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des Landes Oberösterreich
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VwSen-200127/5/Wei/Bk

Linz, 04.10.1994

VwSen-200127/5/Wei/Bk Linz, am 4. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des A M , G , B , vertreten durch Dr. K D S und Dr. W S , Rechtsanwälte in S , G , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. Oktober 1993, Zl.

ForstR 96-308-1992, wegen zwei Verwaltungsübertretungen nach dem Forstgesetz 1975 (BGBl Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch BGBl Nr. 970/1993) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 bis Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 11.

Oktober 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben 1.) ihren Steinbruchbetrieb auf dem W , KG. R , im Jahre 1990 um ca.

7.000 m2 erweitert und seither jedenfalls vom 1.4.1991 2.4.1992 Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet und 2.) durch diese widerrechtliche Verwendung die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt bzw.

gänzlich vernichtet, sodaß auch die rechtzeitige Wiederbewaldung zum Großteil unmöglich gemacht wurde." Dadurch erachtete die belangte Behörde zu 1.) § 17 Abs 1 iVm § 174 Abs 1 lit a) Z 6 Forstgesetz 1975 und zu 2.) § 16 Abs 1 und 2 lit a) und c) iVm § 174 Abs 1 lit a) Z 3 Forstgesetz 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte gemäß dem § 174 Abs 1 Forstgesetz 1975 (nur) eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das den Rechtsvertretern des Bw am 23. Oktober 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die am 7. Dezember 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 7. Dezember 1993, mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wird.

2.1. Die belangte Behörde hat in der Begründung ihres Straferkenntnisses zunächst die Rechtfertigung des Bw vom 15. April 1993 wörtlich wiedergegeben. Im übrigen wurde ausgeführt, daß der Bw im Frühjahr 1990 nicht genehmigte Rodungen durchgeführt habe. Das Flächenausmaß betrage für den Nordteil des Abbaugebietes H 0,3245 ha und für den Südteil 0,8675 ha, das Gesamtausmaß daher 1,1920 ha.

Eine Teilfläche des nichtgenehmigten Abbaues liege westlich vorgelagert den Waldparzellen der KG R . Die Änderung des Waldbestandes durch die immer wieder auftretenden West- bzw. Südostwinde sei durch diese Maßnahme nicht ausgeschlossen. Nach Eingaben der Waldeigentümer dieser Parzellen sei es immer wieder zu Windbrüchen bzw.

Windwürfen gekommen.

In rechtlicher Hinsicht stellte die belangte Strafbehörde fest, daß das Ansuchen um Rodungsbewilligung den Beschuldigten nicht von den strafbaren Tatbeständen der widerrechtlichen Verwendung des Waldbodens enthebe. Er dürfe die Rodung erst durchführen, wenn der Bewilligungsbescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Verfolgungsverjährung sei deshalb nicht eingetreten, weil dem Beschuldigten ein strafbarer Tatbestand vom 1.4.1991 bis 2.4.1992 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.4.1992 vorgehalten worden sei. Auch wenn die unbefugte Rodung schon im Frühjahr 1990 durchgeführt worden wäre, so hätte das strafbare Verhalten durch Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes seither nicht aufgehört.

Wer das Rodungsverbot nicht befolgt, begehe eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis S 100.000,-zu ahnden sei. Durch die unbefugte Rodung im Jahr 1990 sei Waldboden vom 1.4.1991 bis 2.4.1992 zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet worden. Der strafbare Tatbestand könne somit als erwiesen angesehen werden.

In weiterer Folge stellte die belangte Behörde das Verbot der Waldverwüstung nach § 16 Abs 1 und 2 Forstgesetz 1975 dar, ohne dazu konkrete Feststellungen zu treffen.

Bei der Strafbemessung sei die Bestimmung des § 19 VStG dem ganzen Umfang nach berücksichtigt worden. Mildernde Umstände wären nicht vorgelegen. Als erschwerend wertete die Strafbehörde, daß der Beschuldigte als Betreiber eines Steinbruchbetriebes über die gesetzlichen Bestimmungen genau Bescheid hätte wissen müssen, die Rodungsbewilligung entsprechend überschritten und hinterher ein Ansuchen um Bewilligung eingebracht habe.

