Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200022/2/Gf/Hm

Linz, 18.05.1992

VwSen - 200022/2/Gf/Hm Linz, am 18. Mai 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung der J, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 3. Februar 1992, Zl. ForstR-96-319-1991, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 51e VStG ersatzlos aufgehoben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 13. August 1991, Zl. ForstR-96-318-1991, wurde über die Beschwerdeführerin wegen widerrechtlichen Befahrens einer Forststraße eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt.

1.2. Gegen diese Strafverfügung hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 3. Februar 1992, Zl. ForstR96-318-1991, wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 12. Juli 1991 um 10.15 Uhr mit ihrem PKW, pol. KZ, die gesperrte Forststraße "Waldbachleitenstraße" in der Gemeinde Hallstatt trotz entsprechender Kennzeichnung ohne Zustimmung des Straßenerhalters befahren und hiedurch die Verwaltungsübertretung des § 174 Abs. 1 lit. b Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 des Forstgesetzes, BGBl.Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 576/1987 (im folgenden: ForstG), und i.V.m. § 1 Abs. 8 der Forstlichen Kennzeichnungsverordnung BGBl.Nr. 179/1976 begangen zu haben; von der Verhängung einer Strafe wurde jedoch abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt.

1.4. Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 5. Februar 1992 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 18. Februar 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid begründend aus: "Auf Grund Ihrer Einspruchsangaben geht die Behörde von der Annahme aus, daß Sie die Ermahnung vor weiteren ähnlichen Verwaltungsübertretungen abhält. Sie werden jedoch auf die Einhaltung und Beachtung der gesetzlichen Vorschriften besonders hingewiesen." 2.2. Die Beschwerdeführerin bringt demgegenüber vor - und verweist diesbezüglich auf ihre Stellungnahme zum Beweisverfahren -, daß sie ihrer Meinung nach ein ersessenes Recht besitze, die verfahrensgegenständliche Forststraße unentgeltlich - also auch ohne vorhergehende privatrechtliche Übereinkunft mit den Österreichischen Bundesforsten als Straßenerhalter - zu befahren, weil es seit jeher möglich gewesen sei, das Grundstück "Strassmair-Wiese" zwecks Bewirtschaftung mit den entsprechenden Fahrzeugen zu erreichen. Durch den Bau der Forststraße sei dieser ursprüngliche Weg jedoch zerstört worden. Deshalb müsse nunmehr die Forststraße benützt werden, weshalb der Schwiegermutter der Beschwerdeführerin auch ein Schlüssel zum Öffnen des Schrankens für die Forststraße ausgehändigt worden sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. ForstR96-318-1991; da aus diesem bereits ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 1 VStG unterbleiben.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 58 Abs. 2 und § 60 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird; in der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

4.2. Es ist offensichtlich, daß die oben unter 2.1. wiedergegebene Begründung des angefochtenen Bescheides diesen Anforderungen nicht entspricht, im Gegenteil: Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, daß die belangte Behörde die Entscheidung der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage geradezu bewußt vermeiden wollte. Insbesondere ist für den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, eine Ermahnung sei geeignet, die Beschwerdeführerin vor weiteren ähnlichen Verwaltungsübertretungen abzuhalten, wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ausdrücklich anführt, daß es "auch in Zukunft eine unabdingbare Notwendigkeit sein (wird), die angeführte Forststraße unentgeltlich zu benützen". Die belangte Behörde hätte daher als unabdingbare Voraussetzung für einen Schuldspruch die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin behauptete Servitut zur Benützung der verfahrensgegenständlichen Forststraße besteht, klären und in ihrer Entscheidung entsprechend begründen müssen.

Ein derartiger Verfahrensmangel kann hingegen nicht vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich saniert werden, weil sich dieser im Hinblick auf Art. 6 MRK, wonach er als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. Art. 129 B-VG) über die Stichhaltigkeit der strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat, nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt VwSen- 240023 v. 25.2.1992 m.w.N.) von vornherein nicht für befugt erachtet, im Berufungsverfahren gleichsam das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren bzw. die darauf aufbauende Bescheidbegründung bei deren völligem Fehlen zu substituieren. Materiell betrachtet käme dies nämlich einem Übergehen der I. Instanz und damit einer Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (vgl. zuletzt VfGH v. 1.10.1991, B 976/90) gleich (vgl. zuletzt VwSen-230032 v. 30.3.1992).

4.3. Aus diesem Grunde war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 51e Abs. 1 VStG aufzuheben; ob und inwieweit die belangte Behörde das Strafverfahren weiterzuführen oder im Hinblick auf eine allenfalls zwischenzeitlich eingetretene Verjährung einzustellen hat, hat diese aus eigenem zu beurteilen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 18. Mai 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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