Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210018/2/Ga/Shn

Linz, 12.05.1993

VwSen - 210018/2/Ga/Shn Linz, am 12. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A gegen das wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5. Februar 1992, Zl 501/0-3/91-Str, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß im ersten Absatz des Spruchs, vierte Zeile von unten, vor dem Wort "Kontrolle" die Wortfolge "an diesem Tag durchgeführten" eingefügt wird.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 2.000 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr. 52; § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 68 Abs.1 lit.i der O.ö. Bauordnung (O.ö. BauO) schuldig deswegen erkannt, weil er die ihm mit Bescheid des Magistrates Linz, Baurechtsamt, vom 28. Mai 1991, GZ 501/0-510/84, aufgetragene baubehördliche Anordnung betreffend das Objekt Kaisergasse 10, daß "die im genehmigten Plan vom 24. März 1984 Tiefgeschoß als Nebenräume ausgewiesenen Räume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen und sofort zu räumen sind", zumindest am 26. September 1991 nicht erfüllt habe, indem, wie anläßlich einer Kontrolle durch einen Sachverständigen des Baupolizeiamtes des Magistrates Linz festgestellt wurde, die betreffenden Nebenräume im Nordtrakt des Tiefgeschoßes des Objektes Kaisergasse 10 zu Wohnzwecken benutzt werden. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 68 Abs.2 O.ö. BauO eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) verhängt; außerdem wurde er zur Zahlung eines Beitrages von 1.000 S zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch Schriftsatz bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2.1. Begründend erläutert die Strafbehörde, daß sie den ermittelten und ausführlich dargestellten Sachverhalt für erwiesen hält und kommt nach Darstellung der rechtlichen Beurteilung zum Ergebnis, daß der Berufungswerber den ihm angelasteten Straftatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt habe; die Höhe der Geldstrafe sei auf der Grundlage des § 19 VStG unter Einbeziehung der Angaben des Berufungswerbers zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen festgesetzt worden, wobei mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, erschwerend jedoch der Umstand gewertet worden ist, daß der Schutzzweck der vom Beschuldigten nicht erfüllten baubehördlichen Anordnung in der Abwehr einer Gesundheitsgefährdung für Menschen bestehe, aber auch, daß der Berufungswerber bei seiner Rechtfertigung keine Ambitionen zeigte, den bescheidmäßig angeordneten Zustand unverzüglich herzustellen.

2.2. Dem hält der Berufungswerber im wesentlichen entgegen, daß "kein vollstreckbarer und damit rechtsgültiger Titelbescheid" vorliege und deswegen die Verhängung einer Verwaltungsstrafe unzulässig sei. Überdies sei die Bestrafung schon deswegen nicht gerechtfertigt gewesen, weil er "nunmehr auch" die gerichtliche Kündigung gegen seinen Mieter eingebracht habe, worauf diese per 31. März 1992 ausgesprochen worden sei, sodaß im Falle ihrer Rechtskraft die Räumlichkeiten vom Mieter bis spätestens 14. April 1992 zu räumen sein werden. Jedenfalls sei bisher auf Grund des bestehenden Mietvertrages seinem Mieter Besitzschutz zugekommen und sei ihm, dem Beschuldigten, deswegen bisher eine anderweitige Räumung der gegenständlichen Räume nicht möglich gewesen, sodaß er bereits aus "tatsächlichen" Gründen der baupolizeilichen Anordnung nicht hätte Folge leisten können.

Gestützt auf dieses Vorbringen stellt der Berufungswerber den Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung, vorgelegt.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig; er hat über die zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde zu Zl 501/0-3/91-Str, erwogen:

4.1. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sind nämlich in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und schlüssig so dargestellt (Seite 1 unten, Seite 2, Seite 3 oben), daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4.2. Was die Beurteilung der Rechtsfrage angeht, kommt die belangte Behörde - ihre Erwägungen widerspruchsfrei und übersichtlich zusammenfassend - sowohl hinsichtlich der objektiven Tatseite als auch hinsichtlich des Verschuldens zu rechtsrichtigen Ergebnissen. Auch diesbezüglich wird auf die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses (Seite 3, Seite 4 oben) verwiesen.

5. Der Berufungswerber bekämpft jedoch seine Bestrafung mit Rechtsrügen, die sich allerdings als nicht stichhältig erweisen:

5.1. So beschreibt schon die Ansicht, wonach sich das bekämpfte Straferkenntnis (vor allem) auf die baubehördliche Anordnung vom 28. Mai 1991 gründe, die Ausgangslage des Verwaltungsstrafverfahrens nicht zutreffend. Das Straferkenntnis "gründet sich" gerade nicht auf diesen, das Bauobjekt im Standort Linz, Kaisergasse 10, betreffenden administrativen Bescheid; vielmehr entfaltet die Faktizität der Anordnung (lediglich) Tatbestandswirkung in dem Sinne, daß ihr rechtsgültiges und aktuell verbindliches Vorliegen von der Verbotsnorm des § 68 Abs.1 lit.i O.ö. BauO als Tatbestand für die Rechtsfolge der Bestrafung eingesetzt ist. Die Bestrafung bzw. das Straferkenntnis gründet sich (um in der Wortwahl zu bleiben) dann auf das zweite Tatbestandsmerkmal dieser Norm, nämlich die Nichterfüllung der Auflage; vorliegend ist diese Nichterfüllung auch nach Meinung des unabhängigen Verwaltungssenates (siehe vorhin Punkt 4.1.) erwiesen.

5.2. Rechtsirrig ist auch die Ansicht des Berufungswerbers, daß diese baupolizeiliche Anordnung als "Titelbescheid" zu wenig konkret (weil keine bestimmte Leistungsfrist enthaltend und deshalb keiner Vollstreckung zugänglich) sei und daß, weil somit kein rechtsgültiger "Titelbescheid" vorliege, auch die Verhängung einer Verwaltungsstrafe unzulässig sei. So ist schon die Meinung, daß es hier auf die Vollstreckbarkeit der baubehördlichen Anordnung vom 28. Mai 1991 ankäme, nicht zutreffend, weil es vorliegend nicht um einen Anwendungsfall des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (bei dem im Zuge der Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung gemäß § 10 Abs.2 Z1 VVG allenfalls eingewendet werden könnte, daß die auferlegte und zu vollstreckende Verpflichtung zu unbestimmt ist) geht, sondern um die allein von der Strafbehörde vorzunehmende Prüfung, ob das Tatbild der schlichten Nichtbefolgung eines (rechtskräftigen und im Verpflichtungsbereich schon aktuell verbindlichen) baubehördlichen Auftrages erfüllt ist.

5.3. Davon abgesehen ist nicht zu erkennen, warum die Baubehörde in ihrem Bescheid vom 28. Mai 1991 durch die Verwendung des Adverbs "sofort" ihren Hoheitswillen - nach Meinung des Berufungswerbers - nicht bestimmt genug artikuliert haben sollte. Nach den im täglichen Leben zu beobachtenden Sprachgewohnheiten weiß der Durchschnittsbürger durchaus, was mit dem Ausdruck "sofort" gemeint ist, nämlich: "gleich" im Sinne eines unverzüglichen Ablaufs. Aber auch nach dem DUDEN ist der Ausdruck "sofort" in seiner Wortbedeutung mit jener des Adverbs "unverzüglich" völlig gleichzusetzen (mit diesem Ergebnis übereinstimmend: DUDEN, Band 2 - Das Stilwörterbuch; Band 8 - Die sinn- und sachverwandten Wörter; Band 10 - Das Bedeutungswörterbuch; alle: Bibliographisches Institut, Mannheim 1970 bis 1972). Daß für die Erfüllung baubehördlicher Anordnungen regelmäßig nur knappe Leistungsfristen ausgemessen werden, liegt in der Natur der Sache und ist vom Baurechtsgesetzgeber mit intendiert. Daß weiters eine Leistungsfrist rechtmäßig mit dem Begriff "unverzüglich" umschrieben werden kann, ist vom Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach judiziert (zB Erk. vom 15. 2. 1984, Zl 83/01/0119: danach meint ein derartiger Begriff nicht etwa das völlige Fehlen einer Frist in dem Sinn, daß dem Verpflichteten keine Zeit zur Erfüllung bliebe; die zur Durchführung der aufgetragenen Leistungen notwendige Zeit steht dem Verpflichteten zufolge Begriffe dieser Art jedenfalls zur Verfügung).

Im übrigen ist der Berufungswerber darauf hinzuweisen, daß ihm die formelle Rechtskraft (und auch die Verbindlichkeit) der baubehördlichen Anordnung vom 28. Mai 1991 ja nicht unbekannt sein konnte, war es doch er selbst, der die bestätigende Berufungsentscheidung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 23. August 1991 durch außerordentliche Rechtsmittel nicht bekämpft hatte. Schließlich irrt der Berufungswerber grundlegend, wenn er der Meinung anhängt, daß bei gegebener Gesetzeslage die Verbindlichkeit eines längst unanfechtbar gewordenen Anordnungs-Bescheides nach § 62 Abs.2 O.ö. BauO in einem Fall wie diesen zur Disposition des Verpflichteten stünde.

Abschließend zu diesem Punkt wird der Berufungswerber darauf aufmerksam gemacht, daß seine Ausführungen, wonach die Wortwahl "sofort" im Spruch des Anordnungs-Bescheides vom 28. Mai 1991 keine Bestimmtheit erkennen lasse und deswegen der "Titelbescheid" zu wenig konkret sei, an Mutwillen grenzen (in diesem Sinn vergleichbar: VwGH vom 11. 11. 1992, Zl 92/02/0294).

5.4. Unrichtig ist auch die (erstmals mit seinem Rechtsmittel vorgebrachte) Ansicht des Berufungswerbers, wonach die "nunmehrige" Verhängung der Geldstrafe deswegen nicht mehr gerechtfertigt gewesen sei, weil er nach seinen verschiedenen, im einzelnen dargelegten Bemühungen, den Mieter zu einem vertragskonformen Verhalten zu bewegen, schließlich die gerichtliche Kündigung beim Bezirksgericht Linz eingebracht habe; somit habe schon der auf Grund des aufrechten Mietvertrages zugunsten des Mieters bestehende Besitzschutz verhindert, daß er - der Berufungswerber aus "tatsächlichen Gründen" der Aufforderung der Baupolizei habe Folge leisten können. Abgesehen davon, daß der Berufungswerber mit diesem Vorbringen in Wahrheit nicht tatsächliche, sondern vielmehr rechtliche Hindernisse für die Erfüllung der ihm aufgetragenen Verpflichtung einwendet, ist ihm entgegenzuhalten, daß dem Tatbild des § 68 Abs.1 lit.i O.ö. BauO die Berücksichtigung solcher und ähnlicher Hindernisse als Tatbestandselement gänzlich fehlt und auch nicht (etwa in gedanklicher Anlehnung an das im § 68 Abs.4 Z3 AVG grundgelegte Modell) hineininterpretiert werden darf. Schon deshalb hätte die belangte Behörde bei der Verhängung der Strafe das Vorliegen derartiger Umstände, wären sie rechtzeitig geltend gemacht worden, nicht zu prüfen gehabt. Aber auch im Berufungsverfahren waren die als Neuerung eingewendeten, angeblichen (rechtlichen) Hinderungsgründe mangels tatbildlicher Resonanz unbeachtlich.

6. Die Anfechtung des Berufungswerbers erfaßt summarisch zwar auch die Bemessung der verhängten Geldstrafe, konkret bringt der Berufungswerber jedoch nicht vor, daß und warum er an der Strafbemessung der belangten Behörde etwas auszusetzen hat.

Tatsächlich hat - innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens, der immerhin bis 300.000 S reicht - sich die belangte Behörde bei ihrer Wertung gemäß § 19 Abs.1 VStG von den objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat, aber auch gemäß § 19 Abs.2 VStG von den subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat leiten lassen und dabei in der Begründung des Straferkenntnisses auch dargelegt, welche Umstände sie - zutreffend - als mildernd und welche Umstände sie - zutreffend - als erschwerend gewertet hat. Auch die Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers ist aktenkundig erfolgt; der Berufungswerber hat in seiner Rechtsmittelschrift eine Änderung dieser Verhältnisse nicht vorgebracht.

Im Ergebnis war die verhängte Geldstrafe vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht herabzusetzen (was vom Berufungswerber ohnedies nicht beantragt worden ist).

7. Zusammenfassend war auf der Grundlage der angegebenen Gesetzesbestimmungen das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs als auch hinsichtlich der festgesetzten Strafe - gemäß § 51e Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - zu bestätigen. Die gleichzeitig verfügte Änderung des Spruchs stützt sich auf § 66 Abs.4 zweiter Satz AVG (iVm § 24 VStG) und dient der bloßen Verdeutlichung; die dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegene und ihn insoweit funktionell bindende Sache selbst wird dadurch nicht erweitert.

II.:

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 28.11.1995, Zl.: 93/05/0141

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