2.2. Die Berufung gesteht zunächst zu, daß der Bw im Frühjahr 1990 Rodungen durchgeführt habe, die das Ausmaß der bewilligten Rodungsfläche überschritten haben. Diese Rodungen seien in einem Zuge durchgeführt und im Mai 1990 abgeschlossen worden. Die Rodungen wären überdies irrtümlich durchgeführt worden, zumal zwar keine Rodungsbewilligung, jedoch eine Bewilligung für den Abbau von Gesteinsmaterial nach dem Natur- und Landschaftsschutzgesetz vorgelegen hätte. Der damals nicht rechtsfreundlich vertretene Bw wäre damals der Ansicht gewesen, daß diese Bewilligung die Rodungsbewilligung beinhalte bzw. ersetze.

Sämtliche durchgeführten Maßnahmen liegen auf der Parzelle der KG R . Ob das Ausmaß der nicht bewilligten Rodungsfläche tatsächlich 1,1920 ha betrug, entziehe sich der Kenntnis des Bw, dem diesbezüglich kein Ergebnis der Beweisaufnahme zur Verfügung gestellt worden sei. Tatsache sei jedenfalls unabhängig davon, wie groß die unbewilligte Rodungsfläche war, daß seit Frühjahr 1990 keinerlei Rodungsarbeiten mehr durchgeführt worden seien.

Eingaben von Waldeigentümern über Windbrüche oder Windwürfe seien dem Bw nicht zur Kenntnis gebracht worden. Das Verfahren sei daher mangelhaft geblieben, weshalb beantragt werde, diese Beweisergebnisse zur Stellungnahme zu übermitteln.

Mit Straferkenntnis vom 23. Jänner 1991, Zl. ForstR 96/320-1990, sei über den Bw eine Geldstrafe verhängt worden, weil er auf der Waldparzelle der KG R Bohrungen zur Steingewinnung auf einer nicht bewilligten Fläche vorgenommen bzw vornehmen lassen habe. Der Spruch führe an, daß dies bereits seit längerer Zeit der Fall gewesen sei. Tatsächlich wären nicht nur Bohrungen durchgeführt worden und wäre zum Zeitpunkt dieses Straferkenntnisses die gesamte Rodung seit etwa einem dreiviertel Jahr abgeschlossen gewesen. Es liege daher entschiedene Rechtssache vor und der Bw werde durch das angefochtene Straferkenntnis für ein Vergehen bestraft, welches schon mit Straferkenntnis vom 23. Jänner 1991 geahndet worden sei.

Der Bw habe schon im Frühjahr 1990 den gesamten Waldboden, der nur wenige Zentimeter Schichtstärke aufwies, entfernt und die Bäume gefällt. Dieser Sachverhalt, den die Strafbehörde unter § 17 Abs 1 Forstgesetz subsumierte, habe schon im Zeitpunkt des Straferkenntnisses vom 23. Jänner 1991 vorgelegen. Seit Sommer 1990 habe der Bw die Produktionskraft des Waldbodens weder geschwächt oder vernichtet noch einen sonstigen Tatbestand der Waldverwüstung gesetzt. Auch die rechtzeitige Wiederbewaldung sei nicht unmöglich gemacht worden, weil nach dem Sommer 1990 keine Maßnahmen vorgenommen worden seien.

Das Straferkenntnis treffe keine Feststellungen darüber, wofür der Bw den Waldboden vom 1.4.1991 bis 2.4.1992 verwendet hätte. Diesbezüglich lägen auch keinerlei Beweisergebnisse vor. Es liege Verjährung vor, weil die Aufforderung zur Rechtfertigung im April 1992 und damit zu einem Zeitpunkt zugestellt worden sei, zu dem mehr als ein Jahr ohne Verfolgungshandlung verstrichen war.

Abschließend wird unter Hinweis auf erstinstanzliche Verfahrensmängel die Neudurchführung des Beweisverfahrens durch Beischaffung von Administrativakten, Einvernahme von Zeugen und Durchführung eines Lokalaugenscheines beantragt.

Außerdem möge eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, das Straferkenntnis behoben und die Verwaltungsstrafsache eingestellt werden.

2.3. Die belangte Strafbehörde hat die Berufung und ihren bezughabenden Verwaltungsstrafakt ForstR 96-308-1992 zur Berufungsentscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung ebenso wie von einer Gegenschrift abgesehen.

Über ergänzende Aktenanforderung des erkennenden Verwaltungssenates hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 14. September 1994, Zl. ForstR-35-1994/DE, auch ihren bezughabenden Verwaltungsstrafakt ForstR 96-320-1990 sowie weitere bezughabende Aktenteile des Administrativverfahrens ForstR-236-1993 betreffend Rodungsanträge des Bw vom 5.

