Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-200228/5/WEI/Be

Linz, 07.07.2005

 

 

 VwSen-200228/5/WEI/Be Linz, am 7. Juli 2005

DVR.0690392
 

 
 
 
 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Berufung des G W, geb., Ä, D, vertreten durch G, Rechtsanwälte in D M, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. August 2004, Zl. Agrar 96-2-2004/Pl, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Düngemittelgesetz 1994 (BGBl Nr. 513/1994 idF BGBl I Nr. 110/2002) den Beschluss gefasst:

 

 

I. Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

 

II. Der nachträglich gestellte Wiedereinsetzungsantrag wird gemäß § 6 Abs 1 AVG zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land weitergeleitet.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991 iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991.

 

 

 

 

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 12. August 2004 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen berufene Organ der D, P, P, zu verantworten, dass - wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am 17.9.2003 festgestellt wurde - zumindest vom 7.5.2003 bis 17.9.2003 20 x 1 kg D Balkonschmuck Dünger mit einem festgestellten Wert an Phosphat P2O5 von 2,2 % TS im D in S, W, in Verkehr gebracht, obwohl das gegenständliche Produkt mit einem Phosphat P2O5-Wert von 4,0 % gekennzeichnet wurde. Sie haben somit den Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften nach § 8 nicht entsprochen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 5 Abs. 2 Ziffer 3 und § 8 Abs. 2 im i.V.m. § 19 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a Düngemittelgesetz 1994, BGBl Nr. 513/1994 i.d.F. BGBl. I Nr.110/2002"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 19 Abs 1 Z 1 lit a Düngemittelgesetz 1994 eine Geldstrafe von 150 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 15 Euro und als Ersatz für Untersuchungskosten gemäß § 18 Düngemittelgesetz 1994 95,80 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (internat. Rückschein) am 19. August 2004 durch Übergabe an einen berechtigten Ersatzempfänger (Unterschrift "L" wie auf 2 weiteren aktenkundigen Rückscheinen) ordnungsgemäß nach deutschen Vorschriften zugestellt wurde, richtet sich die mit den Schriftsätzen vom 1. September 2004 (Berufungsanmeldung) und vom 21. September 2004 (Berufungsausführung) rechtsfreundlich eingebrachte Berufung, mit der im Ergebnis ein fahrlässiges Verschulden bestritten und sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

2.1. Mit Schreiben vom 21. Juni 2005, zugestellt am 27. Juni 2005, hat der Oö. Verwaltungssenat den Rechtsvertretern des Bw Parteiengehör zur verspäteten Einbringung der Berufung und Gelegenheit gewährt, binnen 14 Tagen allfällige Zustellmängel bekannt zu geben und durch Beweismittel zu bescheinigen. Dabei wurde im Einzelnen zur Kenntnis gebracht, dass bei genauer Prüfung der Aktenlage die Fristversäumung ersichtlich ist. Der aktenkundige Schriftsatz vom 1. September 2004, mit dem die Berufung nur angemeldet und die Begründung einem gesonderten Schriftsatz nach Akteneinsicht vorbehalten wurde, ist laut Briefkuvert erst am 6. September 2004 in München zur Post gegeben worden und langte am 8. September 2004 bei der belangten Behörde ein. Diese hat daraufhin mit einem am 9. September 2004 zugestellten Schreiben den Rechtsvertretern des Bw eine Aktenkopie übermittelt und für die Begründung der Berufung eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Mit rechtsfreundlichem Schreiben vom 21. September 2004 wurde die Berufungsausführung innerhalb der gesetzten Frist nachgeholt.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass bereits die Berufungsanmeldung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgte, weshalb die belangte Behörde gar keine Gelegenheit zur Verbesserung der ohne begründeten Berufungsantrag eingelegten Berufung hätte einräumen dürfen. Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Bw nämlich am Donnerstag, dem 19. August 2004, durch Ausfolgung an einen Ersatzempfänger nach bundesdeutschen Vorschriften über die Zustellung eingeschriebener Briefe und die Ersatzzustellung (§ 4 Verwaltungszustellungsgesetz iVm § 9 Abs 2 Postdienstverordnung) ordnungsgemäß zugestellt.

 

2.2. Mit Schreiben vom 29. Juni 2005 hat der Rechtsvertreter des Bw zum h. Schreiben Stellung genommen und zu den vorgehaltenen Fakten wie folgt ausgeführt:

 

  1. Die Herrn W betreffende geschäftliche Post wird von der Firma D geöffnet und bearbeitet. Das Straferkenntnis wurde mir per Fax von der Firma D am 31.08.2004 mit der handschriftlichen Bemerkung übermittelt:
  2.  

    "Eingegangen: 30.08.04"

     

    Das Schriftstück mit dem vorbeschriebenen Vermerk füge ich als Anlage zur Glaubhaftmachung bei. Aufgrund dessen ging ich vom Ablauf der Berufungsfrist am 14.09.2004 aus. Ich habe dann zunächst eine schriftliche Vollmacht per Fax angefordert, die bei mir am 03.09.2004 per Fax und am 06.09.2004 per Post einging. Die Berufung hatte ich am 01.09.2004 diktiert und unterschrieben, da ich danach einige Tage in Urlaub war, meinem Büro aber die Anweisung gegeben, das Schriftstück erst zu versenden, wenn die Original- bzw. Faxvollmacht vorliegt. Entsprechend wurde hier verfahren. Die Berufung mit Datum 01.09.2004 müsste sich auch als Faxmitteilung mit Datum 03.09.2004 im Akt befinden.

     

  3. Im deutschen Recht besteht die Möglichkeit bei schuldloser Fristversäumung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. In Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren wird dem Betroffenen, hier also Herrn W, ein Verschulden dritter Personen nicht zugerechnet. Hier liegt offensichtlich ein Versehen in der unzutreffenden Eingangsmitteilung (Anlage) vor, welches zur Fristversäumung führte. Ich beantrage deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wiederhole vorsorglich die Berufungserklärung gemäß Schreiben vom 01.09.2004. Falls es im österreichischen Recht einen entsprechenden Rechtsbehelf nicht geben sollte, bitte ich höflich um Ihren Hinweis. Ich werde die Berufung dann zurücknehmen.

 

3. Sie weisen desweiteren darauf hin, dass mein Berufungsschreiben keinen Antrag und keine Begründung enthält. Dieser Hinweis ist natürlich richtig. Ich darf aber darauf aufmerksam machen, dass in der Rechtsmittelbelehrung hiervon keine Rede ist. Wenn nach österreichischem Recht eine Berufung mit einem Antrag zu versehen ist und dieser auch innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist begründet werden muss, dann müsste hierauf, vor allem gegenüber einem ausländischen Betroffenen, hingewiesen werden. Ansonsten ist die Rechtsmittelbelehrung unvollständig und wäre nach hiesigem Rechtsverständnis nicht geeignet, die Rechtsmittelfrist in gang zu setzen. Ich beantrage vorsorglich, den Straferkenntnisbescheid vom 12.08.2004 aufzuheben und beziehe mich dabei auf meine Begründung im Schreiben vom 21.09.2004.

 

2.3. Der rechtsfreundlichen Stellungnahme ist die Kopie einer Faxmitteilung der Fa D mit der ersten Seite des angefochtenen Straferkenntnisses angeschlossen, auf der folgender handschriftliche Vermerk erkennbar ist:

 

Eingegangen:

30.08.04 v.

Büro H. F

(Fr. L)

unleserliche Unterschrift

 

Zur Behauptung in Punkt 3 der rechtsfreundlichen Stellungnahme sei angemerkt, dass diese nicht zutreffend ist. In der Rechtsmittelbelehrung des aktenkundigen Entwurfs des Straferkenntnisses findet sich in der 8. und 9. Zeile vielmehr folgende Passage:

 

"Die Berufung hat den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht auf Grund der Aktenlage und der für den Bw eingebrachten rechtsfreundlichen Stellungnahme vom 29. Juni 2005 davon aus, dass im vorliegenden Fall keine Zustellmängel auftraten und die Zustellung des Straferkenntnisses an den Bw mit 19. August 2004 erfolgt ist.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat rechtlich erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG ist eine verspätete Berufung zurückzuweisen. Verspätet ist eine Berufung, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Für Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren beträgt die Rechtsmittelfrist gemäß § 24 VStG iVm § 63 Abs 5 AVG zwei Wochen. Sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses zu laufen.

 

Nach § 32 Abs 2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

 

Gemäß § 33 Abs 1 AVG wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Nach § 33 Abs 2 AVG ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag fällt. Gemäß § 33 Abs 3 AVG werden die Tage des Postlaufs in die Frist nicht eingerechnet.

 

4.2. Gemäß Art 10 Abs 1 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl Nr. 526/1990) können Schriftstücke unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt werden. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Die direkte Zustellung des Strafbescheides an den Bw im Wege der Post war demnach zulässig.

 

Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw das angefochtene Straferkenntnis am Donnerstag, dem 19. August 2004, durch Übergabe an einen berechtigten Ersatzempfänger nach den bundesdeutschen Vorschriften über die Zustellung eingeschriebener Briefe ordnungsgemäß zugestellt. Mangels bekannt gewordener Zustellmängel war das Straferkenntnis damit rechtswirksam zugestellt und es begann die unabänderliche Berufungsfrist von 2 Wochen zu laufen. Letzter Tag für die Einbringung (Postaufgabe) der Berufung war Donnerstag, der 2. September 2004. Mit ungenütztem Ablauf dieses Tages war das Rechtsmittel als verfristet anzusehen. Die Einbringung per Telefax am 11. Jänner 2000 erfolgte offenkundig verspätet. Die am 6. September 2004 im München zur Post gegebene Berufungsanmeldung war demnach bereits verspätet, woran die nachfolgende Berufungsausführung innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Nachfrist nichts zu ändern vermag. Die vorliegende Berufung war daher ohne weiteres Verfahren als verspätet zurückzuweisen. Wegen der nach Ablauf der Berufungsfrist eingetretenen Rechtskraft des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt, auf das Sachvorbringen des Bw einzugehen.

 

4.3. Gemäß § 71 Abs 4 AVG ist zur Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Handlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

 

Zur Entscheidung über den mit Eingabe vom 29. Juni 2005 nachträglich gestellten Wiedereinsetzungsantrag ist daher die belangte Behörde zuständig, weil die Berufung nach § 63 Abs 5 AVG (iVm § 24 VStG) bei der Behörde einzubringen war, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1094 f, E 1au E 5 zu § 71 Abs 4 AVG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung hindert ein nicht bewilligter Wiedereinsetzungsantrag die Zurückweisung einer verspäteten Berufung nicht. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt nämlich der Zurückweisungsbescheid nach § 72 Abs 1 AVG von Gesetzes wegen außer Kraft (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 ,1094 f, E 3b u E 4 ff zu § 71 Abs 4 AVG).

 

Gemäß § 6 Abs 1 AVG war die sachliche (funktionelle) Unzuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zur Entscheidung über den gestellten Wiedereinsetzungsantrag von Amts wegen wahrzunehmen und der Antrag ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum