Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-200079/14/Br/La

Linz, 25.03.1993

VwSen - 200079/14/Br/La Linz, am 25. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G vertreten durch die Rechtsanwälte Dres. W, alle p.A. F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 12. Jänner 1993, Zl.: Agrar - 96/13/1992-We, nach der am 25. März 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

b) Demzufolge wird auch der gemäß § 93 Abs.2 des O.ö. Jagdgesetzes ausgesprochene Verfall aufgehoben; die für verfallen erklärte Trophäe ist dem Verfügungsberechtigten auszufolgen.

Rechtsgrundlage:

§ 50 Abs.8 iVm § 93 Abs.1 lit.d und Abs.2 O.ö. Jagdgesetz - O.ö. JagdG, LGBl.Nr.32/1964, idF. LGBl.Nr.2/1990; § 66 Abs.4 Allgemeinenes Verwaltungs- verfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 iVm §§ 24, 51, 51e Abs.2 und 45 Abs.1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 52/1992.

II. Die Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber (folglich genannt: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 S und im Nichteinbringungsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt sowie gemäß § 93 Abs.2 leg.cit. die erbeutete Trophäe für verfallen erklärt, weil er am 6. Dezember 1992 nachmittags, im genossenschaftlichen Jagdgebiet U durch den im genehmigten Abschußplan nicht vorgesehen gewesenen Abschuß eines Rothirsches, der Bestimmung des § 50 Abs.1 O.ö. Jagdgesetz zuwidergehandelt habe.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß der Abschuß auf Grund des von der Behörde erlassenen Abschußplanes nicht bewilligt gewesen sei. Der Abschuß sei auch nicht mit der mündlich erteilten Genehmigung in Einklang gestanden, daß ein Rothirsch erst nach Erlegung eines weiblichen Stückes geschossen werden hätte dürfen.

1.2. Zum Verfall habe sich die Erstbehörde dadurch veranlaßt gesehen, weil der Bw bei der Schußabgabe voreilig gewesen sei und der Verfall der Trophäe erfahrungsgemäß eine wirksame Präventivmaßnahme darstelle.

2. Dagegen wendet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

2.1. Der Bw führt darin sinngemäß aus, daß im fraglichen Gebiet starke Verbiß- und Fegeschäden durch einen Rothirsch (Geweihträger) festgestellt worden sind. Es habe deshalb Beschwerden der Grundeigentümer gegeben. Die Forstaufsichtsstelle Aigen, Abteilung IV, habe ein Gutachten erstellt und diese Schäden darin festgestellt. Aus diesem Grund sei von der Jagdgesellschaft U am 30.9.1992 an die BH-Rohrbach der Antrag auf Abschußgenehmigung zweier Rothirsche nebst anderem Hochwild gestellt worden.

Aus objektiv nicht ersichtlichen Gründen sei von der BH-Rohrbach die Objektivität dieses Gutachtens angezweifelt worden. Aber auch die forstgutachtliche Stellungnahme (Aktenvermerk vom 6.11.1992) habe den Abschuß als empfehlenswert qualifiziert.

Diese Tatsache hat auch die Grundeigentümer veranlaßt vom Jagdleiter energisch den Abschuß dieses Hochwildes zu fordern. Das Einwechseln von drei Stück Rotwild sei dem Jagdleiter am 6.12.1992 anläßlich des Jagdstammtisches berichtet worden. Dieser habe daher fernmündlich beim Jagdbeauftragten der BH-Rohrbach, Herrn Dr. S, energisch die Bewilligung eines weiteren Abschußes, wie ein solcher bereits am 30.11.1992 beantragt worden war, erbeten. Dieser habe wie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausgeführt die mündliche Bewilligung zum Abschuß des Hirsches unter der Bedingung gegeben, daß vorher ein weibliches Stück Hochwild, also ein Tier oder ein Kalb, erlegt würde.

Aufgrund dieser Genehmigung sei vom Jagdleiter ein Riegel (gemeint wohl eine Riegeljagd) angesetzt worden. Im Verlaufe dieser Jagd habe dann der Bw um ca. 13.45 Uhr den auf seinen Stand zuwechselnden Rothirsch auf eine Entfernung von ca. 20 Meter erlegt.

Zu diesem Abschuß habe er sich deshalb voll berechtigt gefühlt, weil ca. 3 bis 5 Minuten vorher aus einer Entfernung von ca. 150 Meter zwei Schüsse vernommen und ein lautes Rufen eines "Weidmannsheil" gehört habe. Er habe daher berechtigt annehmen dürfen, daß die vom Jagdleiter Josef H als seinen Nachbarschützen abgegebenen Schüsse getroffen gehabt hätten und ein weibliches Stück erlegt worden wäre und damit die behördliche Auflage voll erfüllt gewesen sei. Erst nachher habe er von H erfahren, daß dieser gefehlt habe, also ein weibliches Stück nicht erlegt wurde, sohin der von ihm getätigte Hirschabschuß "ohne Erfüllung der Auflage" erfolgt sei.

Er besitze seine Jagdkarte seit vier Jahren und sei völlig unbescholten. Er bringe noch vor, daß aufgrund der im Abschußplan genehmigten Abschüsse für weibliches Hochwild am 7.12. und 8.12.1992 im Revier der Jagdgenosschenschaft U ein Hirschkalb und ein Tier erlegt worden sei. +Rein formal sei es richtig, daß zum Zeitpunkt der Erlegung des Hirsches durch ihn die damalige mündliche Auflage nicht erfüllt gewesen sei, doch weise er auf die Gutgläubigkeit seines Schusses hin. Ebenfalls darauf, daß bereits am 8.12.1992 auch der Abschuß der weiblichen Stücke schon erfüllt worden ist.

Hinsichtlich der Bestätigung der Richtigkeit seiner Angaben beantrage er auf die Vernehmung der Zeugen, Josef H, Bezirksförster Ing. F, R und A 3. Zumal eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder zu erkennen. Da eine volle Berufung erhoben wurde (§ 51e Abs.2 VStG), war die Anberaumung bzw. Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erforderlich.

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde, Zl.: Agrar - 96/13/1992, die Vernehmung der Zeugen, Ing. F, R, A, Johann G und des Jagdleiters der Jagdgesellschaft U Josef H, sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten.

4. Der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt ist unstrittig. Demzufolge wurde am 6. Dezember 1992 ab ca. 13.00 Uhr eine Riegeljagd durchgeführt. Daran hatten neben dem Bw etwa 20 Schützen teilgenommen. Im Zuge der Begrüßung wurden wurden die Schützen dahingehend instruiert, daß ein männliches Stück Rotwild erst dann erlegt werden dürfe, wenn vorher ein weibliches Stück erlegt würde. Der Jagdleiter verwies diesbezüglich auf das Ergebnis des an diesem Tag mit dem Jagdbeauftragten der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach geführten Gespräches. Konkrete Anweisungen und eine Aussage darüber, wie den angestellten Schützen der allfällig erfolgende Abschuß eines weiblichen Stücks bekannt werden sollte, gab der Jagdleiter nicht. Die Schützen wurde im Abstand von etwa 100 bis 150 Metern angestellt, während vom Jagdleiter und einem weiteren Schützen der "ausgefährtete Einstand durchdrückt wurde". Nach etwa 20 Minuten gab der Jagdleiter selbst zwei Schüsse auf flüchtig werdendes weibliches Rotwild ab. Der rechte Nachbarschütze des Bw, der Zeuge A vermochte diese Schußabgabe dem Jagdleiter zuzuordnen mit welchem er kurzzeitig Sichtkontakt hatte. Er rief diesem ein lautstarkes "Weidmannsheil" zu. Dieser Zuruf wurde auch vom Bw wahrgenommen. Etwa drei bis vier Minuten später wechselte auf den Stand des Bw ein Rothirsch zu, welcher sodann vom Bw erlegt wurde. Erst danach stellte sich heraus, daß es sich bei den ersten beiden Schüsse um Fehlschüsse gehandelt hatte.

Der Bw ist seit vier Jahren Inhaber einer Jagdkarte. Er ist völlig unbescholten.

