Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200012/2/Kl/Kf

Linz, 10.01.1992

VwSen - 200012/2/Kl/Kf Linz, am 10. Jänner 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der M, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 4. November 1991, N-173-1991, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Naturschutzgesetz 1982 zu Recht:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis im Spruchabschnitt II verhängte Strafe wird auf 5.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24, 51 und 19 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 500 S. Die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 4. November 1991, N-173-1991, in Abschnitt II eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, verhängt, weil die Beschuldigte vom 9. bis 11. Oktober 1991 Schotter abgebaut hat, obwohl mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 2. Juli 1991, N-211-1990, die unverzügliche Einstellung des Schotterabbaus verfügt worden ist und sohin eine Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.3 und § 37 Abs.2 Z.5 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 begangen hat. Gleichzeitig wurde als Beitrag zu den Verfahrenskosten ein Betrag von 1.000 S festgesetzt. Die Begründung stützt sich im wesentlichen auf die im Spruch zitierte Einstellungsverfügung, welche auch von der Berufungsbehörde bestätigt wurde und somit mit Zustellung des Berufungsbescheides am 9. Oktober 1991 rechtskräftig war. Hinsichtlich der Strafbemessung wurde kein Umstand als mildernd gewertet. Als erschwerend wurde der Schotterabbau trotz Einstellungsverfügung, eine vorausgegangene Bestrafung und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen gewertet.

2. Dagegen richtet sich nunmehr die fristgerecht eingebrachte Berufung, und es wird im wesentlichen darin ausgeführt, daß mit der Einstellungsverfügung vom 2. Juli 1991 lediglich der Abbau von Schotter untersagt wurde, wohingegen aus dem Beweisergebnis nirgends hervorgeht, daß vom 9. Oktober 1991 bis 11. Oktober 1991 tatsächlich Schotter abgebaut wurde. Im übrigen werde weiterhin die Ansicht vertreten, daß eine aufrechte naturschutzbehördliche Bewilligung vorliegt. Im übrigen wird entschuldigender Notstand geltend gemacht, da die Einstellung des Schotterabbaus voraussichtlich den Konkurs bedeuten würde und Verbindlichkeiten in Millionhöhe nicht gezahlt werden könnten. Im übrigen müßten alle Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden. Da keine verwerflichen und unlauteren Beweggründe für das Verhalten vorliegen, hätte mit einer niedrigeren Strafe das Auslangen gefunden werden können.

3. Da die Berufung einerseits zum Teil nur rechtliche Argumente vorbringt und andererseits ein weiteres Sachverhaltsvorbringen und ein anderslautender Bescheid durch eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist sowie da von der Berufungswerberin eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich in ihrer Berufung verlangt wurde, wurde von der Anberaumung einer solchen Abstand genommen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land Einsicht genommen; eine Gegenschrift zur Berufung wurde von der belangten Behörde nicht erstattet.

Vom unabhängigen Verwaltungssenat wurde folgender erwiesener Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt:

4.1. Bereits mit Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 31. Oktober 1991, VwSen-200005/2/Kl/Kf, wurde rechtskräftig eine Geldstrafe von 50.000 S verhängt, weil die Beschwerdeführerin im Juli und August 1991 auf den Parzellen Nr. und der KG S Schotter ohne naturschutzbehördliche Bewilligung abgebaut hat. Darin wurde straferschwerend bewertet, daß entgegen einer behördlichen Einstellungsverfügung das bewilligungslose Vorhaben fortgeführt wurde.

4.2. Mit bestätigendem Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 17. September 1991, N-10-1987/3-I/Kü-1991, wurde die Verfügung der unverzüglichen Einstellung des Schotterabbaues gemäß § 39 Abs.3 i.V.m. Abs.1 des O.ö. Naturschutzgesetzes rechtskräftig.

4.3. Aufgrund des Berichtes des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 15. Oktober 1991 war am 11. Oktober 1991 der Schotterabbau auf der Parzelle der KG S nach wie vor voll im Gange. Dazu führte er aus, daß gegenüber dem Abbaustand vom August 1990 auf einem 140 m bis 150 m breiten Streifen der Humus und Zwischenboden abgezogen wurde; der 2 m bis 3 m hohe Erddamm entlang der Voralpen-Bundesstraße wurde verlängert und auch am Südrand dieses Streifens fortgesetzt. Alle Betriebsanlagen (Brechwerk, Siebanlagen, Betonmischwerk) waren in Betrieb.

Auch der am 23. Oktober 1991 in Anwesenheit der Berufungswerberin durchgeführte Lokalaugenschein hat ergeben, daß auf der Parzelle der KG S weiterhin Schotter abgebaut wird. Konkret wurde an diesem Tage von einem bereits vorbereiteten Schotterhaufen mittels eines Radladers Schotter verladen und abgefrachtet.

4.4. Wie aus der schriftlichen Rechtfertigung der Beschuldigten vom 5. November 1991 hervorgeht, hat sie bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 28. Oktober 1991 einen Antrag auf naturschutzbehördliche Bewilligung des Schotterabbaues eingebracht. Diese Bewilligung wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19.12.1991, N-211-1990, befristet bis 31.12.2002 erteilt.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 4 Abs.1 Z.2 lit.h des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl.Nr. 80 i.d.g.F. (OÖNSchG 1982), bedarf die Eröffnung und die Erweiterung unter anderem von Sand-, Lehm- oder Schotterentnahmestellen sowie die Errichtung von diesbezüglichen Aufbereitungsanlagen der Bewilligung der Behörde. Von der Bewilliungspflicht erfaßt sind daher auch die der Entnahme vorausgehenden und dienenden Vorbereitungshandlungen - wie z. B. auch die Humusabtragung, um an den Schotter zu gelangen - sowie auch die der Entnahme nachfolgenden Aufbereitungshandlungen in den dafür vorgesehenen Betriebsanlagen - das Brechwerk, die Siebanlagen und das Betonmischwerk waren in Betrieb.

Es sind daher nach dem oben festgestellten Sachverhalt bis zum 11. Oktober 1991 (und sogar darüber hinaus) im Sinn des Naturschutzgesetzes bewilligungspflichtige Vorhaben durchgeführt bzw. fortgesetzt worden.

Wie im zitierten rechtskräftigen Erkenntnis des Verwaltungssenates vom 31. Oktober 1991 bereits in rechtlicher Hinsicht dargelegt wurde, besteht eine naturschutzbehördliche Bewilligung aufgrund der Übergangsbestimmung des § 41 Abs.7 des OÖNSchG nicht mehr. Diese Rechtsauffassung wird auch weiterhin vom Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertreten.

5.2. Gemäß § 39 Abs.1 i.V.m. Abs.3 des OÖNSchG 1982 kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 37, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt wurden, auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bescheidmäßig verfügen. Die Erlassung einer solchen administrativen Verfügung räumt aber der Behörde kein Ermessen im Sinne des Art.130 Abs.2 B-VG ein, sondern es hat vielmehr die Naturschutzbehörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Maßnahmen nach dieser Gesetzesstelle zu setzen (vgl. ÖGZ Heft 10/1991, Seite 14 f, mit weiteren Nachweisen).

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat daher eine solche bescheidmäßige Einstellungsverfügung erlassen und es wurde diese zumindest formell rechtskräftig. Gemäß § 37 Abs.2 Z.5 des OÖNSchG 1982 in der Fassung LGBl.Nr. 72/1988 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, wer einer besonderen administrativen Verfügung gemäß § 39 nicht nachkommt oder dieser zuwiderhandelt. Wie aus den Materialien (Beilage 205/1988 zum kurzschriftlichen Bericht des O.ö. Landtages XXXIII. Gesetzgebungsperiode) zu entnehmen ist, erscheint aufgrund der Bedeutung des Natur- und Landschaftsschutzgesetzes auch für die Mißachtung administrativer Verfügungen gemäß § 39 des Gesetzes eine Strafsanktion unumgänglich und wurde daher eine Strafbestimmung zur Ahndung der Nichtbeachtung naturschutzbehördlicher Aufträge oder des diesbezüglichen Zuwiderhandelns eingefügt.

Es ist daher aufgrund des erwiesen angenommenen Sachverhaltes das Tatbild des § 37 Abs.2 Z.5 OÖNSchG erfüllt. Aufgrund des Fortsetzens des Vorhabens im vollen Bewußtsein ist auch die Schuldform des Vorsatzes gegeben.

Im Hinblick auf den Umstand, daß nunmehr nachträglich eine naturschutzbehördliche Bewilligung bescheidmäßig erteilt wurde, ist rechtlich auszuführen:

Für die Rechtmäßigkeit der Aufträge nach § 39 Abs.1 OÖNSchG ist ohne Bedeutung, welches rechtliche Schicksal ein künftiger oder bereits eingebrachter Antrag auf nachträgliche naturschutzbehördliche Bewilligung erfährt. Entscheidend ist allein die Ausführung des Bauvorhabens vor Erteilung der vom Gesetz geforderten Bewilligung (vgl. ÖGZ Heft 10/1991, Seite 15, mit weiteren Nachweisen). Dies ist in gleicher Weise auch für ein nachfolgendes diesbezügliches Verwaltungsstrafverfahren gültig. Es schließt daher eine nachträgliche naturschutzbehördliche Bewilligung grundsätzlich eine Bestrafung des vorerst rechtswidrigen Verhaltens nicht aus.

5.4. Das Berufungsvorbringen eines entschuldigenden Notstandes geht insofern ins Leere, als der Verwaltungsgerichtshofes in ständiger Rechtsprechung einen Notstand dann nicht anerkennt, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll. Weiters gehört es zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist. So kann, wer sich durch ein schuldhaftes, den Gegenstand einer Verwaltungsübertretung bildendes Verhalten selbst in einen Notstand versetzt hat, mit diesem nicht die Fortsetzung des unerlaubten Verhaltens, wie z.B. unbefugte Bauführung, entschuldigen. Als weiteres Beispiel hat der Verwaltungsgerichtshof bereits judiziert, daß von einem Notstand nicht gesprochen werden kann, wenn bei einem Umbau eigenmächtig von der erteilten Baubewilligung abgewichen worden ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, Seite 336 ff, Anmerkung 1d, 3b, 5, 6a und 6b). In analoger Anwendung ist daher auch im gegenständlichen Fall davon auszugehen, daß die Berufungswerberin durch das Nichteinholen einer naturschutzbehördlichen Bewilligung vorerst ihre Notlage selbst verschuldet hat und daher für sich keinen Schuldausschließungsgrund geltend machen kann.

6. Zur angefochtenen Strafhöhe hat bereits die belangte Behörde im Sinne des § 19 VStG auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, welche im übrigen aus den Vorakten amtsbekannt sind, Bedacht genommen. Auch wurden die Milderungs- und Erschwerungsgründe abgewogen. Zu den Erschwerungsgründen ist aber auszuführen, daß eine nicht rechtskräftige Bestrafung nicht als erschwerend gewertet werden darf und weiters stellt die Mißachtung einer behördlichen Einstellungsverfügung bereits den Straftatbestand dar und kann daher das Handeln der Berufungswerberin entgegen der Einstellungsverfügung nicht als Erschwerungsgrund gewertet werden, da dies gegen das Doppelverwertungsverbot verstößt. Es dürfen danach Merkmale, die die Strafdrohung bestimmen bzw. Tatbestandsmerkmale sind, nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden. Das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen ist insofern nicht zutreffend, da wie bereits im Erkenntnis des Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zu VwSen-200011/2 zu entnehmen ist, der Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs.2 Z.1 im Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.2 Z.5 des OÖNSchG 1982 denknotwendig enthalten ist und daher infolge Konsumtion nicht strafbar ist.

Weiters wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als mildernd gewertet, daß die Berufungswerberin nunmehr mit obzitiertem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land eine naturschutzbehördliche Bewilligung für ihr Vorhaben erwirkt hat, und sohin den gesetzmäßigen Zustand - wenn auch nachträglich - hergestellt hat.

Aus diesen Erwägungen war daher spruchgemäß die verhängte Strafe herabzusetzen.

7. Gemäß der im Spruch zitierten Gesetzesstelle reduzieren sich daher auch die Kosten des Verfahrens erster Instanz und sind für das Berufungsverfahren keine Kosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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