Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161431/6/Br/Ps

Linz, 05.07.2006

 

 

VwSen-161431/6/Br/Ps Linz, am 5. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb. , B, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 15. Mai 2006, Zl. VerkR96-12092-2005, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird in Bestätigung des Schuldspruches mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52 idF BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 51 Stunden verhängt und ihm zur Last gelegt, er habe am 07.06.2005 um 11:13 Uhr, als Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längenabmessungen, nämlich eines Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug, auf der A1 Westautobahn, bei km 210,400, Gemeinde Vorchdorf in Fahrtrichtung Salzburg, nach einem solchen Fahrzeug auf einer Freilandstraße den vom Gesetz geforderten Abstand von mindestens 50 m nicht eingehalten. Der gemessene Abstand betrug nur 18 m.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

 

"Sie haben das Sattelkraftfahrzeug am 07.06.2005 um 11:13 Uhr auf der Westautobahn A 1 in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt, wobei Sie mit einem Abstand von lediglich 18 m anstelle der vorgeschriebenen 50 m hinter einem Sattelkraftfahrzeug (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nachgefahren sind. Der angeführte Sachverhalt wurde mit dem Messsystem VKS 3.0 unter Beachtung der Eichvorschriften und Verwendungsbestimmungen festgestellt und am 08. 06. 2005 von R S, Verkehrsabteilung Oberösterreich, der Bezirkshauptmannschaft Gmunden angezeigt. Über Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden erteilte die Zulassungsbesitzerin, K, S, die Auskunft, dass Sie der Lenker des o. a. Sattelkraftfahrzeuges waren. Gegen die Strafverfügung vom 04. 08. 2005 erhoben Sie fristgerecht Einspruch ohne diesen zu begründen. Die behördlichen Aufforderungen, den Einspruch zu begründen bzw. zum Zwecke der Strafbemessung Ihre Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben haben Sie nicht befolgt. Am 25. 08 2005 haben Sie die Bevollmächtigung von Dr. P C angezeigt. Über Ihren Antrag wurde Ihnen eine Ablichtung des Verfahrensaktes übersandt.

 

Über diesen Sachverhalt hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Organ der Landesverwaltung in I. Instanz erwogen:

Die Angaben des Meldungslegers sind schlüssig und in sich widerspruchsfrei und wurden mit dem technischen System VKS 3.0/A06 unter Beachtung der Verwendungsbestimmungen festgestellt, sodass die Behörde hinsichtlich der dem Spruch zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen keine Zweifel hegte. Sie sind dem Tatvorwurf auch in keiner Weise entgegengetreten.

 

Gemäß § 18 Abs. 4 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse u. dgl.) auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten. Das oben dargestellte Verhalten erfüllt das objektive Tatbild der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung und ist auch durch die umfangreiche Videodokumentation hinreichend bewiesen. Weiters wird festgehalten, dass das Messsystem VKS 3.0 lediglich dann ein gültiges Messergebnis erzielt, wenn die beiden gemessenen Fahrzeuge innerhalb der Messstrecke (im vorliegenden Fall ca. 80 m) mit annähernd gleicher Geschwindigkeit fahren. Bei einer Verzögerung bzw. Beschleunigung eines der beiden Fahrzeuge kommt es systembedingt zu keinem verwertbaren Messergebnis. Da keine Schuldausschließungsgründe geltend gemacht wurden, ist auch das subjektive Tatbild des § 18 Abs. 4 StVO 1960 gegeben und ist daher der strafbare Tatbestand erfüllt.

 

Bei der Strafbemessung wurden die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 und 2 VStG in ihrem gesamten Umfange entsprechend berücksichtigt. Mildernd konnte Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertete werden. Erschwerende Umstände lagen nicht vor. Die gegen Sie verhängte Geldstrafe erscheint dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Grad des Verschuldens und auch Ihren persönlichen Verhältnissen (da Sie diese trotz Aufforderung nicht bekannt gaben, wird Ihr monatliches Nettoeinkommen - wie im Aufforderungsschreiben vom 20. 10. 2005 angekündigt - auf 1.500 Euro geschätzt bzw. wird davon ausgegangen, dass Sie über kein Vermögen verfügen und auch keine Sorgepflichten zu tragen haben) angepasst und erforderlich, um Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten. Überdies ließ sich die erkennende Behörde bei der Strafzumessung auch vom Gedanken der Generalprävention leiten, da die Verhängung von Geldstrafen auch einen potentiellen Täter von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten geeignet ist.

