Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200171/2/Bi/Fb

Linz, 29.08.1995

VwSen-200171/2/Bi/Fb Linz, am 29. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der M S in V vom 15. Dezember 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30. November 1994, ForstR96-12-1994/DE/OT, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 16 Abs.1 und 2 iVm 174 Abs.1 lit.a Z3 ForstG 1975 eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil sie als Waldeigentümerin dafür verantwortlich sei, daß durch sie oder andere Personen auf den Waldgrundstücken X un Y, KG E, seit längerer Zeit, jedenfalls vom 15.4.1993 bis 14.4.1994 Aushubmaterial (bestehend aus lehmigem Kies, Humus und Konglomeratbrocken, geringfügig auch Bauschutt) abgelagert wurde, sodaß, wie vom forsttechnischen Amtssachverständigen festgestellt wurde, eine Waldverwüstung bedingt durch Abfallagerung im Wald bzw durch Abrutschungen von Waldboden vorliegt. Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil in der Berufung im wesentlichen eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, eine Verhandlung aber nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, sie sei zwar Miteigentümerin des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, habe jedoch mit der Außenwirtschaft, für die ausschließlich ihr Ehegatte F S zuständig sei, nichts zu tun. Sie habe in diesem Zusammenhang weder Zusagen für Ablagerungen anderer Personen gemacht noch habe sie für sich persönlich abgelagert. Ihre ausschließliche Tätigkeit bestehe in der Führung der Hauswirtschaft und der Durchführung von Stallarbeiten.

Außerdem habe sie in diesem Fall auch vor der Behörde noch nie Gelegenheit gehabt, sich zu rechtfertigen und erachte darin einen Verfahrensmangel. Von einem Verschulden oder fahrlässiger Vorgangsweise ihrerseits könne nicht gesprochen werden, weshalb sie um Aufhebung des Straferkenntnisses ersuche.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, woraus hervorgeht, daß im Rahmen eines Ortsaugenscheins am 14.

April 1994 vom forsttechnischen Sachverständigen Dipl.-Ing.

P im Rahmen eines Ortsaugenscheins im Bereich der Grundstücke X und Y , KG E, festgestellt wurde, daß auf dem Grundstück X, das sich am linken Aufer befindet und im Eigentum der Ehegatten S steht, durch Ablagern von Schutt eine Rutschung zur A im Ausmaß von 15 x 30 m ereignet hat, wodurch im Schuttkegel der aus Eschen und Ahorn bestehende Bewuchs samt dem Waldboden und dem Schüttmaterial selber über die steile Hangböschung in die A abgerutscht ist. Nach Errichtung einer Abschrankung sei festgestellt worden, daß im dortigen Bereich erneut Ablagerungen von Abfall, nämlich Grasschnitt, erfolgt sei.

Vom Sachverständigen wurden mehrere Lichtbilder von dieser Rutschfläche angefertigt. Die Fotos lassen erkennen, daß der Großteil des auf dem Hang verbliebenen Aushubmaterials aus Lehm bestand. Bauschutt läßt sich auf den Fotos nicht feststellen.

Beim Grundstück X, KG E, handelt es sich laut Grundstücksverzeichnis um Wald im Ausmaß von 1.831 m 2 .

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß seitens der Erstinstanz mit Schreiben vom 29. Juli 1994 die Rechtsmittelwerberin mit dem konkreten Tatvorwurf erstmals konfrontiert und aufgefordert wurde, sich zu rechtfertigen. Das Schreiben wurde am 4. August 1994 von ihr übernommen und der Rückschein eigenhändig unterschrieben.

Am 6. September 1994 erschien ihr Ehegatte F S in Begleitung des Herrn KS vor der Erstinstanz und gab ausdrücklich unter Berufung darauf, daß er auch in Vertretung seiner Gattin M handle, an, daß die Parzelle Y seinem Nachbarn JS gehöre und die Rutschung auf dem dortigen Grundstück erfolgt sei. Er habe Rechtsanwalt Dr. Pammesberger mit seiner Vertretung beauftragt und werde die vorgeschriebene Aufforstung auf Parzelle X nach den Vorstellungen des forsttechnischen Amtssachverständigen durchführen, sodaß er ersuche, das Strafverfahren zurückzuziehen.

Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, daß die Rechtsmittelwerberin im Rahmen eines vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Schriftsatzes zugestanden hat, daß sie auf ein Waldgrundstück lehmigen Kies und Konglomeratbrocken sowie Humus, nicht aber Bauschutt, abgelagert habe, "was aber nicht die Ursache für die Hangrutschung auf Grundstück Y" sei. Diese sei vielmehr durch das Austreten von Grundwasser erfolgt, das immer wieder zu kleinen Massenbewegungen und Murenabgängen führe.

Die Ablagerung von Aushubmaterial auf der Grundparzelle X sei sicherlich ein "Blödsinn" gewesen, aber nicht jede unvernünftige Maßnahme stelle schon eine Waldverwüstung dar.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 174 Abs.1 lit.a Z3 ForstG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer das Waldverwüstungsverbot des § 16 Abs.1 nicht befolgt.

Gemäß § 16 Abs.1 ForstG ist jede Waldverwüstung verboten, wobei sich dieses Verbot gegen jedermann richtet. Gemäß Abs.2 leg.cit. liegt Waldverwüstung ua vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen lit.b: der Waldboden einer offenbaren Rutsch- oder Abtragungsgefahr ausgesetzt wird lit.d 2. Alternative: Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.

