Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210021/2/Ga/Hm

Linz, 08.05.1992

VwSen - 210021/2/Ga/Hm Linz, am 8. Mai 1992 DVR.0690392 - & H, Bad Wimsbach; Verfahren wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Mag. Michael Gallnbrunner über die Berufung des Dr. F, Bad Wimsbach, vom 31. März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17. März 1992, BauR96-9-1991/StF, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 51 und § 51e Abs.1, § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32 Abs.2, § 45 Abs.1 Z.2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 41 Abs.1 lit.a der O.ö. Bauordnung. Zu II.: § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat den Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, in der Zeit vom 13. bis 20. Mai 1991 (eine Woche vor Pfingsten bis einschließlich Pfingstwochenende) an der Almhütte "R 25" auf der Hütteneckalm Umbauarbeiten (Änderung der Dachkonstruktion) bewilligungslos vorgenommen und dadurch als Bauherr ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt zu haben. Wegen Verletzung des § 68 Abs.1 lit.b der O.ö. BauO. wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt. Außerdem wurde er zur Zahlung von 300 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

2. Mit seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragt der Beschuldigte die Aufhebung dieses Straferkenntnisses mit der Begründung, daß er lediglich den vor Jahren offenbar von der Baubehörde - gewünschten Zustand wieder hergestellt und nun mit gleicher Post um nachträgliche Baubewilligung angesucht habe.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dadurch wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst. Dieser hat, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Strafbescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Schon aus dem Strafakt geht nämlich hervor:

4.1. Auf Grund einer Mitteilung des Marktgemeindeamtes Bad Goisern hat die Strafbehörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. September 1991, BauR96-9-1991/StF, Herrn R, zur Last gelegt, "in der Zeit von April bis dato in der Almhütte "R" auf der Hütteneckalm Umbauarbeiten (Dacherneuerung und Anbau) bewilligungslos vorgenommen und dadurch als Bauherr ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt" und dadurch gegen § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO. verstoßen zu haben. Eine Reaktion des Aufgeforderten ist im Strafakt nicht dokumentiert. Laut Niederschrift der Strafbehörde vom 23. Oktober 1991, BauR96-9-1991, sprach an diesem Tage Herr Dr. F (der nunmehrige Berufungswerber) anstelle des Herrn R der Behörde vor und gab "zu seiner Rechtfertigung" an, daß er die dem R zur Last gelegten Maßnahmen zu verantworten habe. Gleichzeitig legte er ein Schreiben an die Marktgemeinde Bad Goisern vor, wonach 1976 die Hütte saniert und dabei an ihrem westseitigen Ende die Dachform verändert worden sei; im Rahmen der Neueindeckung der Hütte sei nur bloß die ursprüngliche Dachform wiederhergestellt worden; die Arbeiten seien abgeschlossen und es sei weder das Ortsbild noch der Bestand verändert worden.

4.2. Eine Ladung des Dr. F als Beschuldigter oder eine an ihn gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung, allenfalls eine Strafverfügung ist nicht ergangen. In der erwähnten "Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten" vom 23. Oktober 1991 wurde dem Berufungswerber nicht vorgehalten, daß nunmehr er wegen einer bestimmten Tat verfolgt werde. Die Erhebungen des Bezirksbauamtes Gmunden, die zur Aufklärung des Sachverhaltes und damit zur Konkretisierung der Tat beitrugen, gingen erst am 21. November 1991 bei der Strafbehörde ein. Ein Vorhalt bzw. die Eröffnung des Parteiengehörs hiezu, was im allgemeinen auch als Verfolgungshandlung genügt, erging nicht, hätte aber wegen des Zeitablaufes keine Unterbrechung der Verjährung mehr bewirken können. Erstmalig mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17. März 1992, abgesendet am 20. März 1992, hat die Strafbehörde dem Berufungswerber gegenüber eine Verfolgungshandlung gesetzt.

4.3 Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Die Verjährungsfrist für die Verwaltungsübertretung der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne rechtskräftige Baubewilligung beträgt sechs Monate. Der Beginn der Verjährungsfrist ist nach Maßgabe des § 31 Abs.2 VStG zu bestimmen. Im vorliegenden Fall ist die Frist von dem Zeitpunkt an zu bemessen, zu dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist, weil es sich hier - auch im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung - um ein Zustandsdelikt (besser: Herbeiführungsdelikt) handelt: Das strafbare Verhalten hört in dem Zeitpunkt auf, in dem die Bauführung abgeschlossen ist. Nach der Aktenlage (und vom Berufungswerber unbestritten) war dies der 20. Mai 1991. Eine taugliche Verfolgungshandlung gegen den Berufungswerber hätte somit, wie sich aus den verfahrensrechtlichen Fristenberechnungsregeln ergibt, spätestens bis zum Ablauf des 20. Oktober 1991 erfolgen müssen. Das war jedoch nicht der Fall.

5.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen: Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat (§ 32 Abs.2 VStG).

Stets hat der Tatvorwurf der Verfolgungshandlung bestimmt zu sein (§ 41 Abs.1, § 42 Abs.1 Z.1, § 44 Abs.1 Z.3, § 48 Abs. 1 Z.3 VStG; bezüglich Niederschriften: § 14 Abs.2 Z.1 AVG iVm § 24 VStG).

5.2. Die erwähnte "Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten" vom 23. Oktober 1991 ist keine (im Sinne des Gesetzes) taugliche Verfolgungshandlung. Es genügt nämlich nicht, daß sich Dr. F wie aus der Niederschrift hervorgeht, auf den gegen eine ganz andere bestimmte Person, nämlich gegen R gerichteten Tatvorwurf bloß einläßt, ohne daß in nachprüfbarer Weise ein bestimmter Tatvorwurf gegen Dr. F selbst gerichtet worden wäre. Weder aus der Niederschrift vom 23. Oktober 1991 noch sonst aus dem Verwaltungsakt geht jedoch hervor, daß dem Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Tat konkret vorgehalten wurde (vgl VwGH vom 13. 5. 1981, 3245/80).

5.3. Eine taugliche Verfolgungshandlung ist somit erst mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgelegen, dies allerdings nach dem Verstreichen der sechsmonatigen Verjährungsfrist. Die Verfolgung des Berufungswerbers als Beschuldigter war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zulässig. Das deswegen mit Rechtswidrigkeit belastete Straferkenntnis war aufzuheben.

6. Am Rande wird vermerkt, daß nach den im Akt erliegenden Bauplänen aus dem Jahr 1976 ein Satteldach ausgewiesen ist. Ein Baubescheid, eine Verhandlungsschrift oder ein anderer Plan, der als die alleinige Ausführungsart des Daches nur ein Walmdach zuließe, liegen nicht vor.

7. Weil nunmehr der Berufungswerber bei der Baubehörde, wenn auch erst nach Drängen, entsprechende Bestandpläne vorgelegt und um (nachträgliche) Baubewilligung angesucht hat, kann das administrative Bauverfahren - für die Baubehörde und den Rechtsunterworfenen gleichermaßen befriedigend - die erforderliche Rechtssicherheit erbringen.

8. Das Verwaltungsstrafverfahren hingegen war einzustellen, weil im Sinne des Gesetzes (§ 45 Abs.1 Z.2 VStG) ein Umstand, nämlich die Verjährung, vorliegt, wodurch die Strafbarkeit der (zuspät) vorgeworfenen bewilligungslosen Bauführung jedenfalls aufgehoben ist.

Zu II.: Bei diesem Ergebnis hat der Berufungswerber keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens, weder in erster Instanz noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner F.d.R.d.A.: 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum