzleikraft die Rede, wobei dort offenbar den Vertreter des Rechtsmittelwerbers kein Verschulden traf, da er aufgrund der langen verlässlichen Tätigkeit seiner Sekretärin auf deren Verlässlichkeit vertrauen habe dürfen, zumal stichprobenartige Kontrollen ihrer Tätigkeit bisher kein Fehlverhalten ergeben hätten.

Hier wird einerseits kein Versehen einer dritten Person behauptet, noch wurde dargelegt inwiefern hier das angebliche Wegwerfen der Hinterlegungsanzeigen mit Werbematerial nicht sorglos erfolgt wäre.

Dem Vorbringen des Berufungswerbers kann daher nicht gefolgt werden, wenn er sich auf den Verlust einer Hinterlegungsanzeige durch "Vermischung" mit entsorgtem Werbematerial beruft. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26. April 2000, Zl. 2000/05/0054, in einem einen Wiedereinsetzungsantrag betreffenden Beschwerdefall ausgesprochen, dass im Falle eines mit Werbematerial angefüllten Postkastens die Durchsicht dessen Inhaltes besonders genau zu erfolgen hat, um nichts zu übersehen. Aus dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Vorbringen der Beschwerdeführerin hatte sich nicht ergeben, dass deren Tochter als ihre Vertreterin bei der Durchsicht des Inhaltes des Briefkastens den Inhalt besonders genau durchgesehen hätte. Der Verwaltungsgerichtshof folgte der belangten Behörde, dass dem von der Beschwerdeführerin und deren Tochter vermuteten Übersehen der Hinterlegungsanzeige unter dem umfangreichen Werbematerial nicht bloß ein minderer Grad des Versehens zu Grunde gelegen sei (VwGH 28.3.2006, 2005/06/0308, sowie VwGH v. 2.10.2000, 98/19/0198, mit Hinweis auf VwGH 21.12.1999, Zlen. 97/19/0217 bis 0219, 0231 bis 0239, sowie vom 4.2.2000, Zl. 97/19/1484).

Auch hier kann daher im behaupteten Übersehen von zwei Ankündigungen ein bloß minderer Grad des Versehens nicht erkannt werden. Vielmehr ist geradezu von einer nicht zu entschuldigenden Schlamperei auszugehen, wenn gleich zwei Rückscheine auf diese Art übersehen worden sein sollten.

 

Zum Zweitantrag:

Wurde keine Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt, bleibt kein Raum für einen Abspruch über einen diesbezüglichen Antrag (vgl. dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S 1775, Rz f, mit Hinweis u.a. auf VwGH 15.2.1991, 86/18//0271 u. Walter/Mayer4, Rz 1014).

Der Berufungswerber ließ seinen diesbezüglichen Antrag im Übrigen gänzlich unbegründet bzw. belegte lediglich, dass er offenbar erst über die Zahlungsaufforderung von der Strafverfügung Kenntnis erlangte. Diesbezüglich erhob er in Verbindung mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Einspruch. Demnach stünde zumindest bis zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag, wegen der grundsätzlich aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels, eine Vollstreckungsmaßnahme entgegen (§ 64 AVG). Widrigenfalls würde diese Rechtschutzeinrichtung ihrer Zweckbestimmung entledigt, indem ihr nicht jegliches Mindestmaß an Effizienz für den Rechtschutzwerber genommen sein darf (vgl. VfSlg. 11.196/1986, 12.409/1990, 12,683/1991 u.a.m.).

 

Der Berufung gegen den angefochtenen Bescheid muss demnach ein Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

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