Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200187/2/Kl/Rd

Linz, 21.08.1997

VwSen-200187/2/Kl/Rd Linz, am 21. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des E, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19.8.1996, Agrar96-5-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Bodenschutzgesetz 1991 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.2 und 51 VStG. zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Strafverfügung vom 30.1.1996, Agrar96-5-1996, hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden gegen den Bw eine Geldstrafe von 2.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs.3 Z1 und § 49 Abs.1 Z9 O.ö. Bodenschutzgesetz 1991 verhängt, weil er am 9.1.1996 abends mit seinem Güllefaß den Senkgrubeninhalt seines landwirtschaftlichen Anwesens in R, auf seinem Feld ausgebracht hat, obwohl zu dieser Zeit der Boden durchgefroren war und sich eine geschlossene Schneedecke befand. Dagegen brachte der Bw mit Schriftsatz vom 13.2.1996 einen Einspruch wie folgt ein: "Mit der Strafverfügung vom 30.1.1996, Agrar96-5-1996, wurde eine Geldstrafe gemäß § 49 Abs.2 Bodenschutzgesetz von 2.000 S verhängt. Gegen diese Strafverfügung erhebe ich Einspruch und begründe dies wie folgt:

Als ich am 9.1.1996 ungefähr 6 m3 Gülle auf meinem Feld ausbringen ließ, war der Boden des Feldes nicht zur Gänze durchfroren. Es war lediglich die Bodenoberfläche leicht gefroren und deshalb drückten sich auch die Reifen vom Traktor und Güllefaßwagen in den Erdboden, wodurch Erdspuren auf der gesamten Fahrtlänge entstanden sind. Im übrigen war es am 9.1.1996 nicht sehr kalt bei einer Tagestemperatur von ungefähr 4-5 Grad minus.

An diesem Tag war auch keine geschlossene Schneedecke vorhanden, weil der gesamte Feldbewuchs sichtbar herausragte und zum Teil auch Erdkrusten erkennbar waren. Die durchschnittliche Schneehöhe betrug max. 4 - 5 cm. Eine geschlossene Schneedecke lag auch wegen der vorhandenen Fahrspuren nicht vor, weil diese mit Erde voll waren.

Am 9.1.1996 war daher weder eine geschlossene Schneedecke noch ein durchfrorener Boden hinsichtlich des Feldes, auf dem die Gülle fachgerecht ausgebracht wurde, vorhanden, und ich beantrage daher die Aufhebung der Strafverfügung. In eventu beantrage ich eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe von 2.000 S aufgrund meiner Einkommenssituation. Ich beziehe eine monatliche Nettopension von ungefähr 10.000 S und der Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb beträgt 186.000 S. Außerdem bin ich für meinen jüngsten Sohn, für den ich Familienbeihilfe beziehe, noch unterhaltspflichtig." Über dieses Rechtsmittel entschied die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.8.1996, Agrar96-5-1996, in dem die mit Strafverfügung verhängte Strafe auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wurde. Begründend wurde neben der Zitierung der Rechtsgrundlage und des Einspruches zu den Einwendungen des Einspruches ausgeführt, daß der Sachverhalt aufgrund der Anzeige des GPK und der darin näher angeführten Ermittlungen erwiesen ist und daher der Tatbestand erfüllt sei. Aufgrund der vom Bw angegebenen persönlichen Verhältnisse und der Unbescholtenheit des Bw werde daher die Strafe herabgesetzt.

2. Dagegen richtet sich der nunmehr eingebrachte Einspruch (gemeint wohl Berufung), in welcher der Bw eine Notsituation geltend machte und dazu näher ausführte, daß für ihn ein Handlungszwang bestand, weil die Güllegrube zu klein war und daher überzulaufen drohte. Der Boden sei nur leicht gefroren gewesen und der Feldbewuchs sichtbar gewesen. Auch eine Gefahr der Gülleabschwemmung sei nicht vorhanden gewesen. Zur persönlichen Situation führte er aus, daß die Vergrößerung des Grubenraumes erst später im Jahr 1996 erfolgen habe können. Er schulde hiefür 200.000 S und sei auch sonst die Einkommenssituation aufgrund der BSE-Seuche schlecht. Es werde die Aufhebung des Bescheides und der Geldstrafe beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme erstattet. Weil schon aufgrund der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung iSd § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem aufgrund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung (§ 49 Abs.2 VStG).

4.2. Bereits aus den Ausführungen des Einspruches vom 13.2.1996 ist aber klar ersichtlich, daß der Bw den Sachverhalt bestreitet und sohin auch die objektive Tatbestandsmäßigkeit angefochten hat, weshalb er auch die Aufhebung der Strafverfügung beantragt hat. Erst als Eventualantrag machte er seine Einkommenssituation und seine Sorgepflichten geltend und beantragte die Herabsetzung der Strafe. Es ist daher der Einspruch als Einspruch gegen Schuld und Strafe anzusehen, weshalb die Strafverfügung ex lege außer Kraft getreten ist und die belangte Behörde das ordentliche Verfahren einleiten und ein Straferkenntnis erlassen hätte müssen. Dies hat sie aber unterlassen, indem sie mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.8.1996 lediglich das verhängte Strafausmaß herabsetzte. Allerdings ist bei näherer Betrachtung der Begründung dieses Bescheides nicht mehr klar ersichtlich, ob die belangte Behörde den Einspruch als nur gegen das Strafausmaß gewertet hat, zumal sie auf Seite 3 auf alle Einwendungen zum Sachverhalt näher einging und diese auch widerlegte. Bei einem Einspruch lediglich gegen das Strafausmaß hingegen tritt der Schuldspruch in Rechtskraft und wären daher Ausführungen zur Schuld (sowohl zum objektiven als auch zum subjektiven Tatbestand), nicht mehr zulässig.

Es hat daher die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid lediglich einen Strafausspruch ohne Schuldspruch gefällt. Es war daher dieser Bescheid als rechtswidrig aufzuheben.

4.3. Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt aufgrund seiner bisherigen ständigen Judikatur die Auffassung, daß er im Grunde des Art. 129a Abs.1 Z1 B-VG nur zur Entscheidung über Berufungen im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen zuständig ist, nicht jedoch gleichsam als Behörde erster Instanz, indem er - mangels jedweden Ermittlungsverfahrens und eines Schuldausspruches - ein "Straferkenntnis" anstelle der belangten Behörde erstmals erläßt. Eine solche Vorgangsweise würde nämlich den Bw in seinem Rechtsschutz beschränken, weil dadurch der Instanzenzug um eine Instanz (Berufungsinstanz) verkürzt wird und der Bw die solcher Art vom O.ö. Verwaltungssenat erstinstanzlich erlassene Entscheidung nicht mehr durch eine Berufung (Tatsachen- und Rechtsinstanz) anfechten kann. 5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: ex lege - Außerkrafttreten der Strafverfügung: Herabsetzung der Strafe durch BH rechtswidrig; Aufhebung des Bescheides

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