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VwSen-200149/3/Li/Atz

Linz, 05.10.1994

VwSen-200149/3/Li/Atz Linz, am 5. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des F W , S , G , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.3.1994, Zl. N96-1687-1993, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a Z.1 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, im März 1993 auf seinem Grundstück Nr.

727/2, KG. H , im westlichen Anschluß an die K Gemeindestraße einen Zubringerbach zum R über eine Länge von ca. 100 lfm. verrohrt zu haben, ohne daß eine zustimmende bescheidmäßige Feststellung über diesen Eingriff im Schutzbereich des Zubringerbaches zum R im Sinne des § 6 Abs. 2 O.ö. NSchG 1982 vorgelegen sei, wodurch er dem gesetzlichen Verbot des Eingriffes in das Landschaftsbild zuwidergehandelt habe.

Wegen Verletzung des § 37 Abs. 3 Z.2 O.ö. NSchG 1982 wurde über ihn eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S verhängt.

Begründend führt die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung im Straferkenntnis aus, daß die eingewendete Unkenntnis des naturschutzrechtlichen Verbotes nicht schuldbefreiend habe wirken können, weil gerade auch bei den Eigentümern von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Kenntnis der naturschutzrechtlichen Vorschriften, vor allem was den Landschaftsschutz im Bereich von Gewässern betrifft, als bekannt vorauszusetzen sind. Außerdem könnten Auskünfte über die herrschende Rechtslage jederzeit und ohne Mühe bei den Behörden und gesetzlichen Interessensvertretungen eingeholt werden. Im übrigen sei die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit des Eingriffes im Rahmen des vom Beschuldigten nachträglich beantragten naturschutzbehördlichen Feststellungsverfahren bestätigt worden.

2. In seiner - rechtzeitigen - Berufung macht der Rechtsmittelwerber im wesentlichen geltend, daß er die Verrohrung zwar vorgenommen habe, diese jedoch nicht rechtswidrig gewesen sei.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18.10.1974, Wa-22-1974, sei eine wasserrechtliche Bewilligung betreffend dieses Gerinne erteilt worden, wobei unter Punkt 8. aufgetragen worden sei, daß die südliche Grenze des offenen Gerinnes im entsprechenden Ausmaß durch eine geschlossene und dichte Rohrleitung zu verrohren sei.

Eine Teilverrohrung sei bereits im Lageplan eingezeichnet.

Diese Verrohrung sei deswegen angeordnet worden, um eine Überschwemmung bei Schneeschmelze und starkem Regen mit Rücksicht auf das Wasserschutzgebiet hintanzuhalten. Es habe somit der gesetzliche Auftrag bestanden, eine Verrohrung des Gerinnes vorzunehmen. Dies sei aus finanziellen Gründen in mehreren Etappen geschehen.

Der Berufungswerber führt weiters aus, ihm sei niemals mitgeteilt worden, daß das gegenständliche unbenannte Gerinne als Zubringer des R von § 6 des O.Ö.

Natur- und Landschaftsschutzgesetzes erfaßt und somit zum Bach erklärt worden sei. Das Gerinne sei kein Bach, zumal es nur bei Schneeschmelze und starken langandauernden Regenfällen Wasser führe, somit zirka 10 Monate im Jahresdurchschnitt völlig ausgetrocknet sei. Im übrigen sei auch durch die Verrohrung keine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes bewirkt und kein Baum und Strauch entfernt worden.

Darüber hinaus enthält die Berufung inhaltsgleich Abschnitte, die zum Thema der Interessenabwägung und zur Störung des Landschaftsbildes in einer Berufung gegen den abweisenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.3.1994, N-867-1993, zum Antrag auf Feststellung, daß durch die Verrohrung solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, und der auch die Wiederherstellung des vorigen Zustandes aufträgt, vorgebracht werden.

In der Zusammenschau begehrt der Rechtsmittelwerber die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr- Umgebung als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 11.4.1994 die Berufung sowie den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und hiezu auch den Akt betreffend das naturschutzbehördliche Feststellungsbegehren über die Verrohrung des unter 1.

umschriebenen Zubringerbaches (N-867-1993) in Kopie angeschlossen. Sie hat zur Berufung ausgeführt, daß aufgrund der Darstellung des Wasserschutzgebietes laut wasserrechtlichem Bescheid vom 18.10.1974, Wa-22-1974, im angeschlossenen Ausführungsplan die gegenständliche konsenslos durchgeführte Verrohrung keinesfalls vom wasserrechtlichen Auftrag erfaßt sei und auch die anschließende bestehende Verrohrung bis zum Schutzgebiet im angeführten wasserrechtlichen Bescheid keine Deckung finde. Mit Schreiben vom 13.9.1994 hat die belangte Behörde nachträglich die Kopie einer mit 5.4.1993 datierten Notiz und einer Gewässerkarte vorgelegt, auf Grund welcher offenbar das Strafverfahren in Gang gesetzt wurde.

4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs. 1 VStG).

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. § 44a Z.1 VStG bestimmt, daß der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist bei jedem Einzelfall zu prüfen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat dem § 44a Z.1 VStG genügt oder nicht genügt (vgl. dazu die Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, VwSlg. 11.894/A).

5.2. Die belangte Behörde hat im Spruch ihres Straferkenntnisses die Begehung der Verwaltungsübertretung "im März 1993" angenommen und dazu begründend ausgeführt, daß es aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und zwar durch naturschutzbehördliche Lokalaugenscheine am 5.4.1993 und am 7.6.1993 sowie der Vernehmung des Berufungswerbers am 26.4.1993 zweifelsfrei feststehe, daß der Berufungswerber die im Spruch beschriebene Verwaltungsübertretung begangen habe.

5.3. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich zur Frage der Tatzeit jedoch folgendes:

5.3.1. Offenbar auf Grund der unter 3. bereits genannten, mit Datum 5.4.1993 versehenen Notiz, die einen Lokalaugenschein dokumentieren soll und die u.a. die Worte "Bachverrohrung vor kurzer Zeit ca. 80 m - 100 m" enthält, hat die belangte Behörde den nunmehrigen Berufungswerber in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.4.1993 als Zeit der Begehung der Tat eine solche "im März 1993" zur Last gelegt.

5.3.2. In der Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung vom 26.4.1993 führt der Beschuldigte wörtlich aus: "Die Verrohrung habe ich im Jänner 1993 auf der noch offenen Strecke durchgeführt." 5.3.3. Aus der Verhandlungsschrift vom 7.6.1993, die im naturschutzbehördlichen Feststellungsverfahren N-867-1993 aufgenommen wurde, ergibt sich folgendes:

Feststellung des Verhandlungsleiters: "Festgestellt wird, daß das Ansuchen nachträglich nach Durchführung der Verrohrung im Jänner 1993 im Zuge eines durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens eingebracht wurde." Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen:

"Beim heutigen Lokalaugenschein wurde festgestellt, daß durch die Abführung der Niederschlagswässer in der Tiefenlinie der Talmulde kein Erosionsgraben feststellbar war, obwohl dieser Kanal seit Jänner 1993 fertiggestellt ist." Befund des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz: "Die Maßnahme wurde laut Aussage des Feststellungswerbers im Jänner 1993 vorgenommen." Stellungnahme des Vertreters der Gemeinde E :

"Herr W hat im Jänner dieses Jahres diese Verrohrung durchgeführt." 5.4. Die Aussage des Rechtsmittelwerbers bei der Beschuldigtenvernehmung, somit im Strafverfahren, er habe die ihm vorgeworfene Verrohrung im Jänner 1993 durchgeführt, ist glaubwürdig und widerspruchsfrei und wird zumindest durch die Aussagen des Vertreters der Gemeinde E und des wasserbautechnischen Amtssachverständigen anläßlich der Verhandlung im naturschutzbehördlichen Feststellungsverfahren bestätigt. Der Tatzeitraum "im Jänner 1993" ist daher schon auf Grund der Aktenlage als erwiesen anzusehen, während der von der Behörde vorgeworfene Tatzeitraum "im März 1993" sich hingegen lediglich als eine durch keinerlei Fakten erhärtete Vermutung darstellt. Es ist für den O.ö.

Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde aufgrund der ohnehin klaren und für die Konkretisierung des Tatvorwurfes einer Bachverrohrung, die offensichtlich einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat, durchaus ausreichenden Angabe des Tatzeitraumes mit "im Jänner 1993" durch den Beschuldigten selbst, nicht veranlaßt wurde, ihren Tatvorwurf entsprechend zu modifizieren oder zu begründen, weshalb dieser dennoch aufrecht erhalten wurde.

Sollte sie, was allenfalls aus der Bezugnahme auf den naturschutzbehördlichen Lokalaugenschein am 7.6.1993 in der Begründung des Straferkenntnisses geschlossen werden könnte, der Auffassung gewesen sein, daß der dort vom Verhandlungsleiter festgestellte Zeitraum "im Jänner 1993" damit Gegenstand einer im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG tauglichen Verfolgungshandlung war und der im Spruch genannte Tatzeitraum daher ein einer Berichtigung zugänglicher Schreibfehler sei, so ist festzuhalten, daß dieser genannte Lokalaugenschein (richtig: die mündliche Verhandlung) im Verfahren zur Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung (Feststellung) für die Verrohrung des bereits genannten Zubringergerinnes stattfand. Der nunmehrige Rechtsmittelwerber war zu dieser Verhandlung als (einer der) Antragsteller und nicht als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren geladen.

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jedoch jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Der Vorhalt der Verrohrung "im Jänner 1993", der im Straferkenntnis allerdings ohnehin keinen Niederschlag gefunden hat, in einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren stellt daher keine taugliche Verfolgungsverhandlung innerhalb der hiefür vorgesehen Frist dar.

5.5. Im Ergebnis steht somit fest, daß einerseits eine Begehung der Tat "im März 1993" nicht erwiesen werden konnte und daß andererseits dem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren nie eine Tatbegehung "im Jänner 1993" vorgeworfen wurde.

Da das angefochtene Straferkenntnis bezüglich des Zeitraumes der Begehung der dem Berufungswerber zur Last gelegten Tat wie bereits ausgeführt - eine unrichtige Feststellung enthält, verstößt es gegen die Vorschrift des § 44a Z.1 VStG.

Da eine Tatbegehung "im März 1993" nicht erwiesen werden konnte, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5.6 Der O.ö. Verwaltungssenat vermag die unrichtige Feststellung des Tatzeitraumes nicht mehr zu korrigieren, da er die Auffassung vertritt, daß dies zu einer Auswechslung der Tat selbst, die in zeitlicher Hinsicht durch den im Straferkenntnis genannten Tatzeitraum individualisiert wird, führen würde.

Wie bereits dargelegt, ist im Verwaltungsstrafverfahren ein Vorwurf, die Tat "im Jänner 1993" begangen zu haben, nie erfolgt. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß die Berufungsbehörde auf die Frage der Verjährung von Amts wegen eingehen, auch wenn diese Frage weder in der Vorinstanz erörtert noch in der Berufung aufgeworfen worden war.

Eine Sanierung des Spruches im angefochtenen Straferkenntnis war jedoch nicht mehr möglich, weil dieses erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, nämlich mit der am 18. März 1994 erfolgten Zustellung erlassen worden ist.

6. Die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens bewirken hinsichtlich der Kosten, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder von der belangten Behörde noch vom O.ö. Verwaltungssenat zu belasten ist.

7. Zur Klarstellung wird noch angemerkt, daß der vom Berufungswerber zur Rechtfertigung der Verrohrung herangezogene Wasserrechtsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. Oktober 1974, WA-22-1974, keine rechtliche Grundlage für den durchgeführten Eingriff in das Landschaftsbild darstellen kann, weil gemäß II. 8.

des Spruches dieses Bescheides das die südliche Schutzgebietsgrenze bildende offene Gerinne im Bereich dieses Schutzgebietes zu verrohren ist. Es ist nach der Aktenlage jedoch völlig klar, daß der im Verwaltungsstrafverfahren vorgeworfene konsenslose Eingriff (die im Jänner 1993 durchgeführte Verrohrung) jedenfalls nicht im Bereich dieses Schutzgebietes durchgeführt wurde.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Linkesch

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