Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-200125/9/Gu/Atz

Linz, 24.03.1994

VwSen-200125/9/Gu/Atz Linz, am 24. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M G , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 1. Dezember 1993, Zl. Agrar96/214/1993/B, wegen Übertretung des OÖ. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 nach der am 9. März 1994 in Gegenwart der Parteien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird t e i l w e i s e Folge gegeben.

Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt.

Der Strafausspruch wird insoferne geändert, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden, und der Verfahrenskostenbeitrag auf 300 S herabgesetzt wird.

Für das Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 37 Abs. 2 Z.5 OÖ. Naturund Landschaftsschutzgesetz iVm Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 8.6.1993, N-450502/Gt, § 10 VStG, § 19 VStG, § 64 Abs. 1 und 2 VStG, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat am 1.12.1993 der Frau M G ein Straferkenntnis verkündet, worin sie schuldig erkannt wurde, entgegen dem Auftrag des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 8.6.1993, N-450502/Gt, den vor dem Grundstück-Nr. , KG und Gemeinde H im H errichteten dritten Steg mit einem Ausmaß von 5 m Länge und 1,4 m Breite bis 31.7.1993 zu entfernen, bis 10.9.1993 nicht nachgekommen zu sein und hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 2 Z.5 OÖ. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 iVm dem vorzitierten Bescheid begangen zu haben.

Hiefür wurde ihr unter Anwendung des § 37 Abs. 2 Z.5 OÖ.

NSchG 1982 eine Geldstrafe von 7.000 S, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag von 700 S auferlegt.

Bei der Strafbemessung wurde ihr Geständnis als mildernd berücksichtigt und eine einschlägige Vormerkung als erschwerend gewertet. Nach durchgeführter Verhandlung unterfertigte M G einen Rechtsmittelverzicht.

In der dagegen von den Anwälten der Rechtsmittelwerberin Dr.

L und DDr. H eingebrachten Berufung macht diese geltend, daß bezüglich des in Frage kommenden Badesteges die Beschuldigte durch die ausgewiesene Rechtsanwaltkanzlei ihren Standpunkt bereits dargelegt habe. Die weitere Verhängung einer Geldstrafe erscheine wegen res judicata nicht zulässig, da die Beschuldigte bereits einmal wegen gegenständlicher Tat bestraft worden sei.

Im übrigen sei das strafrechtliche Vorgehen sittenwidrig und verstoße gegen Treue und Glauben, zumal der gegenständliche (dritte) Badesteg bereits mehr als 20 Jahre bestehe und mit Zustimmung der Behörden errichtet worden sei.

Zwecks Genehmigung des Badesteges sei beim Amt der o.ö.

Landesregierung zur Zahl N-102482/7-Ma-1993 ein Verfahren anhängig, über das noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Dadurch sei einerseits ein Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren auf Entfernung des Steges gehemmt. Eine weitere Bestrafung sei unbillig. Die Beschuldigte habe den Steg nicht zum Eigennutz errichtet, sondern diene der Steg der badesuchenden Bevölkerung und den Urlaubsgästen im Rahmen der Benutzung eines öffentlichen Badeplatzes. Die schonendste Benutzung eines Badesees, welche vom Tourismus gefördert werde, sei nur durch den Steg möglich. Nur der extreme Standpunkt, der See solle der Gesundheit und der Erholung der Menschen nicht dienen, würde die Entfernung des Steges legitimieren.

Der Rechtsmittelverzicht anläßlich der Verkündung des Straferkenntnisses sei von der unvertreten gewesenen Beschuldigten in Unkenntnis der Sach- und Rechtslage erfolgt.

In der Zusammenschau beantragt die rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses mangels Verschuldens.

Über die Berufung wurde am 9. März 1994 in Gegenwart der M G und eines Vertreters der Bezirkshauptmannschaft Braunau die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen die Beschuldigte zur Rechtfertigung verhalten und J B als Zeuge vernommen wurde, weiters in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 8. Juni 1993, N-450502/Gt, in die Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 19.

November 1993, Agrar96-214/1993/B, sowie in die Strafverhandlungsschrift derselben Behörde vom 1.12.1993, Einsicht genommen wurde und anschließend die Verfolgungshandlung der Bezirkshauptmannschaft Braunau zum Verfahren Agrar96/179/1993/B vom 28. Juli 1993 samt Strafverfügung gleichen Datums sowie die Strafverhandlungsschrift vom 30.9.1993, beigeschafft.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Im Rahmen der Freibadeanlage im Gemeindegebiet von H , Grundstück Nr. KG. H , bestehen am H drei Stück vor ca. 20 Jahren errichtete Steganlagen, von denen zwei naturschutzbehördlich nachweislich genehmigt sind. Bezüglich des dritten Steges ist eine naturschutzbehördliche Genehmigung nicht nachgewiesen. Diese Freibadeanlage wurde im Jahre 1993 von Frau M G betrieben.

Nachdem behördlicherseits die Entfernung der in Rede stehenden dritten Steganlage angestrengt wurde, kam es im Juli 1993 zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen die anwaltlich vertreten gewesene Beschuldigte, wobei ihr vorgeworfen wurde, die vor 20 Jahren errichtete Steganlage bis zum 29.5.1993 nicht entfernt zu haben.

Im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens wurde am 30.9.1993 Herrn Rechtsanwalt Dr. L , dem Anwalt der Beschuldigten, ein Straferkenntnis lautend auf vorstehenden Tatvorwurf verkündet, eine Geldstrafe von 3.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen wegen Verletzung des § 37 Abs. 3 Z.5 iVm § 17 Abs. 3 des OÖ. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes ausgesprochen. Diese Strafe wurde infolge Rechtsmittelverzichtes des Anwaltes sofort rechtskräftig.

Nach Erlassung eines Entfernungsauftrages des Steges durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau mit Bescheid vom 8. Juni 1993, N-450502/Gt, mit einer Entfernungsfrist des dritten Steges bis längstens 31.7.1993 kam es nach der Feststellung durch ein Gendarmerieorgan, daß dieser Steg am 10.9.1993 noch bestand, zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens durch Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. November 1993 an die Beschuldigte M G . Diese begab sich am 1.12.1993 zur Behörde und wurde ihr das nunmehr angefochtene Straferkenntnis mündlich verkündet, wobei sie im Anschluß daran einen Rechtsmittelverzicht unterschrieb.

Die anwaltschaftlich verfaßte Berufung namens der Beschuldigten ist mit 6.12.1993 datiert, ein weiterer Schriftsatz mit 16.2.1994.

Ein in der Berufung behaupteter Vollstreckungsaufschub konnte aktenkundig nicht nachgewiesen werden. Ein Teil der Steganlage, nämlich die in den See hineinragende Brücke, wurde von der Beschuldigten noch im Jahre 1993 entfernt.

Zwischenzeitig hat der Anwalt der Beschuldigten das auf Genehmigung lautende Gesuch beim Amt der o.ö. Landesregierung (Zahl N-102482/7-Ma/1993) zurückgezogen.

Bei diesem Sachverhalt war zunächst zu erwägen:

Der Rechtsmittelverzicht der Beschuldigten vor der Behörde am 1.12.1993 war nicht rechtswirksam, zumal aufgrund vorherigen anwaltlichen Einschreitens in der oben aufgezeigten Form, der Bezirkshauptmannschaft Braunau die anwaltliche Vertretung der Beschuldigten bekannt sein mußte.

Es erging somit die Verfolgungshandlung vom 19. November 1993 schon nicht rechtswirksam und war daher auch ihr Verzicht anläßlich der mündlichen Verhandlung, bei der sie anwaltlich nicht vertreten war, nicht wirksam. Angesichts der vorgeworfenen Tatzeit unter Bedachtnahme auf den Schriftsatz des Anwaltes vom 6.12.1993, vor welchem Datum eine Kenntnisnahme durch den Rechtsvertreter erfolgt sein muß, war immerhin die Verfolgungshandlung noch rechtzeitig, aber erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt.

Festzustellen ist, daß es sich bei der ersten Bestrafung um die Ahndung des Bestehenlassens des Steges seit 20 Jahren ohne Bescheid - auf dessen Tatbildmäßigkeit im gegenständlichen Verfahren allerdings nicht eingegangen werden kann, handelte. Die diesem Verfahren zugrundegelegte Tatzeit lautete bis zum 29.5.1993.

Nunmehr wurde der Beschuldigten das Nichtentfernen des Steges aufgrund eines besonderen Entfernungsauftrages und zwar in einer Tatzeit von 31.7.1993 bis 10.9.1993 vorgeworfen.

Daraus ist ersichtlich, daß es sich bei dem dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegenden Tatbild um eine andere Tat im Verhältnis zur früheren Bestrafung handelt.

Nachdem kein Rechtsakt bescheinigt ist, welcher eine Bestrafung hindert, hat die Beschuldigte sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht die Tat zu vertreten.

Gemäß § 37 Abs. 2 Z.5 des OÖ. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, wer Auflagen der Bescheide der Naturschutzbehörde nicht einhält und ist mit Geld bis zu 200.000 S zu bestrafen.

Gemäß dem Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 8. Juni 1993, N-450502/Gt, wurde Frau M G aufgetragen, den vor dem Grundstück-Nr. , KG.

und Gemeinde H im H errichteten dritten Steg mit einem Ausmaß von 5 m Länge und 1,4 m Breite bis 31.7.1993 zu entfernen.

Das ergebnislose Verstreichenlassen der Frist löste Strafbarkeit aus.

Nachdem ihr bei der Strafzumessung als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe angerechnet wurde, mußte ihr zusätzlich zum Milderungsgrund des Geständnisses als mildernd in Anschlag gebracht werden, daß die Steganlage, ob des Alters der Beschuldigten, nicht von ihr errichtet sein konnte.

Ferner war mildernd, daß sie sich, als sie vernehmen mußte, daß die dritte Steganlage naturschutzbehördlich nicht genehmigt war, sich um eine Genehmigung derselben bemühte, wenngleich dies in der Folge noch nicht von Erfolg gekrönt war.

Bezüglich der objektiven Tatseite war anzumerken, daß der Steg immerhin im Gelände einer bestehenden Badeanlage bei vorhandenen zwei Stegen bestand und eine Schonung des unmittelbaren Uferbereiches im Verhältnis zu einem freien Zutritt von Badenden in den See nicht von der Hand zu weisen ist.

Aus diesen Gründen und unter Bedachtnahme darauf, daß die Beschuldigte neben dem sommerlichen Betrieb der Badeanlage eine Landwirtschaft betreibt und Sorgepflichten für zwei Kinder besitzt, war die Strafe auf das im Spruch aufscheinende Maß herabzusetzen.

Damit reduzierten sich auch die daran orientierten erstinstanzlichen Verfahrenskosten. Der Teilerfolg der Berufung befreite die Rechtsmittelwerberin auch von der Pflicht zur Leistung von Kostenbeiträgen für das Berufungsverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum