Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210022/6/Ga/Fb

Linz, 12.07.1996

VwSen - 210022/6/Ga/Fb Linz, am 12. Juli 1996 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des W in K, vertreten durch Dr. A, gegen das wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG), erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. März 1992, Zl. Ge-96/139/191/Tr, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird a) hinsichtlich des Spruchpunkts 1. (Übertretung des § 11 Abs.1 AWG) Folge gegeben; in diesem Punkt wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; b) hinsichtlich der Spruchpunkte 2. (Übertretung des § 13 Abs.1 AWG) und 3. (Übertretung des § 14 Abs.1 AWG) als unbegründet abgewiesen; in diesen Punkten wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Beiträge zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde werden auf (zusammengezählt) 800 S herabgesetzt; die Beiträge zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfallen.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG; Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit (verwaltungsstrafrechtlich) Verantwortlichen gemäß § 9 Abs.1 VStG der "AUTO M Kfz-Reparaturen und Handelsges.m.b.H." in K, schuldig erkannt, dafür verantwortlich zu sein, daß im Betrieb dieser Gesellschaft, gleiche Adresse, wie anläßlich einer gewerbebehördlichen Überprüfung dieser Betriebsanlage von Organen der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 9. April 1991 festgestellt wurde, 1. gefährliche Abfälle entgegen § 11 Abs.1 AWG nicht getrennt gesammelt und gelagert wurden, indem gefährliche Abfälle wie z.B. Ölbehälter, Lackdosen mit Lackresten (Schlüssel-Nr.55502 der ÖNORM S 2101) und Behälter mit Ölrückständen zusammen mit anderen Abfällen wie Metallteilen, Papier und leere Lackdosen und somit nicht getrennt im nördlichen Bereich der do. Betriebsanlage in einem Stahlcontainer ohne oberen Abschluß und ohne sonstige besondere Vorkehrungen gelagert wurden, wodurch die Möglichkeit der Verursachung von Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen, der Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus (§ 1 Abs.3 Ziff.2 und 3 AWG) z.B. durch Auslaufen von Öl- und Lackresten bzw. durch Ausschwemmen von Öl- und Lackresten durch Regenwasser in den Boden und in das Grundwasser und durch die Gefahr der Herbeiführung einer Brand- oder Explosionsgefahr (§ 1 Abs.3 Ziff.4 AWG) z.B. durch Entzündung der im o.a. Container befindlichen Lack- und Ölreste, bestand; 2. die Aufnahme einer Tätigkeit, bei welcher gefährliche Abfälle im Sinne des § 2 Abs.5 AWG anfallen, nicht gemäß § 13 Abs.1 AWG binnen drei Monaten nach Aufnahme dieser Tätigkeit bzw. nach der Änderung an den Landeshauptmann von Oberösterreich gemeldet wurde, indem bis 19.7.1991 lediglich eine Meldung über den Anfall von Altöl in einer Jahresmenge von ca. 1000 l, jedoch k e i n e Meldung über Art, Menge, Herkunft und Verbleib von im Betrieb anfallenden gefährlichen Abfällen wie z.B. von gebrauchten Ölfiltern (Schlüssel-Nr.54928 der ÖNORM S 2101), Altlacken und Altfarben in Lackdosen (Schlüssel-Nr.55502 der ÖNORM S 2101), Filtermatten der Spritzkabine, Filtertücher (Schlüssel-Nr.58119 der ÖNORM S 2101) und gebrauchte Ölbindematerialien (Aufsaugmassen) wie z.B. ölverunreinigte Putzlappen und ölgetränkte Sägespäne (Schlüssel-Nr.54926 der ÖNORM S 2101) erstattet wurde; 3. die in § 14 Abs.1 AWG vorgeschriebenen Aufzeichnungen über die bei der betrieblichen Tätigkeit anfallenden Abfälle nicht bzw. nicht in ausreichender Weise geführt wurden, indem der Behörde trotz mündlicher und schriftlicher Aufforderung keine Aufzeichnungen (Begleitscheine) über Art, Menge, Herkunft und Verbleib der im Betrieb anfallenden gefährlichen Abfälle wie z.B. gebrauchte Ölfilter, Altlacke und Altfarben in Lackdosen, Filtermatten der Spritzkabine, Filtertücher und Aufsaugmassen wie z.B. ölverunreinigte Putzlappen und ölgetränkte Sägespäne (Schlüssel-Nummern siehe unter Punkt 2.) vorgelegt werden konnten, obwohl gemäß § 5 der Abfallnachweisverordnung der Besitzer von gefährlichen Abfällen Art, Menge, Herkunft und Verbleib der gefährlichen Abfälle durch Begleitscheine unter Verwendung von Formblättern und durch fortlaufende Aufzeichnungen auf Grund dieser Begleitscheine nachzuweisen hat; dadurch habe der Berufungswerber folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1.: § 39 Abs.1 lit.b Z5 iVm § 11 Abs.1 und § 1 Abs.3 AWG; zu 2.: § 39 Abs.1 lit.c Z5 iVm § 13 Abs.1 und § 2 Abs.5 AWG sowie iVm § 1 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl.Nr.49/1991, und iVm der ÖNORM S 2101 und iVm § 4 Abs.1, 2 und 3 der Abfallnachweisverordnung, BGBl.Nr.65/1991; zu 3.: § 39 Abs.1 lit.c Z6 und § 14 Abs.1 AWG iVm § 5 der Abfallnachweisverordnung; deswegen wurde über den Berufungswerber zum Faktum 1. gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 240 Stunden), zum Faktum 2. gemäß § 39 Abs.1 lit.c AWG eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden), zum Faktum 3. gemäß § 39 Abs.1 lit.c AWG eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde der Berufungswerber verpflichtet, Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens von je 10 v.H. der verhängten Strafen, das sind zusammengezählt 1.800 S, zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde mit Schriftsatz eingebrachte Berufung.

