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des Landes Oberösterreich
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VwSen-200102/12/Gu/Atz

Linz, 01.03.1994

VwSen-200102/12/Gu/Atz Linz, am 1. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Kurt Wegschaider sowie durch Dr. Hans Guschlbauer als Berichter und Dr. Ewald Langeder als Beisitzer über die Berufung des J H , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K H , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11. Juni 1993, Agrar/1005/1993-He, wegen Übertretung des Saatgutgesetzes zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu lauten hat:

"Herr J H ist schuldig, am 16.12.1992 in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in M , Grieskirchen, 2.445 Sack (34.230 kg) nicht als Saatgut zugelassene Sämereien der landwirtschaftlichen Kulturpflanze Mais gewerbsmäßig feilgehalten zu haben, wobei eine Bezeichnung fehlte, die unzweifelhaft hätte erkennen lassen, daß die Sämereien nicht als Saatgut in Verkehr gebracht werden dürfen.

Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 14 iVm § 1 Abs. 3 und mit § 3 Abs. 2 des Saatgutgesetzes 1937 begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn gemäß § 14 des Saatgutgesetzes 1937 eine Geldstrafe von 10.000 S, falls diese nicht einbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt.

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 hat der Beschuldigte einen Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren in der Höhe von 1.000 S zu leisten." Rechtsgrundlagen für die Berufungsentscheidung:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 19 VStG, § 1 Abs. 3 Saatgutgesetz 1937, § 14 Abs. 1 leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis gegen den Berufungswerber wegen Übertretung des § 14 iVm § 1 Abs. 3 des Saatgutgesetzes 1937 und iVm § 9 VStG eine Geldstrafe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Woche) verhängt, weil er als Obmann und somit als das zur Vertretung des Landwirtschaftlichen Saaten-Vereins Grieskirchen, M , berufenes Organ schuldig sei, daß dieser Verein am 16.12.19923 (aufgrund des gesamten Akteninhaltes offenbar gemeint das Jahr 1992) im landwirtschaftlichen Betrieb in M , Grieskirchen, 2.445 Sack (34.230 kg) Sämereien der landwirtschaftlichen Kulturpflanze Mais ohne die Bezeichnung "Saatgut" gewerbsmäßig feilgehalten habe, die entgegen dem Gebot des § 1 Abs. 3 Saatgutgesetz 1937 weder mit der Bezeichnung "nicht zur Saat geeignet" noch mit einer anderen Bezeichnung versehen waren, die unzweifelhaft erkennen hätte lassen, daß die Sämereien nicht als Saatgut in Verkehr gebracht werden dürfen.

Die erste Instanz führt in ihrem Straferkenntnis begründend aus, daß die strafbare Handlung aufgrund des Ergebnisses einer amtlichen Kontrolle der Bundesanstalt für Agrarbiologie erwiesen sei. Demnach seien im landwirtschaftlichen Betrieb in M , 2.445 Sack Maissamen fertig abgepackt und in Paletten geschlichtet gelagert gewesen. Die Säcke seien verschieden gekennzeichnet gewesen und trugen die Aufschriften "P", Mais wie Panther 250", "3/10", "II", "R 250". Weitere Aufschriften wie etwa "Saatgut" oder "nicht für Saat geeignet" oder sonstige Bezeichnungen, die unzweifelhaft hätten erkennen lassen, daß die Maiskörner nicht als Saatgut in Verkehr gebracht werden, trugen die Säcke nicht. Die Maiskörner seien zur Abgabe an andere Personen bereitgehalten worden. Es sei wohl ein Verein namens Landwirtschaftlicher Saaten-Verein gegründet worden, der ordentliche, außerordentliche und Ehrenmitglieder vorsehe. Dadurch, daß bei der Aufnahme von Mitgliedern die Statuten nicht beachtet worden seien, seien die nach Gründung des Vereins in Aufzeichnungen geführten Personen, welche Maissamen bezogen, rechtlich nicht Vereinsmitglieder, sondern fremde Personen.

Der Verein habe somit sein Produkt nicht an Mitglieder, sondern an vom Verein verschiedene Personen entgeltlich abgegeben bzw. allgemein erkennbar zum Verkauf bereitgehalten.

Gewerbsmäßigkeit sei gegeben gewesen, weil die Absicht bestanden habe, aus dem Vertrieb der Maissamen eine ständige Erwerbsquelle zu schaffen. Gewerbsmäßigkeit liege aber nicht nur vor, wenn der Verein als juristische Person Gewinn erziele, sondern auch wenn Vereinsmitglieder aus der Vereinstätigkeit wirtschaftliche Vorteile ziehen. Wenn schon der Verein selbst keinen Gewinn erwirtschaftet habe, so hätten die Gründungsmitglieder des Vereines einen Gewinn erhalten.

Der Beschuldigte habe zu seinem Einkommen ein Stundenentgelt vom Saaten-Verein von ca. 5.000 S monatlich bezogen und darüber hinaus als Teilhaber der H Bau- und Baggerbetriebs-GesmbH. und als Miteigentümer am landwirtschaftlichen Betrieb in M insofern einen wirtschaftlichen Vorteil gehabt, als die Pflege der Kulturen mit seinen Maschinen gegen Bezahlung erfolgte. Darüber hinaus habe er auch Speisen verabreicht und diese dem Verein verrechnet.

Nachdem die Maiskörner ausgezeichnete Keimfähigkeit aufgewiesen hätten und Bezieher für den Maissamen pro Packung nur 550 S bezahlen mußten, wogegen der vergleichsweise Preis im Handel zwischen 600 und 1.193 S pro Sack zuzüglich 150 S Saatgutbeitrag betrage, hätten die Mitglieder des Vereins bei der unterpreisigen Beschaffung des Saatgutes einen Gewinn bezogen, der die Gewerbsmäßigkeit indiziere.

In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung ficht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach an, macht Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

Nachdem in der Verfolgungshandlung vom 3.11.1993 die Tat sowohl im eigenen Namen oder als Obmann des landwirtschaft lichen Saaten-Vereines angelastet werde, es daher an der nötigen Klarheit fehle, sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Ferner sei ein für die Ermittlung des Sachverhaltes wichtiger Zeuge nicht vernommen worden. Im übrigen sei vom landwirtschaftlichen Saaten-Verein niemals Maissamen an fremde Personen abgegeben worden. Der Maissamen sei nur durch und für Vereinsmitgleider erzeugt worden. Dem tue die Tatsache keinen Abbruch, daß die zweite Generalversammlung des Vereines am 16.12.1990 beschlossen habe, daß der Zahlscheinabschnitt zugleich Mitgliedsausweis sei. Die Gewerbsmäßigkeit werde bestritten. Im übrigen sei die Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Saatgutgesetzes 1937 heranzuziehen, wobei die damals geltende Gewerbeordnung 1859 bei der Auslegung heranzuziehen sei und die Abgabe von Saatgut, Düngemitteln von land- und forstwirtschaftlichen Körperschaften sogar an Nichtmitglieder nicht als gewerbsmäßig betrachtet worden sei. Im übrigen sei die land- und forstwirtschaftliche Produktion ohnedies vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1859 ausgenommen gewesen. Eine Auslegung des Begriffes Gewerbsmäßigkeit nach der geltenden Gewerbeordnung 1973 sei nicht zulässig; auch sei aus einem vom O.ö. Verwaltungssenat stattgefundenen Verfahren im Rahmen einer Maßnahmebeschwerde hervorgekommen, daß keine Ertragsabsicht abgeleitet werden könne; dies nicht nur aus einer ex ante Betrachtung, sondern bei einer rückblickend angestellten Überprüfung der Vereinsgebarung. Sowohl der Verwaltungsgerichtshof (Erk. v.

29.5.1990, 88/04/0352) als auch der Verfassungsgerichtshof (Erk. v. 29.11.1982, Slg. 9.566) bejahe die Gewerbsmäßigkeit nicht dann schon, wenn einerseits zur Deckung der mit der Erreichung des Vereinszwecks verbundenen Unkosten Erträge erzielt werden und somit den Mitgliedern des Vereins zugute kommen, sondern auch wenn durch eine Reduktion der Kosten Vorteile in der Wirtschaftsführung der Mitglieder einhergingen.

