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VwSen-210002/2/Lg/Bk

Linz, 28.04.1995

VwSen-210002/2/Lg/Bk Linz, am 28. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder über die Berufung der B W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17.2.1994, Zl. 502-32/Sta/263/93e, wegen Übertretung der O.ö. BauO., LGBl.Nr.35/1976 in der damals geltenden Fassung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Die Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 3.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil sie zumindest im Zeitraum vom 16.7.1992 bis zum 26.8.1993 der mit rechtskräftigen Bescheiden des Magistrates Linz, Baurechtsamt, vom 27.4.1988 und 15.9.1988, GZ. 501/Gr-61/88, erteilten Auflage, die mit diesen Bescheiden genehmigte Gutbestandsveränderung, nämlich die Teilung des Grdst. Nr.

(489 m2) in sich (475 m2) und die Teilfläche 1 (14 m2), Abschreibung der Teilfläche 1 von der EZ und Zuschreibung derselben zur EZ bei gleichzeitiger Vereinigung mit dem Grdst. Nr. (nunmehr 502 m2), sei spätestens bis zur Erteilung der Benützungsbewilligung für eines der mit ha. Bescheiden vom 15.10.1987, GZ 501/N-141/87, und 15.10.1987, GZ 501/N-142/87, bewilligten Bauvorhaben grundbücherlich durchzuführen, keine Folge geleistet habe.

Die Beschuldigte habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 68 Abs.1 lit.h O.ö. BauO. iVm dem Bescheid des Magistrates Linz, Baurechtsamt, vom 27.4.1988 und 15.9.1988, GZ 501/Gr-61/88, begangen und sei demgemäß zu bestrafen gewesen.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis ua darauf, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt als erwiesen anzusehen sei, insbesondere deshalb, weil von der Beschuldigten nicht bestritten worden sei, die mit den Bescheiden vom 27. April 1988 und vom 15. September 1988 genehmigte Gutbestandsveränderung bis dato nicht grundbücherlich durchgeführt zu haben.

Zum "Schuldentlastungsbeweis" bzw zur "subjektiven Tatbestandsmäßigkeit" führt das angefochtene Straferkenntnis aus, dieser "Beweis" sei nicht gelungen bzw die "subjektive Tatbestandsmäßigkeit" sei als erwiesen anzusehen, da das Argument, eine ordnungsgemäße grundbücherliche Änderung sei wegen der Abweisung des Antrages auf Beurkundung des Teilungsplanes wegen Widerspruches zum Liegenschaftsteilungsgesetz durch das Vermessungsamt Linz vom 24.4.1989 nicht möglich gewesen, nicht zielführend sei.

"Im § 31 Grundbuchgesetz wird für die grundbücherliche Eintragung (Einverleibung) geregelt, daß eine Einverleibung nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen kann, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. Im ggstl. Fall versuchte die Beschuldigte, den Weg einer Einverleibung aufgrund einer öffentlichen Urkunde nach § 13 des Liegenschaftsteilungsgesetzes einzuschlagen. Die Voraussetzungen dafür lagen jedoch nicht vor, weshalb die dbzgl. von der Beschuldigten beantragte Beurkundung vom Vermessungsamt des Magistrates Linz mit Bescheid vom 24.4.1989 abgewiesen wurde. In der Folge hat sich die Beschuldigte offenbar um diese Angelegenheit nicht weiter gekümmert, worin sicher eine Fahrlässigkeit zu sehen ist. Es wäre ihr nämlich noch ... neben dem Antrag um Beurkundung des Eigentumserwerbes durch das Vermessungsamt der Weg mittels beglaubigter Privaturkunde (z.B. Kauf- oder Tauschvertrag) offengestanden, um eine grundbücherliche Eintragung zu erreichen und somit die noch offene Auflage zu erfüllen. Darüber zumindest Erkundigungen einzuholen, wäre ihre Pflicht gewesen und hat sie sich in diesem Punkt fahrlässig und sorglos verhalten." 2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht: "Auf der Liegenschaft EZ 297, KG Pöstlingberg, haben mein Mann und ich 1988 ein Einfamilienhaus errichtet. Direkt an die Grundgrenze wurde von den Grundstücksnachbarn, den Ehegatten Rachle, ebenfalls ein Rohbau errichtet. Die beiden Häuser sind parallel an der Längsseite zusammengebaut. Die Rohbauten wurden von der Firma S in R errichtet. Nach Fertigstellung wurde seitens des Baurechtsamtes festgestellt, daß die beiden Häuser nicht genau entlang der Grundgrenze, sondern etwa abweichend errichtet wurden.

