Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200088/2/Kl/Rd

Linz, 02.05.1994

VwSen-200088/2/Kl/Rd Linz, am 2. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des KR R T , L , B , vertreten durch die RAe Dr. S , Dr. B , F , L , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8.3.1993, GZ: 501/Na-53/91g, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldausspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe aufgehoben wird und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Gleichzeitig wird aber über den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung ausgesprochen.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 21 Abs.1 und § 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8.3.1993, GZ: 501/Na-53/91g, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs.1 Z1 iVm § 9 Abs.1 und 2 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "H GesmbH" mit dem Sitz in L und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches und zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "H GesmbH" zu vertreten hat, daß von der "H GesmbH" 1) im August 1991, im Gemeindegebiet von R , Bezirk Schärding, unmittelbar neben der U Landesstraße Nr. , zwischen Straßenkilometer und Einmündung in die I Bundesstraße Nr. , zwei Werbetafeln im Ausmaß von je 3,5 x 2,4 m außerhalb der geschlossenen Ortschaft aufgestellt, und 2) im August 1991, im Gemeindegebiet von R , Bezirk Schärding, unmittelbar neben der U Landesstraße Nr. , zwischen Straßenkilometer und zwei Werbetafeln im Ausmaß von je 3,5 x 2,4 m außerhalb der geschlossenen Ortschaft aufgestellt wurden, ohne daß die hiefür gemäß § 9 Abs.1 O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982, LGBl.Nr. 80/1982 idgF, erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung vorlag.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S festgelegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welcher das Straferkenntnis vollinhaltlich bekämpft wird und dazu begründend ausgeführt wird, daß gegen den Geschäftsführer H B bereits eine rechtskräftige Ermahnung ausgesprochen wurde, weshalb wegen des gleichen Delikts der juristischen Person nicht eine zweite Person bestraft werden dürfe. Es wurde vorgebracht, daß die "H GesmbH" eine Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Ried zur Aufstellung derartiger Plakate für den Bezirk Ried hat, und daß nur aufgrund eines Irrtums des aufstellenden Bautruppes über die Bezirksgrenzen die spruchgemäßen Tafeln außerhalb des Gebietes der Bezirkshauptmannschaft Ried aufgestellt wurden. Dieser Irrtum des nachgeordneten Bautrupps kann aber nicht dem Beschuldigten als Verschulden angerechnet werden, da ein Irrtum auch bei strengsten Anweisungen und Überwachungen nicht ausgeschlossen werden kann. Es sei daher kein Verschulden vorhanden. Selbst wenn man von einem Verschulden ausgeht, wäre aber dieses so gering, daß eine Bestrafung verfehlt sei und allenfalls eine Ermahnung angebracht wäre.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Gegenäußerung abgegeben.

4. Da der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten geklärt ist und im übrigen auch vom Berufungswerber weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren bestritten wird, sondern als richtig in der Berufung bestätigt wird, und die Berufung lediglich Gründe ausführt, die eine unrichtige rechtliche Beurteilung behaupten, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen. Auch wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung in der Berufung nicht ausdrücklich verlangt.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat daher in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und im Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen den von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt als erwiesen vorgefunden und auch seiner Entscheidung zugrundegelegt.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 - O.ö. NSchG 1982, LGBl.Nr. 80/1982 idF LGBl.Nr. 72/1988, bedarf außerhalb geschlossener Ortschaften die Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung und der Betrieb von Werbeeinrichtungen einer Bewilligung der Behör de. Eine Werbeeinrichtung iSd Abs.1 ist eine im Landschaftsbild in Erscheinung tretende Einrichtung, die der Anpreisung dient oder hiefür vorgesehen ist, auch wenn sie die Form einer Ankündigung oder eines Hinweises hat oder auf andere Weise Aufmerksamkeit erregen soll (§ 9 Abs.2 leg.cit.).

