Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200221/2/SR/Ri

Linz, 10.02.2004

 

 

 VwSen-200221/2/SR/Ri Linz, am 10. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des O S, S, D V, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land, Zl. Agrar96-18-2001/Pl vom 2. Dezember 2003, wegen Übertretung des Düngemittelgesetzes 1994 (im Folgenden: DMG), zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 44a, § 45 Abs. 1 Z. 3, § 51c und § 51e Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen berufene Organ der F Vertriebs GmbH., H, W Bstraße, zu verantworten, dass - wie von einem Organ des Bundesamtes und Forschungszentrum für Landwirtschaft am 29.3.2001 festgestellt wurde - 30 x 5 kg Plastiksäcke des Rasenvolldüngers 21 + 8 + 8 mit einer angegebenen Zusammensetzung chloridarm, Cl von 7,1% in Verkehr gebracht wurden, obwohl das gegenständliche Produkt mit einem Wert von max. 2 % gekennzeichnet wurde. Sie haben somit den angegebenen Höchstgehalt von Chlorid für die Bezeichnung "chloridarm" gemäß Anlage 2 Teil A Ziffer III der Düngemittelverordnung überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 5 Abs. 2 Z. 3 iVm. § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. a Düngemittelgesetz 1994 (DGM 1994), BGBl. I. Nr. 513/1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 23/2001 iVm § 2 Abs 3 der Düngemittelverordnung 1994, BGBl. Nr. 1007/1994 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

218,02 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

---

gemäß

 

§ 19 Abs.1 Z. 1 lit.a Düngemittelgesetz 1994, BGBl. I Nr. 513/1994 i.d.F. BGBl I Nr. 23/2001

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

21,80 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

94,62 Euro als Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten gemäß § 18 DMG 1994 i.d.g.F.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 334,44 Euro."

 

2. Gegen dieses dem Bw am 13. Dezember 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz am 19. Dezember 2003 und somit rechtzeitig eingelangte Berufung.

 

2.1. Die Behörde erster Instanz wies in der Begründung auf § 49 Abs. 2 VStG und ihrer Verpflichtung zur Entscheidung über den Einspruch gegen das Strafausmaß hin und führte nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen aus, dass "der Bw verpflichtet gewesen wäre, für das gegenständliche Produkt eine Rückholaktion zu starten, um Gewissheit zu haben, dass dieses Produkt nicht mehr verkauft wird". Dies sei "trotz des langen Zeitraumes (13.4.1999 Lieferung bis 29.3.2001 Kontrolle) nicht geschehen". Weiters sei "den Kunden durch die Bezeichnung `chloridarm´ ein besseres Produkt vorgetäuscht" worden.

 

2.2. Dagegen hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung erhoben und ausgeführt, dass eine Begründung nach anwaltschaftlicher Beratung und Beauftragung nachgereicht würde.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den am 4. Februar 2004 vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Agrar96-18-2001/Pl und nach Einsicht in die Verwaltungsstrafakten festgestellt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage hinreichend geklärt ist.

 

3.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Am 29. März 2001 wurden laut dem Probenahmeprotokoll des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft vom 29. März 2001, Nr. 2891, in einem Betrieb des Ing. H G, Ort der Kontrolle unbekannt, 20 Einzelproben des Produktes Rasenvolldünger 21+8+8 entnommen. Als Erzeuger und "verantwortlicher Inverkehrbringer" wurde die Firma F Vertriebs-GmbH und als Lieferdatum laut Angabe des Kontrollierten der 21. Februar 2001 angeführt.

 

In der Anzeige vom 12. Oktober 2001, GZ AÖ 230-D/01 (DK 2891/2001) teilte das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft u.a. mit, dass O S das gegenständliche Produkt nicht mit der auf der Packung angegebenen Zusammensetzung in Verkehr gebracht habe. Das Inverkehrbringen sei am 21. Februar 2001 durch Lieferung an die Firma Ing. H G in S erfolgt.

 

Gegen die Strafverfügung der Behörde erster Instanz vom 5. November 2001, Agrar96-18-2001 erhob der Bw Einspruch und gab in der Stellungnahme vom 25. Jänner 2002 behauptet, dass das beanstandete Produkt - Rasendünger - letztmalig am 13. April 1999 in das Lager in Österreich transportiert und somit ausgeliefert worden sei.

 

Mit Schreiben vom 27. Februar 2002 ersuchte die Behörde erster Instanz den Bw um Bekanntgabe seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und am 15. Dezember 2003 fertigte sie das angefochtene Straferkenntnis ab.

 

Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht der Ort hervor, wo das gegenständliche Produkt in Verkehr gebracht wurde. Ebensowenig lässt sich dem Spruch der Zeitpunkt dieser Handlung noch der Ort der Kontrolle entnehmen. Lediglich auf einen Lieferzeitpunkt - 13. April 1999 - und einen möglichen Kontrollzeitraum bis 29. März 2001 wird in der Begründung hingewiesen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 DMG ist unter Inverkehrbringen das Einführen, das Befördern, das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen im geschäftlichen Verkehr zu verstehen. Dem Inverkehrbringen steht die Abgabe in Genossenschaften oder sonstigen Personenvereinigungen für deren Mitglieder gleich.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 Z 3 leg.cit. ist es verboten, Düngemittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind oder sonst den Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften nach § 8 nicht entsprechen.

 

4.2. Wenn gemäß § 49 Abs. 2 VStG im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

Der Bw hat innerhalb offener Frist ohne nähere Begründung gegen die o.a. Strafverfügung Einspruch erhoben.

 

Durch die Erhebung des Einspruchs ist die angefochtene Strafverfügung außer Kraft getreten. Der von der Behörde erster Instanz möglicherweise angenommenen nachträglichen Einschränkung des Einspruchs (ONr. 9 - Straferkenntnis, Seite 2, letzter Satz) kommt keine rechtliche Bedeutung zu. Abgesehen von der zitierten Ausführung in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ist dem Spruch und der weiteren Begründung zu entnehmen, dass die Behörde erster Instanz in der Sache selbst (Schuld und Strafe) abgesprochen hat.

 

4.3. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 19 Abs. 3 DMG ein Jahr. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG beziehen muss (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077).

 

Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidriger Weise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z 2 VStG näher konkretisieren und individualisieren (VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186).

 

Innerhalb der Jahresfrist des § 19 Abs. 3 DMG wurden von der Behörde erster Instanz gegen den Bw zwar Verfolgungshandlungen gesetzt, die jedoch weder auf den Tatort noch auf die Tatzeit Bezug genommen haben. Darüber hinaus hat die Behörde erster Instanz weder in der Strafverfügung noch im angefochtenen Straferkenntnis den Tatort und die Tatzeit bezeichnet. Da binnen der Verjährungsfrist keine rechtskonforme Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist, war die Verfolgung des Bw unzulässig.

 

4.4. Gemäß § 45 Abs.1 Z 3 VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, da Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Schon aus diesem Grund hatte der Oö. Verwaltungssenat auch von einem Auftrag gemäß § 13 AVG einer Verbesserung zur Berufungsschrift an den Bw Abstand zu nehmen.

 

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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