 

Die Vorschreibung der Strafverfahrenskosten gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber vorerst mit der als Einspruch bezeichneten und gänzlich unbegründet bleibenden Berufung.

Nach dem seitens der Behörde erster Instanz eingeforderten Verbesserungsauftrag, weist der Berufungswerber zunächst auf die bereits ein Jahr zurückliegende Straftat hin. Das Monatseinkommen wird folglich mit 1.206 Euro brutto monatlich bekannt gegeben. Weiter rügt der Berufungswerber in diesem Schreiben die seiner Ansicht nach seitens Behörde erster Instanz erfolgte Vorverurteilung. Diese erblickte er darin, dass er in einem Schreiben vom 15.5.2006 (im Straferkenntnis) als "potenzieller Täter" bezeichnet worden sei. Da er sich keiner Übertretung bewusst sei, beantrage er die Verfahrenseinstellung.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte hier angesichts der unstrittigen Faktenlage unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Ferner wurde der Berufungswerber mit h. Schreiben vom 26. Juni 2006 abermals zur Präzisierung seiner Berufung aufgefordert. Dem kam der Berufungswerber mit seiner Mitteilung vom 2. Juli 2006, hier eingelangt am 5. Juli 2006, nach.

 

4. Zur Person:

Der 59-jährige Berufungswerber ist als Berufskraftfahrer bei der Firma A beschäftigt. Seit 40 Jahren ist er als Berufskraftfahrer tätig, mit einer - laut eigener Bezeichnung - jährlichen Kilometerleistung von mehreren Erdumrundungen. Nun steht er knapp vor dem Pensionsantritt.

Er verfügt über ein Monatseinkommen in der Höhe von 1.206 Euro brutto. Laut Aktenlage ist er verwaltungsstrafrechtlich gänzlich unbescholten.

 

4.1. Zur Sache:

Laut der vom Video dem Akt beigefügten Fotodokumentation findet sich die Zeitspanne von 11:13:35 (Bild 10) bis 11:13:38 (Bild 22) Uhr aufgezeichnet. Dies entspricht einer Zeitspanne von 3,48 Sekunden. Es herrschte zu diesem Zeitpunkt auf dem rechten Fahrstreifen dieses Abschnittes der A1 eine geringe Fahrzeugdichte. Das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug findet sich auf dem Bild 1 unmittelbar hinter einem Sattelkraftfahrzeug. Auf Höhe der Zugspitze des Vorderfahrzeuges ist auf der linken Fahrspur ein offenbar überholender Pkw ersichtlich. Ein weiterer und offenbar ebenfalls schneller fahrender (überholender) Pkw findet sich in dieser Abbildungssequenz noch knapp hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers. Auf dem Bild 2 findet sich das zweite Fahrzeug etwa auf Höhe der Mitte des vom Berufungswerber gelenkten Sattelkraftfahrzeuges, welches bereits eine leichte Schrägstellung zur Fahrbahnmitte hin erkennen lässt. Offenkundig leitete der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt bereits den Überholvorgang zum Vorderfahrzeug ein. Etwa 300 m weiter hinten ist auf dem Bild 2 auf der linken Fahrspur ein weiterer Pkw und auf der rechten Fahrspur (etwa in gleicher Höhe) ein Lastkraftwagen erkennbar.

Der messtechnisch in einem Zeitfenster von 3,48 Sekunden errechnete Tiefenabstand von 18 m ist hier augenscheinlich auf einen unmittelbar bevorstehenden Überholvorgang zurückzuführen. Somit muss hier die Unterschreitung des Mindestabstandes von 50 m ausschließlich auf fahrdynamische und die fahrpraktische Logik zurückgeführt werden. Mit dem nur knapp in der nachgewiesenen Dauer von 3,5 Sekunden eingehaltene Abstand von 0,74 Sekunden war hier auch der Sicherheitsabstand im Sinne des § 18 Abs.1 StVO zumindest theoretisch noch gewährleistet.

