Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200003/28/Fra/Ka

Linz, 05.08.1992

VwSen - 200003/28/Fra/Ka Linz, am 5. August 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des E, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 12. August 1991, Agrar-299/1991/Cs, betreffend Übertretung des O.ö. Jagdgesetzes nach der am 2. Juli 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Leistung leglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG. Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 12. August 1991, Agrar-299/1991/Cs, über den Beschuldigten wegen Übertretung des § 93 Abs.1 lit.j i.V.m. § 50 Abs.1 des O.ö. Jagdgesetzes folgende Strafen verhängt:

a) Gemäß § 93 Abs.2 O.ö. Jagdgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S. Gemäß § 16 Abs.2 VStG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

b) Der erlegte Auerhahn wurde gemäß § 93 Abs.2 O.ö. Jagdgesetz für verfallen erklärt.

c) Die am 7.4.1988 unter der Zahl Agrar-11/1988 ausgestellte Jagdkarte wurde entzogen und für die Dauer von 8 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides auf den zeitlichen Verlust der Fähigkeit eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt.

Weiters wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren erster Instanz in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Die Erstbehörde hat als erwiesen angenommen, daß der Beschuldigte als Gesellschafter der Genossenschafts-Jagd Micheldorf II am 20.5.1991 um ca. 17.15 Uhr auf der Forststraße Thurnhamberg, Gemeinde Micheldorf, in der Genossenschafts-Jagd Micheldorf II einen Auerhahn erlegt hat, ohne im Besitz eines von der Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems) für das laufende Jagdjahr genehmigten Abschußplanes des für Auerwild zu sein.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 2. Juli 1992 wurde unter Zuziehung eines Amtssachverständigen für das Jagdwesen sowie eines Amtssachverständigen für Veterinärmedizin eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Unbestritten ist, daß der Beschuldigte zur Tatzeit am Tatort einen Auerhahn erlegt hat. Unstreitig ist weiters, daß für die Genossenschafts-Jagd Micheldorf II kein Auerhahn zum Abschuß gemäß § 50 Abs.1 des O.ö. Jagdgesetzes freigegeben wurde. Der Beschuldigte vertritt jedoch die Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 50 Abs.7 des O.ö. Jagdgesetzs vorgelegen seien, wonach kümmerndes oder krankgeschossenes Wild zur Schonzeit oder über den genehmigten Abschußplan hinaus erlegt werden darf, wenn dies zur Gesunderhaltung des Bestandes oder zur Behebung von Qualen des Wildes unerläßlich ist. Er wirft in seinem Berufungsschriftsatz der Erstbehörde Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mangelhafte Tatsachenfeststellung, unrichtige rechtliche Beurteilung sowie unrichtige Strafbemessung vor.

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens führt er im wesentlichen aus, daß sich die belangte Behörde auf ein "Gutachten" verlasse, welches mangelhaft und unzureichend sei. Das "Gutachten" vom 10.7.1991 lese sich eher als eine allgemeine Erzählung als eine auf einem bestimmten Sachverhalt aufbauende Schlußfolgerung. Es fehle jeglicher Bezug zu dem vorliegenden Sachverhalt. Er habe bereits in seiner Einvernahme am 13.6.1991 von einem kranken Auerhahn mit zerzaustem Gefieder gesprochen. Der Sachverständige spreche jedoch von einem balzenden Auerhahn. Er verweise auch auf das Schreiben des Präporators Alfred Höller vom 30.7.1991 (im Akt aufliegend), woraus hervorgehe, daß der Auerhahn eine starke Verletzung aufgewiesen habe, wo viele Federn fehlten und die Schußverletzung minimal gewesen sei. Die Erstbehörde habe keinen Augenschein vorgenommen, obwohl dies erforderlich gewesen wäre. Der Sachverständige sei zudem mit keinem Wort auf seinen Ausspruch des kranken Tieres eingegangen. Im übrigen sei die Erstinstanz auf seine Verantwortung nur mangelhaft eingegangen. Die Erstbehörde habe auch nicht überprüft, ob er subjektiv der Meinung war, daß es sich um ein krankhaftes Tier gehandelt hat. Er sei nämlich subjektiv der Meinung gewesen, ein kümmerndes bzw. krankgeschossenes Wild im Sinne des § 50 Abs.7 O.ö. Jagdgesetzes erlegt zu haben. Mit der subjektiven Tatseite habe sich die Behörde nicht ausreichend auseinandergesetzt. Im übrigen werden in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses Beweiswürdigung, rechtliche Beweisteilung und Strafzumessung vermischt. Weiters habe die Erstinstanz die Rechtsfrage unrichtig gelöst. Für ihn habe der Auerhahn ein unnatürliches und krankes Verhalten gezeigt. Er habe ihn für ein kümmerndes bzw. krankgeschossens Wild im Sinne des § 50 Abs.7 leg.cit gehalten. Er sei der Meinung gewesen, zum Abschuß berechtigt gewesen zu sein. Die Erstbehörde habe ihm nicht nachgewiesen, einen gesunden Auerhahn erlegt zu haben bzw. habe der Sachverständige seine Verantwortung, einen kranken Auerhahn erlegt zu haben, sachlich nicht widerlegen können, weil er nicht einmal einen Augenschein vorgenommen hat. Die Erstbehörde habe im Hinblick auf den vorliegenden Rechtfertigungsbzw. Schuldausschließungsgrund nicht untersucht, ob er sich in einem entschuldbaren Irrtum befunden habe. Im übrigen sei, selbst wenn man davon ausginge, daß er irgendein Verschulden zu vertreten hätte, die Strafe drakonisch und keinesfalls angemessen. Die Geldstrafe sei weit überhöht. Es hätte eine Ermahnung auch ausgereicht. Im übrigen sei die Verfallserklärung ein Ermessenstatbestand. Auch der Entzug der Jagdkarte sei eine Kannbestimmung. Auch diese Strafe erscheine dem Tatbestand keinesfalls angemessen.