Zur Klärung der Frage, ob und in welchem Ausmaß der Waldboden des Grundstückes X durch die Lehmablagerungen einer offenbaren Ruschgefahr ausgesetzt wurde, wäre die Einholung eines forsttechnischen Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen, zumal die Rechtsmittelwerberin behauptet hat, die Rutschung sei durch austretendes Grundwasser auf Grundstück Y entstanden. Die Lichtbilder zeigen aber auf beiden Grundstücken verschiedenfarbiges Erdreich. Zu Klären wäre auch der Widerspruch dahingehend gewesen, daß im Spruch die Rutschungen vorgeworfen in der Begründung aber darauf hingewiesen wurde, diese seien nicht Verfahrensgegenstand.

Schon die Formulierung des Klammerausdrucks "wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm" läßt erkennen, daß die Aufzählung der unter Abfall zu subsumierenden Stoffe eine bloß beispielhafte ist, wobei seitens des unabhängigen Verwaltungssenates Zweifel bestehen, ob es sich bei Aushubmaterial in der umschriebenen Form, nämlich lehmiger Kies, Humus und Konglomeratbrocken, um "Abfall" im Sinn dieser Bestimmung handelt.

Nicht geprüft wurde seitens der Erstinstanz, ob durch die gegenständlichen Ablagerungen nicht eine Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur, nämlich eine Rodung gemäß § 17 Abs.1 ForstG 1975 begangen wurde.

Zur Frage der Verantwortlichkeit der Rechtsmittelwerberin ist auszuführen, daß diese Hälfteeigentümerin und damit verfügungsberechtigt über das in Rede stehende Grundstück ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 17 Abs.1 ForstG 1975, bei dem es sich ebenso wie beim gegenständlichen Delikt um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG handelt, mit Erkenntnis vom 26. Februar 1979, 1778/78, ausgesprochen, daß dem Forstgesetz 1975 zu entnehmen ist, daß den Waldeigentümer oder den sonstigen Verfügungsberechtigten eine schon aus der Waldbewirtschaftung und Waldnutzung entstehende wesentliche weitere Verantwortung trifft, als andere Personen, sodaß der Waldeigentümer oder sonstige Verfügungsberechtigte schon dann gegen das Verbot der bewilligungslosen Rodung verstößt, wenn er schuldhaft die Verwendung seines Waldbodens zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur durch dritte Personen abzuwehren unterläßt.

Daraus folgt, daß auch, wenn im landwirtschaftlichen Anwesen der Ehegatten S die Vereinbarung besteht, daß sich die Rechtsmittelwerberin um den Haushalt bzw die Stallarbeit kümmert und F S für die Gestaltung des Außenverhältnisses darunter würde auch eine eventuelle Zusage an Dritte, Ablagerungen von Aushubmaterial dulden zu wollen, fallen die Rechtsmittelwerberin als Miteigentümerin verpflichtet gewesen wäre, die Aufschüttung des Aushubmaterials im Interesse der Walderhaltung iSd § 12 ForstG 1975 zu verhindern.

Bei der Bestimmung des § 16 Abs.2d zweite Alternative ForstG 1975 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt (VwGH vom 30.

März 1992, 91/10/0091). Demnach genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Dies ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Den Argumenten der Rechtsmittelwerberin, sie sei nur für Haushalts- und Stallarbeiten zuständig, ist entgegenzuhalten, daß mit ihrer Stellung als Miteigentümerin an der in Rede stehenden Liegenschaft auch die Verpflichtung verbunden ist, sich rechtzeitig über die für sie geltenden Bestimmungen, ua des Forstrechts, zu informieren. Daß die Zusagen für die Ablagerungen an andere Personen nicht durch sie erfolgt sind und daß auch die Ablagerungen nicht aus eigenem persönlichen Interesse erfolgt sind, ist in diesem Zusammenhang irrelevant, weil die Rechtsmittelwerberin nie behauptet hat, von ihrem Ehegatten über dessen Vorhaben im Unklaren gelassen worden zu sein, und es ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, daß die Ablagerung durch eine unbekannte Person einmalig und überraschend erfolgt wäre.

Unabhängig davon ist aber darauf hinzuweisen, daß es sich bei einem Verstoß gegen § 16 Abs.2 ForstG 1975 um ein Begehungsdelikt handelt, bei dem nicht das Herbeiführen und Bestehenlassen des rechtswidrigen Zustandes den objektiven Tatbestand bildet, sondern lediglich das Herbeiführen des unerwünschten Erfolges (vgl VwGH vom 17. März 1981, 2797/80). Wesentlich für die gemäß § 44a Z1 VStG erforderliche konkrete Tatzeitumschreibung ist eine kalendermäßig genaue und auf dem Sachverhalt basierende Festlegung der einzelnen Handlungen (vgl VwGH vom 20. Juli 1995, 94/07/0053).

Aus dem Verfahrensakt geht lediglich hervor, daß die Begehung durch den Sachverständigen am 14. April 1994 erfolgt ist und dieser eine offenbar bereits mehrmals erfolgte Ablagerung von Aushubmaterial feststellte. Wann genau und in welchem Zeitraum diese Ablagerungen erfolgt sind, wurde seitens der Erstinstanz nicht erhoben. Konkret am 14. April 1994 fand offenbar keine solche statt. Die Tatzeitumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses "seit längerer Zeit, jedenfalls vom 15. April 1993 bis 14.

April 1994" erfolgte ohne sachverhaltsmäßige Basis und war daher - auch mit Rücksicht auf die inzwischen vergangene Zeit und somit die voraussichtliche Aussichtslosigkeit weiterer Erhebungen - nicht aufrecht zu erhalten.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen zum wesentlichen Kriterium der Tatzeit war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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