In Entsprechung des h. Präzisierungsauftrages vom 26. Juni 2006 gibt der Berufungswerber an, er könne sich nach einem Jahr an den Vorfall nicht mehr konkret erinnern. Er habe während seiner 40-jährigen Tätigkeit als ADR-Lenker immer Wert auf Sicherheit gelegt. Daher vermeine er, dass die wider ihn erhobene Anschuldigung auf einem Irrtum basieren müsse. Seines Wissens nach habe es sich laut den technischen Angaben der Messung um eine Zeitspanne von drei Sekunden gehandelt. Die diesbezüglichen Fotos oder das Video habe er nicht eingesehen. Unter Hinweis auf seine bisherige Unbescholtenheit und mit Blick auf präventive Überlegungen der Tatsache seiner bevorstehenden Pensionierung, ersuche er um eine für ihn positive Entscheidung.

Der Berufungswerber legte demnach auch im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens im Ergebnis nachvollziehbar dar, dass sein ihm hier zur Last liegendes Fahrverhalten zumindest subjektiv nicht als strafwürdig empfunden wird. Andererseits würde empirisch besehen ein rechtmäßiges Alternativverhalten wohl die Flüssigkeit des Verkehrs auf Autobahnen nachhaltig negativ beeinträchtigen.

Der Unterschreitung des 50-m-Abstandes im Zuge der Ausführung eines Überholvorganges kann demnach in Wahrheit keine dem Schutzziel des § 18 Abs.4 StVO zuwider laufenden Aspekt zugeordnet werden. Das Einordnen eines überholenden Pkw´s in einem 50-m-Abstand stellt sich wohl auf sonstigen Freilandstraßen aber kaum auf Autobahnen als Problem dar. Auf der Autobahn ist aber ein kurzzeitiges Verkürzen dieses Abstandes - bis hin zum Sicherheitsabstand nach § 18 Abs.1 StVO - bei Überholvorgängen durch und von Lkw´s im Sinne der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs geradezu unabdingbar.

 

4.2. Diesbezüglich wies der Amtssachverständige in einem inhaltsgleichen h. Verfahren (Erk. VwSen-161156/6/Br, v. 21.3.2006) nicht nur auf die sich gravierend unterschiedlich gestaltenden Überholprofile aus einem 50-m-Abstand hin. Der SV vertrat auch die fachliche Auffassung, dass durch ein Umspuren auf den rechten Fahrstreifen erst nach Erreichen eines Tiefenabstandes von 50 m zum Vorderfahrzeug zu einer um 43 Sekunden längeren Benützungsdauer (Blockierung) der Überholspur führen würde.

Die diesbezüglich auch von der Berufungsbehörde durchgeführten Berechnungen ergaben bei einer Geschwindigkeitsdifferenz von 5 km/h eines mit 85 km/h überholenden Lkw-Zuges (Länge 18,7 m), aus einem Tiefenabstand von 50 m zum Vorderfahrzeug, eine Überholstrecke von 2.339 m. Demgegenüber liegt diese bei Tiefenabständen von jeweils 20 m, nur mehr bei 1.319 m (Berechnung mit Analyzer Pro 4,5).

Ebenfalls wurde die Einordnungsmöglichkeit in eine "50-m-Lücke" für die in aller Regel doch erheblich schneller fahrenden Pkw als kaum realistisch, wohl aber als gefährlich bezeichnet. Letzteres weil dadurch unweigerlich eine Bremsreaktion bei einem von einem solchen Überholvorgang unmittelbar betroffenen Fahrzeug (dem derart Überholten) ausgelöst werden könnte. Von einem solchen Manöver könnte laut Sachverständigem eine nicht unbedeutende Unfallspotenz für den Nachfolgeverkehr ausgehen.

