Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200011/3/Kl/Rd

Linz, 10.01.1992

VwSen - 200011/3/Kl/Rd Linz, am 10. Jänner 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine III. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Johann Fragner sowie durch Dr. Ilse Klempt als Berichterin und den Beisitzer Dr. Gustav Schön als Stimmführer über die Berufung der M, vertreten durch die Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 4. November 1991, N-173-1991, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Umfang des Spruchabschnittes I aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz entfällt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat über die Beschuldigte mit Straferkenntnis vom 4. November 1991, N-173-1991, im Spruchteil I eine Geldstrafe von 60.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen verhängt, weil sie auf Parzelle Nr., KG S, von Anfang September 1991 bis 11. Oktober 1991 Schotter ohne naturschutzbehördliche Bewilligung abgebaut und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.1 Z.2 lit. h und § 37 Abs.2 Z.1 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl.Nr. 80 in der Fassung LGBl.Nr. 72/1988, begangen hat. Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag von 6.000 S für das Strafverfahren festgesetzt. Weiters wurde im Spruchabschnitt II des zitierten Straferkenntnisses eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil die Beschuldigte von 9. Oktober bis 11. Oktober 1991 Schotter abgebaut hat, obwohl mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 2. Juli 1991, N-211-1990, und des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 17. September 1991, N-10-1987/3-I/Kü-1991, die unverzügliche Einstellung des Schotterabbaus verfügt worden war. Als Verfahrenskostenbeitrag wurden 1.000 S auferlegt. Das Straferkenntnis stützt sich insgesamt im wesentlichen auf einen Bericht des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 15. Oktober 1991 sowie auf die beiden obigen Einstellungsbescheide.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung und diese führt zum Spruchteil I im wesentlichen aus, daß ein Schotterabbau nicht stattgefunden habe, sondern lediglich Humus und Zwischenboden abgezogen und der Erddamm verlängert wurde. Der Ausdruck, der Schotterbau sei "voll im Gang", sei völlig unbestimmt und wird in dieser Form bestritten. Außerdem werde weiterhin die Rechtsauffassung vertreten, daß eine naturschutzbehördliche Bewilligung gegeben ist. Im übrigen stützt sich die Berufungswerberin auf Notstand, da eine Stillegung des gesamten Betriebes voraussichtlich mit dem Konkurs verbunden wäre und sohin sämtliche Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden müßten. Im übrigen richtet sich die Berufungswerberin gegen die Höhe der verhängten Strafe, da sie nicht aus verwerflichen und unlauteren Beweggründen gehandelt hätte.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land Einsicht genommen. Eine Gegenschrift wurde von der belangten Behörde nicht erstattet.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht anzuberaumen.

Zur Entscheidung über die Berufung war eine Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Hinsichtlich des Spruchabschnittes II ist die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes gegeben und wird daher eine gesonderte Entscheidung ergehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in seiner III. Kammer folgenden Sachverhalt als entscheidungserheblich festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt:

4.1. Bereits mit Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 31. Oktober 1991, VwSen-200005/2/Kl/Kf, wurde rechtskräftig eine Geldstrafe von 50.000 S verhängt, weil die Beschwerdeführerin im Juli und August 1991 auf den Parzellen Nr. und der KG S Schotter ohne naturschutzbehördliche Bewilligung abgebaut hat.

4.2. Mit bestätigendem Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 17. September 1991, N-10-1987/3-I/Kü-1991, wurde die Verfügung der unverzüglichen Einstellung des Schotterabbaues gemäß § 39 Abs.3 i.V.m. Abs.1 des O.ö. Naturschutzgesetzes rechtskräftig.

4.3. Aufgrund des Berichtes des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 15. Oktober 1991 war am 11. Oktober 1991 der Schotterabbau auf der Parzelle der KG S nach wie vor voll im Gange. Gegenüber dem Abbaustand vom August 1990 wurde auf einem ca. 140m bis 150m breiten Streifen der Humus und Zwischenboden abgezogen; der 2m bis 3m hohe Erddamm entlang der Voralpenbundesstraße wurde verlängert und auch am Südrand dieses Streifens fortgesetzt. Alle Betriebsanlagen (Brechwerk, Siebanlagen, Betonmischwerk) waren in Betrieb. Auch ein am 23. Oktober 1991 in Anwesenheit der Berufungswerberin durchgeführter Lokalaugenschein hat ergeben, daß auf der Parzelle der KG S weiterhin Schotter abgebaut wird. Von einem bereits vorbereiteten Schotterhaufen wurde mittels eines Radladers Schotter verladen und abgefrachtet.

4.4. Wie aus der schriftlichen Rechtfertigung der Beschuldigten vom 5. November 1991 hervorgeht, hat sie bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 28. Oktober 1991 einen Antrag auf naturschutzbehördliche Bewilligung des Schotterabbaus eingebracht. Diese Bewilligung wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19.12.1991, N-211-1990, befristet bis 31.12.2002 erteilt.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat in seiner III. Kammer in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 Z.2 lit.h des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl.Nr. 80 idgF (OöNSchG 1982), bedarf die Eröffnung und die Erweiterung unter anderem von Sand-, Lehm- oder Schotterentnahmestellen sowie die Errichtung von diesbezüglichen Aufbereitungsanlagen der Bewilligung der Behörde. Es sind sohin die der Entnahme dienenden Vorbereitungshandlungen sowie auch die nachfolgenden Aufbereitungshandlungen von der Bewilligung bzw. Bewilligungspflicht miterfaßt. Es sind daher nach dem oben festgestellten Sachverhalt bis zum 11. Oktober 1991 (und sogar darüberhinaus) bewilligungspflichtige Vorhaben durchgeführt worden. Wie schon im obzitierten Erkenntnis des Verwaltungssenates in rechtlicher Hinsicht dargelegt wurde, besteht eine naturschutzbehördliche Bewilligung aufgrund der Übergangsbestimmung des § 41 Abs.7 des OöNSchG nicht mehr. Diese Rechtsauffassung wird auch weiterhin vom Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertreten.

5.2. Gemäß § 39 Abs.1 i.V.m. Abs.3 des OöNSchG kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 37, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt wurden, auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bescheidmäßig verfügen. Eine solche bescheidmäßige Einstellungsverfügung ist seitens der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land ergangen und wurde zumindest formell rechtskräftig.

5.3. Gemäß § 37 Abs.2 Z.1 OöNSchG 1982 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, wer bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausführt. Gemäß § 37 Abs.2 Z.5 des OöNSchG 1982 in der Fassung LGBl.Nr. 72/1988 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, wer einer besonderen administrativen Verfügung gemäß § 39 nicht nachkommt oder dieser zuwiderhandelt. Wie dazu aus den Materialien (Beilage 205/1988 zum kurzschriftlichen Bericht des O.ö. Landtages, XXIII. Gesetzgebungsperiode) zu entnehmen ist, erscheint aufgrund der Bedeutung des Natur- und Landschaftsschutzes auch für die Mißachtung administrativer Verfügungen gemäß § 39 des Gesetzes eine Strafsanktion unumgänglich und wurde daher eine Strafbestimmung zur Ahndung der Nichtbeachtung naturschutzbehördlicher Aufträge oder des diesbezüglichen Zuwiderhandelns eingefügt.

Die Erlassung einer administrativen Verfügung nach § 39 des OöNSchG räumt aber den Behörden kein Ermessen im Sinne des Art.130 Abs.2 B-VG ein, sondern es hat vielmehr die Naturschutzbehörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Maßnahmen nach dieser Gesetzesstelle zu setzen (vgl. ÖGZ Heft 10/1991, Seite 14f, mit weiteren Nachweisen). Gesetzliche Voraussetzung für die Einstellungsverfügung gemäß § 39 des OöNSchG ist die Ausführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens ohne Bewilligung. Kann auch die administrative Verfügung bei Vorliegen dieser Voraussetzung unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 erlassen werden - also administrativer Auftrag neben einer verwaltungsbehördlichen Bestrafung - so schließt nach Ansicht des Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ein Zuwiderhandeln bzw. Nichtbefolgen einer administrativen Verfügung nach § 39 leg.cit. (Einstellungsverfügung) den Unrechtsgehalt der die Voraussetzung für diese Verfügung bildenden bewilligungslosen Ausführung des Vorhabens denknotwendig in sich ein. Das im § 22 VStG festgelegte Kumulationsprinzip ist aber durchbrochen, wenn Konsumtion vorliegt, wobei Voraussetzung ist, daß durch die Bestrafung wegen des einen Deliktes tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfaßt wird (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, Seite 820, mit weiteren Nachweisen). So hat auch der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß Konsumtion zweier Deliktstatbestände dann vorliegt, wenn eine bewertende Beurteilung ergibt, daß der Unwert des einen Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfaßt wird. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, also wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (VwGH 23.9.1970, 678/68; 30.6.1977, 1049/76). Im Sinne dieser Judikatur verhält sich aber im § 37 Abs.2 die Z.5 im Verhältnis zur Z.1 dahingehend, daß eine Übertretung nach Z.1 denknotwendige Voraussetzung für die Begehung der Übertretung nach Z.5 (bzw. eine Übertretung nach Z.5 jedenfalls immer auch eine Übertretung nach Z.1) ist und daher im Tatbestand der Verwaltungübertretung nach Z.5 enthalten ist.

5.4. Da aber im angefochtenen Straferkenntnis sowohl eine Bestrafung nach § 37 Abs.2 Z.1 als auch nach § 37 Abs.2 Z.5 des OöNSchG 1982 ausgesprochen wurde, ist eine solche Kumulierung nicht zulässig und war daher spruchgemäß unter Zugrundelegung der obigen Rechtsausführung die im Spruchabschnitt 1 ausgesprochene Bestrafung zu beheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG einzustellen.

6. Gemäß § 66 Abs.1 VStG sind die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen, wenn eine verhängte Strafe in Folge einer Berufung aufgehoben wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Fragner Dr. Klempt Dr. Schön 6

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