Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200217/2/SR/Ri

Linz, 14.06.2004

 

 

 VwSen-200217/2/SR/Ri Linz, am 14. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des F P, Bstraße, P, vertreten durch RAe H-W, R, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 15. Juli 2003, Zl. Agrar96-3-2003, wegen Übertretung des Qualitätsklassengesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs. 1 Z 2, § 51c und § 51e Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 15. Juli 2003, AZ. Agrar96-3-2003, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der C Fleischgroßhandels- und ExportgesmbH., Bstraße, P, zu verantworten, dass am 3.2.2003 die bis 13.30 Uhr im Schlachthof der C Fleischgroßhandels- und ExportgesmbH., Bstraße P, geschlachteten 550 Schweine nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gekennzeichnet wurden, da sämtliche Schlachtkörperhälften nicht mit der fortlaufenden Schlachtnummer gekennzeichnet wurden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 5 Abs. 1 der Handelsklassen-Verordnung für Schweineschlachtkörper, BGBl. II Nr. 290/2002, i.V.m. § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991), BGBl.Nr. 52/1991, i.d.g.F.

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von

 

 

300 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
 

4 Stunden

gemäß

 

 

§ 7 Abs. 1 Ziffer 4 der Handelsklassen-Verordnung für Schweineschlachtkörper i.V.m. § 26 Abs. 3 Qualitäts-klassengesetz, BGBl.Nr. 161/1967, i.d.F. BGBl. I Nr. 110/2002

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 330 Euro."

 

 

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 17. Juli 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der dem Bw angelastete Sachverhalt anlässlich einer am 3. Februar 2003 durch das Kontrollorgan der Marktordnungsstelle A A, Herrn R B, im gegenständlichen Schlachtbetrieb durchgeführten Überprüfung festgestellt worden sei.

Im Zuge der Strafbemessung erschien der belangten Behörde die verhängte Geldstrafe, die im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens angesetzt wurde, als angemessen und ausreichend um eine entsprechende Prävention zu erreichen. Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Weiters berücksichtigte die belangte Behörde bei der Strafbemessung die vom Bw angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Einkommen ca. 1.900 Euro, Sorgepflichten, Verbindlichkeiten in Höhe von 32.700 Euro).

 

2.2. Dagegen wendet der Vertreter des Bw im Wesentlichen ein, dass die Behörde erster Instanz ohne näherer Begründung von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes ausgegangen sei und es unterlassen habe darzulegen, auf Grund welcher Beweisergebnisse und Sachverhaltsfeststellungen sie zum Verschulden des Bw gelangt sei. Die Behörde habe sich auch nicht mit § 21 VStG auseinandergesetzt. Dem Bw sei keinesfalls ein schweres oder gravierendes, allenfalls ein geringfügiges Verschulden zur Last zu legen. Im Übrigen seien die Folgen der Übertretung unbedeutend und es wäre nicht einmal von der Behörde behauptet worden, dass irgendwem ein Schaden entstanden sei. Vom zuständigen Kontrollorgan seien, abgesehen vom gegenständlichen Vorwurf auch keine weiteren Beanstandungen festgestellt worden.

 

Am Tag der Kontrolle sei der Nummerator nicht funktionsfähig gewesen und deshalb sei mit dem Klassifizierer vereinbart worden, bei sämtlichen Schweinen keine Nummerierung vorzunehmen, um die Schlachtung zu ermöglichen.

 

Erschließbar wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zl. Agrar96-3-2003 und durch eine ergänzende Erhebung betreffend der durchschnittlichen Schlachtungen im Schlachtbetrieb des Bw; da bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

 

Im gegenständlichen Schlachtbetrieb erfolgen im Jahresdurchschnitt wöchentlich mehr als 50 Schweineschlachtungen. Der Bw hat rechtzeitig einen Klassifizierer verständigt und dieser war beim Schlachtvorgang vor Ort und hat zumindest die Verwiegung vorgenommen und das Protokoll angefertigt. Entsprechend der Anzeigenbeilage wurde bis zum Kontrollzeitpunkt am 3. Februar 2003, um 13.30 Uhr bei keinem der 550 geschlachteten Schweine eine Kennzeichnung der Schweinehälften vorgenommen. Im Ermittlungsverfahren wurde das Unterlassen der Kennzeichnung damit begründet, dass auf Grund der Funktionsunfähigkeit des "Nummerators" mit dem Klassifizierer das ausnahmsweise Unterlassen der Nummerierung vereinbart worden sei, um eine Schlachtung überhaupt zu ermöglichen.

 

3.2. Aus dem "Bericht - Überprüfung - Zurichtnormen - Schweine" ist zu ersehen, dass beim gegenständlichen Schlachtbetrieb ein verpflichtend vorgesehenes Klassifizieren zum Einsatz gekommen ist (Beilage zur Anzeigenkopie). Unbestritten wurde ein Klassifizierer rechtzeitig verständigt und ebenso unbestritten hat dieser den Schlachtungen beigewohnt und zumindest die Verwiegung und die Protokollierung vorgenommen. Ob eine Kennzeichnung der Schweinehälften durch den Klassifizierer auf Grund eines defekten Nummerators nicht möglich war, kann im Hinblick auf die Tatanlastung dahingestellt bleiben.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Das Bundesgesetz über die Einführung von Qualitätsklassen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Qualitätsklassengesetz), BGBl. Nr. 161/1967, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 78/2003, im gegenständlichen Verfahren in der Fassung der Änderung BGBl. I Nr. 110/2002 anzuwenden, regelt im Abschnitt II "Qualitätsklassen und Qualitätsnormen" und unter § 2 die Einführung von Qualitätsklassen.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Qualitätsklassengesetz hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Qualitätsklassen einzuführen und die hiezu erforderlichen näheren Regelungen zu treffen, wenn durch die Einführung von Qualitätsklassen und der damit verbundenen

Standardisierung auf Grundlage eines lauteren Wettbewerbes dieser zugunsten der Qualitätserzeugnisse günstig beeinflusst wird, und zwar

a) beim inländischen Erzeuger durch Erhöhung des Anreizes zur Erzeugung wettbewerbsfähiger Qualitätserzeugnisse,

b) beim Handel durch Erleichterung des Warenverkehrs zwischen den einzelnen Handelsstufen,

c) beim Verbraucher durch Erleichterung der Auswahl des günstigen Angebotes oder

d) bei Erzeugnissen inländischen Ursprungs überdies durch Erleichterung des Wettbewerbes mit ausländischen Waren, sei es im Inlande oder im Auslande.

Gemäß § 2a leg.cit. hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, soweit es die Erreichung der in § 2 Abs. 1 genannten Ziele zur Förderung des lauteren Wettbewerbs erfordert, durch auf Grund des § 2 erlassene Verordnung vorzuschreiben,

1. dass in Rechnungen, Lieferscheinen oder sonstigen Transportbegleitpapieren, ausgenommen in Rechnungen, Lieferscheinen oder sonstigen Transportbegleitpapieren des Einzelhandels, die Klasse, unter der die Erzeugnisse jeweils geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht worden sind, oder andere Angaben im Sinne des § 9 anzugeben sind;

2. dass für bestimmte Erzeugnisse, für die Vorschriften im Sinne dieses Bundesgesetzes oder entsprechende Vorschriften des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erlassen sind, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, nicht ohne Angabe der Klasse geworben werden darf, sofern dabei Preise angegeben werden, die sich unmittelbar oder mittelbar auf eine Gewichtseinheit oder Stückzahl beziehen;

3. dass Börsen, Verwaltungen öffentlicher Märkte und sonstige Stellen, soweit sie amtliche oder für gesetzlich vorgesehene Zwecke bestimmte Preisnotierungen oder Preisfeststellungen vornehmen, verpflichtet sind, ihre Notierungen oder Feststellungen auf die Klassen zu erstrecken oder, soweit Vorschriften im Sinne dieses Bundesgesetzes oder entsprechende Vorschriften des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erlassen sind, ihren Notierungen oder Feststellungen die Klassen zugrunde zu legen haben.

 

Gemäß § 25a Abs.1 leg.cit. kann für Erzeugnisse, die gemäß § 1 Abs. 4 von Schlachtbetrieben in Verkehr gebracht werden, deren Schlachtungen im Jahresdurchschnitt eine durch Verordnung festzulegende geringfügige Anzahl übersteigen, mit Verordnung bestimmt werden, dass die Einstufung und Kennzeichnung der Erzeugnisse nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und den hiezu ergangenen Verordnungen ausschließlich durch Angehörige von durch die "A A" zugelassenen Klassifizierungsdiensten (Klassifizierer) gemäß Abs. 2 zu erfolgen hat und Aufzeichnungen gemäß § 9 Abs.  6 letzter Satz zu führen sind.

 

Gemäß § 25a Abs. 2 leg.cit. hat die A A Richtlinien für die Durchführung der Klassifizierung und die Zulassung geeigneter Klassifizierungsdienste festzulegen. Die Angehörigen der Klassifizierungsdienste haben die fachliche Befähigung gemäß § 12 Abs. 3 nachzuweisen.

 

Gemäß § 25a Abs. 3 leg.cit. kann der Verfügungsberechtigte die Überprüfung der durch den Klassifizierer vorgenommenen Einstufung der Erzeugnisse durch ein Kontrollorgan gemäß § 21 verlangen, wenn er an der Richtigkeit der Einstufung begründete Zweifel geltend macht.

 

Gemäß § 25a Abs. 4 leg.cit. hat der Verfügungsberechtigte für die Überprüfung gemäß Abs. 3 eine Kontrollgebühr zu entrichten, deren Höhe gemäß § 20 Abs. 2 festzulegen ist.

 

Gemäß § 25a Abs. 5 leg. cit. ist die Tätigkeit der Klassifizierer durch Kontrollorgane gemäß § 21 mindestens zweimal vierteljährlich ohne Vorankündigung zu überprüfen. § 25 gilt sinngemäß.

 

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 26 Abs. 1 leg.cit. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 21.800 € zu bestrafen, wer Waren entgegen

1. §§ 2 bis 8 und der auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Verordnungen in Verkehr bringt,

2. § 9 und einer auf Grund dieser Bestimmung ergangenen Verordnung nicht, mangelhaft oder unrichtig gekennzeichnet in Verkehr bringt,

3. § 11 Abs. 2 einführt oder

4. § 11 Abs. 5 Z 1 ohne Ausfuhrbescheinigung ausführt.

 

Gemäß § 26 Abs. 2 leg.cit. begeht weiters eine nach Abs. 1 zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer

1. als Betriebsinhaber den Bestimmungen des § 16 Abs. 2 oder des § 22 zuwiderhandelt,

2. Aufzeichnungen gemäß § 9 Abs. 3 vierter Satz und § 9 Abs. 6 zweiter Satz nicht, mangelhaft oder unrichtig führt,

3. als Inhaber eines Schlachtbetriebes entgegen § 25a und einer auf Grund dieser Bestimmung ergangenen Verordnung Klassifizierer nicht oder nicht rechtzeitig beizieht.

 

Weiters begeht gemäß § 26 Abs. 3 leg.cit. eine nach Abs. 1 zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer einer nach § 2 oder § 2a erlassenen Verordnung, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafbestimmung verweist, zuwiderhandelt.

 

Entsprechend der Anlage zum Qualitätsklassengesetz sind landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Qualitätsklassengesetz die unter den folgenden KN-Codes der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. EG Nr. L 256, angeführten Waren. Mit dem hier einschlägigen KN-Code 0203 wird "Fleisch von Schweinen, frisch, gekühlt oder gefroren" bezeichnet.

 

U.a. gestützt auf § 2 Abs. 1, § 25a und § 26 Abs. 3 des Qualitätsklassengesetzes hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Verordnung über Handelsklassen für Schweineschlachtkörper, BGBl. II Nr. 290/2002 (im Folgenden: Handelsklassen-Verordnung) erlassen.

 

§ 3 Handelsklassen-Verordnung trägt die Überschrift "Einstufung".

Gemäß § 3 Abs. 1 ist die Einstufung der Schweineschlachtkörper vom Verfügungsberechtigten des Schlachtbetriebes (im Folgenden: Verfügungsberechtigter) oder dessen Beauftragten bei der vorschriftsmäßig durchzuführenden Verwiegung nach Maßgabe des ermittelten Muskelfleischanteils vorzunehmen. Schlachtkörper von Schweinen mit einem Zweihälftengewicht von über 130 kg sowie Schlachtkörper von Zuchtsauen und Altschneidern sind ungeachtet ihres Muskelfleischanteiles in die Klasse "Z" einzustufen.

 

§ 4 Handelsklassen-Verordnung trägt die Überschrift "Protokoll".

Gemäß § 4 Abs. 1 ist unverzüglich nach der Einstufung der Schweineschlachtkörper vom Verfügungsberechtigten für jeden einzelnen Schlachtkörper ein Protokoll zu erstellen. § 4 Abs. 2 regelt den Inhalt des Protokolls und fordert in Z. 6 "den Namen oder das Kennzeichen des Klassifizierers und dessen Unterschrift.

 

§ 5 Handelsklassen-Verordnung trägt die Überschrift "Kennzeichnung".

Gemäß § 5 Abs. 1 ist unbeschadet sonstiger Kennzeichnungsvorschriften auf jeder Schlachtkörperhälfte die fortlaufende Schlachtnummer zu kennzeichnen.

 

Erfolgt die Schlachtung in einem Schlachtbetrieb, in dem im Jahresdurchschnitt mehr als 50 Schweine wöchentlich geschlachtet werden, so haben gemäß § 6 Abs. 1 der genannten Verordnung die "Verwiegung", die "Einstufung", die "Erstellung des Protokolls" sowie die "Kennzeichnung" durch einen vom Schlachtbetrieb rechtzeitig zu verständigenden Klassifizierer gemäß § 25a des Qualitätsklassengesetzes zu erfolgen.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 der angeführten Verordnung begeht eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 26 Abs. 3 des Qualitätsklassengesetzes, wer

  1. entgegen den in § 1 genannten Rechtsvorschriften Schlachtkörper von Schweinen zum Verkauf vorrätig hält, anbietet, feilhält, liefert, verkauft oder sonst in Verkehr bringt,
  2. entgegen § 4 das Protokoll nicht erstellt oder nicht mindestens drei Monate lang aufbewahrt,
  3. entgegen § 3 nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Weise nach dem ermittelten Muskelfleischanteil einstuft,
  4. entgegen § 5 Abs. 1 die fortlaufende Schlachtnummer nicht kennzeichnet,
  5. entgegen § 2 Schlachtkörper von Zuchtsauen und Altschneidern nicht in der vorgeschriebenen Weise zurichtet,
  6. entgegen § 5 Abs. 3 Schlachtkörper von Schweinen mit einem Zweihälftengewicht von über 130 kg bzw. von Zuchtsauen und Altschneidern nicht in der vorgeschriebenen Weise kennzeichnet.

 

4.2. Unstrittig steht fest, dass im Schlachtbetrieb des Bw im Jahresdurchschnitt mehr als 50 Schweine wöchentlich geschlachtet werden. Gemäß § 6 Abs. 1 Handelsklassen-Verordnung hat ausschließlich der vom Schlachtbetrieb rechtzeitig verständigte Klassifizierer die Verwiegung, die Einstufung (§ 3), die Erstellung des Protokolls (§ 4) und die Kennzeichnung (§ 5) vorzunehmen. Die Verpflichtungen des Verfügungsberechtigten gemäß den §§ 4 und 5 vorzugehen treten hinter die Verpflichtung des Klassifizierers zurück.

 

Da die Einstufung und Kennzeichnung der Erzeugnisse nach § 25a Abs. 1 Qualitätsklassengesetz und § 6 Abs. 1 Handelsklassen-Verordnung ausschließlich dem Klassifizierer obliegt, hat dieser das Protokoll (gemäß § 4 Handelsklassen-VO) zu erstellen und die Kennzeichnung (gemäß § 5 Handelsklassen-Verordnung) vorzunehmen und es kann dem Bw nicht der verwaltungsstrafrechtliche Vorwurf der Behörde erster Instanz gemacht werden.

 

Schon aus § 25a Qualitätsklassengesetz ist abzuleiten, dass Klassifizierer keine Mitarbeiter eines Schlachtbetriebes, sondern Angehörige eines von der A A zugelassenen Klassifizierungsdienstes sind. Die Klassifizierer unterliegen somit nicht der Anordnungsbefugnis des Verfügungsberechtigten. Dieser kann beispielsweise auf seine Kosten (Kontrollgebühr gemäß § 25a Abs. 4 leg.cit.) die Überprüfung der durch den Klassifizierer vorgenommenen Einstufung der Erzeugnisse durch ein Kontrollorgan (§ 21 leg.cit.) verlangen, wenn er an der Richtigkeit der Einstufung begründete Zweifel geltend macht. Darüber hinaus ist die Tätigkeit der Klassifizierer durch Kontrollorgane mindestens zweimal vierteljährlich ohne Vorankündigung zu überprüfen.

 

Im Hinblick auf diese Regelungen sind Handlungen oder Unterlassungen der Klassifizierer dem Verfügungsberechtigten nicht zuzurechnen und er hat diese auch nicht als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu verantworten (siehe auch die Ausführungen unter Punkt 4.3.1.).

 

4.3.1. Gemäß § 25a Abs. 2 Qualitätsklassengesetz hat die A A Richtlinien für die Durchführung der Klassifizierung und die Zulassung geeigneter Klassifizierungsdienste festzulegen.

 

Diese Richtlinie ist gemäß § 32 Abs. 1 AMA-Gesetz 1992 (Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle "A A") im von ihr herauszugebenden Verlautbarungsblatt zu verlautbaren.

 

Auf Grund § 25a Qualitätsklassengesetz hat der Verwaltungsrat der A A die Richtlinie für die Durchführung der Klassifizierung (kundgemacht im Verlautbarungsblatt der A A Nr. 6/2003) erlassen.

 

In Punkt 1 der Richtlinie (Gegenstand) wird ausgeführt, dass die Richtlinie im Sinne des § 25a Abs. 2 Qualitätsklassengesetz die Tätigkeit der Klassifizierungsdienste festlegt.

 

Unter Punkt 2 der Richtlinie werden die Aufgaben des Klassifizierungsdienstes aufgelistet. So regelt Punkt 2.1 die Einteilung und Identifizierung (Einstufung in Handelsklassen und Kategorien), Punkt 2.2 die Feststellung des Warmgewichtes und Kennzeichnung sämtlicher Schlachtkörper und Schlachtkörperhälften und Punkt 2.5. die Protokollierung und Aufbewahrung.

 

In Punkt 2.1 wird dem Schlachtbetrieb eingeräumt, dass er am Schlachtkörper neben der Schlachtnummerierung nur dann zusätzliche Zifferncodes kennzeichnen darf, wenn dadurch die Eindeutigkeit der fortlaufenden Schlachtnummer in keiner Weise beeinträchtigt wird.

 

Gemäß Punkt 2.5.1 (Klassifizierung) hat der Klassifizierer für jeden zu klassifizierenden Schlachtkörper das auf Grund des § 9 Abs. 6 Qualitätsklassengesetz angeordnete Protokoll gemäß den hiezu ergangenen Verordnungsbestimmungen zu erstellen.

 

Unter Punkt 4 der Richtlinie werden die Zusatztätigkeiten geregelt. Dabei verweist Punkt 4.1 auf die in Punkt 2. genannten obligatorischen Aufgaben. Punkt 4.2 ist zu entnehmen, dass die vorgeschriebene wirtschaftliche bzw. finanzielle sowie personelle Unabhängigkeit der Klassifizierungsdienste gegenüber den Schlachtbetrieben, landwirtschaftlichen Erzeugern und Erzeugergemeinschaften zu wahren ist.

Entgegen § 25a Abs. 1 Qualitätsklassengesetz und § 6 der Handelsklassen-Verordnung sieht Punkt 6 der Richtlinie "Vereinbarungen zwischen Klassifizierungsdienst und Schlachtbetrieb" vor und legt dem Schlachtbetrieb gemäß Punkt 6.3 (Pflichten auf Seiten des Schlachtbetriebes) auf, alle Schlachtkörper gemäß Punkt 2.1 mit laufenden Schlachtnummern zu stempeln. Gemäß Punkt 6.3.2. der Richtlinie dürfen seitens des Schlachtbetriebes keine Weisungen erteilt werden, die einer ordnungsgemäßen Durchführung der Klassifizierung gemäß den Bestimmungen des Qualitätsklassengesetzes und den hiezu ergangenen sowie künftig erlassenen Vorschriften entgegenstehen.

 

4.3.2. Da dem Bw von der Behörde erster Instanz nicht der Vorwurf einer "Richtlinienverletzung" gemacht wurde, bedurfte es auch nicht der Klärung, ob schon die Verletzung der gegenständlichen Richtlinie als solcher oder erst die Nichtbeachtung einer Vereinbarung nach Punkt 6 der Richtlinie überhaupt eine Verwaltungsübertretung darstellen kann.

 

4.4. Auf Grund des Tatvorwurfes und der nicht zur Anwendung gelangenden gegenständlichen Richtlinie war es dem Oö. Verwaltungssenat mangels Präjudizialität verwehrt, gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG einen Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Dem Oö. Verwaltungssenat erscheinen jene Teile der Richtlinie gesetzwidrig zu sein, die entgegen § 25a Abs. 1 Qualitätsklassengesetz eine Rückübertragung von Kennzeichnungsaufgaben an den Verfügungsberechtigten des Schlachtbetriebes vorsehen.

 

4.5. Da der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

5. Der Bw hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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