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VwSen-200038/21/Gu/Ho

Linz, 16.02.1993

VwSen - 200038/21/Gu/Ho Linz, am 16. Februar 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des G jun., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28. April 1992, Ge 96/157-1991/B, wegen Übertretung des Futtermittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 7 Abs.2 lit.a iVm § 15 Abs.1 Futtermittelgesetz, § 8 Abs.1 und 2 der Futtermittelverordnung 1976 idF der Verordnungsnovelle 1989 Pkt. 0201, Ferkelstarter, Spalte 4 des Teiles II der Anlage; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat den Beschuldigten mit dem angefochtenen Straferkenntnis einer Übertretung des § 7 Abs.2 lit.a und § 10 Abs.2 iVm § 15 Abs.1 Futtermittelgesetz 1952, BGBl.Nr. 97,iZm § 8 Abs.2 Futtermittelverordnung 1976, BGBl.Nr. 28/1977 und § 9 Abs.1 VStG begangen zu haben, weil er, wie am 18. September 1991, in der Zeit zwischen 14.00 Uhr bis 16.30 Uhr, durch ein Aufsichtsorgan der Bundesanstalt für Aim Mischfutterwerk G GesmbH & CoKG, M durch eine Futtermittelkontrolle und anschließende Untersuchung der Bundesanstalt für Agrarbiologie festgestellt worden sei, ein am 21. August 1991, von der genannten Firma hergestelltes Futtermittel mit der Bezeichnung "S-O Ferkelstarter" (02.01), Reg.Nr. A 8832, Charge Nr. 559 (angetroffene Warenmenge 40 Säcke a 30 kg) zum Verkauf bereitgehalten habe, wobei zufolge der mit vier Säcken a 30 kg gezogenen Probe laut Untersuchungsbefund der Bundesanstalt für Agrarbiologie im Futtermittel der Gehalt an Zink von 340 mg/kg, von Selen 1,97 mg/kg und von Vitamin A 50.000 IE/kg entgegen der im Futtermittelregister eingetragenen Werte von 120 mg/kg bei Zink, 0,5 mg/kg bei Selen und 36.000 IE/kg bei Vitamin A die Werte erheblich überschritten waren. Das angegebene Futtermittel habe auch keineswegs den für die Herstellung von solchen Mischungen vorgegebenen Rahmenbestimmungen entsprochen, zumal die in Spalte vier des Teiles II der Anlage zur Futtermittelverordnungsnovelle 1989 unter dem Verwendungszweck 02.01 angegebenen Höchstwerte für Zink um 90 mg/kg, für Selen um 0,97 mg/kg und für Vitamin A um 10.000 IE/kg überschritten worden seien. Die amtliche Probe sei von einer Ware entnommen worden, die feilgehalten bzw. auf keinem Zwischenlager gelegen sei. Folglich sei ein Futtermittel in Verkehr gebracht worden, obwohl es nicht die im Register festgehaltene chemische und physikalische Beschaffenheit aufgewiesen habe und den Rahmenbestimmungen nicht entsprochen habe. Als verantwortlicher Beauftragter für die Bereiche Futtermittelherstellung und Vertrieb des Mischfutterwerkes G GesmbH & CoKG, 5230 Mattighofen, sei der Beschuldigte G jun. im Sinne des § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Wegen dieser Übertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von 5.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S verhängt.

In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung macht der Beschuldigte im wesentlichen geltend, daß das Gutachten der Bundesanstalt für Agrarbiologie (vom 13. November 1991, Zl. F 2894/91-1582/91-D.I.So/Ge) nicht verläßlich sei, zumal schon wiederholte Divergenzen anläßlich früherer Probeziehungen aufgetreten seien. Die landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Kiel habe bereits mehrmals zu den von der Bundesanstalt für Agrarbiologie in früheren Verfahren erhobenen Inhaltsstoffen von Futtermitteln Divergenzen festgestellt. Dies sei auch im gegenständlichen Fall zutreffend. Zum Nachweis hiefür legt er Ablichtungen von Befunden über die Untersuchung der Gegenprobe, einerseits auf den Vitamin A-Gehalt und andererseits auf den Selen- und Zinkgehalt vor.

Im übrigen stehe nicht fest, daß die beprobten Futtermittel feilgeboten worden seien. Schließlich treffe den Beschuldigten keine Schuld, weil er es nicht in der Hand habe, die von ihm bezogenen Grundstoffe zu untersuchen. Er mische diese nur ab und verlasse sich auf die Inhalte der bezogenen Rohstoffe entsprechend den Lieferantenangaben. Schließlich sei das geschätzte Einkommen niedriger als angenommen und betrage nur 13.000 S monatlich.

Über die Berufung wurde am 5. November 1992 die öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuziehung des Vertreters des Beschuldigten durchgeführt, in deren Rahmen der Zeuge Franz Kaar, Bediensteter der Bundesanstalt für Agrarbiologie vernommen, die Verhandlung am 1. Februar 1993 fortgesetzt, Einsicht in den Schriftsatz über die Verantwortungsdelegation vom 1. Februar 1987, in die Niederschrift anläßlich der Probenziehung vom 18. September 1991, Nr. 08676, der Bundesanstalt für Agrarbiologie, den Befund der Bundesanstalt für Agrarbiologie vom 13. November 1991, Zl. F 2894/91-1582/91-D.I. So/Ge, genommen, ferner in den Untersuchungsbefund über die Gegenprobe der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt, Institut für Tiergesundheit und Lebensmittelqualität Kiel vom 16. März 1992, GZ M 2560 und in einen weiteren Untersuchungsbefund vom 5. März 1992, GZ OV 2440 eingesehen. Darüber hinaus wurde die Bundesanstalt für Agrarbiologie um Aufklärung des divergierenden Ermittlungsergebnisses ersucht. In den darauf eingelangten Befund des Österreichischen Forschungszentrums Seibersdorf GesmbH vom 27. Juli 1992, LA 44/07/92, wurde im Rahmen der Verhandlung ebenfalls Einsicht genommen und der Schriftverkehr des Vertreters des Beschuldigten mit der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Kiel vom 19. November 1992 und deren Rückantwort vom 4. Jänner 1993 betreffend die angewandten Untersuchungsmethoden, in die Beurteilung miteinbezogen. Aufgrund dieser Beweismittel ergibt sich folgender Sachverhalt: Am 18. September 1991 wurde durch F, einen Bediensteten der Bundesanstalt für Agrarbiologie, im Mischfutterwerk G 10, in Gegenwart des G sen., dem Vater des Beschuldigten, Proben von einem Futtermittel mit der Bezeichnung Greiff Ferkelstarter S-O, bezüglich der erzeugten Charge vom 21. August 1991 gezogen, welches Futtermittel unter der Register Nr. A 8832 registriert war.

Dieses Futtermittel wurde im Betrieb der G GesmbH & CoKG zum Verkauf bereitgehalten.

Dieses Futtermittel soll nach den für die Registrierung maßgeblichen Angaben neben anderen wertbestimmenden Bestandteilen einen Inhalt von 0,5 mg/kg an Selen, einen Gehalt von 120 mg/kg an Zink und einen Sollgehalt von 36.000 IE/kg an Vitamin A beinhalten.

Die Bundesanstalt für Agrarbiologie untersuchte die gezogenen Proben und ermittelte demgegenüber Werte von 1,97 mg/kg an Selen, 340 mg/kg an Zink und 50.000 IE/kg an Vitamin A und erstattete daraufhin bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau Anzeige.

Im Zuge des Verfahrens bevollmächtigte der Beschuldigte Rechtsanwalt Dr. T mit der Vertretung seiner Interessen. Dieser ersuchte nach Akteneinsicht um Fristerstreckung nachdem er offenbar zwischenzeitig die Untersuchung der Gegenprobe bei der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt in Kiel in die Wege geleitet hatte. Die Untersuchung durch diese Anstalt erbrachte, laut Untersuchungsbefund vom 16. März 1992, einen Wert bei Zink von 164 mg/kg und bei Selen einen Wert von 0,60 mg/kg sowie aufgrund des Untersuchungsbefundes vom 5. März 1992 bei Vitamin A einen Wert von 33.500 IE/kg. Diese Untersuchungszeugnisse lagen der ersten Instanz zu ihrer Entscheidung nicht vor und wurden erst im Berufungswege überreicht.

Im vorbereitenden Verfahren für die Anberaumung der mündlichen Verhandlung konnte die anzeigende Bundesanstalt für Agrarbiologie die große Divergenz zwischen den von ihren und von der Kieler Anstalt ermittelten Werten nicht erklären und schaltete das Österreichische Forschungszentrum Seibersdorf zur Nachuntersuchung der Futtermittelprobe auf Selen- und Zinkgehalt ein. Diese GesmbH ging bei der durchgeführten Probe folgendermaßen vor: Nachdem der Untersuchungsgegenstand mittels einer Zyklonmühle mit Titanrotor und Titansieb auf eine Korngröße kleiner als 0,5 mm vermahlen und homogenisiert worden war, wurden 2 g der Probe mit 20 ml Veraschungssäure (HNO3 + HClO4 = 5 + 1) offen aufgeschlossen und nach dem Erkalten mit destilliertem Wasser auf 100 ml aufgefüllt. Aus der so erhaltenen Lösung wurde ein Aliquot von 25 ml entnommen, mit 25 ml HCl versetzt, erhitzt und ca. 30 min am Sieden gehalten. Nach dem Erkalten wurde mit destilliertem Wasser auf 50 ml aufgefüllt. Die Analyse wurde in Dreifachwiederholung durchgeführt. Die Messung von Zink wurde mittels Plasmaemissionsspektroskopie durchgeführt (Gerät: Plasma II der Fa. Perkin-Elmer). Selen wurde mittels Atomabsorptionsspektroskopie (Modell 5000 mit Hydridsystem MHS-20 der Fa. Perkin-Elmer) gemessen. Die Analyse ergab 1,73 + 0,10 mg Se/kg Frischsubstanz und bei Zink 341 + 14 mg/kg Frischsubstanz. In Wahrung des Parteigehörs wurde dies dem Beschuldigtenvertreter zur Kenntnis gebracht und ergab der daraufhin veranlaßte Schriftverkehr mit der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Kiel, daß die Zinkanalysenmethode für die amtliche Untersuchung von Futtermittel für den deutschen Rechtsbereich angewendet wurde. Diese Methode unterscheidet sich von der Methode des Forschungszentrums Seibersdorf besonders im Aufschlußverfahren.

Die Selenanalyse wurde, da deutsche amtliche Methoden nicht normiert sind, in Anlehnung an einen EG-Methodenvorschlag vorgenommen. Demnach wurde Selen letztenendes nach Beisetzung von Reagentien mittels Spektrofluorimeter in diffizilem Bestimmungsvorgang ermittelt. Zink wurde mittels Atomabsorptions-Spektrophotometrie ermittelt.

Festzustellen ist, daß sich das beprobte Futtermittel, legt man die Kieler Meßergebnisse zugrunde, innerhalb der durch die Futtermittelverordnungsnovelle 1989 zulässigen Abweichungsgrenzen für registrierte Futtermittel bewegt.

Angesichts der hervorgetretenen beträchtlichen Divergenzen der Meßergebnisse dreier namhafter Forschungsanstalten, deren Aufklärung im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens nicht möglich war, hatte die erkennende Behörde nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu handeln, dem Beschuldigten den für ihn günstigeren - nicht strafbaren Sachverhalt anzunehmen, was zur Folge hatte, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

Dementsprechend treffen den Beschuldigten auch keinerlei Verfahrenskosten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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