Das hier dem Berufungswerber als Übertretung zur Last gelegte Verhalten entspricht - wie oben dargetan - den Gegebenheiten des Verkehrsflusses auf Autobahnen, wonach Lkw´s aus einem Abstand von weniger als 50 m heraus ihre Überholvorgänge einleiten, um dadurch den an sich schon längeren Überholvorgang an Lkw´s erträglich kurz zu halten und so die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu unterstützen. Ein gebotenes Verhalten kann daher, selbst wenn im engen Wortlaut des Gesetzes orientiert formal als rechtswidrig, doch nicht als strafwürdig qualifiziert werden.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.4 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse und dgl.) auf Freilandstraßen (dazu zählen auch Autobahnen) nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten (s. UVS-Steiermark v. 23.9.2004, 30.18-20/2004).

Das Schutzziel des § 18 Abs.4 StVO ist primär in der Überholmöglichkeit von Fahrzeugen mit größeren Längsabmessungen zu erblicken. Die gesetzliche Bestimmung des § 18 Abs.4 StVO soll gewährleisten, dass eine Kolonnenbildung durch mehrere hintereinanderfahrende Fahrzeuge mit größeren Längsabmessungen, insbesondere von Lkw-Kolonnen, verhindert wird, die auf Freilandstraßen ein erhebliches Hindernis durch andere Fahrzeuge bilden können. Dies trifft jedoch - wie vorhin dargestellt - für das Gebot möglichst kurz zu haltender Überholvorgänge auf Autobahnen gerade nicht zu. Daher kann aus empirischer Sicht mit dem kurzzeitigen Unterschreiten des 50-m-Abstandes im Zusammenhang eines gegenseitigen Überholens von Lastkraftwagen mit größeren Längsabmessungen, zumindest das in der Erleichterung des Überholens definierte Schutzziel der genannten Bestimmung wohl kaum als geschädigt erachtet werden. Dies belegt vor allem die auf Autobahnen tausendfach festzustellende Realität, die sich dahingehend gestaltet, dass sich - abgesehen im Bereich von Ausfahrten - das Einreihen zwischen zwei hintereinander fahrenden Lkw´s wohl kaum als geboten erweist.

Es liegt aber nicht im Ermessen der Vollziehung dies zu kritisieren. Nur dem Gesetzgeber wäre es anheim gestellt, im Lichte der gepflogenen Praxis und der Praxisauswirkungen den "50-m-Abstand" für Autobahnen angesichts des dort offenbar nicht erreichbaren Regelungsziels außer Kraft zu setzen.

 

6. Zum Strafausspruch.

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich des Schutzzweckes auf die obigen Ausführungen verwiesen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Hier gelangen bei der Beurteilung des Sanktionsbedarfs ausschließlich mildernde Umstände zur Wertung.

Diesem auf der Autobahn verwirklichten Tatbild liegt - entgegen der teilweise auch in der Judikatur vertretenen Auffassung - kein vom Schutzziel des § 18 Abs.4 StVO intendierter Unwertgehalt inne; vielmehr wird durch ein aus der Fahrdynamik resultierendes vorübergehendes Verkürzen dieses Abstandes (im Gegensatz zum Sicherheitsabstand iSd § 18 Abs.1 StVO) die Überholmöglichkeit für schnellere Fahrzeuge nachhaltig erleichtert. Das in der StVO ebenfalls definierte Schutzziel der "Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs" würde in der auf den Wortlaut reduzierten Inhalt der Bestimmung geradezu eine Wirkungsumkehr erfahren.

Der Unabhängige Verwaltungssenat übersieht aber nicht, dass dem Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung entsprechend jedwede Unterschreitung des 50-m-Abstandes als rechtswidrig zu qualifizieren ist.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde jedoch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn neben dem geringfügigen Verschulden des Beschuldigten auch die Folgen der Übertretung unbedeutsam sind. Davon ist hier auszugehen gewesen, weil in einem fahrdynamisch relevanten Zusammenhang ein Überholvorgang unverzüglich aus dem hier angelasteten Tiefenabstand ausgeführt wurde, wobei der hier angelastete Abstand zum Vorderfahrzeug auch noch (knapp) dem § 18 Abs.1 StVO (Sicherheitsabstand) entsprochen hat.

Demnach liegen hier für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erforderlichen Voraussetzungen vor.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Absehen von Strafe, Wirkungsumkehr Schutzziel, Sicherheitsabstand

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum