Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200050/5/Kl/Rd

Linz, 08.11.1993

VwSen - 200050/5/Kl/Rd Linz, am 8 . November 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Franz S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18. August 1992, Agrar-76-1991, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Kulturflächenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a lit.a und 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18.8.1992 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes verhängt, weil er entgegen einem näher bezeichneten rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Großraming auf den darin genannten Parzellen einen vorgeschriebenen Kulturschutzstreifen in der Breite von 10m nicht eingehalten und die bereits vorhandenen Forstpflanzen in diesem Bereich entgegen dem Auftrag nicht entfernt hat und diesen Umstand - wie ein Ortsaugenschein am 19.8.1991 ergeben hat - aufrechterhalten hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, welche im wesentlichen damit begründet wurde, daß bereits im Verfahren erster Instanz Widersprüche zwischen Verhandlungsschrift, Bescheid und mündlichen Vereinbarungen aufgezeigt wurden. Der Bescheid des Bürgermeisters von Großraming sei daher nicht eindeutig. Durch die gegenständliche Bepflanzung käme es zu keiner Beeinträchtigung der angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke. Im übrigen wurde nicht ausreichend Parteiengehör gewahrt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 3 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes, LGBl.Nr. 31/1958, begeht, wer Bestimmungen dieses Gesetzes oder die aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Bescheide oder Verfügungen übertritt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu 30.000 S oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gemäß § 44a lit.a VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.3. Abgesehen davon, daß dem Berufungswerber nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß den verba legalia des § 3 O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes ein Übertreten des Bescheides nicht vorgeworfen wurde, handelt es sich bei dem im Spruch angeführten Tatvorwurf um die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes, was ein Dauerdelikt darstellt. Hiezu hat aber der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, daß bei einem Dauerdelikt Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen sind (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 956f mit Nachweisen). Ist auch aus dem Tatvorwurf ein Ende des strafbaren Tatverhaltens mit Erlassung des Straferkenntnisses ersichtlich, so kann ein Anfang des Deliktes nicht erkannt werden. Es geht nämlich weder aus dem Spruch des Straferkenntnisses noch aus der die Verjährung hemmenden Verfolgungshandlung, nämlich der Aufforderung zur Rechtfertigung (erstmaliger Tatvorwurf) noch aus dem übrigen Akteninhalt hervor, wann der nicht eingehaltene bescheidmäßige Auftrag des Bürgermeisters der Gemeinde Großraming rechtskräftig - und somit rechtswirksam - geworden ist. Erst ab diesem Zeitpunkt entsteht nämlich eine Verpflichtung des Berufungswerbers, diesem Auftrag nachzukommen und es tritt daher erst mit diesem Zeitpunkt ein strafbares Verhalten ein.

4.4. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß gemäß § 1 Abs.2 des O.ö. Kulturflächenschutzgesetzes die Bewilligung (des Bürgermeisters) mit der Auflage erteilt werden kann, daß entlang der fremden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke auf dem in Wald umzuwandelnden Grundstück ein Kulturschutzstreifen in einer Breite von 3 bis 15m zu erhalten ist. Die Entfernung von bereits vorhandenen Pflanzen ist nach dieser Gesetzesstelle im Rahmen eines Bewilligungsbescheides nicht vorgesehen. Zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ist hingegen gemäß § 4 leg.cit. die Bezirksverwaltungsbehörde berufen.

Wenn daher dem Berufungswerber mit einem - und zwar rechtskräftigen - Bescheid des Bürgermeisters die Entfernung von Pflanzen aufgetragen wurde, so kann der Nichtbefolgung dieses Auftrages, welcher zwar rechtskräftig, aber nicht dem Gesetz entsprechend erlassen worden ist, eine Strafbarkeit nicht anhaften.

4.5. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatkonkretisierung bzw. mangels Strafbarkeit gemäß § 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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