Aufgrund dieser Ausführungen des Berufungswerbers hat der unabhängige Verwaltungssenat den relevanten Sachverhalt einer völlig eigenen Beurteilung unterzogen. Es wurden im Rahmen der am 2. Juli 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung die vom Berufungswerber namhaften Zeugen befragt, weiters wurde der erlegte Auerhahn einem Augenschein unterzogen, es wurde ein Ortsaugenschein durchgeführt und es wurden andere als im erstinstanzlichen Verfahren tätige Sachverständige beigezogen.

Nach sorgfältiger Abwägung der aufgenommenen Beweise im Rahmen des vom unabhängigen Verwaltungssenates durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist dieser zur Überzeugung gekommen, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht zu verantworten hat, wobei die aufgenommenen Beweise wie folgt gewürdigt wurden:

Auf Grund der Verantwortung des Beschuldigten ist von folgendem Tathergang auszugehen:

Der Beschuldigte fuhr mit seiner Frau auf der Forstraße Thurnhamberg Richtung Sattelhalt, als er auf der linken Fahrbahnhälfte einen Auerhahn hocken sah. Der Auerhahn hielt den Kopf nach unten. Er sowie seine Gattin stiegen aus dem PKW aus, gingen auf den Auerhahn zu, um zu sehen, wie er reagiere. Er konnte ganz nahe an den Auerhahn herangehen, ohne daß dieser flüchtete. Als er den Auerhahn fangen wollte, humpelte dieser seitlich weg. Er konnte den Auerhahn gerade um Zentimeter nicht ergreifen. Ihm kam das Verhalten dieses Tieres ganz eigenartig vor. Er schloß daraus, daß es sich um einen kranken Auerhahn handelt, welcher Qualen leidet. Er stieg daraufhin mit seiner Gattin wiederum in den PKW ein, fuhr nach Hause, um das Gewehr zu holen. Als er nach ca. einer halben Stunde wieder zurückkam, saß der Auerhahn noch immer auf derselben Stelle. Aus dem Verhalten des Auerhahnes schloß er, daß er Qualen leidet. Eine offensichtliche Verletzung hatte er nicht erkannt, der Auerhahn zeigte jedoch ein verkrampftes Verhalten. Die Kopfhaltung des Auerhahnes war eingezogen und verkrampft. Er hat sich sodann nicht schonend an den Auerhahn herangepirscht, sondern ist ganz normal über die Böschung hinuntergegangen. Er hatte den Eindruck, daß er den Auerhahn mit einem Stock erschlagen hätte können, ohne daß dieser weggeflogen wäre. Das Federkleid wies keinen Glanz auf, es war eher struppig. Das Gefieder war zerzaust, das Federkleid würde er nicht als freudig bezeichnen. Er erlegte den Auerhahn aus einem Abstand von ca. 4 bis 6 m schrägseitig nach oben. Der Auerhahn bot ihm die linke Körperseite dar.

Diese Version wurde im wesentlichen von der Gattin des Beschuldigten bestätigt. Die Gattin des Beschuldigten wurde vom Verhandlungsleiter vor Beginn der Zeugeneinvernahme eindringlich an ihre Wahrheitspflicht sowie auf die Folgen einer falschen Zeugenaussage erinnert. Weiters wurde sie darauf aufmerksam gemacht, daß sie sich der Aussage entschlagen könne, sie wollte jedoch aussagen. Im wesentlichen bestätigt Frau S die Version ihres Gatten. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel darüber, daß der vorhin geschilderte Geschehensablauf der Wahrheit entspricht. Der Beschuldigte hat daher im Sinne des § 5 Abs.1 VStG mangelndes Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung glaubhaft gemacht, was zur Folge hat, daß es an der Behörde liegt, den Nachweis der subjektiven Tatseite zu führen. Ein allfälliger Schuldausschließungsgrund bewirkt daher, daß die tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung im konkreten Vorfall nicht vorwerfbar ist. Es mangelt an der (strafbegründenden) Schuld. Dazu zählen insbesondere das mangelnde Bewußtsein der Rechtswidrigkeit, der Rechtsirrtum sowie der Tatbildirrtum. Weiters zählt hiezu der Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt. Dieser Irrtum verhüllt dem Täter die Rechtswidrigkeit seiner Tat und stellt die Kehrseite des Unrechtsbewußtseins dar. Der Täter erkennt nicht, daß das was er tut, in Wirklichkeit Unrecht ist. Daher schließt der Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt das Unrechtsbewußtsein aus.

Es treten dieselben Rechtsfolgen ein wie beim Tatbildirrtum. Anders als beim Tatbildirrtum schließt jedoch der Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt, beispielsweise bei einem Vorsatzdelikt den Vorsatz nicht aus. Wer über einen rechtfertigenden Sachverhalt irrt, handelt vorsätzlich. Es entfällt aber - wie erwähnt - das Unrechtsbewußtsein. Daß der Beschuldigte vorsätzlich das gesetzliche Tatbild erfüllt hat, liegt auf der Hand und wird von ihm auch nicht bestritten. Es liegen jedoch eindeutige Indizien vor, das ihm an der gegenständlichen Handlung das Unrechtsbewußtsein gefehlt hat, hätte er doch ansonsten nicht am Folgetag mit anderen Jägern zur Feier des Auerhahnabschusses in sein Gasthaus eingeladen. Es wäre ihm im übrigen auch ein leichtes gewesen - hätte er es gewollt - die ganze Sache "zu vertuschen". Hinsichtlich des Unrechtsbewußtseins unterscheidet die Strafrechtsdogmatik zwischen aktuellen und virtuellen Unrechtsbewußtsein. Dies darf nicht verwechselt werden mit dem Vorsatz, da diesbezüglich inhaltliche Unterschiede bestehen. Der Vorsatz bezieht sich auf die tatsächliche Seite der Tat, das Unrechtsbewußtsein bezieht sich auf die rechtliche Seite, d.h. auf die Bewertung der Tat als Unrecht. Außerdem muß der Vorsatz zum Zeitpunkt der Tat tatsächlich, das Unrechtsbewußtsein dagegen nur "virtuell" vorhanden sein. Als virtuelles Unrechtsbewußtsein bezeichnet man den vorwerfbaren Mangel des Unrechtsbewußtseins. Wer nicht einmal mit virtuellem Unrechtsbewußtsein handelt, handelt nicht vorwerfbar. Mit den so verstandenen Schuldelementen "Unrechtsbewußtsein" entfällt die Schuld schlechthin. Es ist daher zu untersuchen, ob der vom Beschuldigten vorgebrachte Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht, mit anderen Worten, ob er als "maßgerechter", d.h. als ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch davon ausgehen durfte, ob im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 50 Abs.7 O.ö. Jagdgesetzes vorliegen.

Aus den bei der Verhandlung erstatteten Gutachten sind nun Aussagen abzuleiten, welche zum Teil für diese Annahme und zum Teil gegen diese Annahme sprechen.

Der Jagdsachverständige hat u.a. ausgeführt, daß bei einjährigen Hahnen - und um den handelt es sich hier - die Mauser, also der jährliche Ersatz des Gefieders, wesentlich früher beginnt als bei älterem Auerwild. Bei Jahrlingshahnen beginnt die Mauser bereits im April, sodaß sie im Juli fertig vermausert sind. Am Präparat selbst sind bereits neugebildete Federn als Beweis dafür zu werten, daß die Mauser bereits im Gange war. Der Beschuldigte schloß auf ein abnormales Verhalten aufgrund eines zerzausten Federkleides, einer bei Annäherung geringen Fluchtdistanz und einem insgesamt wenig agilen Verhalten. Dieses Verhalten sei jedoch weder als abnormal noch als krankhaft einzustufen. Der beschriebene zerzauste Gefiederzustand während der Mauser sei kein geeigneter Hinweis auf ein krankhaftes Verhalten. Die oben genannten Ausführungen des Jagdsachverständigen sprechen somit gegen die Annahme, daß es sich bei dem erlegten Auerhahn um ein kümmerndes Tier gehandelt hat.

Der Jagdsachverständige hat jedoch auch Aussagen getroffen, welche darauf schließen lassen, daß es sich doch allenfalls um ein kümmerndes Tier gehandelt hat, daß ein Rückschluß auf die Mauser erst in Verbindung mit den wildbiologischen Gesetzmäßigkeiten möglich ist. Aufgrund des Erscheinungsbildes allein wäre im gegenständlichen Falle eine derartige Zuordnung wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Ferner führt der Sachverständige aus: Ebensowenig wie sich die Lage des Schußkanales anhand des Präparates im Nachhinein mit Sicherheit festlegen läßt, können die neun Zusammenhangstrennungen des Balges als Verletzungen, die vor oder nach dem Tod des Tieres bestanden haben, festgelegt werden. Soferne das Verhalten des hoppelnden Ganges über mehrere Beobachtungen bestätigt hätten werden können, hätte es als Hinweis auf einen kümmernden Auerhahn gewertet werden können. Auch bei einer Zusammenschau der Merkmale verbleibt allenfalls der hoppelnde Gang als Merkmal, das nicht im Rahmen der Normalität liegt. Alle Merkmale (Verletzungsmöglichkeiten) hätten oder konnten erst nach Erlegen festgestellt werden. Die Beurteilung der Frage, ob aus dem Verhalten des Auerhahnes ein solches Kümmern abzuleiten ist, das einen Abschuß unbedingt erforderlich erscheinen läßt, kann nur auf den dem Beschuldigten zur Verfügung stehenden Beobachtungen der Verhaltensweisen aufgebaut werden. Der Jagdsachverständige führte weiters über Befragen des Beschuldigtenvertreters aus, daß bei Auftreten mehrerer Verletzungen bis zu einer potentiellen Länge von 12 cm ein Teil solcher Verletzungen möglicherweise sogar unmittelbare Todesfolgen haben. Unter der Annahme, daß die vorhandenen längeren Durchtrennungen nicht Verletzungen waren, blieben, abgesehen von der Schußverletzung, selbst nur relativ kleine Hautverletzungen übrig, die eine Beeinträchtigung des Auerhahnes wahrscheinlich nicht zur Folge gehabt hätten. Zu der Frage, ab welcher Verletzungsintensität eine Lebensgefahr gegeben gewesen wäre, führte der Sachverständige aus, daß er diese Frage nicht beantworten könne, da neben der Länge einer Wunde auch die Tiefen und andere Parameter wahrscheinlich maßgeblich wären, die nicht bekannt sind.

Zusammenfassend ist daher zum jagdlichen Gutachten festzustellen, daß darin nicht nur Aussagen enthalten sind, die darauf schließen lassen, daß es sich um kein kümmerndes Tier gehandelt hat, sondern auch Aussagen, welche einerseits indifferent sind und andererseits jedoch schon den Schluß zulassen, daß es sich um ein kümmerndes Tier gehandelt haben könnte.

