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des Landes Oberösterreich
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VwSen-200072/5/Gu/Ho

Linz, 16.02.1993

VwSen - 200072/5/Gu/Ho Linz, am 16. Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Josef O, vertreten durch DDr. Gunter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Oktober 1992, Agrar 96/6/1992/Pa, wegen Übertretung des O.ö. Jagdgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und dieser bestätigt.

Rechtsgrundlage: §§ 1, 5, 6 der Verordnung der o.ö. Landesregierung über den Abschußplan und die Abschußliste vom 24. Juni 1985, LGBl.Nr. 78/1985 iVm § 50 Abs.1 und § 93 Abs.1 lit.j des O.ö. Jagdgesetzes, LGBl.Nr. 32/1964 idgF.

II. Aus Anlaß der Berufung wird die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

III. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigen sich auf 300 S. Ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Beschuldigten schuldig erkannt, als verantwortlicher Jagdausübungsberechtigter (Jagdleiter der Jagdgesellschaft Rainbach i.M.) im Jagdjahr 1991/92 den Abschußplan für Rehwild in genossenschaftlichen Jagdgebiet Rainbach i.M. nicht eingehalten bzw. den Rehwildabschuß nicht entsprechend überwacht zu haben, wodurch es zu einer gravierenden Unterschreitung des Abschußplanes gekommen sei. Im von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zl. Agrar 41/2/10/1991/Pa/G, mit 6. Mai 1991 genehmigten Abschußplan für das Jagdjahr 1991/92 sei für das genossenschaftliche Jagdgebiet Rainbach i.M. ein Abschuß von 258 Stück männlichem und 367 Stück weiblichem Rehwild rechtskräftig angeordnet worden; der vorgelegten Abschußliste für das Jagdjahr 1991/92 vom April 1992 sei jedoch zu entnehmen, daß 222 Stück männliches und 232 weibliches Rehwild (einschließlich Fallwild, welches nach § 50 Abs.8 O.ö. Jagdgesetz auf den Abschußplan anzurechnen ist) zur Strecke gebracht wurden.

Wegen Verletzung der §§ 1, 5 und 6 der Verordnung der o.ö. Landesregierung über den Abschußplan und die Abschußliste vom 24.6.1985, LGBl.Nr. 78/1985, iVm § 50 Abs.1 und § 93 Abs.1 lit.j des O.ö. Jagdgesetzes, LGBl.Nr. 32/1964 jeweils idgF, wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S zur Zahlung vorgeschrieben.

In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

Zum einen sei die Anwendung des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG verfassungswidrig, weil sie den Garantien des Art.6 Abs.2 MRK nicht entspreche. Darüber hinaus sei der Abschußplan unter Zugrundelegung des tatsächlichen Wildstandes zu erstellen und sei bei den tatsächlich erzielten Abschußstückzahlen auf einen gesunden Wildstand (einschließlich der Berücksichtigung des Fallwildes) Rücksicht genommen worden. Die im Verfahren zugezogenen Sachverständigen hätten keine schlüssigen bzw. überzeugenden Gutachten abgegeben. Eine Zählung des Wildstandes sei nicht erfolgt. Nur diese könne eine sichere Grundlage für eine Bestrafung bilden. Eine aus eigenen Antrieb der Jagdgesellschaft Rainbach i.M. durchgeführte Wildstandszählung vom 6. Dezember 1992 habe eine Gesamtzahl von männlichem und weiblichem Rehwild von 373 Stück ergeben. Unter Rückschluß auf das Jagdjahr 1991/92 habe demnach kein Wildstand bestanden, der den geforderten Abschuß hätte erfüllbar gemacht.

Der Rechtsmittelwerber beantragt aufgrund dessen, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Über die Berufung wurde am 26. Jänner 1993, unter Zuziehung des Beschuldigten und seines Vertreters, die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und Einsicht in den von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt genehmigten Abschußplan (Zl. Agrar 41/2/10/1991/Pa/G vom 6. Mai 1991) betreffend das genossenschaftliche Jagdgebiet Rainbach i.M. und in die diesbezügliche Abschußliste, eingelangt am 2. April 1992 bei der Bezirkshautmannschaft Freistadt, genommen.

Demnach steht folgender Sachverhalt fest: Aufgrund aufgetretener gewichtiger Verbißschäden durch das Wild hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit der vorzitierten Genehmigung, dem vom Beschuldigten als Jagdleiter der Jagdgesellschaft Rainbach i.M. unterfertigten Antrag entsprechend, den Abschuß von 258 Stück männlichem und 367 Stück weiblichem, sohin eine Gesamtzahl von 625 Stück Rehwild, genehmigt. Dem Antrag ging der Wunsch des Jagdausschusses zuvor, durch höhere Abschußzahlen den Wildverbiß einzudämmen und dem Gleichgewicht der Natur näher zu kommen.

Der vorzitierte Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ist in Rechtskraft erwachsen.

Zwischenzeitig erfolgte kein Antrag des Jagdausübungsberechtigten auf Herabsetzung der Abschußzahlen in Folge geänderter Verhältnisse. Auch ein diesbezügliches amtswegiges Verfahren fand nicht statt.

Die vom Beschuldigten persönlich unterfertigte Abschußliste für das Jagdjahr 1991/92 weist als Summe des erlegten bzw. Fallwildes beim männlichen Rehwild die Zahl 222 und beim weiblichen jene von 233 aus. Demzufolge ergibt sich gegenüber dem genehmigten Abschußplan, der beim männlichen Rehwild eine Stückzahl von 258 ausweist, eine Differenz von 36 Stück und beim weiblichen Rehwild, für das der Abschußplan eine Stückzahl von 367 vorsieht, eine Differenz von 134 Stück. Die Gesamtdifferenz von 455 auf 625 beträgt somit 170 Stück Rehwild.

Die Genehmigung für den Abschußplan betreffend das Jagdjahr 1992/93 ist wegen der unterschiedlichen Meinung der Jagdausübungsberechtigten mit der Behörde, was den Wildstand und daher die erforderliche abzuschießende Stückzahl anlangt, noch nicht in Rechtskraft erwachsen und befindet sich im dritten Rechtsgang.

Zur rechtlichen Seite hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen: Das Berufungsverfahren vor dem UVS in der gegenständlichen Verwaltungsstrafangelegenheit eröffnet keinen zulässigen Weg um die Ziele der die Verwaltung führenden Behörden auf einem anderen Gleis anders zu gestalten.

Wenn die Bezirkshauptmannschaft daher die Interesse der Landeskultur vor den jagdlichen Interessen gewichtet hat, wie dies im Zweifelsfall gemäß § 1 Abs.2 des O.ö. Jagdgesetzes vorgesehen ist und diese daher im Abschußplan eine drastische Senkung des Wildstandes genehmigt hat, dann ist dies als Ausgangslage zu betrachten.

Schenkt man der von der Jagdgesellschaft Rainbach i.M. aus eigenen Antrieb vorgenommenen Wildstandszählung am 6. Dezember 1992 Glauben, daß noch 373 Stück (Summe aus männlichen und weiblichen) vorhanden waren, so ergibt sich für das in den Verantwortungsbereich des Beschuldigten fallende Zurückbleiben hinter den Stückzahlen des Abschußplanes für das Jagdjahr 1991/92 schlüssig, daß die Erfüllung der Leistung nicht von vornherein unmöglich gewesen ist.

Andererseits erschien ein Antrag bei der Behörde auf Verringerung der Abschußzahlen infolge allenfalls geänderter Verhältnisse, wie das nunmehrige Verfahren betreffend den Abschußplan für das Jagdjahr 1992/93 zeigt, nicht von vornherein und gänzlich aussichtslos. In der Zusammenschau hat daher der Beschuldigte nicht alle ihm zu Gebote stehenden und zumutbaren Schritte gesetzt und fällt ihm daher Fahrlässigkeit zur Last, die für das Verschulden in Verwaltunsstrafangelegenheiten ausreicht. In diesem Sinne brauchte auch auf die Umkehr der Beweislast bei der Verschuldensfrage gar nicht erst zurückgegriffen werden, obwohl hiebei die Behörde erster Instanz, die sich darauf berief, durchaus im Recht war.

Der Anwendung des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem O.ö. Jagdgesetz 1964 haftet keine Verfassungswidrigkeit an. Bereits nach dem O.ö. Jagdgesetz, LGBl.Nr. 10/1948 (§ 87 Abs.1 iVm § 46 Abs.5) war die Nichterfüllung des Abschußplanes mit Verwaltungsstrafe bedroht. Der anläßlich der Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Jahre 1958 erfolgte Vorbehalt der Republik Österreich im Hinblick auf Art.5 MRK, welcher sich nach der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes auch auf Art.6 MRK erstreckt, deckt somit, im Sinne der nunmehr ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, das Verfahren über den pönalisierenden Straftatbestand des § 50 Abs.1 iVm § 93 Abs.1 lit.j des O.ö. Jagdgesetzes, LGBl.Nr. 32/1964 idgF.

Nachdem der Vorbehalt, ebenso wie die MRK, auf Verfassungsstufe stehen, kann der im selben Rang stehende Gleichheitssatz keine durchschlagende Wirkung erzeugen.

Gemäß § 50 Abs.1 des O.ö. Jagdgesetzes 1964 idgF ist der Abschuß von Schalenwild (mit der Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild nur aufgrund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden.

Gemäß § 1 der Verordnung der o.ö. Landesregierung über den Abschußplan und die Abschußliste ist ebenfalls der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes) sowie von Auer- und Birkwild nur aufgrund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten oder von ihr festgesetzten Abschußplanes zulässig.

Gemäß § 5 dieser Verordnung dürfen die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen weder unter- noch überschritten werden.

Gemäß § 6 der zitierten Verordnung ist für die Einhaltung des Abschußplanes einschließlich der Bestimmung des § 5 der Jagdausübungsberechtigte verantwortlich.

Gemäß § 93 Abs.1 lit.j des O.ö. Jagdgesetzes 1964 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Bestimmungen des § 50 Abs.1 bzw. 7 über den Abschußplan zuwiderhandelt.

In der Zusammenschau der vorstehenden Ausführungen ist die Verwirklichung des Tatbestandes durch den Beschuldigten in objektiver und subjektiver Hinsicht erwiesen.

Wiewohl nicht angefochten, war aus Anlaß der Berufung die Angemessenheit der Strafe zu untersuchen.

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz der Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aufgrund des bedeutenden Unrechtsgehaltes, dem Zurückbleiben der abzuschießenden Stücke von Rehwild hinter der Zahl des genehmigten Abschußplanes, lag eine gewichtige Schädigung der objektiven Interessen, deren Schutz der Strafdrohung dient, vor. Schon aus diesem Grunde konnte mit keiner Ermahnung vorgegangen werden.

Ausgehend vom gesetzlichen Strafrahmen, nämlich einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, war daher das Verschulden des Beschuldigten, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige sonstige Erschwerungs- oder Milderungsgründe zu gewichten.

Bei dem unbestritten gebliebenen monatlichen Einkommen von 13.500 S und der Sorgepflicht gegenüber einem Kind, bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtvorliegen von besonderen Erschwerungsgründen kam der O.ö. Verwaltungssenat, anders als es die erste Instanz vermeinte, zur Überzeugung, daß bezüglich der subjektiven Tatseite ein gewichtiger mildernder Umstand vorlag, indem der Beschuldigte nicht untätig geblieben ist, die Sache mit der Proportionalität des Wildstandes ernst genommen hat, und den Ausgleich der Interessen, wenn auch nicht bei den richtigen Stellen (bei der Behörde), gesucht hat.

Dies und das Maßnehmen an Entscheidungen anderer ersten Instanzen in ähnlichen Fällen rechtfertigten die Herabsetzung der Geldstrafe auf 3.000 S und der Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage. Demzufolge waren auch die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren auf 300 S zu ermäßigen.

Nachdem die Berufung im Ergebnis einen Teilerfolg hatte, hat der Rechtsmittelwerber für das Berufungsverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten (§ 50 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 20.09.1995, Zl.: 93/03/0083

 

 

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