Da rd. 14 m2 meines Hausanteiles in das Nachbargrundstück hineingebaut wurde, wurde mir von Ihnen eine Änderung des Gutsbestandes vorgeschrieben. Dieses Änderungsansuchen samt neuem Lageplan wurde von DI A beim Vermessungsamt Linz eingereicht. Mit dem Ihnen bereits bekannten Bescheid des Vermessungsamtes wurde eine Beurkundung abgewiesen. Diese Vorgangsweise bzw. Ablehnung teilte Ihnen mein Mann im Juni 92 brieflich mit. Als Reaktion auf diese Mitteilung erhielt ich von Ihnen im Sept. 92 eine Vollstreckungsverfügung.

Sie schreiben zwar im o.a. Straferkenntnis, daß nach Wegfall der Beurkundung durch das Vermessungsamt es meine Pflicht gewesen wäre, Erkundigungen einzuholen. Doch gerade in diesem Punkt bin ich der Ansicht, daß es Ihnen im Sinne der propagierten "Bürgernähe" möglich gewesen wäre, mir kurz mitzuteilen, daß für die Beurkundung nur mehr der Weg des privatrechtlichen Vertrages möglich ist.

Von dieser Möglichkeit habe ich aufgrund eines Telefonats mit Frau Mag. K im Nov. v. J. erfahren. Daraufhin hat mein Mann die notwendigen Schritte für die Errichtung eines solchen Privatvertrages (RA Dr. D) eingeleitet." 3. Da schon aus dem Akt ersichtlich ist, daß das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist und überdies nur Rechtsfragen entscheidungserheblich sind, entfällt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Wie in den Erkenntnissen VwSen 210193/2/Lg/Bk und 210159/4/Lg/Bk vom gleichen Tag mit ausführlicher Begründung dargelegt, entbehrt die gegenständliche Auflage der gesetzlichen Grundlage, indem sie ein Gebot aufstellt, das im System der Pflichten und Pflichtenträger der §§ 4 bis 7 O.ö. BauO. 1976 nicht vorgesehen ist, wobei es sich, wie der Ausschußbericht zur damals geltenden BauO. und die Änderung durch die BauO. 1994 zeigen, um ein bewußt geschaffenes und beibehaltenes System handelt.

Die Schaffung einer gesetzlich nicht gedeckten, ja systemwidrigen Auflage begegnet rechtsstaatlich gravierenden Bedenken, da es sich dabei (in Verbindung mit der Blankettnorm des § 68 Abs.1 lit.h O.ö. BauO. 1976) um die Schaffung einer Strafnorm im Verwaltungsweg handelt. Diese Bedenken werden zusätzlich dadurch verschärft, daß sich die Reichweite des Straftatbestandes nicht aus dem Wortlaut ablesen läßt, da die Partei Gutbestandsveränderungen im Grundbuch nicht selbst durchführen kann und bei - wie zu betonen ist: unzulässigem - Wegdenken des Wortlauts unklar bleibt, unter welchen Voraussetzungen die Partei genauerhin für den Nichteintritt des Erfolges (der Gutbestandsveränderung im Grundbuch) einzustehen hat.

In Anbetracht des Umstandes, daß die gegenständliche Auflage der Partei eine Rechtshandlung vorschreibt, die sie, da es sich dabei um eine staatliche Kompetenz handelt, nicht selbst vornehmen kann, ist der unabhängige Verwaltungssenat zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei dieser Auflage um keine taugliche Grundlage für eine Bestrafung handelt. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die schweren Rechtsstaatsdefizite, an denen sie leidet und unter angemessener Würdigung des Umstandes, daß das Argument der Rechtskraft der Auflage an der Tatsache vorbeigeht, daß durch die Zumutung, rechtzeitig für die Beseitigung der rechtswidrigen Auflage zu sorgen, der betroffene Bürger in Anbetracht der Komplexität der Situation überfordert ist.

5. Die der Berufungswerberin zur Last gelegte Tat bildet daher keine Verwaltungsübertretung. Aus diesem Grund ist spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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