Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210027/5/Ga/Rd

Linz, 12.10.1993

VwSen - 210027/5/Ga/Rd Linz, am 12. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H, gegen das wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. Juli 1992, Zl. BauR96/18/1992-4/92/H, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Übertretung gemäß § 68 Abs.1 lit.b der O.ö. Bauordnung (O.ö. BauO) schuldig erkannt, weil er im Zeitraum vom 1. April 1991 bis 9. Juni 1992 an der östlichen Hallenseite der Sägerhalle im Standort E in der Gemeinde K einen Zubau in Form eines Spänebunkers errichtet habe, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Baubewilligung gewesen zu sein; deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mit dem Antrag auf seine Aufhebung und auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen. Die Berufung ist zulässig.

3. Schon aus der Einsicht in den Strafakt zu Zl. BauR96/18/1992-6/92/Hf war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Erwägungen:

3.1. Der Berufungswerber bekämpft seine Bestrafung mit dem Einwand der Verfolgungsverjährung. Entgegen dem Tatvorwurf sei nämlich der sogenannte "Spänebunker" schon vor dem 1. April 1991 errichtet gewesen. Davon abgesehen habe das Bauwerk nicht er, sondern die Verlassenschaft nach seinem Vater errichtet; er sei lediglich gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma Hermann Stadler und als solcher nicht verantwortlich für die Einhaltung baurechtlicher Vorschriften.

3.2. Gemäß § 41 Abs.1 lit.a O.ö. BauO ist (auch) ein Zubau von Gebäuden, das ist gemäß § 41 Abs.2 lit.d die Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder Breite nach, baubewilligungspflichtig. Gemäß § 68 Abs.1 lit.b und Abs.2 O.ö. BauO begeht eine mit Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr oder Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ..... auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat.

3.3. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zu allererst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Dessen zwingenden Inhalt regelt § 44a VStG; die Ziffer 1 verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die hinsichtlich des Täters und der Tatumstände (= alle wesentlichen Sachverhaltselemente) so genau umschrieben sein muß, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Es muß daher dem Beschuldigten die Tat in derart konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können; und schließlich muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (zB. VwGH vom 10.6.1992, 92/04/0055).

3.4. Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Juni 1992 als erste Verfolgungshandlung noch der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses. So fehlt nämlich schon der Vorwurf des für die Tatbildlichkeit erforderlichen, wesentlichen Sachverhaltselementes, es habe der Berufungswerber das pönalisierte Verhalten entweder als "Bauherr" oder als "Bauführer" gesetzt. Außerdem wäre erforderlich gewesen, den fraglichen Zubau als solchen eindeutig als bewilligungspflichtig (im Sinne des Tatbestandsmerkmals) zu determinieren. Davon abgesehen, haben die vom unabhängigen Verwaltungssenat im Wege der Bezirkshauptmannschaft geführten Vorerhebungen erwiesen, daß der im Straferkenntnis vorgeworfene Tatzeitraum durch Ermittlungsergebnisse nicht gedeckt ist. Vielmehr ist (zumindest im Zweifel) zugunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, daß der inkriminierte Zubau tatsächlich schon, wie dies der Berufungswerber einwendet, vor dem 1. April 1991 ausgeführt gewesen ist. Das aber bedeutet, daß die Tat - ein sogen. Zustands- oder Herbeiführungsdelikt zum Zeitpunkt der ersten Verfolgungshandlung schon verjährt gewesen sein muß; insoweit wäre der belangten Behörde eine Vorgangsweise gemäß § 45 Abs.1 Einleitung VStG (1. Alternative: Absehen von der Einleitung des Strafverfahrens) obgelegen.

3.5. Der Bestimmung des § 44a Z2 VStG widerspricht im übrigen der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses deshalb, weil darin nicht, jedenfalls nicht vollständig, jene Verwaltungsvorschrift bezeichnet wird, die durch die Tat verletzt worden ist: Es fehlt die Erwähnung des § 41 Abs.1 lit.a O.ö. BauO.

4. Zusammenfassend war aus all diesen Gründen das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen (die Verjährungsfrist des § 31 VStG ist wegen Unbestimmtheit der Verfolgungshandlungen, nie unterbrochen worden). Auf das weitere Berufungsvorbringen war nicht mehr einzugehen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß dieser Fall für eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG bestens geeignet gewesen wäre.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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