April 1994 und 14. Dezember 1992 vorgelegt. Es handelt sich dabei um die auch den Rechtsvertretern des Bw übermittelte Gleichschrift vom 8. September 1994 samt folgenden Beilagen:

die Verhandlungsschrift vom 29. April 1994, eine Ergänzung des in dieser Verhandlung erstatteten Befundes und Gutachtens des forsttechnischen Amtssachverständigen WHR Dipl.-Ing. F D vom 29. Juli 1994, Aktenvermerke dieses Amtssachverständigen vom 29. Juli 1994 und vom 26. April 1994 sowie eine Ergänzung des Befundes dieses Amtssachverständigen vom 31. August 1994 zu einer nicht vorgelegten Verhandlungsschrift vom 28. Jänner 1993.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und die ergänzend beigeschafften Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis - wie bereits aus der Aktenlage ersichtlich - aufzuheben ist. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte daher gemäß § 51e Abs 1 VStG entfallen.

3.2. Die belangte Behörde hat in ihrem Schreiben vom 14.

September 1994 die Berufungsbehauptung, wonach seit Sommer 1990 keine Rodungsarbeiten mehr durchgeführt wurden, bestätigt. Auch aus den ergänzend vorgelegten Aktenteilen geht dieser Umstand klar hervor. Konkrete verwaltungsrechtliche Schritte bezüglich der Waldverwüstung seien wegen des anhängigen Verfahrens betreffend ein Rodungsansuchen für die gegenständliche Fläche noch nicht gesetzt worden. Das schuldhafte Verhalten des Bw ergebe sich daraus, daß die Fläche nach widerrechtlicher Rodung seither nicht wiederbewaldet wurde.

Der erkennende Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage und dieser Stellungnahme der belangten Strafbehörde davon aus, daß das Tatsachenvorbringen der Berufung zumindest in seinen entscheidungswesentlichen Punkten unstrittig ist und daher auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden kann.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 175 Abs 1 lit a) Z 6 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach Z 1 des letzten Satzes im Absatz 1 mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu ahnden ist, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs 1 nicht befolgt.

§ 17 Abs 1 Forstgesetz 1975 verbietet die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung).

Unter Rodung ist nicht nur die Beseitigung des Holzwuchses und des Humus sondern auch die nachfolgende Verwendung dieses Bodens zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur zu verstehen (vgl Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, Kommentar zum Forstrecht [1993], 57 Anm 4). Die Strafbestimmung pönalisiert sowohl eine Rodung im technischen Sinn als auch die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken. Dementsprechend stellt die unbefugte Rodung ein Dauerdelikt dar, das im Herbeiführen und Bestehenlassen der Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur besteht (vgl näher mit Judikaturnachweisen Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, Kommentar zum Forstrecht, 318 f Anm 2 bis 4).

Ob Waldboden im Sinne des § 17 Abs 1 Forstgesetz 1975 vorliegt, ist nach den Begriffsbestimmungen des § 1 Abs 1 bis 3 Forstgesetz 1975 zu beurteilen.

4.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw die Erweiterung des Steinbruchbetriebes um 7000 m2 im Jahre 1990 und die Verwendung des Waldbodens in der Zeit von 1.4.1991 bis 2.4.1992 zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur angelastet. Konkrete Feststellungen zur Art der widmungswidrigen Verwendung des Waldbodens im angelasteten Tatzeitraum hat die Strafbehörde nicht getroffen. In der Begründung des Straferkenntnisses wird dazu pauschal behauptet, daß das strafbare Verhalten durch Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes seit der unbefugten Rodung im Frühjahr 1990 nicht aufgehört habe.

Auch mit dem Verhältnis zum rechtskräftig ergangenen früheren Straferkenntnis vom 23. Jänner 1991, welches auf Bohrungen zur Steingewinnung im Jahr 1990 auf einer nicht näher bestimmten unbewilligten Fläche abstellte, hat sich die belangte Behörde im gegenständlichen Straferkenntnis nicht auseinandergesetzt.

Der Schuldspruch der Strafbehörde betreffend die widerrechtliche Verwendung von Waldboden im angelasteten Tatzeitraum ist rechtsirrig ergangen. Denn die aufrechte Verwendung von Waldgrund zu waldfremden Zwecken setzt ein Mindestmaß an tatsächlicher widmungswidriger Benutzung der Fläche voraus, das nicht allein schon daraus folgt, daß der Bw die Wiederbewaldung nach der widerrechtlichen Rodung im Jahr 1990 unterlassen hat. Dieser Hinweis der belangten Strafbehörde in ihrem Schreiben vom 14. September 1994 zum schuldhaften Verhalten des Bw ist schon deshalb verfehlt, weil der Gesetzgeber für die unterlassene Wiederbewaldung im § 174 Abs 1 lit a) Z 1 iVm § 13 Forstgesetz 1975 eine eigenständige Verwaltungsübertretung vorgesehen hat, die gegenständlich aber nicht vorgeworfen worden ist. Außerdem ging die belangte Behörde selbst davon aus, daß durch den Steinabbau im Jahre 1990 teilweise schroffe felsige Flächen entstanden sind, deren Wiederaufforstung schon aus forsttechnischen Gründen ausgeschlossen ist. Insofern kann schon begrifflich eine Pflicht zur Wiederbewaldung nicht bestanden haben.

Der Begriff der Rodung und widmungswidrigen Verwendung darf schon aus Gründen der rechtsstaatlichen Bestimmtheit der Unrechtsmaterie nicht so uferlos weit verstanden werden, wie es der belangten Behörde offenbar vorschwebt. Die bloße Nichtbehebung (= Unterlassung!) der durch die Maßnahmen zur Steingewinnung im Jahr 1990 verursachten Waldschäden ist kein aktives Verhalten, das als verbotene Rodung angesehen werden könnte. Nur die Aufrechterhaltung einer bestimmten und konkret umschriebenen Art der Verwendung zu waldfremden Zwecken ist eine verbotene Rodung im Sinne des § 17 Abs 1 Forstgesetz 1975. Eine abträgliche Behandlung des Waldbodens stellt für sich allein, selbst wenn damit die betreffende Waldfläche für Zwecke der Waldkultur unbrauchbar geworden ist, noch keine Rodung im Rechtssinne dar. Ein solcher Sachverhalt kann aber als Waldverwüstung iSd § 16 Abs 2 Forstgesetz 1975 zu beurteilen sein (vgl VwGH 7.6.1988, 87/10/0204). Einen entsprechenden Vorwurf hat die Strafbehörde im Spruchpunkt 2.) des Straferkenntnisses erhoben.

4.3. Gemäß § 174 Abs 1 lit a) Z 3 Forstgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach Z 1 des letzten Satzes im Absatz 1 mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu ahnden ist, wer das Waldverwüstungsverbot des § 16 Abs 1 nicht befolgt.

§ 16 Abs 1 verbietet jede Waldverwüstung und bekräftigt, daß sich das Verbot gegen jedermann richtet. Was unter einer Waldverwüstung zu verstehen ist, ergibt sich erst aus § 16 Abs 2 Forstgesetz 1975.

Danach liegt eine Waldverwüstung vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen a) die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt oder gänzlich vernichtet, b) der Waldboden einer offenbaren Rutsch- oder Abtragungsgefahr ausgesetzt, c) die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich gemacht oder d) der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.

4.4. Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Spruch gemäß § 44a Z 1 VStG die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlichen Feststellungen zu den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen zu enthalten, damit eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens ermöglicht und der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten (vgl näher mit Nachw aus der Judikatur des VwGH Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 937 ff).

Die belangte Behörde hat im Spruchpunkt 2.) weitgehend unbestimmt und ohne Konkretisierung durch Anführung des als erwiesen angenommenen Sachverhalts vorgeworfen, daß der Bw durch diese (nämlich laut Spruchpunkt 1.) angeblich - vgl dazu oben Punkt 4.2. - in der Zeit vom 1.4.1991 bis 2.4.1992 erfolgte) widerrechtliche Verwendung die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt bzw gänzlich vernichtet habe, sodaß die rechtzeitige Wiederbewaldung zum Großteil unmöglich gemacht worden wäre. Dieser unsubstantiierte Tatvorwurf wird auch in der Begründung des Straferkenntnisses nicht weiter erläutert. Es fehlen jegliche konkrete Feststellungen zu den angenommenen Tatbeständen der Waldverwüstung gemäß § 16 Abs 2 lit a) und c) Forstgesetz 1975. Die Strafbehörde hat ihrer Pflicht, die als erwiesen angenommene Tat unverwechselbar darzustellen, nicht entsprochen, sondern lediglich die verba legalia wiedergegeben. Durch diese schwerwiegenden Feststellungsmängel, die eine rechtsrichtige Subsumtion unter die Tatbilder der Waldverwüstung von vornherein ausschließen, hat sie ihr Straferkenntnis mangels eines tauglichen Tatsachensubstrates mit unheilbarer inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Es ist nämlich mit den Aufgaben und der Funktion des von verfassungswegen als Kontrollorgan eingerichteten unabhängigen Verwaltungssenates unvereinbar, daß dieser substantielle Versäumnisse der Strafbehörde betreffend den Strafbarkeitsvorwurf nachholt und solcherart ergänzende Verfolgungshandlungen vornimmt.

4.5. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß die im Jahr 1990 erfolgte unbefugte Rodung für Zwecke des Kalksteinabbaus bereits mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23.

Jänner 1991 - wenn auch nicht besonders klar, aber immerhin erkennbar - geahndet worden ist. Die Strafbehörde hat zugebilligt, daß seit Sommer 1990 keine Rodungsarbeiten mehr durchgeführt worden sind. Die widmungswidrige Verwendung der betroffenen Flächen für Zwecke der Steingewinnung im Rahmen des Steinbruchbetriebes des Bw wurde bereits vor über vier Jahren eingestellt. Die mit diesen Maßnahmen des Bw verbundenen Fälle der Waldverwüstung hat die belangte Behörde zum einen nicht im einzelnen mit der notwendigen Bestimmtheit festgestellt und hätte sie zum anderen innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist verfolgen müssen.

Der Einwand der Strafbehörde, daß Verfolgungsverjährung wegen Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes nicht eingetreten sei, ist verfehlt, weil die vorgeworfenen Tatbilder der Waldverwüstung keine Dauerdelikte sind. Die angelasteten Tatbestände der Waldverwüstung nach § 16 Abs 2 lit a) und c) Forstgesetz 1975 sind Erfolgsdelikte, bei denen die Strafbehörde nicht nur den objektiven Tatbestand sondern auch das Verschulden nachzuweisen hat (vgl VwGH 30.3.1992, 91/10/0091). Mit dem Eintritt des Erfolges der Waldverwüstung in Form der Beseitigung oder wesentlichen Schwächung der Produktionskraft des Waldbodens und/oder der Schädigung des Waldbodens in einem Ausmaß, das eine rechtzeitige Wiederbewaldung a priori (!) unmöglich erscheinen läßt, spätestens im Sommer des Jahres 1990 begann die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs 2 Satz 2 VStG zu laufen.

Durch die Auslegungsrichtlinie des § 13 Abs 2 Forstgesetz 1975 zur Frage der rechtzeitigen Wiederbewaldung wird die Waldverwüstung des § 16 Abs 2 lit c) iVm § 174 Abs 1 lit a) Z 3 Forstgesetz 1975 nicht etwa zum Dauerdelikt! Die dort für die Maßnahmen zur Wiederbewaldung angegebene Frist bis Ende des dritten Kalenderjahres nach Entstehen der Kahlfläche oder Räume determiniert lediglich die forstrechtliche Handlungspflicht des Waldeigentümers, die vor allem für das Unterlassungsdelikt der Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs 1 lit a) Z 1 Forstgesetz 1975 (unterlassene Wiederbewaldung) von Bedeutung ist. Im übrigen kann daraus ein Maßstab für das nach § 16 Abs 2 lit c) erforderliche Schadensausmaß und damit für den notwendigen Erfolg gewonnen werden.

Die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist des § 175 Forstgesetz 1975 ist bereits im Sommer des Jahres 1991 abgelaufen. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. April 1992 erging zu einem Zeitpunkt, in dem bereits Verfolgungsverjährung eingetreten war. Außerdem waren die durch die Steingewinnung verursachten Waldschäden der Sache nach schon Gegenstand in dem vorangegangenen erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren zu ForstR 96-320-1990 und mußten der Strafbehörde im Zeitpunkt des Straferkenntnisses vom 23. Jänner 1991 bekannt sein, auch wenn sie in diesem Straferkenntnis nicht behandelt wurden. Mittlerweile ist jedenfalls auch die Dreijahresfrist nach § 31 Abs 3 Satz 1 VStG verstrichen, weshalb sogar Strafbarkeitsverjährung anzunehmen wäre.

4.6. Zusammenfassend ergibt sich, daß die zur Last gelegten Taten keine Verwaltungsübertretungen bilden. Überdies liegen bezüglich der angelasteten Waldverwüstung Umstände vor, die die Verfolgung ausschließen und die Strafbarkeit aufheben.

Die Strafverfahren waren daher aus allen Gründen des § 45 Abs 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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