4.1. Diese Feststellungen gründen insbesondere in den Aussagen der Zeugen A und Josef H. Der Zeuge H gab den Denkgesetzen ensprechend nachvollziehbar an, daß er als Jagdleiter im Zuge seiner Begrüßung der an dieser Jagd teilnehmenden Schützen zum Ausdruck gebracht hatte, daß vorerst ein weibliches Stück zu erlegen sei, ehe der (ein) Geweihträger geschossen werden dürfe. Der Zeuge P habe das ganze so verstanden, daß, nach einer Schußabgabe vom Abschuß eines weiblichen Stücks auszugehen wäre. Aus diesem Grunde habe er auch dem vermutlichen Schützen, er habe den Jagdleiter als diesen erachtet, sein "lautstarkes Weidmannsheil" zu- gerufen. Zumal der Jagdleiter als guter Schütze gilt, sei er sich sicher gewesen, daß durch die beiden Schüsse ein weibliches Stück zur Strecke gebracht worden sei. Diese Aussage deckt sich sowohl mit der Verantwortung des Bw aber auch mit der Aussage des Jagdleiters selbst, wenn er wie schon dargelegt angegeben hat, daß er die Schützen mit der behördlichen Freigabe eines "Geweihträgers" unter der Bedingung, daß vorher ein weibliches Stück erlegt würde, instruiert habe. Keine Angabe habe er darüber gemacht, wie die Schützen von einem derartigen Abschuß Kenntnis erlangen sollten. Es sei gleichsam stillschweigend klar gewesen, daß dies dann angenommen werden durfte, wenn eben der erste Schuß gefallen war. Als er zwei, vor ihm wegflüchtende weibliche Tiere im dichten Holz beschossen hatte, habe er nicht erkennen können, ob er auch getroffen hätte. Die von ihm vorgenommene Instruktion der Schützen haben daher bei diesen die Annahme gerechtfertigt, daß die behördliche Auflage für den Abschuß des "Geweihträgers" nunmehr erfüllt sei. Da der Schütze sich nicht sogleich sicher sein konnte, ob er Erfolg gehabt hat oder nicht, konnte der Fehlschuß auch nicht sogleich aufgeklärt werden. Dies liegt nicht zuletzt auch im Wesen jeder Jagd. Etwa vier bis fünf Minuten nach den von ihm abgegebenen Schüssen wurde dann der Rothirsch vom Bw erlegt. Bis dahin sei er weiter den "Fährten" gefolgt. Dem Fortsetzen der Jagd in Verbindung mit der ursprünglichen Instruktion der Schützen kam daher der objektive Erklärungswert zu, daß von der Annahme ausgegangen werden konnte, daß ein weibliches Stück bereits gestreckt wurde, ehe der Bw zu Schuß gekommen war.

Die weiteren Zeugenaussagen nahmen im Ergebnis darauf Bezug, daß die festgestellten Fegeschäden von einem Rothirsch verursacht wurden. Der Abschuß sei aus diesem Grund notwendig gewesen. Das diesbezügliche Betreiben der Jagdgesellschaft und die letztlich erteilte Bewilligung der Behörde sei darin begründet gewesen.

5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Laut § 50 Abs.1 bis 4 des O.Ö. JagdG ist "(1) der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer-und Birkwild nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter noch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auerund Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten werden.

(2) Der Jagdausübungsberechtigte hat den Abschußlan für Rot- und Gemswild längstens bis zum 15. Mai, für das sonstige Schalenwild längstens bis zum 15. April, für Auer- und Birkwild längstens bis zum 15. März jeden Jahres der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen. + (3) Der Abschußplan für Schalenwild ist von der Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhören des Jagdausschusses und des Bezirksjagdbeirates, der Abschußplan für Auer- und Birkwild nach Anhören des Bezirksjagdbeirates zu genehmigen, wenn dagegen vom Standpunkt der Interessen der Jagdwirtschaft und der Landeskultur keine Bedenken bestehen. Im anderen Falle hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschußplan festzusetzen.

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat nach Anhören des Bezirksjagdbeirates und des Jagdausschusses während des Jagdjahres Änderungen des Abschußplanes anzuordnen, wenn sich die für die Genehmigung maßgeblichen Verhältnisse geändert haben oder wenn sonst aus zwingenden Gründen die Einhaltung des Abschußplanes unmöglich ist." 6. Vorweg ist zur Rechtswidrigkeit dieses Abschusses anzumerken, daß eine strikte Bindung an den Abschußplan besteht. Es ist in diesem Zusammenhang nicht darauf einzugehen, inwieweit die vorliegende Handhabung des Abschußplanes, dessen fernmündliche, an eine Bedingung geknüpfte Änderung - welche(r) nicht angefochten wurde - zweckmäßig und in der jagdlichen Praxis handhabbar gewesen ist. Auf Grund der vorliegenden objektiven Tatsachen waren mit diesem Abschuß jedoch keine nachteiligen Folgen verbunden. Es war diesbezüglich dem Vorbringen des Bw zu folgen, wenn dieser meinte, daß bereits zwei Tage nach diesem Abschuß zwei Stück weibliches Rotwild erlegt wurde, sodaß bereits einen Tag nach diesem Abschuß der gesetzlich intendierte Zustand hergestellt gewesen sei. Ganz besonders war dieser Abschuß doch im Sinne der Landeskultur anzusehen gewesen (§ 1 Abs.2 des O.Ö. JagdG). Der während einer bloß kurzen Zeitspanne vom Abschußplan nicht gedeckt gewesene Abschuß war wohl rechtswidrig, könnte aber tatsächlich nur "formalrechtlichen Charakters" bezeichnet werden.

6.1. Im gegenständlichen Verfahren blieb daher überwiegend zu klären, inwieweit dem Bw hinsichtlich dieses Abschusses ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist.

6.2.1. Grundsätzlich ist hinsichtlich des Verschuldens gemäß § 5 Abs.1 VStG anzumerken, daß, wenn eine Verwaltungs- vorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der "Täter" nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der der "Täter" zuwiderhandelt, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der "Täter" das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Hinsichtlich des bestehenden Abschußplans war wohl die Kenntnis der Vorschrift im Rahmen der Erörterung des Jagdzieles durch den Jagdleiter am Beginn der Jagd bekannt. Der Bw hat im Rahmen des Beweisverfahrens die Umstände darzulegen vermocht, daß ihn an der formellen Nichteinhaltung des Abschußplanes ein Verschulden nicht trifft. Der Bw durfte davon ausgehen, daß ein weibliches Stück zur Strecke gelangt war, nachdem er zwei Schüsse vernommen hatte und "Weidmannsheil" gerufen wurde. Zumal die Jagd weder abgeblasen wurde noch sonst den Schützen eine Mitteilung zukam, daß vorerst weiter nur ein weibliches Stück zu bejagen wäre, lag dieser Tatsache der objektive Erklärungswert zugrunde, daß "die Auflage" erfüllt wäre. "Das Vertrauen des Erklärungsempfängers auf eine bestimmte Erklärungsbedeu- tung, liegt im Sinne der Verkehrssicherheit. Schutzwürdig ist der Erklärungsempfänger dann, wenn er die Erklärung so verstanden hat, wie sie ein redlicher, verständiger Mensch (Erklärungsempfänger) verstehen durfte" (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, 4. Auflage, Seite 75 ff). Jede andere Sicht würde zum Ergebnis führen, daß die angestellten Schützen sich selbst davon überzeugen hätten müssen, ob etwa auch wirklich etwas erlegt worden ist. Ein solches Verhalten hätte bedeutet, daß die angestellten Schützen entweder entgegen der Anweisung des Jagdleiters ihre Stände verlassen hätten müssen oder wenigstens durch lautstarkes Reden zu klären gehabt hätten, ob die Schüsse ein weibliches Stück zur Strecke gebracht hatten. Dies hätte defacto zum Ergebnis geführt, daß die Jagd durch die Schützen und nicht durch den Jagdleiter für beendet erklärt worden wäre. Andererseits würde ein derartiges Verhalten jedoch auch den Sicherheitsbestimmungen eines Jagdbetriebes, aber auch der jagdlichen Gepflogenheit zuwider laufen. Ferner ergäbe es keinen Sinn, daß ein Schütze angestellt ist, aber beim Anblick eines Wildes "gleichsam erst fragen müßte, ob er dieses bejagte Stück auch erlegen darf." Nicht zuletzt muß es aber auch als im Rahmen des "Fehlerkalkühls" einer Jagd gelegen erachtet werden, daß ein Fehlschuß nicht immer sogleich erkennbar ist und daher nicht sofort aufgeklärt werden kann.

6.2.2. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen (s. E Slg. 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig wurde folglich dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der (die) Handelnde angehört, an seiner Stelle anders Verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Dies muß im gegenständlichen Fall verneint werden. Man muß sich aber auch davor hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht zu überspannen. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, die die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (vgl. abermals VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Von keiner dem Verkehrskreis des Bw angehörigen Person wäre daher in dieser Situation ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen. Dies hat das Beweisverfahren besonders illustrativ hervorgebracht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung nicht zu- lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungs- gerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum