Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210029/3/Ga/La

Linz, 21.06.1993

VwSen - 210029/3/Ga/La Linz, am 21. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. B, alle 4040, gegen das wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Juli 1992, Zl. 501/W-59/51c-Str, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung schuldig gesprochen, weil er als Bauherr beim Bauvorhaben O, Gemeinde Linz, in der Zeit zwischen 1. Mai 1991 und 29. Mai 1991 eine gemäß § 41 Abs.1 lit.d der O.ö. Bauordnung "genehmigungspflichtige" bauliche Änderung, nämlich den Einbau einer Betonfertigteildecke über der obersten Geschoßdecke aus Holz, auszuführen begonnen habe, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Baubewilligung vorlag, indem die dafür erforderlichen Träger bereits verlegt worden seien; deswegen wurde über ihn wegen Verletzung des § 41 Abs.1 lit.d iVm § 68 Abs.1 lit.b der O.ö. Bauordnung (O.ö. BauO) gemäß § 68 Abs.2 O.ö. BauO eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 400 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mit dem Vorwurf der Gesetzwidrigkeit bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. 501/W-59/51d-Str, über die - zulässige - Berufung erwogen:

3.1. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.2. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zu allererst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Dessen zwingenden Inhalt regelt § 44a VStG; die Ziffer 1 verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die hinsichtlich des Täters und der Tatumstände (= alle wesentlichen Sachverhaltselemente) so genau umschrieben sein muß, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Es muß daher dem Beschuldigten die Tat in derart konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können; und schließlich muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (zB. VwGH vom 10.6.1992, 92/04/0055).

3.3. Gemäß § 41 Abs.1 lit.d O.ö. BauO ist die Änderung oder die Instandsetzung von Gebäuden baubewilligungspflichtig nur, wenn die Änderung oder die Instandsetzung von Einfluß auf - die Festigkeit tragender Bauteile, - den Brandschutz, - die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder - das Orts- und Landschaftsbild ist oder - das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert.

Gemäß § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ...... auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat.

3.4. Vor dem Hintergrund dieses hier anzuwendenden materiellen Rechts entspricht den dargelegten Konkretisierungsanforderungen (Punkt 3.2.) weder der Ladungsbescheid vom 19. Juni 1991 als erste Verfolgungshandlung noch die darauf gestützte Vernehmung des Berufungswerbers vom 12. Juli 1991 noch der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses. Es wäre nämlich erforderlich gewesen, jene Sachverhalte anzulasten, die mit Eindeutigkeit erkennen und zuordnen lassen, wodurch das inkriminierte Bauvorhaben bewilligungspflichtig (gewesen) ist. Gerade weil § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO als eine der Voraussetzungen für die Verwaltungsübertretung ausdrücklich das Vorliegen eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens verlangt, muß der Tatvorwurf die (im Ermittlungsverfahren nachzuweisende) Erfüllung der Bewilligungspflichtigkeit nach wenigstens einen der aufgezeigten Tatbestandsmerkmale dartun, weil sonst auf die Tatbildlichkeit des angelasteten Verhaltens nicht geschlossen werden kann bzw. der Beschuldigte nicht in die Lage versetzt ist, die von der Behörde konkret angenommene Bewilligungspflicht bekämpfen zu können. Indem hier jedoch die belangte Behörde, ohne jede Differenzierung, die Gebotsnorm (die immerhin fünf selbständige Tatbestandsmerkmale alternativ anbietet), lediglich mit ihrer Fundstelle zitiert, bleibt sie hinter dem vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelten und daher auch in diesem Fall beachtlichen Konkretisierungsstandard zurück; schon deswegen hat die belangte Behörde die objektive Tatseite nicht nachgewiesen.

4. Zusammenfassend war aus diesem Grund das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen (die Verjährungsfrist des § 31 VStG ist wegen Unbestimmtheit der einleitenden Verfolgungshandlung, aber auch durch die nachfolgende Vernehmung nie unterbrochen worden). Auf die Berufungsbegründung war nicht mehr einzugehen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner 6

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