Auch aus den Aussagen des veterinärmedizinischen Sachverständigen sind verschiedene Schlüsse - wie oben abzuleiten. So hat der Sachverständige zum Gefieder ausgeführt, daß es anliegend war, daß keine abgestoßenen Federn weder an der Unterseite der Schwinger noch am Stoß festgestellt werden konnten. Im Bereich des Halses boten sich ihm blauschillernde Federn und es konnte ein Glanz festgestellt werden. Weiters wies der Sachverständige darauf hin, daß in der Fachliteratur bei Jährlingshahnen während der Mauser, die sich jährlich Ende Mai, Anfang Juni abspielt, ein derartiges Verhalten wie es der Beschuldigte festgestellt hat, als nicht abnormal, sondern als normales Verhalten erwähnt wird. Auch die Fluchtdistanz sei nicht als abnormal zu bezeichnen. Zu der Frage, ob aufgrund der erwähnten Symptome auch für einen Jäger auf einen krankhaften Zustand des Tieres geschlossen werden kann, führte der Sachverständige aus, daß unter normalen Umständen sicherlich ein abnormales Verhalten möglich sei, aber in bezug auf das Auerwild doch für einen Jäger ein normales Verhalten "das als abnormal erscheint" geschlossen werden könnte. Die Frage, ob es möglich ist, daß sich ein Krankheitsprozeß, der bereits im Jänner beginnt, derartig verschlechtert, daß im Mai ein Abschuß zu vertreten wäre, beantwortet der Sachverständige dahingehend, daß laut Angaben in der Literatur ein derartiges Verhalten nicht als abartig oder abnorm eingestuft werde, sondern im Zusammenhang mit den auftretenden Faktoren als normal einzustufen sei. Diese Aussage habe natürlich nur dann seine Richtigkeit, wenn auch tatsächlich die Mauser vorlag, was aber aufgrund des jahreszeitlichen Verlaufes und des Datums des Erlegens sicherlich noch möglich gewesen sei. Da es sich bei dem Gefieder um ein einwandfreies Gefieder mit keinen Verschleißerscheinungen handle, könne man noch nicht auf eine Mauser schließen, wobei jedoch eine beginnende Mauser im Bereich des Möglichen liege.

Die vorerwähnten Feststellungen des Amtssachverständigen lassen eher den Schluß zu, daß es sich doch um kein kümmerndes Tier gehandelt hat, wobei jedoch die nachfolgenden Feststellungen wiederum den gegenteiligen Schluß zulassen. So konnte der Amtssachverständige nicht einwandfrei feststellen, ob es sich tatsächlich um ein "krankes" Tier gehandelt hat oder nicht, da wesentliche Merkmale des Präparates fehlen. Dieser Umstand kann jedoch nicht dem Beschuldigten zur Last gelegt werden. Weiters führte der Amtssachverständige zur Frage, ob sich durch die geeignete Präparation das Gefieder aufmöbeln lasse, aus, daß es natürlich Methoden gebe, die das Erscheinungsbild eines Federkleides verbessern lasse. Zu der Frage, ob sich in Verbindung zum kümmernden Gang mit anderen Symptomen von einem Laien auf ein kümmerndes Wild schließen lasse, merkte der Amtssachverständige an, daß aufgrund der geschilderten Symptome von einem Laien sicherlich auf ein kümmerndes Wild geschlossen werden könne. Die Frage, welche Schlüsse die Zusammenhangstrennungen im Balg zulassen in bezug auf das lebende Wesen, beantwortete der Amtssachverständige dahingehend, daß, sollten diese Verletzungen wirklich zu Lebzeiten bereits am Tier vorhanden gewesen sein, ein Weiterleben für das Tier sicherlich problematisch wäre.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß aufgrund der Ergebnisse des vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der eben abgewogenen Gutachten, Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß es sich um kein kümmerndes Tier gehandelt hat aber auch Anhaltspunkte dafür, daß das Tier doch kümmernd oder verletzt war. Ein weiteres Indiz, daß der Auerhahn doch kümmernd oder verletzt war, bildet die Aussage des als sachverständigen Zeugen vernommenen Präparators A. Dieser führte aus, daß der Hahn einerseits noch nicht in der Mauser war und andererseits der Auerhahn eine eitrige Verletzung aufgewiesen hat. Der Auerhahn wies auch keine Punkteiterung auf, sondern es war ein ganzer Fleck vereitert. Der Zeuge stellte weiters fest, daß bei der Bearbeitung das Federkleid aufgemöbelt wird, d.h., daß der derzeitige Zustand nicht mit dem Zustand übereinstimmen muß, wie er sich zum Zeitpunkt der Übergabe des Herrn S an ihn darstellte.

In der Zusammenschau der ermittelten Indizien ergibt sich, daß die Führung eines eindeutigen Beweises dahingehend, daß der Beschuldigte schuldhaft gehandelt hat, nicht überzeugend zu führen ist. Es sprechen Indizien für ein schuldhaftes als auch gegen ein schuldhaftes Verhalten. Ein nicht zu vernachlässigendes Kriterium ist zudem - wie bereits eingangs erwähnt - auch das Verhalten des Beschuldigten nach dem Vorfall.

Da somit trotz ausführlicher Würdigung der aufgenommenen Beweise noch Zweifel darüber bestehen, daß der Täter schuldhaft gehandelt hat, war in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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