Daß der Beschuldigte für den Verein die Verantwortung trage, sei nicht sicher. Die vom Beschuldigten aufgrund erbrachter Leistungen bezogenen monatlichen 5.000 S stellten keinen Gewinn dar. Auch von anderen Mitgliedern seien Leistungen erbracht worden, auch von der von ihm verschiedenen H Bau- und Baggerbetriebs-GesmbH.

Darüber hinaus sei die Verschuldensfrage von der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses widersprüchlich beantwortet. Ein Verschulden liege nicht vor. Schließlich seien die Statuten des LSV von einem Juristen der OÖ.

Landwirtschaftskammer erstellt worden und habe sich der Beschuldigte auf dessen Auskunft verlassen können. Ein seinerzeit im Jahre 1990 von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren, welches mit dem Sachverhalt praktisch ident sei, sei bereits eingestellt worden.

In eventu macht der Beschuldigte geltend, daß die verhängte Geldstrafe überhöht sei.

Aufgrund der Berufung wurde am 26. Jänner 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten, seines Vertreters und des Vertreters der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen durchgeführt. In deren Rahmen wurde der Beschuldigte sowie der Zeuge Hofrat Dr. R S vernommen und in folgende Urkunden Einsicht genommen:

Zurkenntnisnahmebescheid der Sicherheitsdirektion vom 24.2.1989, bezüglich Vereinsanmeldung; Vereinsstatuten des landwirtschaftlichen Saaten-Vereins; Auszug aus den Aufzeichnungen über die Organe des Vereins mit der am 5.3.1989 stattgefundenen Gründungsversammlung; Vorstandssitzungsprotokoll vom 6. März 1989; vier Untersuchungsberichte der Bundesanstalt für Agrarbiologie betreffend die Untersuchungen von Maissamen und zwar sämtliche datiert mit 18.2.1993 zu Buch-Nr. 9.537 9.540/1992; Rundschreiben des landwirtschaftlichen Saaten-Vereins vom 29.10.1992 mit angeschlossenem Verzeichnis über Sortenversuche über die Jahre 1990, 1991 und 1992; Ablichtung einer Einladung zur vierten Generalversammlung des LSV; Protokoll über die zweite Generalversammlung vom 16.12.1990; Entscheidung des O.ö. Verwaltungssenates vom 13. Mai 1993, VwSen-420032/15/Kl/Rd.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Bereits vor dem Jahre 1990 beschäftigte sich der Beschuldigte mit der Züchtung von Maissamen und hatte damit Erfolg. Ein eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren wurde eingestellt, nachdem nur eine eigene Verwendung des Saatgutes festgestellt werden konnte.

Durch Erfolg zuversichtlich gemacht, nahm es der Beschuldigte in die Hand, um aus der Maissamenproduktion einen wiederkehrenden Nutzen zu ziehen.

Er überzeugte Landwirte aus der Umgebung, daß mit eigener Produktion des Samengutes günstigere Einstandspreise als beim Handel angeboten zu erzielen seien, beriet sich mit Vertretern der Landwirtschaftskammer, um den Vertrieb einerseits auf eine breitere Basis zu stellen und andererseits den strengen Anforderungen der staatlichen Saatgutkontrolle entgehen zu können. Hiefür wurde die Rechtsform eines Vereines als zweckmäßig erachtet, und zwar um der Sache den Anschein zu geben, daß jedes Vereinsmitglied selbst - bzw. zur gesamten Hand - gezogenen Mais für die eigene Landwirtschaft verwende, damit keine Gewerbsmäßigkeit vorliege.

Für die Maissamenproduktion wurden landwirtschaftliche Flächen des im Miteigentum stehenden Beschuldigten verwendet und auch Flächen im Eferdinger Raum gepachtet.

Der Verein selbst, dessen Vorstandsmitglieder aus dem engsten Kreise der Familie des Beschuldigten bestand, brachte es zu keiner Anhäufung von Vereinsvermögen. Die rund um die Maissamenproduktion aufgelaufenen Aufwendungen wie z.B. der Pachtschilling, aber auch Entgelte für Robotdienste und Maschineneinsätze von Vereinsmitgliedern, vom Maschinenring und Entgelte für den Obmann wurden über die Vereinskasse abgewickelt.

Das von dem Vorgehen beabsichtigte Ergebnis, nämlich ein niedrigerer Bezugspreis für Maissamen, trat dann auch ein.

Der Hauptnutznießer war jedoch der Initiator des Ganzen der Beschuldigte.

Er war es allein, der sich um eine möglichst günstige Tarnung, nämlich eine Vereinsgründung, bei den Beratern der Landwirtschaftskammer bemühte und Statuten ausarbeiten ließ.

Er war es, der bei der Bank "für den Verein" ein Konto eröffnete, allein zeichnungsbefugt war, persönliche Haftung übernahm, die Verrechnung selbst führte, die Mitglieder aufnahm, indem er ihre Daten in einer Kundenliste bei Abnahmszwang der bestellten Maissamen zusammenfaßte und an das in Wahrheit zuständige Vereinsorgan nurmehr zahlenmäßig bekanntgab. Er war es, der sein Miteigentum (Grundflächen) zur Verwendung der Zucht ins Spiel brachte, der seine Maschinen und die Maschinen einer von ihm bestimmten GesmbH.

zur Verwendung und Abgeltung brachte. Er war es auch, der für seine Aktivitäten monatlich rund 5.000 S verlangt und sich zugeeignet hat und der zahlreiche Essen verabreicht und abgerechnet hat. Er war aber insbesondere der Privateigentümer der zur Vermehrung verwendeten Inzuchtlinien und der diese Linien gemeinsam mit den gezüchteten Maissorten "dem Verein" nur bis auf Widerruf zur Verfügung stellte. Die Mitglieder hatten nicht das Recht, die auf seiner gezeichneten Pachtfläche gezogenen Zucht- und Vermehrungslinien für sich privat in Anspruch zu nehmen. Die zuvor beschriebenen Tätigkeiten des Beschuldigten waren damit darauf ausgerichtet, für sich nachhaltig Einnahmen zu erzielen.

Im Sommer 1992 ging der Beschuldigte auf den Rat des Hofrat Dr. S nicht ein, die Sämerei, wenn sie schon weiter betrieben werden soll, im Interesse der einer gesunden Pflanzenzucht sowie des Kundenschutzes der staatlichen Kontrolle zu unterstellen, obwohl ihm dieser - somit von kompetenter Stelle - die Unterstützung in der Angelegenheit zugesagt hatte.

Am 16.12.1992 fand ein Bediensteter der Bundesanstalt für Agrarbiologie die im Spruch umschriebene Zahl bzw. Menge von abgesacktem Maissamen im landwirtschaftlichen Anwesen des Beschuldigten in M , Grieskirchen, vor. Am 8. März 1993 hielt die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen einen Ortsaugenschein ab. Das Maissaatgut war vom Abfüller für die Ersteher mit Sortenbezeichnungen - allerdings nicht mit standardisierten - versehen. Ein Teil war mit Sorte "P" bezeichnet, wobei auf einzelnen Sackböden die Aufschrift "Mais wie Panther 250" vorhanden war. Eine weitere Sorte war mit "3/10" gekennzeichnet. Ferner fand sich eine Sorte mit der Aufschrift "II". Eine Partie trug die Aufschrift "R 250". Auf einer Palette fand sich kein Verschlußstreifen.

Die Säcke trugen jedoch die Aufschrift "Staatliche Saatgutkontrolle Österreichs".

Die Sorten 3/10, P, II und R 250 wiesen bei einer Untersuchung der Bundesanstalt für Agrarbiologie je vom 18.2.1993 im unbehandelten Zustand eine Keimfähigkeit zwischen 92 und 97 % und im gebeizten Zustand von 96 - 98 % auf.

Bei den anläßlich der Kontrolle vorgefundenen Waren handelt es sich somit um Maissaatgut, welches saatfertig aufbereitet war und keine im Österreichischen Zuchtbuch bzw. der österreichischen Sortenliste eingetragene Sorte bildete. Die Ware wurde keinem regulären Anerkennungsverfahren unterworfen und nicht gemäß den gesetzlichen Bestimmungen gekennzeichnet. Die vorbestellte Ware wurde für die Bezieher zur Abholung und zum entgeltlichen Bezug bereitgehalten und sollte von den Beziehern als Maissamen Verwendung finden.

Die herangezogenen Beweismittel stehen in den maßgeblichen Teilen untereinander nicht im Widerspruch.

Der Beschuldigte hat bei seiner Vernehmung freimütig über die einzelnen Umstände Auskunft gegeben und bildete in der Zusammenschau selbst ein wichtiges Beweismittel. Was vorstehende Feststellungen von seiner Rechtfertigung unterscheidet, ist die Gewichtung der einzelnen Lebenssachverhalte und ihre Sinngebung für die rechtliche Sicht. Der O.ö. Verwaltungssenat geht davon aus, daß die Sache vom wahren wirtschaftlichen Gehalt im Zusammenhang mit den vom Beschuldigten an den Tag gelegten eigenständigen Handlungen zu sehen ist.

Gemäß § 14 Abs. 1 des Saatgutgesetzes 1937 begeht, wer den Vorschriften der §§ 1, 2, 3, 4 oder des § 5 Abs. 1, 3, 4 oder 5, der §§ 6, 8, 8a oder des § 12 Abs. 3 oder des § 13 Abs. 3 zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und wird hiefür unbeschadet der allfälligen strafgerichtlichen Verfolgung mit Geld bis zu 30.000 S oder mit Arrest bis zu sechs Wochen bestraft. Diese Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.

Damit wurde auch ein Zuwiderhandeln im Sinne des § 1 Abs. 3 leg.cit. erfaßt, wenn Sämereien landwirtschaftlicher Kulturpflanzen ohne die Bezeichnung Saatgut gewerbsmäßig feilgehalten, verkauft oder sonst in Verkehr gesetzt werden, bzw. wenn sie die Bezeichnung "nicht zur Saat geeignet" oder eine ander Bezeichnung, die unzweifelhaft erkennen läßt, daß die Sämerei nicht als Saatgut in Verkehr gesetzt werden darf, nicht aufweisen.

Feststeht, daß es sich bei der am 16.12.1993 auf dem landwirtschaftlichen Anwesen des Beschuldigten in M , Grieskirchen, vorgefundenen Ware um Samen der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen Mais handelte, welcher Samen vorbestellt war, und zur Abholung gegen Entgelt bereitgehalten wurde, somit sich im Verkehr befand, wobei der Beschuldigte als Abnehmer zum Scheine den Kreis eines Vereins inszeniert hatte. Auf der abgesackten Ware befand sich keine Bezeichnung "Saatgut". Die Ware war zur Aussaat bestimmt und auch nach Sorten - wenn auch nicht nach der üblichen Bezeichnung getrennt und mit Sonderbezeichnungen versehen. Es fand sich auf den Packungen weder die Aufschrift "nicht zur Saat geeignet" noch eine andere Bezeichnung, die unzweifelhaft hätte erkennen lassen, daß der Samen nicht als Saatgut in Verkehr gesetzt werde.

Die Vermehrung des Saatgutes unter der Kenntnis, den Anweisungen und der Handlungsmacht des Beschuldigten, die er in selbständiger Disposition nutzte, um sich ein nachhaltiges Einkommen zu verschaffen, war in diesem Sinne gewerbsmäßig.

Bei der Interpretation des Begriffes "gewerbsmäßig" ist vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen und kann nicht schlechthin auf die Bestimmungen der Gewerbeordnung irgendwelcher Fassung zurückgegriffen werden, weil sowohl die Gewerbeordnung 1859 als auch die Gewerbeordnung 1973 die landwirtschaftliche Urproduktion vom Anwendungsbereich, d.h.

der Pflicht diese Tätigkeiten als Gewerbe anzumelden ausnahmen. Dem Gesetzgeber im Jahre 1937 kann nicht unterlegt werden, daß er einen circulus indefiniendo schaffen wollte, wenn er das gewerbsmäßige Feilhalten von Sämereien landwirtschaftlicher Kulturpflanzen unter eine bestimmte Bezeichnungspflicht stellen wollte, wobei diese Samenproduktion und das diesbezügliche Inverkehrbringen ohnedies von der Gewerbeordnung ausgenommen und unter diesem Anknüpfungspunkt nicht gewerbsmäßig sein könne. Die Ausnahmen von der Gewerbeordnung beinhalten für die Landund Forstwirtschaft nur ein Privileg, indem bei eigenverantwortlicher fortgesetzter und auf Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils gerichteter somit gewerbsmäßiger Tätigkeit beim Hervorbringen von Nutztieren und Pflanzen keine Anmeldung bei der Gewerbebehörde erstattet werden muß.

Wenn unter Beteiligung am Wirtschaftsleben die Schaffenskraft, Mühe und Fleiß einer Person in eigener Disposition und Verantwortung eingesetzt wird, um für diesen Einsatz einen wirtschaftlichen Gegenwert, es war dies im vorliegenden Fall Geld, zu erzielen und diese Tätigkeit plan- und regelmäßig und nachhaltig ausgeübt wird, dann ist diese Tätigkeit nach urvordenklichem Sprachgebrauch, sohin auch im Sinn des Gesetzes, als gewerbsmäßig anzusprechen.

Alle diese Merkmale treffen auf den gegenständlichen Sachverhalt zu. Der Beschuldigte hat daher die Tat in objektiver Hinsicht erfüllt. In subjektiver Hinsicht konnte ihn seine Rechtfertigung von der Verletzung einer Sorgfaltspflicht nicht befreien, nachdem er gewußt hat, daß es sich bei dem in Rede stehenden Unternehmen um eine höchst sensible, weil auch für die öffentliche Ordnung und die Redlichkeit des Geschäftsverkehrs bedeutsame Materie handelte und er den Rat der Behörde nicht gesucht bzw.

Hinweise von geschulten Organen, die ihn zum Einlenken bewegen wollten, unbeachtet gelassen hat.

Der Schuldspruch war daher gerechtfertigt.

Was die Strafbemessung anlangt, so ist unter Bedachtnahme auf den vorzitierten Strafrahmen gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der objektive Unrechtsgehalt wog im gegenständlichen Fall schwer, zumal eine große Menge von Saatgut an einen bedeutenden Abnehmerkreis unkontrolliert zur Abgabe bereitgehalten wurde und der Beschuldigte somit eine Gefahr für die Degeneration von Kulturpflanzen und für die Redlichkeit des Geschäftsverkehres heraufbeschworen hat.

Auch die subjektive Tatseite (das Maß der Fahrlässigkeit) war bedeutend, zumal der Beschuldigte eine erhebliche deliktische Energie freigesetzt hat um das Tätigwerden zu tarnen.

Wiewohl der Beschuldigte noch nicht einschlägig vorbestraft ist, im übrigen jedoch sonstige Milderungsgründe nicht hervorkamen, rechtfertigten angesichts des Gewichtes der objektiven und subjektiven Tatseite und die aus der ungesetzlichen Tätigkeit laufend gezogenen Einkünfte die Ausschöpfung des Strafrahmens mit einem Drittel, wobei das unrechtmäßig Erworbene damit ohnedies nur zu einem geringen Teil wieder entzogen wird, ohne daß darum Sorgepflichten nicht erfüllt werden könnten (Gattin ist Angestellte).

Der offensichtliche, anhand des Zeitpunktes der Verfolgungshandlung leicht erkennbare Schreibfehler der Jahreszahl der Tat mit 1993 anstelle von 1992, konnte die Bestrafung nicht hindern, zumal der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens wußte, welche konkrete Tat er verantworten mußte, weshalb er auch in den Verteidigungsrechten nicht eingeschränkt war.

Zu einem Abspruch über die Berufung bezüglich jenes Teiles des Bescheides, der administrativ eine Kennzeichnung anordnete, ist der unabhängige Verwaltungssenat nicht berufen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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