Gemäß § 37 Abs.1 Z1 O.ö. NSchG 1982 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Werbeeinrichtung ohne Bewilligung oder entgegen einer Bewilligung errichtet, aufstellt, anbringt, ändert, betreibt, nicht in einem der Bewilligung entsprechenden Zustand erhält oder nach Ablauf der Bewilligung nicht entfernt (§ 9).

5.2. Nach dem unbestritten gebliebenen, dem Vorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses und der Begründung des Straferkenntnisses zu entnehmenden Sachverhalt wurde daher erwiesenermaßen von der "H GesmbH" im Gemeindegebiet von R im August 1991 an den im Spruch näher bezeichneten Stellen Werbetafeln im Ausmaß von 3,5 m x 2,4 m mit den Werbeplakaten mit der Aufschrift "S ", also Werbeeinrichtungen, die im Landschaftsbild in Erscheinung treten, der Anpreisung dienen oder hiefür vorgesehen sind, außerhalb geschlossener Ortschaften, nämlich auf der Freilandstraße, aufgestellt. Auch wurde nie bestritten und steht daher fest, daß für die gegenständlichen Aufstellungsorte keine naturschutzbehördliche Bewilligung trotz der gesetzlichen Bewilligungspflicht vorhanden ist. Es wurde daher der objektive Tatbestand der zitierten Verwaltungsübertretung erfüllt.

5.3. Hinsichtlich der Behauptung der mangelnden Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der " GesmbH" ist die Bestimmung des § 9 Abs.1 VStG heranzuziehen, wonach für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Entsprechend der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer einer GesmbH ein gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft und als solches nach der angeführten Gesetzesstelle für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit ist auch dann gegeben, wenn der Geschäftsführer nicht allein zeichnungsberechtigt ist (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 761, E. 6 mwN). Auch vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß dann, wenn die Vertretungsbefugnis einer juristischen Person einem Kollektivorgan übertragen ist, die Strafbestimmungen auch auf ein einzelnes Mitglied dieses Organs anzuwenden sind, ohne daß dieses einen Rechtsanspruch auf gleichzeitige und gemeinsame Bestrafung aller Mitglieder des Kollektivorgans hätte (Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Band II, Seite 130 f, E. 34 und 35 mN). Es geht daher daraus hervor, daß es an der Strafbehörde liegt, welches zur Vertretung nach außen berufene Organ die Strafbehörde zur Verantwortung zieht, sowie auch ob nur einzelne oder alle verantwortlichen Organe zur Verantwortung gezogen werden.

Der vom Berufungswerber ins Treffen geführte Grundsatz "ne bis in idem" kommt aber schon deshalb nicht zum Tragen, da die Tat nicht nur hinsichtlich der Tatumstände, sondern auch hinsichtlich der Person des Beschuldigten zu konkretisieren und zu umschreiben ist, und daher nicht vom selben Sachverhalt auszugehen ist. Die vom Beschuldigten gewählte Auslegung ist aber schon deshalb nicht richtig, da ein und dieselbe Tat auch von mehreren Tätern begangen werden kann, und jeder Täter für sich für die von ihm begangene Tat zur Verantwortung zu ziehen ist. Täter bzw. Beschuldigter dieses Strafverfahrens ist ferner nicht die "H GesmbH", sondern der Beschuldigte, weil eine juristische Person niemals ein subjektives Verschulden treffen kann, sondern nur eine physische Person. Zu diesem Zwecke wurde auch die Regelung des § 9 VStG eingeführt (vgl. Ringhofer, Seite 121).

5.4. Hinsichtlich des Verschuldens des Berufungswerbers führt die belangte Behörde im Straferkenntnis ausführlich zu Recht aus, daß gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten genügt, wobei Fahrlässigkeit beim Ungehorsamsdelikt, zu welchem auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, ohne weiteres angenommen werden kann, sofern der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diesbezüglich macht der Berufungswerber - wie schon im Verfahren erster Instanz - einen Irrtum dahingehend geltend, daß der mit der Aufstellung betraute Bautrupp die Bezirksgrenzen nicht im Detail kenne und daher anläßlich der Synonymität der Worte "R " (Bezirk) sich in der Aufstellung der Tafeln geirrt habe. Als Verschulden könne dies dem Beschuldigten nicht angerechnet werden, da eine Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, daß nachgeordnete Bautrupps über die geographischen Gegebenheiten, insbesondere auch die Grenzen politischer Verwaltungsbezirke im Detail Bescheid wissen, bei weitem überspannt wäre.

Ist eine ausdrückliche Vorschrift im Verwaltungsstrafgesetz nicht vorgesehen, so hat dennoch der Verwaltungsgerichtshof anerkannt, daß es auch im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens die Rechtsfigur des entschuldbaren Tatirrtums gibt (Hauer-Leukauf, Seite 731, E.40). Beim Tatbildirrtum irrt der Täter über jene Umstände, die zum Tatbild gehören, also über die äußere Tatseite. Der Tatirrtum schließt jedenfalls den Vorsatz aus, Fahrlässigkeit jedoch nur dann, wenn die Sachlage nicht fahrlässigerweise falsch beurteilt wurde (Ringhofer, Seite 67). Ein Tatbildirrtum ist jedoch nur beachtlich, wenn dem Beschuldigten, nicht auch seinem Angestellten, unterlaufen ist. Als Schuldausschließungsgrund wirkt er daher nur persönlich und kann demnach nur von jener Person ins Treffen geführt werden, bei der er eingetreten ist (Ringhofer, Seite 86 f mN).

Im Sinne dieser Judikatur kann daher der vom Berufungswerber geltend gemachte Irrtum des Bautrupps über die Grenzen des Bezirkes Ried nicht dem Berufungswerber selbst zugutekommen.

Im übrigen schließt der Tatbildirrtum nur den Tatvorsatz aus, nicht jedoch auch die Fahrlässigkeit, wenn der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht.

Daß aber die vorgeworfene Tat vom Berufungswerber schuldhaft, nämlich fahrlässig, begangen wurde, hat die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis ausführlich unter Zugrundelegung des § 5 Abs.1 VStG dargelegt, und es schließt sich auch der O.ö. Verwaltungssenat diesen Rechtsausführungen an und bleiben diese vollinhaltlich aufrecht.

6. Zur Strafbemessung hat die belangte Behörde ausgeführt, daß straferschwerend kein Umstand war, hingegen als strafmildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet wurde. Zu den persönlichen Verhältnissen wurde nach realistischer Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 25.000 S und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 814, E.7 mN). Kommen daher dem Berufungswerber konkrete Schuldausschließungsgründe - wie oben ausgeführt nicht zugute, so haben aber die Umstände des Einzelfalls gezeigt, daß die Aufstellung der Werbeeinrichtungen nur für kurze Zeit erfolgte, die Werbeeinrichtungen nach Beanstandung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sofort entfernt wurden und daher der typische Unrechtsgehalt der Tat, nämlich die Beeinträchtigung des durch die Verwaltungsnorm geschützten Landschaftsbildes nur in unerheblichem Ausmaß verwirklicht wurde. Indem der Berufungswerber bzw. die "H GesmbH" im übrigen für den Bezirk Ried eine entsprechende Bewilligung angestrebt und erwirkt hat, wurde auch zum Ausdruck gebracht, daß ein Bestreben um den behördlichen Konsens und um ein gesetzestreues Verhalten vorlag. Es konnte daher von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden. Auch blieben die Folgen unbedeutend, zumal die Werbeeinrichtungen sofort nach der Beanstandung entfernt wurden und im übrigen keine Folgen für das Landschaftsbild eingetreten sind.

Es war daher von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Gleichzeitig war aber eine Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens auszusprechen, insbesondere im Hinblick auf eine spezialpräventive Wirkung. Es soll nämlich der Berufungswerber damit aufmerksam gemacht werden, daß sein Verhalten an sich rechtswidrig war und den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet, und daß er im Fall einer weiteren Tatbegehung sehr wohl auch mit einer Bestrafung zu rechnen hat.

7. Im Hinblick auf dieses Verfahrensergebnis waren keine Kostenbeiträge zum Verwaltungsstrafverfahren aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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