2.1. In der Begründung verweist die Strafbehörde auf die am 9. April 1991 unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Gewerbetechnik und in Anwesenheit des Berufungswerbers an Ort und Stelle durchgeführte gewerbebehördliche Überprüfung der in diesem Verwaltungsstrafverfahren gegenständlichen Betriebsanlage des Berufungswerbers (im folgenden kurz: Betriebsanlage) und faßt klar und übersichtlich, je zugeordnet zu den Spruchpunkten 1. bis 3., die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, vor allem den im Zuge der erwähnten Amtshandlung festgestellten Sachverhalt, zusammen. Auch die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sind übersichtlich und je zugeordnet dargestellt. Und schließlich begründet die Strafbehörde, wiederum je zugeordnet zu den Spruchpunkten 1. bis 3., warum sie nach durchgeführter rechtlicher Beurteilung des als maßgebend festgehaltenen Sachverhalts - die einzelnen Straftatbestände durch den Berufungswerber objektiv für verwirklicht erachtet. Indem die Strafbehörde, gestützt darauf, daß es sich bei den vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen um Ungehorsamsdelikte handle, zumindest Fahrlässigkeit im Verhalten des Berufungswerbers annimmt, bejaht sie auch die Schuldfrage.

Im Verfahren zur Strafbemessung hat die belangte Behörde auf die mit der Tat verbundene mögliche Gefährdung des Grundwassers (Faktum 1) sowie - unter dem Gesichtspunkt der von der Strafdrohung geschützten Interessen - auf möglicherweise infolge unsachgemäßer Lagerung oder Verwertung der Abfälle eintretende Gefahren für Leben oder Gesundheit von Menschen bzw. Gefahr einer Verunreinigung der Umwelt Bedacht genommen (Faktum 2 und 3). Konkrete nachteilige Folgen der Tat hat die Strafbehörde als nicht gegeben festgestellt. Schließlich hat die Strafbehörde als erschwerend das Zusammentreffen von drei Delikten, als mildernd keinen Umstand gewertet und bei der Verhängung der Geldstrafen die ermittelten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers berücksichtigt.

2.2. Dem hält der Berufungswerber seinem gesamten Vorbringen nach entgegen, daß er in dem Recht verletzt sei, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt der "Verletzung verfahrensund materiellrechtlicher Vorschriften" sowie jener über die Bemessung der Strafe vor, daß die Strafbehörde im durchgeführten Verfahren viel zu wenig oder gar nicht auf seine verschiedenen Einwendungen und Anträge eingegangen sei. Insbesondere bemängelt er, daß die Strafbehörde zu keiner Zeit des durchgeführten Strafverfahrens Sachverständige beigezogen und weder einen Ortsaugenschein noch seine Vernehmung an Ort und Stelle durchgeführt habe. Gestützt darauf, daß das Verwaltungsstrafverfahren in der Berufungsinstanz kein Neuerungsverbot kennt, wendet der Berufungswerber nunmehr die Befangenheit der erstinstanzlichen Verhandlungsleiterin und als Konsequenz dieses Umstandes die Wiederholungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens ein. Die Befangenheit habe vorgelegen, weil die Verhandlungsleiterin gegen ihn eine gewisse Aversion hege, was er damit begründet, daß das Amtsorgan ihn "vor mehreren Leuten im Zuge einer Amtshandlung als 'schwarzes Schaf' bezeichnet und damit ihre völlige Unvoreingenommenheit in Zweifel gestellt" habe; diese Äußerung hätte die Verhandlungsleiterin vor Zeugen abgegeben. Schließlich führt der Berufungswerber aus, daß seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Strafbemessung nicht richtig berücksichtigt worden seien, wodurch sich ergebe, daß die verhängte Gesamtgeldstrafe zu hoch ausgefallen sei. Dies auch deswegen, weil er schon in einem anderen Verwaltungsstrafverfahren (rechtskräftig infolge eines bestätigenden Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates) mit Geldstrafe von 12.500 S zuzüglich Kosten bestraft worden ist, wobei er in diesem Fall eine VwGH-Beschwerde nur deswegen nicht erhoben habe, weil ihn die zu erwartenden Kosten abgeschreckt hätten. Schließlich wiederholt der Berufungswerber seinen Ablehnungsantrag gegen die erstinstanzliche Verhandlungsleiterin, begehrt neuerlich die Durchführung eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung "geeigneter" Sachverständiger und Vernehmung seiner Person. Auf dieses Vorbringen gestützt, beantragt er die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens sowie in eventu, die verhängten Strafen entscheidend herabzusetzen.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Die Berufung ist zulässig.

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Strafakt zu Zl.Ge-96/139/1991/Tr/Amv sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Juli 1992 (Verkündung des Spruchs dieses Erkenntnisses samt seinen wesentlichen Gründen am 13. August 1992). An der Verhandlung haben der nunmehr (wieder) rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte nicht selbst, sondern durch seinen ausgewiesenen Vertreter, sowie für die belangte Behörde die zuständige Referentin und ihr Sachbearbeiter teilgenommen.

4.2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ging der unabhängige Verwaltungssenat, obgleich der maßgebende Sachverhalt ohne konkrete Bestreitung geblieben ist (siehe unten Punkte 6.1. und 6.2.), auch dem Befangenheitsvorwurf (siehe Punkt 2.2.) auf den Grund.

Weder jedoch trat der Berufungswerber (sein Rechtsvertreter) den in der Berufungsschrift - zwar ohne Nennung eines bestimmten Zeugen, aber immerhin angedeuteten Zeugenbeweis zur Untermauerung seines Befangenheitsvorwurfs an noch unterbreitete oder beantragte er hiefür irgendein sonstiges Beweismittel. Dies, obwohl er mit der Ladung vom 9. Juli 1992 ausdrücklich aufgefordert worden ist, "weitere der Wahrheitsfindung vor allem im Zusammenhang mit dem vom Berufungswerber erhobenen Einwand der Befangenheit iSd § 7 Abs.1 Z4 AVG iVm § 24 VStG dienliche Behelfe und Beweismittel mitzubringen oder so zeitig bekanntzugeben, daß sie bis zur Verhandlung herbeigeschafft werden können". Auch die eingehende Befragung der Vertreter der belangten Behörde erbrachte nicht den geringsten Hinweis, daß überhaupt bzw. von wem und unter welchen Umständen die Bezeichnung des Berufungswerbers als "schwarzes Schaf" oder eine andere, ähnliche Bewertung geäußert oder sonst vorgenommen worden wäre. Im Ergebnis hält der unabhängige Verwaltungssenat fest, daß Befangenheit eines der im zugrundeliegenden Verfahren beteiligten Organwalter der belangten Behörde nicht vorgelegen ist. Es ist daher der vom Befangenheitsvorwurf abgeleiteten Verfahrensrüge schon aus diesem Grund der Boden entzogen. Die nach dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck gänzlich aus der Luft gegriffene Behauptung des Berufungswerbers (siehe Punkt 2.2.) hält der unabhängige Verwaltungssenat für mutwillig iSd § 35 AVG und der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; den Berufungswerber, der zum Zeitpunkt der Einbringung seiner Rechtsmittelschrift (noch) nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen ist, bewahrt nur der Umstand, daß die Verhängung einer Mutwillensstrafe gegen den Beschuldigten strafverfahrensrechtlich nicht vorgesehen ist, vor einem Vorgehen gemäß § 35 AVG (iVm § 24 VStG).

5. Zum Spruchpunkt 1. hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Die Gebotsnormen über die getrennte Sammlung sind dem IV. Abschnitt des AWG ("Verpflichtungen bei der Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung") vorangestellt. § 11 Abs.1 AWG lautet: "Gefährliche Abfälle und Altöle sind von anderen Abfällen so getrennt zu sammeln, zu lagern, zu befördern und zu behandeln, daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 vermieden werden." Die zugehörige Sanktionsnorm verweist ausdrücklich auf § 11 Abs.1 (und Abs.2) und bedroht eine entgegen dieser Vorschrift vorgenommene (= nicht getrennte) Sammlung oder Lagerung von Abfällen/Altölen mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S. Im vorliegenden Fall ist es daher ein für die Rechtsanwendung wesentliches Sachverhaltselement, daß jedenfalls auch die "anderen Abfälle" (von denen die gefährlichen Abfälle bei ihrer Sammlung usf. nicht getrennt worden sind) nachgewiesen werden.

5.2. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist (hier: sechs Monate) von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) vorgenommen worden ist.

5.3 Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wurde in diesem Fall ein einziger behördlicher Akt gesetzt, der als Verfolgungshandlung in Betracht kommt, nämlich die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Juli 1991.

5.4. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. die VwGH-Erkenntnisse verstärkter Senate vom 19. Oktober 1978, Slg. NF 9664/A, und vom 19. September 1984, Slg. NF 11525/A, sowie die Erkenntnisse vom 16. Jänner 1984, Zl. 10/2883/80 = ZfVB 1984/5/3055, und vom 9. Juli 1992, Zl. 92/10/0004). Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Juli 1991 enthält zum angelasteten Faktum 1. (nur) den Vorwurf, daß gefährliche Abfälle, "wie zB Ölbehälter, Lackdosen mit Lackresten und Behälter mit Ölrückständen" (im nördlichen Bereich ....) gelagert wurden. Dem sachverhaltsbezogenen Vorwurf dieser Verfolgungshandlung ist jedoch nicht zu entnehmen, daß die Nicht-Trennung sich auf andere Abfälle bezogen hat und welche anderen Abfälle dies gewesen sind. Indem aber der Tatvorwurf im bekämpften Schuldspruch zum Faktum 1., daß nämlich gefährliche Abfälle ".... somit nicht getrennt" gelagert worden seien, auf den Sachverhalt der Zusammen-Lagerung "mit anderen Abfällen wie Metallteilen, Papier und leere Lackdosen" gestützt ist, hat im Vergleich dazu die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Juli 1991 als Verfolgungshandlung ein wesentliches, der Bestrafung zugrundeliegendes Sachverhaltselement nicht enthalten gehabt. Einer Bestrafung des Berufungswerbers im Faktum 1. steht daher Verfolgungsverjährung entgegen.

5.5. Bei diesem Ergebnis war das Straferkenntnis im Spruchpunkt 1. aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in diesem Punkt war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die diesbezüglich die weitere Verfolgung des Berufungswerbers ausschließen.

6. Zu den Spruchpunkten 2. und 3. hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Schon die Einsicht in den Strafakt machte deutlich, daß die belangte Behörde den ihrer Entscheidung als maßgebend zugrundegelegten Sachverhalt in allen für die Tatvorwürfe wesentlichen Elementen vollständig und widerspruchsfrei geklärt und dargestellt hat. Dieser Sachverhalt erfuhr auch weder in der Berufungsbegründung noch in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung irgend eine konkrete Bestreitung; es wurde lediglich auf das im bisherigen Verfahrensgang schon Vorgebrachte verwiesen.

6.2. Auf Grund der Beweisaufnahme (siehe Punkt 4.1.) wird der oben unter Punkt 1.1. in Verbindung mit Punkt 2.1. dargestellte Sachverhalt auch für die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates als maßgebend festgestellt.

6.3. Was die Beurteilung der Rechtsfrage angeht, kommt die belangte Behörde, die materiellen Vorschriften vollständig darstellend und ihre Erwägungen widerspruchsfrei zusammenfassend, sowohl hinsichtlich der Erfüllung der objektiven Tatseite als auch hinsichtlich des Verschuldens zu rechtsrichtigen Ergebnissen. Auch diesbezüglich verweist der unabhängige Verwaltungssenat, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses (zum Spruchpunkt 2: Seite 6 Mitte und Seite 7 oben; zum Spruchpunkt 3: Seite 7 Mitte und Seite 8 oben; hinsichtlich des Verschuldens: Seite 9 Mitte).

7. Die Einwände des Berufungswerbers gegen die rechtliche Beurteilung der Spruchpunkte 2. und 3. durch die belangte Behörde sowie seine weiteren (neben dem Befangenheitsvorwurf erhobenen) Verfahrensrügen können seine Entlastung im Schuldspruch nicht bewirken:

7.1. Indem der Berufungswerber seinen Einwänden die Verweisung auf seine schriftlichen Stellungnahmen voranstellt, muß er sich zunächst entgegenhalten lassen, daß er im zugrundeliegenden Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde nur eine einzige Stellungnahme, nämlich seine schriftliche Rechtfertigung vom 26. Oktober 1991, abgegeben hat. Die belangte Behörde machte, wie aus einem Aktenvermerk vom 7. November 1991 erweislich hervorgeht, den Berufungswerber schon in diesem Verfahrensstadium darauf aufmerksam, daß andere Rechtfertigungen (in diesem Verfahren) bei ihr nicht eingelangt sind; eine diese Mitteilung bestreitende oder widerlegende Reaktion des Berufungswerbers erfolgte nicht.

7.2. Somit verbleiben zu den Spruchpunkten 2. und 3. die in der verwiesenen Rechtfertigung vom 26. Oktober 1991 vorgebrachten (in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung indirekt wiederholten) Behauptungen, auf die hier einzugehen ist:

7.2.1. Diese Behauptungen bestehen zum Spruchpunkt 2. hinsichtlich der Altlacke und Altfarben in Gebinden sowie der Aufsaugmassen (wie zB ölverunreinigte Putzlappen und ölgetränkte Sägespäne) in einer bloßen Verneinung der anläßlich der mit dem Beweismittel des Augenscheins verbunden gewesenen gewerbebehördlichen Überprüfung am 9. April 1991 in Anwesenheit des Berufungswerbers festgestellten und ihm sodann mit Verfolgungshandlung vom 22. Juli 1991 strafverfahrensrechtlich korrekt angelasteten Sachverhalte. Mit der schlichten Verneinung allein gelingt es dem Berufungswerber freilich nicht, diese Sachverhalte zu widerlegen oder auch nur zweifelhaft zu machen. Hinsichtlich jedoch der gebrauchten Ölfilter (die betriebsintern gereinigt würden) und des anfallenden Altöls (das "zum üblichen Altöl gegeben" würde) erliegt der Berufungswerber einer rechtsirrigen Auslegung der hier maßgeblichen Gebotsnorm des § 13 Abs.1 AWG. Die ihn demnach treffende, von ihm jedoch nicht erfüllte Meldepflicht entsteht nämlich von Gesetzes wegen schon durch den bloßen Umstand, daß diese gefährlichen Abfälle und Altöle bei der von ihm ausgeübten Tätigkeit anfallen; wie - zulässig oder unzulässig - mit diesen Sachen nach ihrem Anfall weiter verfahren wird, ist für die Auslösung der Meldepflicht iSd Gesetzesvorschrift unbeachtlich. Hinsichtlich der vom Tatvorwurf gleichfalls erfaßten Filtermatten der Spritzkabine und der Filtertücher hat schließlich der Berufungswerber keinerlei Einwendung vorgebracht.

Zusammenfassend zum Spruchpunkt 2. hat der Berufungswerber nichts eingewendet - weder im Wege der Verweisung auf seine frühere Stellungnahme noch ausdrücklich in seiner Rechtsmittelbegründung -, was den Tatvorwurf erschüttern könnte. Das Beweisverfahren der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung bestätigt dieses Ergebnis, weil auch dort der Berufungswerber lediglich auf sein bisheriges schriftliches Vorbringen verwiesen und neue Gesichtspunkte nicht vorgetragen oder Beweisanträge, auf die einzugehen gewesen wäre, nicht gestellt hat.

7.2.2. Auch zum Tatvorwurf des Spruchpunkts 3. bringt der Berufungswerber nichts vor, was ihn entlasten könnte. Vergleichbar seiner Verantwortung zur Übertretung des § 13 Abs.1 AWG versucht der Berufungswerber auch hier, sein die Aufzeichnungspflicht verletzendes Fehlverhalten mit einer rechtsirrigen Auslegung der Gebotsnorm (§ 14 Abs.1 AWG) zu relativieren. Im übrigen hat er den in diesem Zusammenhang in seiner Rechtfertigung vom 26. Oktober 1991 in Aussicht gestellten "entsprechenden Nachweis" nicht - auch nicht in der öffentlichen mündlichen Verhandlung - vorgelegt.

Zusammenfassend sind die Einwände des Berufungswerbers zum Spruchpunkt 3. mit demselben Ergebnis zu beurteilen, wie vorhin zum Spruchpunkt 2.

7.3. Der Berufungswerber sieht einen Mangel des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens darin, daß seine Vernehmung "an Ort und Stelle" unterlassen worden ist und beantragt, eine "Verfahrensergänzung durch Durchführung eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung von geeigneten Sachverständigen und Vernehmung" seiner Person.

Zunächst ist dem Berufungswerber in Erinnerung zu rufen, daß der der Bestrafung zugrundegelegte, maßgebende Sachverhalt schon an Ort und Stelle, nämlich im Zuge der gewerbebehördlichen Überprüfung der involvierten Betriebsanlage am 9. April 1991 unter Zuziehung eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen sowie in Anwesenheit des Berufungswerbers selbst ermittelt worden ist. Auch übersieht der Berufungswerber, daß zum einen dieser Sachverhalt von ihm nicht wirklich bestritten wird, daß zum anderen seine ganz allgemein formulierte Rüge nicht erkennen läßt, warum überhaupt und konkret welche neuen Sinneswahrnehmungen mit Hilfe eines (neuerlichen) Augenscheins über das an einem bestimmten Tag (9. April 1991) in der Vergangenheit abgelaufene und festgestellte Tatverhalten gewonnen werden sollen. Weiters bleibt unerfindlich, was nach - nicht näher begründeter - Meinung des Berufungswerbers ein "geeigneter" Sachverständiger ist und warum der am 9. April 1991 beigezogen gewesene Amtssachverständige allenfalls den Eignungskriterien des Berufungswerbers konkret nicht entsprochen haben soll. Und schließlich ist nicht ausgeführt und auch nicht zu erkennen, daß und in welcher Weise die Vernehmung des Berufungswerbers selbst an Ort und Stelle sich auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu seinen Gunsten hätte auswirken können. In diesem Zusammenhang ist dem Berufungswerber vorzuhalten, daß er es trotz ausdrücklicher Ladung vorgezogen hatte, an der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht persönlich, sondern durch seinen ausgewiesenen Vertreter teilzunehmen. Daß aber der unabhängige Verwaltungssenat die öffentliche mündliche Verhandlung im Betriebsgelände des Berufungswerbers hätte durchführen sollen, wurde in dieser Form weder beantragt noch ist dafür ein verfahrensrechtlich vertretbarer Grund vorgelegen; eine solche Vorgangsweise wäre daher schon wegen des auch den unabhängigen Verwaltungssenat bindenden Grundsatzes des zweckmäßigen, einfachen und kostenersparenden Verwaltungshandelns nicht in Frage gekommen (§ 39 Abs.2 letzter Satz AVG iVm § 24 VStG). Im übrigen hat schon die belangte Behörde die in der Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 26. Oktober 1991 eingewendeten Verfahrensmängel mit - aus der Sicht der für ihr Ermittlungsverfahren geltenden Regeln - zutreffender Begründung verworfen (vgl. Seite 8 des Straferkenntnisses).

8. Der Berufungswerber wendet sich auch gegen die Höhe der verhängten Geldstrafen. Sein Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, den unabhängigen Verwaltungssenat zu einer Herabsetzung der zu den Spruchpunkten 2. und 3. ausgemessenen Strafen von je 4.000 S, das ist in beiden Fällen nur ein Zehntel des hier gesetzlich vorgesehenen Höchstmaßes, zu veranlassen. Daß die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Taten (§ 19 Abs.1 VStG) oder das Ausmaß des Verschuldens des Berufungswerbers (§ 19 Abs.2 VStG) zu hoch oder sonst unrichtig oder die Erschwerungs- und Milderungsgründe fehlerhaft gewertet hätte, wird konkret nicht dargetan, und ist auch nicht hervorgekommen. Nicht zielführend ist der Einwand des Berufungswerbers, es hätten die mit dem h. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. VwSen-220103, wegen verschiedener Übertretungen der Gewerbeordnung 1973 bestätigten Geldstrafen (und Verfahrenskostenbeiträge) bei der Bemessung der Geldstrafen im vorliegenden Fall mindernd berücksichtigt werden müssen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, unterstreichen doch jene Verwaltungsübertretungen, daß die belangte Behörde zu Recht für dieses Strafbemessungsverfahren den Verlust eines Milderungsgrundes iSd § 34 Z2 StGB angenommen hat. Und schließlich gewinnt der Berufungswerber, schon wegen der vergleichsweise geringen Strafhöhe, auch mit dem Hinweis auf seine - bereits von der belangten Behörde ("entsprechend") berücksichtigten - Sorgepflichten nichts für eine Herabsetzung der Strafen; dasselbe gilt für den Einwand der hohen Schuldenbelastung seines Betriebes (vgl. zB VwGH vom 21.3.1975, 770/74). Die damit zusammenhängend eingewendete überdurchschnittliche Arbeitszeit von "täglich bis zu 18 Stunden" ist für die Strafbemessung ohne rechtliche Relevanz.

9. Zusammenfassend ergibt sich hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. die Unbegründetheit der Berufung; gemäß der angegebenen Rechtsgrundlage war das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs als auch hinsichtlich der Strafe zu bestätigen.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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