Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-200179/2/Gf/Km

Linz, 20.12.1995

VwSen-200179/2/Gf/Km Linz, am 20. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des F.

L., ..........., ............, vertreten durch RA Dr. K. T., ............, ............, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von ............ vom 8. November 1995, Zl. Agrar96-1536-1995, wegen Übertretung des Oö. Kulturflächenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö.

Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von ............... vom 8. November 1995, Zl. Agrar96-1536-1995, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Stunden) verhängt, weil er entgegen der mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde ........... vom 17. März 1993, Zl. 733-2-1-1993, vorgeschriebenen Auflage 1) im April 1995 verbotenerweise im Kulturschutzstreifen drei Reihen Fichten gepflanzt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 3 des Oö.

Kulturflächenschutzgesetzes, LGBl.Nr. 31/1958 (im folgenden:

OöKulturFlSchG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 10. November 1995 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. November 1995 - und damit rechtzeitig unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt im Zuge eines am 11. Juli 1995 durchgeführten Ortsaugenscheines durch einen forsttechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei. Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß er gegen die Vorschreibung der Auflage im o.a. Bescheid der Gemeinde Eidenberg berufen habe, diese jedoch bislang infolge unglücklicher Umstände und Mißverständnisse noch nicht erledigt worden sei. Im Zeitpunkt der Anpflanzung der Fichten habe er sohin insoweit rechtsirrig, als er nicht von der Rechtskraft der Auflage ausgehen konnte, und damit aber jedenfalls nicht mit dem Motiv, unrechtmäßig vorzugehen, gehandelt. Außerdem würde die Anpflanzung der Christbäume, deren Lebensdauer höchstens vier bis fünf Jahre beträgt, nicht zu einer drohenden Beschattung oder Verwurzelung führen und daher auch nicht dem Sinn und Zweck des OöKulturFlSchG widersprechen.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH ............. zu Zl. Agrar96-1536-1995; da aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde sowie mit der vorliegenden Berufung der Sachverhalt ausdrücklich unbestritten gelassen und somit lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 3 OöKulturFlSchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der die aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Bescheide übertritt.

4.2.1. Nach Punkt 1) des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde ........... vom 17. März 1993, Zl. 733-2-1-1993, wurde dem Berufungswerber die Umwandlung einer Fläche in Wald u.a. unter Einhaltung der Auflage, im Bereich der angrenzenden Parzelle Nr. ... einen Kulturschutzstreifen von 10 Meter Breite von jeder Bepflanzung freizuhalten, bewilligt.

4.2.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben.

4.2.3. Über diese wurde am 29. April 1993 von der belangten Behörde als Berufungsinstanz eine mündliche Verhandlung durchgeführt, die nach der darüber errichteten Niederschrift folgendermaßen ablief:

"Es findet ein Lokalaugenschein statt, bei dem zunächst die im 'Berufungsschreiben' des Herrn F. L. angeführten Beschwerdepunkte ausführlich diskutiert werden. Im wesentlichen geht es um die Ablehnung der Formulierung im Pkt. 1) des Spruches des angeführten Bescheides, wonach gegenüber der angrenzenden Parz.Nr. ..., derzeitiger Besitzer F. N., ein Kulturschutzstreifen mit 10m Breite von jeder Bepflanzung freizuhalten sei. Herr L. stellt dezidiert fest, daß trotz der Formulierung 'jeder Bepflanzung' im Zuge der erstinstanzlichen Verhandlung am 16.3.1993 ausschließlich die Freihaltung des Kulturschutzstreifens von einer Bepflanzung mit forstlichem Bewuchs gemeint war. Diese Formulierung nehme er nicht zur Kenntnis, da er sich eine Bepflanzung des Kulturschutzstreifens in Form gärtnerischer Nutzung, einschließlich der Bepflanzung von Obstbäumen, vorbehalte. Er lege den Bescheid in dieser Richtung aus, ohne daß mit dem Schreiben vom 22.3.1993 an das Gemeindeamt ......... eine Berufung verbunden sei.

Zu dieser Frage gibt Herr F. L. über Aufforderung des Leiters der Amtshandlung nachstehende Stellungnahme ab:

................................................:

Ich nehme die eingangs angeführten Ausführungen zustimmend zur Kenntnis und stelle klar, daß mein Schreiben vom 22.3.1993 an das Gemeindeamt .......... nicht als Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde ........

vom 17.3.1993, Zl. 733-2-1-1993, zu verstehen ist. In der zitierten Verhandlung war keine Rede davon, daß ich den Kulturschutzstreifen von 10m nicht anderweitig nutzen kann, z.B. in Form der Bepflanzung mit Obstbäumen. Lediglich die Bepflanzung mit forstlichen Gehölzen ist darunter zu verstehen. Ich behalte mir daher für später eine entsprechende Nutzung des Kulturschutzstreifens in gärtnerischer Form einschließlich der Bepflanzung mit Obstbäumen bevor.

Ich nehme somit weiters zur Kenntnis, daß der zitierte Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde ..........

zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsen ist. Die Aufforstung selbst werde ich höchstwahrscheinlich im Herbst 1993 durchführen." 4.2.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 4 AVG muß ein Berufungsverzicht ebenso wie die Zurücknahme eines Rechtsmittels ausdrücklich und zweifelsfrei ausgesprochen werden; unzulässig ist es insbesondere, bei Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung lediglich aus dem Sinn auf einen Rechtsmittelverzicht zu schließen (vgl. z.B. schon VwSlg 1889 A/1951; VwSlg 9133 A/1976). Das Vorliegen eines Rechtsmittelverzichtes ist stets "stringent" zu prüfen (vgl.

z.B. VwGH v. 11. Jänner 1989, 88/01/0188).

Hält man sich im gegenständlichen Fall vor Augen, daß der Berufungswerber bereits in seinem Schriftsatz vom 22. März 1993 dezidiert erklärt hat, "den Bescheid abzulehnen" sowie im Zuge der Berufungsverhandlung neuerlich bis zuletzt darauf bestanden hat, den Kulturschutzstreifen mit Obstbäumen zu bepflanzen bzw. gärtnerisch nutzen zu wollen und demgegenüber der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde ............ vom 17. März 1993, Zl.

733-2-1-1993, explizit vorschreibt, diesen "von jeder Bepflanzung freizuhalten", so kann im Ergebnis aber keine Rede davon sein, daß nicht zumindest Zweifel daran bestehen, ob der Berufungswerber tatsächlich seine Berufung im Zuge der mündlichen Verhandlung am 29. April 1993 zurückgezogen hat. Eine ausdrückliche Erklärung in dieser Richtung findet sich jedenfalls nicht und kann auch nicht durch "Klarstellungen" dahin, daß das Schreiben vom 22. März 1993 nicht als Berufung intendiert gewesen sei, ersetzt werden, wenn dabei unter einem die inhaltlichen Bedenken gegen eine insoweit unmißverständliche Auflagenformulierung weiterhin voll aufrechterhalten werden.

Der Oö. Verwaltungssenat geht daher im Sinne der zuvor dargestellten strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, daß eine Zurückziehung der Berufung bloß auf interpretativem Weg nicht erschlossen werden darf.

Angesichts des Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung und der aufgezeigten Zweifel ist daher die Berufung des Rechtsmittelwerbers vom 22. März 1993 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde .......... vom 17.

März 1993, Zl. 733-2-1-1993, als weiterhin aufrecht anzusehen und diese somit von der hiefür zuständigen Behörde - solange ein Antrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG nicht gestellt wurde - durch Bescheid zu erledigen.

4.3. Fehlt es damit aber im vorliegenden Fall an einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Administrativbescheid, so sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 OöKulturFlSchG nicht erfüllt, sodaß eine Bestrafung wegen einer Übertretung dieser Bestimmung mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Rechtsmittelwerbers schon von vornherein ausscheidet.

4.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grunde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum